TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/19 W137 2226854-1

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Veröffentlicht am 19.04.2021
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Entscheidungsdatum

19.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs6
VwGVG §29 Abs5
VwGVG §35

Spruch


W137 2226854-1/13E

GEKÜRZTE AUSFERTIGUNG DES AM 27.12.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl. 1226995705-191281883 und gegen die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 17.12.2019, 11 Uhr, bis 17.12.2019 (Ausfolgung des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG) für rechtmäßig erklärt.

II. Die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 17.12.2019 (Ausfolgung des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG) wird gemäß § 76 Abs. 6 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vorliegen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

V. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer wird seit 17.12.2019 in Schubhaft angehalten. Zuvor befand er sich drei Monate in Strafhaft. Er wurde in Österreich wegen Vermögensdelikten strafrechtlich verurteilt.

Am 17.12.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Asylfolgeantrag. Das Bundesamt hat die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten.

Am 20.12.2019 brachte der Beschwerdeführer durch seinen (damals) bevollmächtigten Vertreter die verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 17.12.2020 ein.

Am 27.12.2019 führte das Bundesveraltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers durch. Sein Vertreter (ARGE Rechtsberatung) und das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl blieben der Verhandlung fern; der Beschwerdeführer erklärte ausdrücklich seine Bereitschaft zur Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit seines Vertreters. Zeugen waren nicht geladen.

Weder der Beschwerdeführer (beziehungsweise sein damaliger Vertreter) noch das Bundesamt stellten einen Antrag auf Ausfertigung gemäß § 29 abs. 4 VwGVG.

Das Vertretungsverhältnis wurde mit 31.12.2020 aufgelöst.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Georgien. Er verfügt über keine Personal- oder Reisedokumente. Ein Heimreisezertifikat wurde ausgestellt; die Abschiebung ist binnen weniger Wochen zu erwarten.

Vor Anordnung der Schubhaft hatte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet noch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Unmittelbar nach Anordnung der Schubhaft – die auf eine dreimonatige Untersuchungs- bzw. Strafhaft folgte - hat der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft am 17.12.2019 einen Asylfolgeantrag eingebracht. Zuvor war mit Bescheid vom 05.12.2019 bereits erstinstanzlich eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot erlassen worden. Den Asylantrag stützte er auf eine oppositionelle Tätigkeit und die Teilnahme an Demonstrationen im Juni 2019 – er werde wegen Teilnahme an einem Putschversuch verfolgt. Das Bundesamt hat die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrechterhalten und dies in einem Aktenvermerk vom 17.12.2019 im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme zur Rückkehrentscheidung zwar politische Probleme behauptet und auch einen Asylantrag gestellt, diesen aber unmittelbar danach ausdrücklich widerrufen hatte.

Der Beschwerdeführer verfügt abgesehen von einer Unterbringung im Asylverfahren über keine Unterkunft. Eine substanzielle familiäre, soziale oder berufliche Verankerung im Bundesgebiet liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer ist persönlich in Österreich nicht integriert. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seines Vorverhaltens nur eingeschränkt vertrauenswürdig.

Es besteht ein substanzielles Risiko, dass er sich dem behördlichen Zugriff vor der Abschiebung entziehen würde. Gleichzeitig besteht aufgrund der Straffälligkeit ein großes Interesse des Staates an der Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme.

Hinsichtlich der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz ist aufgrund der Umstände der Antragstellung und der Aussagen des Beschwerdeführers in der Verhandlung von einer Antragstellung ausschließlich zum Zweck der Verzögerung oder Vereitelung der Vollstreckung einer Rückkehrentscheidung auszugehen.

Zweifel an der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers bestehen nicht. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Die absehbare Haftdauer bis zur Abschiebung beträgt voraussichtlich nur wenige Wochen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der mündlichen Verhandlung, den vorgelegten Verwaltungsakten des Asyl- und Schubhaftverfahrens und jenen des Verfahrens betreffend Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot, sowie den Auskünften aus dem ZMR, GVS, IZR, Strafregister und der Anhaltedatei.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 1 und 2 Z 2 FPG sowie § 76 Abs. 6 FPG liegen weiterhin vor: Der volljährige Beschwerdeführer ist georgischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger, sohin Fremder iSd § 76 Abs 1 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde ihm nicht erteilt und es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Im gegenständlichen Asylverfahren kommt ihm faktischer Abschiebeschutz zu.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht aus folgenden Gründen von der Folgeantragsstellung allein zum Zweck der Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gestellt worden ist:

Der Beschwerdeführer hat nur zwei Tage vor der gegenständlichen Antragstellung ausdrücklich erklärt, keinen Asylantrag stellen zu wollen beziehungsweise einen unmittelbar davor gestellten Antrag wieder zurückgezogen.

Für dieses Vorbehalten konnte der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Begründung vorbringen – außer, dass der Antrag zur Vereitelung einer Schubhaft dienen soll.

Der Aktenvermerk vom 17.11.2019 erweist sich vor dem Hintergrund der Aktenlage, insbesondere der dargestellten Antragszurückziehung während einer Einvernahme, in der (auch) eine mögliche Schubhaft erörtert worden ist, als hinreichend begründet und schlüssig.

2.3. Die Fluchtgefahr besteht – aus den bereits im Bescheid vom 17.12.2019 ausgeführten Gründen – unverändert fort. Ein Nichtbestehen oder Wegfall dieser Fluchtgefahr konnte in der Beschwerde nicht dargelegt werden.

2.4. Mit der Möglichkeit einer Abschiebung nach Georgien war bei Anordnung der Schubhaft binnen weniger Wochen zu rechnen. Es findet sich in der Beschwerde auch kein Vorbringen hinsichtlich einer diesbezüglichen Problematik.

Aufgrund der Asylantragstellung ist nunmehr mit einer Verzögerung der Abschiebung zu rechnen, die dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist - dennoch ist eine Abschiebung in wenigen Monaten, jedenfalls innerhalb der zulässigen Anhaltedauer, realistisch. Dieser Zeithorizont ist angesichts einer Anhaltedauer von gegenwärtig erst 10 Tagen und der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers auch verhältnismäßig und zumutbar.

Ausdrücklich wird festgehalten, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers die künftigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts im Asylverfahren von entscheidender Bedeutung jedenfalls hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung sind.

Die Frage der maximalen Anhaltedauer ist zum gegenständlichen Zeitpunkt (Schubhaft seit 10 Tagen) noch nicht von Relevanz.

2.5. Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann insbesondere aufgrund des verdichteten Sicherungsbedarfs durch das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers (Straffälligkeit) nicht das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer unstrittig haftfähig, weshalb die Schubhaft auch aus diesem Grund nicht unverhältnismäßig war. Auch die absehbare Dauer dieser ist derzeit nicht als unverhältnismäßig anzusehen.

2.6. Es ist daher festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

2.7. Das Bundesamt ist im gegenständlichen Verfahren vollständig obsiegende Partei und hat daher Anspruch auf Kostenersatz. Das Bundesamt kann allerdings mangels Teilnahme an der Verhandlung keinen Verhandlungsaufwand geltend machen.

Der Beschwerdeführer hat als vollständig unterlegene Partei keinen Anspruch auf Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gekürzte Ausfertigung Kostenersatz Rückkehrentscheidung Schubhaft Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Vereitelung Verhältnismäßigkeit Verzögerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2226854.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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