TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/13 96/18/0544

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Veröffentlicht am 13.03.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs3;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrPolG 1954 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. Mai 1996, Zl. SD 593/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. Mai 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Gegen den seit 30. Dezember 1991 im Bundesgebiet aufhältigen Beschwerdeführer sei am 29. Mai 1992 ein mit 30. August 1997 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Dieses sei zwar mit Bescheid vom 5. September 1994 aufgehoben worden, doch sei damit keine Aufenthaltsbewilligung für den Beschwerdeführer verbunden. Eine Antragstellung vom Inland aus sei rechtens nicht möglich; der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, den Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen. Unbestritten sei jedenfalls, daß der vom Beschwerdeführer am 17. Oktober 1994 gestellte Antrag rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 FrG käme nur dann zum Tragen, wenn der Beschwerdeführer rechtzeitig einen Verlängerungsantrag gestellt hätte; davon könne vorliegend schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Beschwerdeführer bislang nicht im Besitz einer behördlichen Bewilligung für seinen Aufenthalt gewesen sei. Es läge daher - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 leg. cit. vor.

Im Hinblick auf den relativ langen, wenn auch zum Teil illegalen, Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seine familiären Bindungen (Kinder) sei ein mit der Ausweisung verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben i.S. des § 19 FrG anzunehmen. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit langem unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich nach und trotz rechtskräftiger Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung die nach diesem Gesetz erforderliche Bewilligung nicht erteilt werden dürfe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluß vom 23. September 1996, B 2124/96).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde vertritt die Meinung, daß die belangte Behörde den Aufenthalt des Beschwerdeführers "völlig zuunrecht" als unrechtmäßig qualifiziert habe. Dem Beschwerdeführer sei hinsichtlich des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes ein Vollstreckungsaufschub erteilt worden. Dieser habe die "Wirkung und Bedeutung einer Aufenthaltsbestattung" (gemeint offenbar: Aufenthaltsgestattung) gehabt, weshalb der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz "nichts anderes als die Verlängerung des bisher gestatteten Aufenthaltes zum Gegenstand haben (kann)". Die belangte Behörde hätte demnach erkennen müssen, daß dem Beschwerdeführer die Bewilligung zum Aufenthalt hätte erteilt werden müssen. Im übrigen sei der gegen die Abweisung des Antrages auf "Erteilung (Verlängerung) der Aufenthaltsbewilligung" erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

1.2.1. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Unbestritten ist, daß der vom Beschwerdeführer am 17. Oktober 1994 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (mit nach der Aktenlage am 18. Jänner 1996 erlassenem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Jänner 1996) rechtskräftig abgewiesen worden ist. Der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof zwar mit Beschluß vom 27. Februar 1996, Zl. AW 96/19/0141, aufschiebende Wirkung zuerkannt, dies allerdings mit der Maßgabe, daß dem Beschwerdeführer die Rechtsstellung zukommt, die er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (vom 10. Jänner 1996) hatte. Daraus folgt im Grunde des § 17 Abs. 4 FrG - dies wird in dem genannten Beschluß ausdrücklich festgehalten -, daß über eine Ausweisung des Beschwerdeführers erst nach Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (betreffend die Versagung der Aufenthaltsbewilligung) entschieden werden darf, soweit er rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt hat und dies der zur Vollziehung des Fremdengesetzes zuständigen Behörde bekannt ist. Die gemäß § 17 Abs. 4 FrG wesentliche Voraussetzung der rechtzeitigen Stellung eines Antrages auf Verlängerung einer Bewilligung wurde indes vom Beschwerdeführer nicht erfüllt, weil nach den (mit dem Akteninhalt in Einklang stehenden) Feststellungen im hier angefochtenen Bescheid (vom 10. Mai 1996) der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erlangt hatte (die verlängerbar gewesen wäre). Das dagegen vorgebrachte Beschwerdeargument versagt im Hinblick darauf, daß die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubes nach dem Fremdenpolizeigesetz (§ 6 Abs. 2) zwar die Qualifizierung eines Aufenthaltes in dem davon erfaßten Zeitraum als unrechtmäßig ausschließt, aber - mangels diesbezüglicher gesetzlicher Grundlage - der Erteilung einer (verlängerbaren) Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht gleichgehalten werden kann. Da somit der dem Beschwerdeführer (bis 10. Juni 1993) erteilte Vollstreckungsaufschub keine taugliche Grundlage für die Stellung eines Verlängerungsantrages nach § 6 Abs. 3 AufG war, war der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 1994 als (Erst-)Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten - dies mit der weiteren Folge, daß der vorzitierte hg. Beschluß vom 27. Februar 1996 (iVm § 17 Abs. 4 FrG) der Erlassung des hier angefochtenen Ausweisungsbescheides nicht entgegengestanden ist.

1.2.2. Was aber das Vorliegen der nach § 17 Abs. 1 FrG maßgeblichen Voraussetzung anlangt, so hat die belangte Behörde entgegen der Beschwerdeauffassung den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu Recht als unrechtmäßig qualifiziert. Im Hinblick darauf, daß - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - mit der Aufhebung des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes (Bescheid vom 5. September 1994) keine (nach dem Aufenthaltsgesetz erforderliche) Aufenthaltsbewilligung verbunden war und der Beschwerdeführer - von der Beschwerde unwidersprochen - auch in der Folge eine derartige Bewilligung nicht erhalten hat, reicht der im Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung andauernde unrechtmäßige Aufenthalt bis 10. Juni 1993, dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des Vollstreckungsaufschubes, zurück. Daß nach Ansicht des Beschwerdeführers "mein unbewilligter (unrechtmäßiger) Aufenthalt lediglich Folge der unzutreffenden Gesetzeshandhabung der Aufenthaltsbehörden war", vermag daran nichts zu ändern, ist doch dieser Behauptung die Rechtskraft des bereits erwähnten Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 10. Jänner 1996 betreffend die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung entgegenzuhalten.

2.1. Die Beschwerde hält die Ausweisung auch aus dem Blickwinkel des § 19 FrG für rechtswidrig, weil der damit verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers "zur Erreichung keines Zieles gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK dringend geboten war". Hätte die belangte Behörde ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht entsprochen, so wäre zu Tage getreten, daß die privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Fortsetzung seines Aufenthaltes in Österreich schwerer wiegen als das öffentliche Interesse an der Ausweisung.

2.2. Demgegenüber ist die belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der seit langem unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere das Verbleiben trotz deswegen erfolgter Bestrafung und auch trotz rechtskräftiger Versagung einer Aufenthaltsbewilligung das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - diesem Interesse kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN) - in hohem Maß gefährdet und aufgrund dessen auch unter Berücksichtigung eines dadurch bewirkten relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG die Ausweisung dringend geboten ist. Diese Notwendigkeit hat die belangte Behörde zutreffend umso mehr als gegeben erachtet, als es dem Beschwerdeführer - anders als die Beschwerde meint - im Hinblick auf § 6 Abs. 2 erster Satz AufG verwehrt ist, durch Antragstellung vom Inland aus eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Auf der anderen Seite sind die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleiben in Österreich keineswegs stark ausgeprägt, ist doch zu bedenken, daß etwa zwei Drittel seines Aufenthaltes von ca. viereinhalb Jahren unrechtmäßig sind und die familiären Bindungen zu seiner Gattin und seinem Kind unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren (vgl. Niederschrift vom 27. April 1994) durchaus nicht als intensiv angesehen werden können.

3. Im Lichte dieser Erwägungen ist der Verfahrensrüge betreffend Feststellungs- und Begründungsmängel in bezug auf die private und familiäre Interessenlage des Beschwerdeführers der Boden entzogen.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996180544.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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