Entscheidungsdatum
20.04.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W115 2238010-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX für rechtswidrig erklärt.
II. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 6 FPG stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX rechtswidrig gewesen ist.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Tunesien, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.
1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurde dieser Antrag aufgrund der Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien zulässig sei. Die Überstellungsfrist nach Italien lief am XXXX ab.
1.2. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet (Asylfolgeantrag).
Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache zusammengefasst an, dass er nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren wolle. Er wolle in Österreich bleiben und hier arbeiten. Zu seinen Familienverhältnissen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter, ein Bruder sowie seine Schwester würden in Tunesien leben. Ein weiterer Bruder halte sich in XXXX auf.
1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei. Weiters wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte durch Hinterlegung im Akt, da sich der Beschwerdeführer an seiner Zustelladresse nicht mehr aufhielt und erwuchs in weiterer Folge am XXXX in Rechtskraft.
1.4. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen, nachdem er sich selbst in einer Polizeiinspektion in XXXX einfand und angab, zurück nach Tunesien zu wollen. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum XXXX überstellt.
1.5. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass er gesund sei und keine Medikamente nehmen würde. Er wolle freiwillig nach Tunesien zurückkehren und sei aus diesem Grund auch freiwillig zur Polizei gegangen. Er habe gedacht, die Polizei könne ihn gleich zum Flughafen bringen. Auch bereits in der Vergangenheit habe er versucht nach Tunesien zurückzukehren, die Botschaft hätte ihm aber nicht geholfen. Befragt, wo er bis zu seiner Festnahme am XXXX Unterkunft bezogen habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich großteils bei Freunden aufgehalten habe. Deren Adresse bzw. deren Namen wolle er aber nicht angeben. Ein- oder zweimal habe er auch auf der Straße leben müssen. Seinen Aufenthalt in Österreich finanziere er sich durch Schwarzarbeit als Friseur.
1.6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Das Bundesamt stützte die Fluchtgefahr in diesem Bescheid auf § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG und führte zusammengefasst aus, dass im Falle des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege, da er bereits in der Vergangenheit untergetaucht sei und weder über soziale oder familiäre Beziehungen noch über eine legale Erwerbstätigkeit oder einen gesicherten Wohnsitz verfüge. Da er sich aufgrund seines Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe, könne auch mit der Anordnung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden. Auch würden keine Gründe vorliegen, die gegen die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft sprechen würden. Zusammenfassend wurde vom Bundesamt ausgeführt, dass somit zur Sicherung der Abschiebung als ultima-ratio-Maßnahme die Schubhaft verhängt habe werden müssen.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt und wurde er seit diesem Zeitpunkt in Schubhaft angehalten.
1.7. Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer ebenfalls am XXXX durch persönliche Übergabe zugestellt.
1.8. Am XXXX leitete das Bundesamt bei der tunesischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer ein.
1.9. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch das Bundesamt niederschriftlich einvernommen.
1.10. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Beschwerdeführer am XXXX einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag). Am XXXX wurde seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich ausgefolgt.
1.11. Das Bundesamt führte am XXXX , XXXX und XXXX Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch.
1.12. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.
2. Gegen den im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom XXXX sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer, zum damaligen Zeitpunkt bevollmächtigt vertreten durch die ihm beigegebene Rechtsberatungsorganisation, am XXXX Beschwerde erhoben.
Unter Vorlage der erteilten Vollmacht wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sich der Schubhaftbescheid zumindest seit dem Tag der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft als rechtswidrig erweise, da er auf der falschen Rechtsgrundlage beruhe. Mit dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom XXXX sei über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt worden. Da aber nach der Asylantragstellung aus dem Stande der Schubhaft am XXXX die vorangegangene Rückkehrentscheidung gegenstandslos geworden sei, müsste die Schubhaft nunmehr auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützt werden. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Mit Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde ausgeführt, dass gemäß § 76 Abs. 6 FPG die Schubhaft nur dann aufrechterhalten werden dürfe, wenn der Asylantrag ausschließlich zum Zweck der Verzögerung der Abschiebung gestellt worden sei. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer den Asylantrag nicht gestellt, weil er seine Abschiebung verzögern habe wollen, sondern weil Umstände hervorgetreten seien, die den Anschein erwecken würden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat aktiv gesucht und bedroht werde. Auch habe das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz nicht aufgehoben. Das Bundesamt wäre sohin verpflichtet gewesen den Beschwerdeführer freizulassen, da der ursprünglich verfolgte Sicherungszweck (Sicherung der Abschiebung) nunmehr nicht mehr angestrebt werde. Darüber hinaus würden die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid dargelegten Umstände nicht ausreichen, um im Falle des Beschwerdeführers das Vorliegen von Fluchtgefahr zu begründen. So sei der Beschwerdeführer freiwillig zur Polizei gegangen, um einen Antrag auf freiwillige Ausreise zu stellen, da ihm bewusst geworden sei, dass er ohne staatliche Hilfe nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren könne. Daraus würde sich ergeben, dass er am Verfahren mitwirke und kein Grund zu der Annahme bestehe, dass er die Abschiebung umgehe oder behindere. Eine Fluchtgefahr nach § 76 Abs. 3 Z 1 FPG sei somit nicht gegeben. Zudem sei im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer in Österreich über einen Bruder und eine Schwägerin verfüge. Zu diesen Familienmitgliedern sei der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme nicht befragt worden. Bei diesen Familienangehörigen könne der Beschwerdeführer unterkommen und sie seien auch bereit ihn finanziell zu unterstützen. Da er somit über ein familiäres und ein soziales Netzwerk verfüge, wären die gelinderen Mittel der periodischen Meldeverpflichtung oder der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten ausreichend gewesen. Aufgrund dieser Umstände erweise sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
Im Rahmen der Beschwerde wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft nicht vorliegen. Weiters wurde Kostenersatz und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
2.1. Das Bundesamt legte am XXXX den Verwaltungsakt vor und erstattete im Zuge der Aktenvorlage eine Stellungnahme, in der im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt wurde, dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bereits am XXXX eingeleitet worden sei. Aufgrund der Stellung eines weiteren Antrages auf internationalen Schutz durch den Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft am XXXX sei das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates derzeit ruhend gestellt. Im laufenden Asylverfahren sei der Beschwerdeführer bereits zweimal einvernommen worden und sei der Asylfolgeantrag inhaltlich zugelassen worden. Der Grund für die Entlassung aus der Schubhaft sei nicht die Asylantragstellung an sich gewesen, sondern der Umstand, dass nach längerer Zeit eine Zulassung erfolgte, sodass die zu erwartende längere Anhaltedauer die Haft nicht mehr als verhältnismäßig erscheinen ließe. Zum aufgenommenen Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde zusammengefasst vorgebracht, dass dieser ausführlich begründet und dem Beschwerdeführer nachweislich am XXXX zur Kenntnis gebracht worden sei. Von der Verhängung eines gelinderen Mittels sei abgesehen worden, da der Beschwerdeführer bis zur Schubhaftverhängung weder behördlich gemeldet noch für die Behörden greifbar gewesen sei. Er sei untergetaucht und habe sich seinen Lebensunterhalt durch nicht legale Arbeit als Friseur finanziert. In keinen seiner Einvernahmen habe er konkrete Namen von Familienmitgliedern oder deren Wohnadressen angegeben, die die Verhängung eines gelinderen Mittels hätte rechtfertigen können. Von einem tatsächlichen sozialen Netz könne somit nicht gesprochen werden. Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass das Risiko, dass der Beschwerdeführer untergetaucht wäre, um sich dem Verfahren der Abschiebung nach Tunesien zu entziehen, als schlüssig anzusehen gewesen wäre. Der Sicherheitsbedarf wäre somit gegeben gewesen.
Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung, die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten zu verpflichten.
2.2. In weiterer Folge wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom bevollmächtigten Vertreter mitgeteilt, dass die erteilte Vollmacht per 31.12.2020 zurückgelegt wird.
2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom XXXX sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei. Weiters wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:
Der Beschwerdeführer ist volljährig und verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen. In seinen bisherigen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren hat er gleichlautend angegeben Staatsangehöriger von Tunesien zu sein. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt der Beschwerdeführer nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Bis zur Folgeantragstellung aus dem Stande der Schubhaft am XXXX lag eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien vor.
Am XXXX wurde seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich ausgefolgt. Eine Begründung, dass der Folgeantrag ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, ist dem Aktenvermerk nicht zu entnehmen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz am XXXX ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt hat.
Eine Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch das Bundesamt ist nicht erfolgt.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er hat versucht mit einem gefälschten Ausweisdokument am XXXX in einem Meldeamt seinen Hauptwohnsitz anzumelden.
Der Beschwerdeführer wurde vom XXXX bis zum XXXX in Schubhaft angehalten.
Der Beschwerdeführer war während seiner Anhaltung in Schubhaft gesund und haftfähig. Es lagen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hatte in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 bestand im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wurde, nicht.
1.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:
Der Beschwerdeführer war in Österreich von XXXX bis XXXX in Betreuungseinrichtungen wohnhaft. Am XXXX wurde er aufgrund unbekannten Aufenthalts abgemeldet und kam ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner Festnahme am XXXX seiner Meldeverpflichtung in Österreich nicht nach. Er war untergetaucht und für die österreichischen Behörden nicht greifbar.
Am XXXX suchte der Beschwerdeführer aus eigenem Entschluss eine Polizeiinspektion auf und äußerte den Wunsch, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen. Seine Ausreisewilligkeit bekräftigte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung am XXXX , indem er angab, freiwillig nach Tunesien zurückkehren zu wollen. Bei Erlassung des Schubhaftbescheides wollte der Beschwerdeführer freiwillig nach Tunesien zurückkehren. Er war ausreisewillig.
1.4. Zur familiären und sozialen Situation des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides hat der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt. Dass der Beschwerdeführer über einen Bruder in Österreich verfügt, hat er bereits im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX im Verfahren betreffend die Stellung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz vorgebracht. Im angefochtenen Schubhaftbescheid hat sich das Bundesamt nicht konkret mit der familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich auseinandergesetzt.
Der Beschwerdeführer lebte bis zur Anordnung der Schubhaft mit verschiedenen Freunden und Bekannten im gemeinsamen Haushalt, deren Namen und Adressen er nicht nennen konnte bzw. wollte.
Während seines Aufenthalts in Österreich ging der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nach. Er finanzierte sich seinen Lebensunterhalt maßgeblich durch Schwarzarbeit als Friseur. Der Beschwerdeführer verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft:
Die Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen Tunesiens handelt, beruht im Wesentlichen auf den (diesbezüglich gleichbleibenden) Angaben des Beschwerdeführers in seinen asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren. Gegenteiliges wurde von ihm auch nicht behauptet und ist in den bisherigen Verfahren auch nicht hervorgekommen. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Dass gegen den Beschwerdeführer bis zur Folgeantragstellung aus dem Stande der Schubhaft eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien vorlag, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden rechtskräftigen Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .
Die Folgeantragstellung des Beschwerdeführers aus dem Stande der Schubhaft am XXXX ergibt sich aus der Aktenlage. Eine Kopie des Aktenvermerks gemäß § 76 Abs. 6 FPG liegt im gegenständlichen Verwaltungsakt ein. Eine Begründung, dass der Folgeantrag ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, ist dem Aktenvermerk jedoch nicht zu entnehmen. Diesbezüglich wurde vom Bundesamt lediglich aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bereits zuvor einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und sich dem Zugriff der Behörden durch seinen Aufenthalt im Verborgenen entzogen hat, darauf geschlossen, dass die erneute Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz lediglich dazu diene, eine Verzögerung der Vollstreckung der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu bewirken. Eine darüber hinausgehende Begründung zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG lässt sich dem Aktenvermerk nicht entnehmen.
Dass die Folgeantragstellung am XXXX nicht ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erfolgt ist, konnte festgestellt werden, da der Beschwerdeführer diesen Antrag auf ein Vorbringen stützte, das über sein bisheriges Vorbringen in den Vorverfahren hinausgegangen ist. So gab er im Zuge seiner Einvernahmen im Folgeantragsverfahren zusammengefasst an, nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu können, da sich jener Mann gegen den er als Zeuge ausgesagt habe, nunmehr nicht mehr in Haft befinde und der Beschwerdeführer Angst habe, dass dieser ihm oder seiner Familie etwas antue (vgl. die diesbezüglichen Auszüge aus den aufgenommenen Niederschriften im Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , Seiten XXXX ). Davon ausgehend war es nicht offensichtlich, dass der Folgeantrag ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass im Folgeantragsverfahren eine Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a AsylG 2005 durch das Bundesamt nicht erfolgt ist. Dass eine Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch das Bundesamt nicht erfolgt ist, ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Akteninhalt.
Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten ist. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer versucht hat, sich mit einem gefälschten Ausweisdokument am XXXX in einem Meldeamt seinen Hauptwohnsitz anzumelden, ergibt sich aus der diesbezüglichen im Verwaltungsakt einliegenden Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX .
Dass der Beschwerdeführer von XXXX bis XXXX in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes (Entlassungsschein vom XXXX , über die an diesem Tag erfolgte Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft) bzw. aus einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft haftfähig gewesen ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorgelegen sind, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Auch im Rahmen der Beschwerde wurde nichts Gegenteiliges vorgebracht. Zudem hatte der Beschwerdeführer in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorgelegen hat. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er sich in Schubhaft befunden hat, ausgesetzt gewesen ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.
2.3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich von XXXX bis XXXX in Betreuungseinrichtungen wohnhaft gewesen ist und am XXXX aufgrund unbekannten Aufenthalts abgemeldet wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug des Grundversorgungs-Informationssystems. Dass der Beschwerdeführer ab dem XXXX bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme seiner Meldeverpflichtung in Österreich nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters. Somit war auch die Feststellung zu treffen, dass sich der Beschwerdeführer während dieses Zeitraumes durch Aufenthalt im Verborgenen dem Zugriff der Behörden entzogen hat und für diese nicht mehr greifbar gewesen ist.
Dass der Beschwerdeführer am XXXX aus eigenem Entschluss eine Polizeiinspektion aufsuchte und den Wunsch äußerte, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Polizeiprotokoll der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX . Dass die Ausreisewilligkeit des Beschwerdeführers auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides vorlag, ergibt sich aus dem Umstand, dass dieser auch im Rahmen seiner Einvernahme zur Verhängung der Schubhaft am XXXX vor dem Bundesamt angab, noch immer freiwillig nach Tunesien zurückkehren zu wollen (vgl. Seite 4 des Einvernahmeprotokolls).
2.4. Zur familiären und sozialen Situation des Beschwerdeführers:
Dass der Beschwerdeführer ledig ist und keine Kinder hat, beruht auf seinen diesbezüglich gleichbleibenden Angaben in den bisherigen asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren. Es besteht kein Grund bzw. sind keine Umstände im Verfahren hervorgekommen an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt hat, ergibt sich unzweifelhaft aus seinen Angaben im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX im Verfahren betreffend die Stellung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz. Befragt zu etwaigen Familienangehörigen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er über einen Bruder in XXXX verfügen würde (vgl. Seite 3 des Einvernahmeprotokolls). Obwohl dem Bundesamt somit im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bekannt war, dass der Beschwerdeführer über einen Bruder in Österreich verfügt, wurde es im Rahmen der am XXXX erfolgten Einvernahme zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft unterlassen, dem Beschwerdeführer konkrete Fragen zu seiner aktuellen familiären Situation im Bundesgebiet zu stellen. In weiterer Folge hat sich das Bundesamt auch im angefochtenen Schubhaftbescheid nicht konkret mit der familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich auseinandergesetzt. Es konnte daher keine Aussage darüber getroffen werden, ob dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft bei seinem in Österreich lebenden Bruder eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung gestanden wäre. Dies wiegt umso schwerer, als in einem der Beschwerde angeschlossenen Schreiben von der Ehefrau des in Österreich lebenden Bruders des Beschwerdeführers ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Abschiebung bei ihnen Unterkunft nehmen könnte.
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer bis zur Anordnung der Schubhaft bei verschiedenen Freunden und Bekannten im gemeinsamen Haushalt lebte, deren Namen und Adressen er nicht nennen konnte bzw. wollte, ergeben sich aus seinen eigenen diesbezüglichen Angaben im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX und im Rahmen der am XXXX erfolgten Einvernahme zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft durch das Bundesamt.
Die getroffenen Feststellungen zur illegalen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX und seinen diesbezüglichen Angaben im Rahmen der am XXXX erfolgten Einvernahme zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft durch das Bundesamt. So hat er selbst eingeräumt, sich seinen Aufenthalt in Österreich durch Schwarzarbeit als Friseur finanziert zu haben. Dass der Beschwerdeführer über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen verfügte, hat er im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt zur beabsichtigten Anordnung der Schubhaft selbst eingeräumt und ausgeführt, lediglich über Barmittel in der Höhe von € 4,-- zu verfügen. Dies stimmt mit einem Auszug der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres überein, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer über keine Barmittel verfügt hat.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG das Bundesverwaltungsgericht.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.
3.2. Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft von XXXX bis XXXX (Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz):
3.2.1. Gesetzliche Grundlagen:
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
3.2.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).
3.2.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und in Österreich weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft über den Beschwerdeführer grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
3.2.4. Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als bis zur Folgeantragstellung aus dem Stande der Schubhaft am XXXX eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Tunesien vorlag.
3.2.5. Als weiteres Kriterium für die Anordnung der Schubhaft ist das Vorliegen von Fluchtgefahr und eines Sicherungsbedarfes erforderlich.
Um von der Erfüllung des Kriteriums der „Fluchtgefahr“ ausgehen zu können, bedarf es jedenfalls des Vorliegens eines tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG. Eine derartige Tatbestandserfüllung, damit die geforderte Anknüpfung an abstrakt formulierte Umstände, stellt gleichsam den Ausgangspunkt für jegliche Annahme von „Fluchtgefahr“ dar, die allerdings im Ergebnis nur dann bejaht werden kann, wenn auch eine fallbezogene Betrachtung der Gesamtsituation zu der Schlussfolgerung führt, der Fremde könnte sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Flucht entziehen. Es bedarf also über die Erfüllung eines tauglichen Tatbestandes nach § 76 Abs. 3 FPG hinaus einer konkreten Bewertung aller im Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte, die insofern in die „Abwägungsentscheidung“ (so die einleitenden Überlegungen in den wiedergegebenen ErläutRV zu § 76 Abs. 3) einzufließen haben. Unter diesem Aspekt bieten die Tatbestände des § 76 Abs. 3 FPG - uneingeschränkt, also ohne Rücksicht auf ihre Eignung, schon abstrakt „Fluchtgefahr“ zu umschreiben - maßgebliche Beurteilungskriterien (vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Das Bundesamt ging im Schubhaftbescheid aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer unter Umgehung des Meldegesetzes in Österreich Unterkunft genommen habe und während seiner beiden Asylverfahren untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar gewesen sei (Z 1). Gegen den Beschwerdeführer würde zudem eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung bestehen (Z 3) und es gebe im Fall des Beschwerdeführers keinen Hinweis für einen auch nur geringen Grad der sozialen Verankerung in Österreich. Auch würden keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte vorliegen, die eine Bindung zu Österreich darstellen (Z 9). Im Fall des Beschwerdeführers bestehe eine erhebliche Fluchtgefahr und es würde ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegen.
Vom Bundesamt unberücksichtigt blieb jedoch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer am XXXX aus eigenem Entschluss eine Polizeiinspektion aufsuchte und den Wunsch äußerte, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen. Seine Ausreisewilligkeit bekräftigte er im Rahmen seiner Einvernahme zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung am XXXX , indem er angab, freiwillig nach Tunesien zurückkehren zu wollen. Bei Erlassung des Schubhaftbescheides war er somit ausreisewillig. Für das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund dieser Umstände somit im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides gerade nicht jener Fall verwirklicht, wo ein Sicherungsbedarf ersichtlich ist, da zum damaligen Zeitpunkt keine zwingenden Gründe dafür vorgelegen sind, die die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).
Aber selbst unter der Annahme des Vorliegens von Fluchtgefahr und eines Sicherungsbedarfes, zeigt die Beschwerde vor allem was das Vorliegen der Kriterien der Ziffer 9 des § 76 Abs. 3 FPG betrifft, zutreffend auf, dass es dem angefochtenen Bescheid an einer rechtskonformen Begründung fehlt. Gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ist bei der Beurteilung der Frage ob Fluchtgefahr vorliegt der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX im Verfahren betreffend die Stellung seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz, angegeben hat, in Österreich über einen Bruder zu verfügen, wäre das Bundesamt angehalten gewesen, weitere Ermittlungen zur Beziehungsintensität anzustellen. Das Bundesamt hat es aber in weiterer Folge gänzlich unterlassen den Beschwerdeführer im Rahmen der erfolgten Einvernahme am XXXX zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft Fragen zu etwaigen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen zu stellen. Auch im angefochtenen Bescheid findet sich lediglich die Feststellung, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte vorliegen, die eine Bindung zu Österreich darstellen. Wie das Bundesamt zu dieser Feststellung gelangt ist, ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt nicht jeder Begründungsmangel Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, sondern nur ein wesentlicher Mangel. Das ist ein solcher, der zur Folge hat, dass die behördliche Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt die konkret verhängte Schubhaft nicht zu tragen vermag. Ob ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls (vgl. VwGH 05.10.2017, 2017/21/0007).
Im gegenständlichen Fall ist der vorliegende Schubhaftbescheid mit einem solchen wesentlichen Mangel behaftet. Mangels nicht ausreichender Ermittlungen zur Beziehungsintensität des Beschwerdeführers zu seinem in Österreich aufhältigen Bruder, vermag der angefochtene Bescheid die angeordnete Schubhaft auch in dieser Hinsicht nicht zu tragen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei vollständiger Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sowohl eine andere Beurteilung der Fluchtgefahr an Hand der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG zu erfolgen gehabt hätte als auch im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der Zweck der Schubhaft durch die Anordnung eines gelinderen Mittels iSd § 77 FPG erreicht werden hätte können. Im vorliegenden Fall wurde somit weder bei der Beurteilung der Fluchtgefahr noch bei der Begründung des Ausschlusses eines gelinderen Mittels eine rechtmäßige Einzelfallbeurteilung vorgenommen.
Da somit die Begründung des angefochtenen Bescheides insgesamt nicht geeignet ist die angeordnete Schubhaft zu rechtfertigen, war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
3.2.6. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (vgl. VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114), weshalb auch die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von XXXX bis XXXX (Stellung des Antrages auf internationalen Schutz) für rechtswidrig zu erklären war.
3.3. Zu Spruchteil A) - Spruchpunkt II. - Anhaltung in Schubhaft seit der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz von XXXX bis XXXX gemäß § 76 Abs. 6 FPG:
Durch die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft am XXXX war eine Fortsetzung der Schubhaft nur auf Basis des § 76 Abs. 6 FPG weiter möglich.
Gemäß dieser Bestimmung wurde am XXXX seitens des Bundesamtes ein Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufgenommen und dem Beschwerdeführer am selben Tag persönlich ausgefolgt.
Das Bundesamt hat nach den getroffenen Feststellungen jedoch keine hinreichende Überp