TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/20 W214 2223462-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.04.2021
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Entscheidungsdatum

20.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DSG §36
DSG §38
DSG §45
SPG §67
StGB §84
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W214 2223462-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Huberta MAITZ-STRASSNIG und Mag. Claudia KRAL-BAST als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 14.06.2019, Zl. DSB-D122.882/0004-DSB/2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) gerichteten Beschwerde vom 21.03.2018 machte XXXX (Mitbeteiligter vor dem Bundesverwaltungsgericht, ehemaliger Beschwerdeführer vor der belangten Behörde) eine Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten geltend. Dazu wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin (ehemalige Beschwerdegegnerin vor der belangten Behörde) den Mitbeteiligten dadurch in seinem Recht auf Löschung verletzt habe, indem sie seinem Antrag vom 16.01.2018 auf Löschung seiner erkennungsdienstlichen Daten, welche am 20.07.2017 wegen des Verdachts nach § 84 StGB aufgenommen worden seien, nicht nachgekommen sei. Die Beschwerdeführerin irre in ihrer Beurteilung, dass aufgrund einer Gesamtschau und seiner „hervorleuchtenden Persönlichkeitsstruktur“ darauf geschlossen werden müsse, dass er auch in Zukunft gefährliche Angriffe begehen würde. Er sei vom Vorwurf des § 84 StGB aufgrund einer Notwehrsituation freigesprochen worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Beschwerdeführerin seinem Antrag auf Löschung seiner erkennungsdienstlichen Daten stattgeben müssen.

Der Datenschutzbeschwerde angeschlossen wurde das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.11.2017, GZ XXXX , mit welchem der Mitbeteiligte von der wider ihn erhobenen Anklage wegen § 84 Abs. 4 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde.

2. Über Aufforderung der belangten Behörde erstattete die Beschwerdeführerin am 25.04.2018 eine Stellungnahme und führte aus, dass der Mitbeteiligte am 14.12.2015 und am 20.07.2017 erkennungsdienstlich behandelt worden sei, in beiden Fällen hätten Delikte gegen Leib und Leben der erkennungsdienstlichen Behandlung (in der Folge: ED-Behandlung) zugrunde gelegen. Zum Vorfall vom 27.11.2015 werde ausgeführt, dass der Mitbeteiligte wegen des Verdachtes der Körperverletzung sowie der gefährlichen Drohung zur Anzeige gebracht worden sei. Der Mitbeteiligte sei zu dieser Anzeige rechtskräftig durch das Bezirksgericht XXXX zur Zahl XXXX gemäß § 83 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zum Vorbringen des Mitbeteiligten, er sei von der Anklage wegen § 84 Abs. 4 StGB freigesprochen worden, werde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin weder festzustellen noch zu untersuchen habe, ob die im Verdachtsbereich vorgeworfenen Straftaten vom Betroffenen begangen worden seien. Im zweiten Fall des § 65 Abs. 1 SPG reiche die Annahme, die ED-Behandlung sei zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich, es genüge somit eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit, die an der verwirklichten Tat anknüpfe. Die Erforderlichkeit, weiteren gefährlichen Angriffen aufgrund der Persönlichkeit des Mitbeteiligten vorzubeugen, ergebe sich aus der Vorstrafe wegen Körperverletzung und der – wenn letztlich auch nicht sanktionierten, so durch ihren Modus eine erhebliche Aggression und Gefährlichkeit indizierende – Handlung vom 28.11.2015 (gefährliche Drohung). Die Nicht-Löschung der erkennungsdienstlichen Daten des Mitbeteiligten aufgrund seiner Vorstrafe – anknüpfend an die Tat vom 27.11.2015 – sei im Rahmen der Interessenabwägung (zwischen dem Interesse des Mitbeteiligten an der Löschung und dem Interesse der Allgemeinheit an der Fortsetzung der Speicherung) sehr wohl berechtigt, weil aufgrund des durch die Vorstrafe getrübten Vorlebens des Mitbeteiligten sowie seiner daraus hervorleuchtenden Persönlichkeitsstruktur mit Grund angenommen werden könne bzw. eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit indiziert sei, dass der Mitbeteiligte auch in Zukunft gefährliche Angriffe im Sinn des § 16 Abs. 2 SPG begehen werde. Dass seine erkennungsdienstlichen Daten gespeichert bleiben würden, habe aus dem Blickwinkel öffentlicher Interessen general- und spezialpräventiv deutlich positive Auswirkungen, weil sich die Ausforschungswahrscheinlichkeit bei vorhandenen ED-Daten wesentlich erhöhe und sich der Mitbeteiligte dieser Korrelation auch bewusst sei.

Der Stellungnahme angeschlossen wurde der bei der Beschwerdeführerin erliegende Verwaltungsakt des Mitbeteiligten inklusive der EKIS Ausdrucke ED, KA (Kriminalpolizeilicher Aktenindex) und SA (Strafregister) sowie der Mitteilung gemäß § 27 Abs. 4 DSG an den Mitbeteiligten vom 15.02.2018.

3. Der Mitbeteiligte erstattete zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin am 20.08.2018 ebenfalls eine Stellungnahme und führte aus, dass die Beschwerdeführerin von falschen juristischen Voraussetzungen ausgehe, da sie fälschlicherweise davon ausgehe, er habe eine Vorstrafe wegen Körperverletzung zu verantworten, wobei er tatsächlich nur eine Vorstrafe wegen Misshandlung zu verantworten habe. Auch die weitere Argumentation sei juristisch verfehlt, da die Beschwerdeführerin zwischen Verdacht und Verurteilung offensichtlich nicht zu unterscheiden vermöge und sohin aufgrund des Verdachtes der gefährlichen Drohung, welcher sich im bezirksgerichtlichen Verfahren nicht erhärtet habe, eine „erhebliche Aggression und Gefährlichkeit indizierende Handlung“ erblicke. Er habe keine Tat verwirklicht, an der eine abstrakte Form von Wahrscheinlichkeit anknüpfe, dass eine ED-Behandlung zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich wäre. Eine begangene Misshandlung stelle keine Tat dar, die einen gefährlichen Angriff in sich berge. Auch aufgrund des Freispruchs im Verfahren XXXX sei „kein Grund zur erkennungsdienstlichen Behandlung“ gegeben.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten dadurch in seinem Recht auf Löschung verletzt habe, indem sie seinem Begehren auf Löschung seines DNA-Profils nicht entsprochen habe. Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, dem Antrag des Mitbeteiligten auf Löschung seines DNA-Profils innerhalb von vier Wochen zu entsprechen und den Mitbeteiligten in weiterer Folge von der Löschung seines DNA-Profils schriftlich in Kenntnis zu setzen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde (nach Wiederholung des Vorbringens der Parteien und des Verfahrensganges) aus, dass gemäß § 65 Abs. 1 SPG die Sicherheitsbehörden ermächtigt seien, einen Menschen, der im Verdacht stehe, eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln, wenn er im Rahmen einer kriminellen Verbindung tätig geworden sei oder dies wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe erforderlich scheine. Im vorliegenden Fall könne der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten werden, soweit sie argumentiert habe, dass sich bereits aus der Vorstrafe des Mitbeteiligten sowie der – wenn letztlich auch nicht sanktionierten, so doch durch ihren Modus eine erhebliche Aggression und Gefährlichkeit indizierenden – gefährlichen Drohung und somit aufgrund der Persönlichkeit des Mitbeteiligten die Erforderlichkeit seiner erkennungsdienstlichen Behandlung am 20. Juli 2017 zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe ergeben habe. Die Ermittlung der erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers am 20. Juli 2017 sei daher gemäß § 65 Abs. 1 SPG zulässig gewesen.

Gemäß § 45 Abs. 2 Z 1 DSG habe jeder Verantwortliche Daten aus eigenem oder auf begründeten Antrag des Betroffenen zu löschen, wenn die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig seien (Z 1), die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet worden seien (Z 2) oder die Löschung der personenbezogenen Daten zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich sei (Z 3). Das öffentliche Interesse an der weiteren Verarbeitung der erkennungsdienstlichen Daten des Mitbeteiligten überwiege im vorliegenden Fall, insbesondere unter Hinweis auf eine zu Ungunsten des Mitbeteiligten ausfallende Gefährdungsprognose, und gehe auch der Gesetzgeber davon aus, dass in einem derartigen Fall die weitere Verarbeitung zulässig sei (siehe dazu § 73 Abs. 1 Z 4 SPG).

Darüber hinaus erweise sich der Eingriff in das Recht auf Löschung des Beschwerdeführers auch als verhältnismäßig. Die erkennungsdienstlichen Daten des Beschwerdeführers seien nicht öffentlich verfügbar und würden auch nicht nach außen beauskunftet. Soweit der Mitbeteiligte vorgebracht habe, dass er vom Landesgericht XXXX gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen worden sei, sei ihm entgegenzuhalten, dass bei der Löschung erkennungsdienstlicher Daten grundsätzlich auf die Verdachtslage abgestellt werde, weshalb das verfahrensrechtliche Unterlassen einer Bestrafung des Betroffenen auch von der Frage zu trennen sei, ob der der Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten zu Grunde liegende Verdacht nicht mehr bestehe oder schließlich nicht bestätigt werden habe können. So sei bei Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes ein Angeklagter freizusprechen und habe dieser kein Recht darauf, dass das Verfahren so lange fortgesetzt werde, bis sich allenfalls doch herausstelle, dass er den entsprechenden Sachverhalt nicht verwirklicht habe. Im Ergebnis erweise sich die von der Beschwerdegegnerin getroffene Interessenabwägung somit als zulässig.

Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 67 Abs. 1 SPG, die sich gegenüber der in § 65 Abs. 1 SPG geregelten als lex specialis erweise, knüpfe an zwei Voraussetzungen an: Einerseits müsse der Betroffene im Verdacht stehen, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, andererseits müsse im Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden können, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung nur auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden. Die strengeren gesetzlichen Bedingungen für die Ermittlung von DNA-Daten gemäß § 67 Abs. 1 SPG seien im gegenständlichen Fall jedoch nicht erfüllt gewesen. Es seien vorweg weder in der Tatausführung noch in der Person gelegene Anhaltspunkte für die Annahme einer erleichterten Erkennbarkeit des Mitbeteiligten als Spurenleger durch die Evidenthaltung seines DNA-Profils ersichtlich. Die Beschwerdeführerin habe diesbezüglich auch keine näheren Ausführungen gemacht. Die erkennungsdienstliche Ermittlung der DNA-Daten des Beschwerdeführers sei somit unzulässig und der Beschwerdeführerin die Löschung spruchgemäß aufzutragen gewesen.

5. Gegen die ersten beiden Spruchpunkte des Bescheides erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22.07.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie zunächst vor, dass gegen die Entscheidung der belangten Behörde hinsichtlich der teilweisen Löschung der erkennungsdienstlich erhobenen Daten, und zwar in Form einer verfügten Löschung der DNA Daten des Mitbeteiligten, Beschwerde erhoben werde. Eine tatsächliche Löschung dieser Daten sei, insbesondere zum erforderlichen Schutz zukünftiger potentieller Opfer des Mitbeteiligten, wegen der zweifelsfrei gegebenen hohen Rückfallwahrscheinlichkeit aus Sicht der Sicherheitsbehörden nicht zu verantworten, zumal gerade bei derartigen Gewaltdelikten, wie sie der Mitbeteiligte verübt habe, DNA Profile, neben den weiteren ED-Daten, eine optimale Möglichkeit zur Wiedererkennung und Identifizierung darstellen würden. Gemäß § 67 Abs. 1 SPG sei die DNA-Abnahme im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung zulässig, wenn der Betroffene im Verdacht stehe, eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder eine mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zu befürchten sei, er werde gefährliche Angriffe begehen und dabei Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Daten im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 12 DSG ermöglichen würden. Mit einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren erfülle § 84 StGB diese Voraussetzung. Auch handle es sich um ein Vorsatzdelikt. Dass es zu keiner Verurteilung gekommen sei, sei unerheblich, es stehe vielmehr fest, dass der Mitbeteiligte das Opfer schwer am Körper verletzt habe und somit der objektive Tatbestand der schweren Verletzung erfüllt sei. In einer Gesamtschau des vom Mitbeteiligten verwirklichten Verhaltens zeige sich, dass dieser dazu neige, im alkoholisierten Zustand Konflikten mit Gewalt entgegen zu treten und könne aufgrund seines Vorlebens darauf geschlossen werden, dass dies auch in Zukunft der Fall sein werde und er weitere gefährliche Angriffe begehen werde. Somit seien Gründe in der Persönlichkeitsstruktur des Mitbeteiligten für die weitere Verarbeitung seiner DNA-Daten gegeben. Gerade bei Körperverletzungsdelikten erweise sich, so wie bei allen Delikten, bei welchen es durch Gewaltdelikten zu direkten Körperkontakten von Tätern mit Opfern komme, die Identifizierung mittels Abgleich einer gesicherten DNA-Spur mit einem in der DNA-Datenbank evident gehaltenem DNA-Profil als besonders gut geeignet. Somit seien auch Gründe in der Art bzw. Ausführung der Tat gegeben, die eine Wiedererkennung aufgrund der DNA Daten erst ermöglichen bzw. wesentlich erleichtern könnten.

6. Mit Schreiben vom 03.09.2019 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 16.09.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und gab eine Stellungnahme ab. Darin wurde ausgeführt, dass zwar den Ausführungen der Beschwerdeführerin über die Effektivität von DNA-Daten zur Identifizierung von Tätern nicht entgegengetreten werden könne, es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit der Verarbeitung von DNA-Daten im sicherheitspolizeilichen Bereich neben der Erfüllung der Voraussetzungen des § 67 SPG auch daran geknüpft sei, dass eine solche Verarbeitung zur Erfüllung der Aufgaben im Rahmen der Sicherheitspolizei unbedingt erforderlich sein müsse (vgl. § 51 Abs. 1 zweiter Satz SPG). Mit der ED-Behandlung nach § 65 SPG sei jedoch den sicherheitspolizeilichen Zielsetzungen einer ED-Behandlung entsprochen worden und sei die erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 67 SPG unverhältnismäßig und daher im Sinne des § 51 Abs. 1 zweiter Satz SPG als nicht unbedingt erforderlich zu qualifizieren.

7. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 17.07.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W214 zugewiesen, wo sie am 24.07.2020 einlangte.

8. Die Beschwerde sowie die Stellungnahme der belangten Behörde wurde dem Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt, diese gaben jedoch keine weitere (inhaltliche) Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird den Feststellungen zu Grunde gelegt.

Der Mitbeteiligte wurde wegen des Verdachts der Begehung der strafbaren Handlungen der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung am 14.12.2015 von der Beschwerdeführerin erkennungsdienstlich behandelt, jedoch wurde kein DNA-Profil des Mitbeteiligten angelegt. Der Mitbeteiligte wurde in weiterer Folge (lediglich) wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 2 StGB (Misshandlung) am 16.03.2016 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der Mitbeteiligte wurde wegen des Verdachts der Begehung der strafbaren Handlung einer schweren Körperverletzung am 20.07.2017 von der Beschwerdeführerin erkennungsdienstlich behandelt. In diesem Zusammenhang wurden auch die DNA-Daten des Mitbeteiligten ermittelt. Diese werden nach wie vor von der Beschwerdeführerin gespeichert.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.11.2017, GZ XXXX , wurde der Mitbeteiligte von der wider ihn erhobenen Anklage wegen § 84 Abs. 4 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Festgestellt wurde, dass der Mitbeteiligte objektiv und subjektiv das Delikt des § 84 Abs. 1 StGB verwirklicht habe, jedoch in Putativnotwehr gehandelt habe und aus diesem Grund freizusprechen gewesen sei.

Der Mitbeteiligte behauptete in seiner an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde vom 21.03.2018 eine Verletzung im Recht auf Löschung personenbezogener Daten, da die Beschwerdeführerin seinem Antrag vom 16.01.2018 auf Löschung seiner erkennungsdienstlichen Daten, welche am 20.07.2017 wegen des Verdachts nach § 84 StGB aufgenommen worden seien, nicht nachgekommen sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.06.2019, Zl. DSB-D122.882/004-DSB/2018 wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten dadurch in seinem Recht auf Löschung verletzt hat, indem sie seinem Begehren auf Löschung seines DNA-Profils nicht entsprochen hat. Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, dem Antrag des Mitbeteiligten auf Löschung seines DNA-Profils innerhalb von vier Wochen zu entsprechen und den Mitbeteiligten in weiterer Folge von der Löschung seines DNA-Profils schriftlich in Kenntnis zu setzen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Gegen die Spruchteile 1. und 2. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22.07.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Rechtslage:

Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid die folgenden Rechtsgrundlagen zugrunde gelegt: §§ 33, 36 Abs. 1, 38 und 45 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; §§ 16 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 3, 29 Abs. 1 iVm 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 Z 4, 65 Abs. 1, 67 Abs. 1, § 73 Abs. 1 Z 4 sowie § 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind vor allem die Bestimmungen der §§ 36, 38, 45 DSG, § 67 Abs. 1 SPG sowie des § 84 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 idgF relevant.

§ 36 DSG lautet:

„§ 36. (1) Die Bestimmungen dieses Hauptstücks gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch zuständige Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, sowie zum Zweck der nationalen Sicherheit, des Nachrichtendienstes und der militärischen Eigensicherung.

(2) Im Sinne dieses Hauptstücks bezeichnet der Ausdruck:

1. „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;

2. „Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;

3. „Einschränkung der Verarbeitung“ die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken;

4. „Profiling“ jede Art der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, dass diese personenbezogenen Daten verwendet werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person beziehen, zu bewerten, insbesondere um Aspekte bezüglich Arbeitsleistung, wirtschaftliche Lage, Gesundheit, persönliche Vorlieben, Interessen, Zuverlässigkeit, Verhalten, Aufenthaltsort oder Ortswechsel dieser natürlichen Person zu analysieren oder vorherzusagen;

5. „Pseudonymisierung“ die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, dass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können, sofern diese zusätzlichen Informationen gesondert aufbewahrt werden und technischen und organisatorischen Maßnahmen unterliegen, die gewährleisten, dass die personenbezogenen Daten nicht einer identifizierten oder identifizierbaren natürlichen Person zugewiesen werden;

6. „Dateisystem“ jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird;

7. „zuständige Behörde“

a) eine staatliche Stelle, die für die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die nationale Sicherheit, den Nachrichtendienst oder die militärische Eigensicherung zuständig ist, oder

b) eine andere Stelle oder Einrichtung, der durch das Recht der Mitgliedstaaten die Ausübung öffentlicher Gewalt und hoheitlicher Befugnisse zur Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder zur Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, zum Zweck der nationalen Sicherheit, des Nachrichtendienstes oder der militärischen Eigensicherung übertragen wurde;

8. „Verantwortlicher“ die zuständige Behörde, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet;

9. „Auftragsverarbeiter“ eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet;

10. „Empfänger“ eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, denen personenbezogene Daten offengelegt werden, unabhängig davon, ob es sich bei ihr um einen Dritten handelt oder nicht. Behörden, die im Rahmen eines bestimmten Untersuchungsauftrags aufgrund von Gesetzen möglicherweise personenbezogene Daten erhalten, gelten jedoch nicht als Empfänger; die Verarbeitung dieser Daten durch die genannten Behörden erfolgt im Einklang mit den geltenden Datenschutzvorschriften gemäß den Zwecken der Verarbeitung;

11. „Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten“ eine Verletzung der Sicherheit, die zur Vernichtung, zum Verlust oder zur Veränderung, ob unbeabsichtigt oder unrechtmäßig, oder zur unbefugten Offenlegung von beziehungsweise zum unbefugten Zugang zu personenbezogenen Daten führt, die übermittelt, gespeichert oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden;

12. „genetische Daten“ personenbezogene Daten zu den ererbten oder erworbenen genetischen Eigenschaften einer natürlichen Person, die eindeutige Informationen über die Physiologie oder die Gesundheit dieser natürlichen Person liefern und insbesondere aus der Analyse einer biologischen Probe der betreffenden natürlichen Person gewonnen wurden;

13. „biometrische Daten“ mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten;

14. „Gesundheitsdaten“ personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen;

15. „Aufsichtsbehörde“ ist die Datenschutzbehörde;

16. „internationale Organisation“ eine völkerrechtliche Organisation und ihre nachgeordneten Stellen oder jede sonstige Einrichtung, die durch eine zwischen zwei oder mehr Staaten geschlossene Übereinkunft oder auf der Grundlage einer solchen Übereinkunft geschaffen wurde.“

§ 38 DSG lautet:

„§ 38. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist, soweit sie nicht zur Wahrung lebenswichtiger Interessen einer Person erforderlich ist, nur rechtmäßig, soweit sie gesetzlich oder in unmittelbar anwendbaren Rechtsvorschriften, die innerstaatlich den Rang eines Gesetzes haben, vorgesehen und für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich und verhältnismäßig ist, die von der zuständigen Behörde zu den in § 36 Abs. 1 genannten Zwecken wahrgenommen wird.“

§ 45 DSG lautet:

„§ 45. (1) Jede betroffene Person hat das Recht, vom Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten sowie die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten zu verlangen. Die Berichtigung oder Vervollständigung kann erforderlichenfalls mittels einer ergänzenden Erklärung erfolgen, soweit eine nachträgliche Änderung mit dem Dokumentationszweck unvereinbar ist. Der Beweis der Richtigkeit der Daten obliegt dem Verantwortlichen, soweit die personenbezogenen Daten nicht ausschließlich aufgrund von Angaben der betroffenen Person ermittelt wurden.

(2) Der Verantwortliche hat personenbezogene Daten aus eigenem oder über Antrag der betroffenen Person unverzüglich zu löschen, wenn

1. die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind,

2. die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden oder

3. die Löschung der personenbezogenen Daten zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist.

(3) Anstatt die personenbezogenen Daten zu löschen, kann der Verantwortliche deren Verarbeitung einschränken, wenn

1. die betroffene Person die Richtigkeit der personenbezogenen Daten bestreitet und die Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht festgestellt werden kann, oder

2. die personenbezogenen Daten für Beweiszwecke im Rahmen der Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe weiter aufbewahrt werden müssen.

Im Falle einer Einschränkung gemäß Z 1 hat der Verantwortliche die betroffene Person vor einer Aufhebung der Einschränkung zu unterrichten.

(4) Der Verantwortliche hat die betroffene Person schriftlich über eine Verweigerung der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder eine Einschränkung der Verarbeitung und über die Gründe für die Verweigerung zu unterrichten. Der Verantwortliche hat die betroffene Person über die Möglichkeit zu unterrichten, bei der Datenschutzbehörde Beschwerde einzulegen.

(5) Der Verantwortliche hat die Berichtigung von unrichtigen personenbezogenen Daten der zuständigen Behörde, von der die unrichtigen personenbezogenen Daten stammen, mitzuteilen.

(6) In Fällen der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung gemäß Abs. 1 bis 3 hat der Verantwortliche alle Empfänger der betroffenen personenbezogenen Daten in Kenntnis zu setzen. Die Empfänger sind verpflichtet, die ihrer Verantwortung unterliegenden personenbezogenen Daten unverzüglich zu berichtigen, löschen oder deren Verarbeitung einschränken.“

§ 67 Abs. 1 SPG lautet:

„§ 67. (1) Eine erkennungsdienstliche Behandlung, bei der die DNA eines Menschen ermittelt werden soll, ist zulässig, wenn der Betroffene im Verdacht steht, eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder eine mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zu befürchten ist, er werde gefährliche Angriffe begehen und dabei Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Daten im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 12 DSG ermöglichen würden. Soweit dies zur Auswertung vorhandener DNA-Spuren erforderlich ist, darf eine solche erkennungsdienstliche Behandlung auch bei Menschen im Sinne des § 65 Abs. 2 erfolgen. Im Übrigen gilt § 65 Abs. 4 bis 6.“

§ 84 Abs. 1 und 4 StGB lauten:

„§ 84. (1) Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(4) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (Abs. 1) des anderen herbeiführt.“

3.3. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Bescheidbeschwerde gegen die Spruchteile 1. und 2. des angefochtenen Bescheides, in welchen die belangte Behörde festgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten dadurch in seinem Recht auf Löschung verletzt hat, indem sie seinem Begehren auf Löschung seines DNA-Profils nicht entsprochen hat und ihr aufgetragen wurde, dem Antrag des Mitbeteiligten auf Löschung seines DNA-Profils innerhalb von vier Wochen zu entsprechen und den Mitbeteiligten in weiterer Folge von der Löschung seines DNA-Profils schriftlich in Kenntnis zu setzen. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass eine tatsächliche Löschung dieser Daten, insbesondere zum erforderlichen Schutz zukünftiger potentieller Opfer des Mitbeteiligten, wegen der zweifelsfrei gegebenen hohen Rückfallwahrscheinlichkeit aus Sicht der Sicherheitsbehörden nicht zu verantworten sei, zumal gerade bei derartigen Gewaltdelikten, wie sie der Mitbeteiligte verübt habe, DNA Profile, neben den weiteren ED-Daten, eine optimale Möglichkeit zur Wiedererkennung und Identifizierung darstellen würden.

Die Beschwerdeführerin verkennt jedoch, dass schon die formalen Voraussetzungen, unter denen die Ermittlung der erkennungsdienstlichen Daten (DNA-Untersuchungen) gemäß § 67 Abs. 1 SPG zulässig ist, im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.

Gemäß § 67 Abs. 1 SPG ist eine erkennungsdienstliche Behandlung, bei der die DNA eines Menschen ermittelt werden soll, zulässig, wenn der Betroffene im Verdacht steht, eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder eine mit mindestens einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche gerichtlich strafbare Handlung begangen zu haben und wegen der Art oder Ausführung der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen zu befürchten ist, er werde gefährliche Angriffe begehen und dabei Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Daten im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 12 DSG ermöglichen würden.

Der Mitbeteiligte stand im Verdacht, das Delikt der schweren Körperverletzung iSd § 84 StGB verwirklicht zu haben und wurde aus diesem Grund am 20.07.2017 ua. im Sinne des § 67 SPG erkennungsdienstlich behandelt. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 23.11.2017, GZ XXXX , wurde der Mitbeteiligte von der wider ihn erhobenen Anklage wegen § 84 Abs. 4 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Festgestellt wurde, dass der Mitbeteiligte objektiv und subjektiv das Delikt des § 84 Abs. 1 StGB verwirklicht habe, jedoch in Putativnotwehr gehandelt habe und aus diesem Grund freizusprechen gewesen sei.

Gemäß § 84 Abs. 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt.

Gemäß § 84 Abs. 4 StGB ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (Abs. 1) des anderen herbeiführt.

Es ist sohin festzuhalten, dass die Delikte des § 84 Abs. 1 und § 84 Abs. 4 StGB schon von Vornherein nicht geeignet sind, die Zulässigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung im Sinne des § 67 Abs. 1 SPG zu begründen, da für diese Delikte jeweils keine einjährige Mindestfreiheitsstrafe vorgesehen ist. Darauf, dass für diese Delikte eine höhere als einjährige Freiheitsstrafe verhängt werden kann, kommt es – entgegen der Argumentation der Beschwerdeführerin – nicht an, da der Gesetzeswortlaut des § 67 Abs. 1 StGB in dieser Hinsicht eindeutig ist. Das Delikt des § 84 Abs. 1 StGB weist keine Mindestfreiheitsstrafe auf, weshalb bis auf die absolute Strafuntergrenze von einem Tag Freiheitsstrafe heruntergegangen werden kann (Flora in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 41 Rz 7 (Stand 20.1.2020, rdb.at)). Das Delikt des § 84 Abs. 4 StGB weist lediglich eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten auf.

Aus dem Gesagten ergibt sich sohin, dass die erkennungsdienstliche Ermittlung der DNA-Daten des Mitbeteiligten wegen des Verdachts nach § 84 StGB gemäß § 67 Abs. 1 SPG unzulässig (gewesen) ist. Der Beschwerdeführerin wurde daher von der belangten Behörde im Ergebnis zurecht aufgetragen, dem Antrag des Mitbeteiligten auf Löschung seines DNA-Profils zu entsprechen (und den Mitbeteiligten in weiterer Folge von der Löschung seines DNA-Profils schriftlich in Kenntnis zu setzen).

Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt daher nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wäre. Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, war die Beschwerde abzuweisen.

3.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung auch darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt war. Die Heranziehung weiterer Beweismittel waren zur Klärung des Sachverhaltes nicht notwendig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte und ist außerdem aus dem eindeutigen Wortlaut der DSGVO und des DSG erschließbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Datenschutz DNA-Daten erkennungsdienstliche Daten Löschung Strafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W214.2223462.1.00

Im RIS seit

25.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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