TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/22 W281 2199426-1

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Veröffentlicht am 22.04.2021
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Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W281 2199426-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch Dr. Karin ZAHIRAGIC, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Salzburg (BFA-S) vom 16.05.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wollte am 15.05.2018 illegal in das deutsche Bundesgebiet mit dem Zug einreisen. Am 15.05.2018 wurde ihm an der Grenzübergangsstelle Freilassing die Einreise nach Deutschland verweigert, da er weder im Besitz eines gültigen Reisedokumentes war noch über ein gültiges Visum oder einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates verfügte.

Der BF wurde daher am 15.05.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von der deutschen Bundespolizei übernommen und festgenommen.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF bereits am 10.10.2017 in Bulgarien und am 10.11.2017 in Rumänien Anträge auf internationalen Schutz gestellt hatte.

2. Am 16.05.2018 wurde der BF von der Landespolizeidirektion Salzburg unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab der BF ua an, er sei am 14.05.2018 von Slowenien kommend nach Österreich eingereist, den genauen Ort des Grenzübertrittes kenne er nicht. Er habe beabsichtigt, durch Österreich nach Deutschland zu reisen. Er wolle in Österreich keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen, da er mit seiner Mutter zu seinem Bruder nach Deutschland weiterreisen wolle, der dort asylberechtigt sei. Im Fall einer Haftentlassung würde er mit seiner Mutter nach Deutschland zu seinem Bruder weiterreisen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2018 wurde über den BF Schubhaft gemäß Artikel 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfüge, er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet befinde, gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und ein Konsultationsverfahren eingeleitet worden sei, er in Bulgarien und Rumänien einen Asylantrag gestellt habe und sich diesen Verfahren entzogen habe und der BF nach Deutschland illegal weiterreisen wollte. Er habe in Österreich keine nahen Familienangehörigen verfüge über kein Abhängigkeitsverhältnis zu einer zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Person, sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert und sei nicht im Besitz von nennenswerten finanziellen Mitteln.

Die Schubhaft diene der Sicherung des angeführten Verfahrens bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr sei auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Fluchtgefahr bestehe gemäß § 76 Abs. 6 lit a, lit b, litc und Abs. 9 FPG.

Berücksichtigt worden sei sowohl bei der Verhängung eines gelinderen Mittels als auch beim Sicherungsbedarf die fehlende soziale oder berufliche Integration in Österreich, die bewusste unrechtmäßige Einreise in das österreichische Bundesgebiet, die bewusste unrechtmäßige Weiterreise nach Deutschland, der Wille nach wie vor unrechtmäßig weiter nach Deutschland reisen zu wollen, die Asylantragstellung in mehreren Mitgliedsstaaten, die Entziehung aus dem bulgarischen und rumänischen Asylverfahren, das Verschweigen der gestellten Asylanträge in den Mitgliedsstaaten, die für die Dauer des fremdenpol. Verfahrens und für die Rückkehr in den Abschiebe bzw. Heimatstaat fehlenden finanziellen Mittel. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da sich der BF aufgrund seines oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass er auch hinkünftig nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn- und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich der Person des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorlieg.

Gegen das gelindere Mittel spreche ganz klar der Umstand, dass der BF offensichtlich nicht an einem Aufenthalt in Österreich interessiert sei und sich bereits den Verfahren in Bulgarien und Rumänien entzogen habe. Des Weiteren habe der BF ausdrücklich kundgetan illegal nach Deutschland weiterreisen zu wollen. Wie oben ausführlich dargelegt, bestehe im Fall des BF aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt.

Der Bescheid wurde am 16.05.2020 zugestellt.

3. Am 17.05.2018 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach den Bestimmungen der Dublin-III-VO an Bulgarien.

4. Der BF stellte am 17.05.2018 im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu noch am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch befragt. In der Erstbefragung gab der BF ua an, über den Verfahrensstand seiner Asylverfahren nichts angeben zu können und in jene Staaten, in denen er Asylanträge gestellt habe, nicht zurück kehren zu wollen.

5. Am 21.05.2018 stimmte Bulgarien der Wiederaufnahme des BF nach den Bestimmungen der Dublin-III-VO zu.

6. Der BF wurde am 01.06.2018 im Asylverfahren vom Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er über keine Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente verfüge. Ein Bruder lebe in Deutschland als anerkannter Flüchtling, seine Mutter befinde sich mit ihm in Österreich. In einer Familiengemeinschaft lebe er nicht, da er sich in Schubhaft befinde. Nach Bulgarien wolle er nicht zurück, da die Lage dort schlecht sei. Er habe keine Unterstützung erhalten und habe selbst für sein Leben aufkommen müssen. In dem Lager, in dem er untergebracht gewesen sei, sei es sehr schmutzig gewesen.

7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2018, Zl. XXXX , wurde zum einen der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie zum anderen die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

8. Am 06.06.2018 stellte der BF einen Antrag auf Kostenübernahme einer freiwilligen Ausreise in seinen Herkunftsstaat. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt am 07.06.2018 abgelehnt.

9. Am 14.06.2018 unterschrieb der BF einen Rechtsmittelverzicht für den Bescheid vom 01.06.2018. Daraufhin wurde vom Bundesamt die Überstellung der BF nach Bulgarien für den 28.06.2018 vorbereitet und am 19.06.2018 der entsprechende Abschiebeauftrag erlassen.

10. Am 27.06.2018 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin Schubhaftbeschwerde gemäß § 22a BFA-VG gegen den Schubhaftbescheid vom 16.05.2018.

Begründend wurde ausgeführt, die Schubhaft sei gemäß § 76 Abs. 1 FPG angeordnet worden. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend dargelegt hat, weshalb die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung die einzige geeignete Maßnahme wäre, ohne jedoch die Anordnung eines gelinderen Mittels überhaupt in Betracht zu ziehen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28.9.2004, B 292/04) genügen bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen. Weiters rechtfertige nach dieser Judikatur auch noch nicht der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land - wie im konkreten Fall in Rumänien und in Bulgarien - die Gewährung von Asyl beantragt habe, für sich genommen den Schluss, dass er sich einem Verfahren entziehen werde. Die Anordnung der Schubhaft durch den gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde sei daher rechtswidrig und diese daher auch aufzuheben.

Beantragt wurde eine mündliche Verhandlung durchzuführen, festzustellen, dass die Anordnung der Schubhaft durch den gegenständlichen Schubhaftbescheid und die bisherige Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig waren, in eventu feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, zu erkennen, dass der Bund bzw. die belangte Behörde schuldig ist, die mir durch das Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zu Handen der Rechtsvertreterin binnen einer zu bestimmenden Frist bei sonstiger Exekution zu ersetze.

11. Das Bundesamt legte am 28.06.2018 den Verwaltungsakt vor, gab eine Stellungnahme ab und beantragte, die Beschwerde abzuweisen und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Ein Kostenantrag wurde nicht gestellt.

12. Am 28.06.2018 wurde der BF nach Bulgarien überstellt.

13. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2021 wurde der gegenständliche Akt der Gerichtsabteilung W281 mit 06.04.2021 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Bescheid wurde am 16.05.2018 erlassen. Es sind daher die Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF der Novelle BGBl. I Nr. 32/2018, auf den gegenständlichen Beschwerdefall anzuwenden.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1.1. Der BF verfügt über keine Dokumente, die seine Identität belegen, insbesondere besitzt er kein Reisedokument. Es bestehen keine Zweifel über die Volljährigkeit des BF Er gibt an, Staatsangehöriger des Iraks zu sein. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er ist in Österreich unbescholten.

1.1.2. Der BF wurde von 16.05.2018 bis 28.06.2018 in Schubhaft angehalten.

1.1.3. Der BF ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hatte in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

1.2.1. Der BF stellte am 10.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien und am 10.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Rumänien.

Den Asylverfahren in Bulgarien und Rumänien entzog sich der BF jeweils durch unrechtmäßige Ausreise.

Der BF reiste am 14.05.2018 unrechtmäßig nach Österreich ein um – ebenfalls unrechtmäßig – nach Deutschland auszureisen. Ziel seiner Reise war Deutschland, bei seiner Einreise hatte der BF nicht die Absicht, einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich zu stellen.

Der BF versuchte am 15.05.2018 unrechtmäßig von Österreich nach Deutschland auszureisen. Dabei wurde ihm von Deutschland die Einreise verweigert, da er weder über ein Reisedokument noch über ein Visum oder einen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates verfügte.

Am 17.05.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Asylantrag, da es ihm nicht möglich war nach Deutschland weiterzureisen. Im Zuge der Erstbefragung am 17.05.2018 gab er mehrfach an, nicht nach Bulgarien ausreisen zu wollen. Aufgrund der Dublin -III Verordnung war Bulgarien zur Prüfung des Asylantrages zuständig.

1.2.2. Der Antrag des BF vom 06.06.2018 auf Übernahme der Kosten einer freiwilligen Ausreise in seinen Herkunftsstaat wurde vom Bundesamt am 07.06.2018 abgelehnt.

1.2.3 Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 16.05.2018 zurückgewiesen und festgestellt, dass Bulgarien für das Asylverfahren der BF zuständig ist. Gleichzeitig wurde eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bulgarien zulässig ist. Dieser Bescheid wurde dem BF am 01.06.2018 zugestellt, am 14.06.2018 verzichtete er auf die Einbringung eines Rechtsmittels gegen diesen Bescheid.

1.2.4. Am 21.05.2018 hat Bulgarien im Rahmen des durchgeführten Konsultationsverfahrens der Überstellung des BF zugestimmt.

1.2.5. Der BF verfügt über keine familiären oder engen sozialen Kontakte in Österreich. Er ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft. Der BF ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und besaß keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

In Österreich befand sich die Mutter des BF, die mit ihm eingereist war und mit der er versuchte, nach Deutschland auszureisen. Weitere Familienangehörige lebten in Österreich nicht, der Vater und ein Bruder der BF leben im Irak, ein weiterer Bruder lebt in Deutschland. Über ein nennenswertes soziales Netz verfügte der BF in Österreich nicht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes, in den vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister sowie in das Grundversorgungs-Informationssystem.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1.1. Dass der BF über keine Dokumente verfügt, die seine Identität belegen, ergibt sich zum einen daraus, dass er bei seinem Aufgriff am 15.05.2018 keine derartigen Dokumente bei sich führte. In seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 01.06.2018 gab der BF auch an, dass er keine identitätsbezeugenden Dokumente hat. Dass er behauptet, irakischer Staatsangehöriger zu sein, ergibt sich aus seinen darin übereinstimmenden Angaben im fremdenpolizeilichen sowie im Asylverfahren. Zweifel an der Volljährigkeit des BF bestehen auf Grund des Akteninhaltes nicht. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft oder einen Asyl- bzw. subsidiären Schutzstatus besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsicht in Strafregister.

2.1.2. Dass der BF von 16.05.2018 bis 28.06.2018 in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.3. Es haben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Anhaltedatei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim BF eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder gar Haftunfähigkeit vorgelegen ist, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hatte, ist unzweifelhaft.

2.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

2.2.1. Dass der BF jeweils in Bulgarien und Rumänien ein Antrag auf internationalen Schutz stellte ergibt sich auf dem den vorgelegten Verwaltungsakten, der Einsicht ins IZR und wurde vom BF auch nicht bestritten. Dass er sich durch unrechtmäßige Ausreise diesen Verfahren entzog ist unbestritten und hat der BF selbst angegeben, weitergereist zu sein.

Die unrechtmäßige Einreise am 14.05.2018 mit dem Ziel Deutschland und, dass er in Österreich keinen Asylantrag stellen wollte ergibt sich aus seiner Einvernahme am 16.05.2018. Der Versuch der Einreise nach Deutschland am 15.05.2018 und die Feststellungen zu den Vorkommnissen vom 15.05.2018 ergeben sich aus den Angaben des BF, der Aktenlage des Bundesamtes, in der auch ein Zugticket und die Einreiseverweigerung der Republik Deutschland aufliegen.

Dass der BF im Stande der Schubhaft am 17.05.2018 einen Asylantrag stellte, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das IZR. Dass Bulgarien aufgrund der Dublin-III Verordnung zur Prüfung dieses Asylantrages zuständig war, war aufgrund der im Akt aufliegenden Stellungnahme des Bundesamtes festzustellen und ist dies aufgrund der erteilten Zustimmung Bulgariens überdies schlüssig.

2.2.2. Der Antrag vom 06.06.2018 auf Kostenübernahme und dessen Ablehnung ergeben sich aus dem vorgelegten EAM-Akt des Bundesamtes.

2.2.3. Die Feststellungen zum Bescheid vom 01.06.2018 ergeben sich aus eben diesem, der Rechtsmittelverzicht liegt in der vorgelegten Aktenvorlage auf.

2.2.4. Die Feststellung zur erteilten Zustimmung Bulgariens ergeben sich aus der Aktenvorlage des Bundesamtes und sind unstrittig.

2.2.5. Dass der BF über keine familiären oder engen sozialen Kontakte in Österreich verfügt, ergibt sich aufgrund seiner Angaben bei den Einvernahmen vor der Landespolizeidirektion Salzburg am 16.05.2018, vor dem Bundesamt am 17.05.2018 und am 01.06.2016. Dass er über keine gesicherte Unterkunft verfügt, war aufgrund der Einsicht in das Melderegister festzustellen. Die Feststellungen zur mangelnden Erwerbstätigkeit, den finanziellen Mitteln ergeben sich aus den darin übereinstimmenden Angaben des BF in seinen Einvernahmen vom 16.05.2018 und 01.06.2018 sowie in der Erstbefragung vom 17.05.2018.

Da der BF nur deshalb nach Österreich eingereist ist, um nach Deutschland durchzureisen, ist auch nicht vom Vorhandensein sozialer Beziehungen in Österreich auszugehen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) I.

3.1. Zur Rechtslage

3.1.1. § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) BGBl. I Nr. 100/2005 in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2018, zuletzt geändert durch die Novelle BGBl. I Nr. 145/2017 lautete:

„8. Abschnitt

Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1.dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2.die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a.ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung EU Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO), ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31, lauten auszugsweise.

„Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung legt die Kriterien und Verfahren fest, die bei der Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, zur Anwendung gelangt (im Folgenden „zuständiger Mitgliedstaat“).“

„Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

n) „Fluchtgefahr“ das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.“

„Artikel 28

Haft

(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.

(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Fall dass die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.
(…) Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald dies praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Abs 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinn des Unterabsatzes 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. (…)“

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

In einem Verfahren betreffend Anordnung der Schubhaft muss bei der Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das massive strafrechtliche Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr, die sich auch in dem erlassenen Aufenthaltsverbot manifestiert, einbezogen werden. Diesen Umständen kann nämlich im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insofern Bedeutung zukommen, als eine erhebliche Delinquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner (baldigen) Abschiebung - in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern kann (vgl. VwGH 17.032009, 2007/21/0542; VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Eine Anordnung im Sinne des § 77 Abs. 3 Z 1 und 2 FPG, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden, musste aber im Hinblick auf die manifeste Weiterreiseabsicht des Beschwerdeführers nicht zwingend als zielführend angesehen werden (vgl. dazu VwGH 31.08.2017; Ra 2017/21/0080).

3.3. Zu Spruchpunkt A) I.

3.3.1. Allgemeine Voraussetzungen

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Die Verhängung der Schubhaft über den BF war grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Über den BF wurde mit Bescheid vom 16.05.2018 Schubhaft gemäß Artikel 28 Abs. 1 und 2 der Dublin-II-Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3.3.2. Zur Fluchtgefahr

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Das Bundesamt ging von Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 6 und Z 9 FPG aus.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Die Notwendigkeit der Schubhaft kann sich daraus ergeben, dass sich der Fremde vor der Einreise in das Bundesgebiet in einem anderen Staat dem behördlichen Zugriff entzogen hat (vgl. VwGH vom 28.06.2007, 2006/21/0051). Der BF hat sich seinen Asylverfahren in Bulgarien und Rumänien entzogen und ist aus beiden Mitgliedstaaten jeweils unrechtmäßig ausgereist. Durch dieses Verhalten ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 6 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr zu berücksichtigen, ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c).

Der BF stellte sowohl in Bulgarien als auch ein Rumänien einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt ist im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft auf Grund des Ergebnisses der Eurodac-Abfrage zu Recht vom Vorliegen dieses Kriteriums gemäß § 76 Abs. 3 Z 6 lit. a FPG ausgegangen. Bulgarien stimmte mit Schreiben vom 21.05.2018 dem Wiederaufnahmeersuchen Österreichs im Konsultationsverfahren nach den Bestimmungen der Dublin-III-VO zu, weshalb Bulgarien für das Asylverfahren des BF zuständig ist. Es war § 76 Abs. 3 Z 6 lit. a FPG jedenfalls erfüllt.

Aufgrund des Aufgriffs des BF bei der versuchten Einreise nach Deutschland bei dem er ein Zugticket von Wien Hauptbahnhof nach Wien München Hauptbahnhof bei sich hatte und er nicht berechtigt war, nach Deutschland einzureisen, war § 76 Abs. 3 Z 6 lit. b FPG jedenfalls erfüllt.

In seiner Einvernahme vom 16.05.2018 gab der BF auf die Frage, was er nach der Haftentlassung machen würde an, mit seiner Mutter zu seinem Bruder nach Deutschland weiterzureisen zu wollen. Aufgrund der vom BF geäußerten Absicht, weder in Österreich bleiben, noch in den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat Bulgarien zurückkehren, sondern nach Deutschland weiterreisen zu wollen, war jedenfalls der Tatbestand nach der lit. c des § 76 Abs. 3 Z 6 FPG verwirklicht. Dazu kommt, dass sich die Ernsthaftigkeit dieser Absicht nicht nur aus ihrer wiederholten Bekundung ableiten ließ, sondern auch daraus, dass der BF - anders als für einen Verbleib in Österreich - für Deutschland in Form eines Bruders konkrete Anknüpfungspunkte nannte und auch schon Maßnahmen zur Weiterreise (Kauf eines Zugtickets) ergriffen hatte.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BF Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Das Bundesamt ist in seiner Begründung des angefochtenen Bescheides explizit vom Vorliegen der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 6 lit. a, b und c sowie Z. 9 FPG ausgegangen, aus der Begründung ergibt sich aber auch nachvollziehbar, dass auf Grund der Tatsache, dass sich der BF seinem Asylverfahren in Bulgarien und Rumänien entzogen hat, von Fluchtgefahr auszugehen sei. Wenn das Bundesamt vor dem Hintergrund des Verhaltens des BF, nämlich der Stellung von zwei Asylanträgen in Bulgarien und Rumänien und der widerrechtlichen Weitereise in die Slowakei davon ausging, dass erhebliche Fluchtgefahr vorlag, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Das Bundesamt hat das vom BF in der Vergangenheit gesetzte Verhalten festgestellt und aus diesem Verhalten zutreffend geschlossen, dass erhebliche Fluchtgefahr vorliegt.

Dieser Argumentation wird in der Beschwerde nur unsubstantiiert entgegen getreten, wenn auf einen Rechtsatz des Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28.09.2004, B292/04, verwiesen wird. So hat der BF neben seinen Angaben, nach Deutschland weiterreisen zu wollen, eben bereits in zwei Ländern und nicht nur in einem, einen Asylantrag gestellt und ist in weitere Länder weitergereist.

Es lag somit Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 3 Z 3, Z 6 und Z 9 FPG vor.

3.3.3. Zum Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des BF gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Der BF verließ Bulgarien um sich seinem Asylverfahren zu entziehen und reiste unrechtmäßig über Serbien nach Rumänien ein. Auch seinem dort eingeleiteten Asylverfahren entzog sich der BF durch unrechtmäßige Ausreise, um nach Deutschland zu seinem Bruder weiterzureisen. Von der Slowakei kommend reiste der BF unrechtmäßig nach Österreich ein und versuchte nach Deutschland zu gelangen. Die Absicht, einen Asylantrag in Österreich zu stellen, hatte der BF bei ihrer Einreise nicht, erst als eine Weiterreise nach Deutschland nicht möglich war, stellte er nach Verhängung der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, da er nicht nach Bulgarien zurückkehren wollte. Durch sein bisheriges Reiseverhalten zeigte der BF, dass er an einem Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland nicht interessiert war und die Zuständigkeit Bulgariens für sein Asylverfahren nicht akzeptierte. Er war nach Österreich nur auf seinem Weg nach Deutschland, hatte in Österreich keine engen familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte und verfügte über keinen Wohnsitz. Das Bundesamt ist daher im Fall des BF zutreffend von erheblichem Sicherungsbedarf ausgegangen.

Ein Wegfall des Sicherungsbedarfes lässt sich auch auf Grund des vom BF gestellten Antrages auf Übernahme der Kosten für seine freiwillige Ausreise in seinen Herkunftsstaat sowie seinen am 14.05.2018 abgegebenen Rechtsmittelverzicht nicht erkennen. Aus der Bereitschaft, eher in seien Herkunftsstaat als nach Bulgarien zurückkehren zu wollen, zeigt sich, dass der BF seiner Verpflichtung, nach Bulgarien als den für ihr Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat zurückzukehren, weiterhin nicht nachkommen wollte. Doch auch in der Tatsache eines abgegebenen Rechtsmittelverzichts kann für sich alleine kein Zusammenhang mit dem Sicherungsbedarf erkannt werden, zumal der Rechtsmittelverzicht nur zum Ausdruck brachte, dass der BF in seinem Asylverfahren in Österreich keine weiteren Verfahrensschritte unternehmen wollte. Dass er bei einer Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich für die Behörde weiter greifbar gewesen wäre und sich tatsächlich seiner Überstellung nach Bulgarien gestellt hätte, lässt sich daraus nicht ableiten. Insofern sind im Verfahren unter Berücksichtigung des von dem BF seit seiner Antragstellung in Bulgarien gezeigten Verhaltens der kontinuierlichen Negierung seiner fremdenrechtlichen Verpflichtungen um sein Zielland Deutschland zu erreichen, keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die erhebliche Fluchtgefahr oder der Sicherungsbedarf während der Anhaltung des BF in Schubhaft weggefallen wären.

Es war daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.3.4. Zur Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF reiste ohne Reisedokument nach Österreich ein, nachdem er sich bereits seinen Asylverfahren in Bulgarien und Rumänien durch unrechtmäßige Grenzübertritte entzogen hatte. Aufenthaltsverfestigende Umstände lagen im Fall des BF bezogen auf Österreich nicht vor, da er ausschließlich deshalb nach Österreich eingereist war, um weiter nach Deutschland zu gelangen. Es überwog daher das öffentliche Interesse den BF in jenen Staat zu überstellen, der für die Führung seines Asylverfahrens zuständig ist, die privaten Interessen des BF.

Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der BF familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren.

Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt seiner Verpflichtung im Sinne des § 80 Abs. 1 FPG, für eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft zu sorgen, nicht nachgekommen wäre, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Die Dauer der Anhaltung in Schubhaft war mit wenigen Wochen einzustufen und wurde der Beschwerdefrüher am 28.06.2018 nach Bulgarien überstellt.

Die persönlichen Interessen des BF, der keine engen Kontakte und keine engen Familienbande in Österreich hat, wiegen daher weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des BF.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllte und auch der Gesundheitszustand des BF der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegen standen.

3.3.5. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kam auf Grund des vom BF gezeigten Verhaltens, nämlich der Angabe, dass er nach Deutschland weiterreisen werde und er bereits von Bulgarien nach Rumänien und die Slowakei wiederrechtlich weitergereist ist, nicht zum Ziel der Sicherung des Verfahrens, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF bzw. der wiederrechtlichen Weiterreise bestand.

Der BF hat sowohl Bulgarien als auch Rumänien kurz nach der Stellung seiner Asylanträge wieder verlassen um sein eigentliches Reiseziel Deutschland zu erreichen. Durch dieses Verhalten hat er aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit ist, sich an die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten zu halten, sondern bewusst unrechtmäßige Handlungen setzte, um in sein Zielland zu gelangen. Vor dem Hintergrund dieses Verhaltens und der Tatsache, dass der BF in Österreich über keinerlei Anknüpfungspunkte verfügte bzw. keine aufenthaltsverfestigenden Umstände vorlagen, ging das Bundesamt zu Recht davon aus, dass nicht zu erwarten war, dass der BF bei Entlassung aus der Schubhaft seinen fremdenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen werde. Es war nicht zu erwarten, dass der BF in Freiheit belassen seine Überstellung nach Bulgarien abgewartet hätte, sondern erneut versucht hätte, unrechtmäßig nach Deutschland weiterzureisen.

Wenn die Beschwerde rügt, dass sich die belangte Behörde nicht mit der Anordnung eines gelinderen Mittels außer einander gesetzt hätte, kann dies somit nicht erkannt werden.

So wurde im Zusammenhang mit der Prüfung der Anordnung eines gelinderen Mittels ausgeführt, dass die Anwendung eines solchen ausgeschlossen sei, da der BF nicht an einem Aufenthalt in Österreich interessiert sei, sich seinem Verfahren in Bulgarien und Rumänien entzogen habe und ausdrücklich kundgetan habe, illegal nach Deutschland weiterreisen zu wollen. Die Begründung im angefochtenen Bescheid, weshalb mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könne beruht daher – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – weder auf bloß allgemeinen Annahmen oder Erfahrungswerten noch stützt sich diese Begründung alleine auf den Umstand, dass sich der BF in einem anderen Staat seinem Verfahren entzogen habe.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kam somit nicht in Betracht. Die Anordnung eines gelinderen Mittels wurde daher zu Recht ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund war die Annahme, es liege erhebliche Fluchtgefahr iSd Art. 28 Abs. 2 der Dublin III-VO vor, der nur durch Schubhaft begegnet werden könne, in diesem Verfahrensstadium vertretbar.

3.3.6. Zu der in § 76 Abs. 6 FPG normierten Verpflichtung des Bundesamtes bei Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz während der Anhaltung in Schubhaft zu prüfen, ob dieser Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, wird festgehalten, dass eine Verzögerungsabsicht bei der Anhaltung eines Fremden in Schubhaft nach den Bestimmungen der Dublin-III-VO keine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Schubhaft darstellt (vgl. VwGH vom 31.08.2017, Ro 2017/21/004).

3.3.7. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellte daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorlagen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt A) II.

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

3.4.3. Der BF hat einen Antrag auf Kostenersatz gestellt. Auf Grund der Abweisung der Beschwerde ist der BF die unterlegene Partei, weshalb er keinen Anspruch auf Kostenersatz hat.

Der Antrag auf Kostenersatz war daher abzuweisen.

Die belangte Behörde hat keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt.

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Stellungnahme der belangten Behörde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde schon wiederholt dargelegt, dass die Frage, ob bei Vorliegen eines Tatbestandes nach § 76 Abs. 3 FPG dann auch konkret von (erheblicher) Fluchtgefahr auszugehen ist, stets eine solche des Einzelfalles sei, die daher nicht generell zu klären und als einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel sei, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde. Das gelte sinngemäß auch für die Frage, ob von einem Sicherungsbedarf auszugehen ist, dem nur durch Schubhaft und nicht auch durch gelindere Mittel begegnet werden könne (vgl. etwa den Beschluss vom 11. Mai 2017, Ro 2016/21/0022, Rz 12, mwN).

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Dublin III-VO Fluchtgefahr gelinderes Mittel Identität illegale Ausreise Kostenersatz Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Überstellung Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W281.2199426.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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