TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/22 W101 2209816-1

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Veröffentlicht am 22.04.2021
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Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18 Abs1 Z2 litb
GebAG §3
GebAG §4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W101 2209816-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch ENGIN-DENIZ REIMITZ HAFNER Rechtsanwälte KG, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25.07.2018, Zl. 42 C 96/2016d, nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vom 23.10.2018, Zl. Jv 3011/18x-33, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. In einem zivilgerichtlichen Verfahren zu 42 C 96/2016d fand am 29.06.2018 vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien (im Folgenden: BG) eine mündliche Streitverhandlung statt, an der der nunmehr im gegenständlichen Verfahren Mitbeteiligte namens XXXX (im Folgenden: Zeuge), geladen aus XXXX , XXXX , von 11:00 Uhr bis 12:00 Uhr als Zeuge teilgenommen hatte.

2. In Folge beantragte der Zeuge fristgerecht (bereits im Protokoll der Tagsatzung vom 29.06.2018 festgehalten) seine in diesem Zusammenhang angefallenen Gebührenansprüche und machte dabei eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG (Einkommensentgang für eine am Tag der Verhandlung versäumte Beraterdienstleistung iHv € 960,00) geltend.

3. Mit vom Rechtsvertreter des Zeugen am 20.07.2018 eingebrachten Schriftsatz übermittelte dieser dessen Kontodaten und führte aus, dass dem Zeugen für den versäumten Tag einer Beratertätigkeit Einkommen iHv € 960,00 entgangen sei. Gleichzeitig legte er eine mit E-Mail vom 26.06.2018 übermittelte Bestätigung des Auftraggebers XXXX (in der Folge: XXXX ) vor, wonach dem Zeugen am 29.06.2018 mangels Erbringung seiner Beraterdienstleistung für das Projekt „ XXXX “ ein Betrag iHv € 960,00 entgangen sei. Als Ersatz sei für diesen Tag ein anderer Berater beauftragt worden, dem nachweislich € 960,00 für die Erbringung seiner Dienstleistung am 29.06.2018 ausbezahlt worden seien. Dazu war die entsprechende Rechnung vom 04.06.2018 vorgelegt worden. Des Weiteren führte er aus, dass der Zeuge zwar an seiner Wiener Adresse geladen worden sei, dieser jedoch aufgrund seines Auslandsaufenthaltes für die Einvernahme aus Deutschland habe anreisen müssen und ihm daraus Reisekosten iHv € 250,10 entstanden seien. Dazu war das Zugticket der Deutschen Bahn (Mannheim – Wien und retour) vorgelegt worden.

4. Mit Bescheid vom 25.07.2018, Zl. 42 C 96/2016d, bestimmte die Vorsteherin des BG (im Folgenden belangte Behörde genannt) die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung am 29.06.2018 mit € 960,00 als Entschädigung für den Einkommensentgang gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG. Die vom Zeugen beantragten Reisekosten gemäß § 6 GebAG für die An- und Rückreise mit der Bahn aus Deutschland zum Ort der Vernehmung iHv € 250,10 waren abgewiesen worden.

Begründend war hinsichtlich des zugesprochenen Einkommensentganges lediglich ausgeführt worden, die Entscheidung finde in den angegebenen Bestimmungen des GebAG ihre Deckung. Zu den abgewiesenen Reisekosten führte die belangte Behörde aus, dass der Zeuge an seiner Anschrift in XXXX , geladen worden sei und er gemäß § 4 Abs. 2 GebAG dem Gericht vor der Verhandlung hätte bekannt geben müssen, dass er von einem weiter entfernten Ort, nämlich Deutschland anreise, um diese Reisekosten ersetzt zu bekommen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die im Grundverfahren klagende Partei und nunmehrige Beschwerdeführerin fristgerecht am 27.08.2018 eine Beschwerde.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Zeuge den Anspruch für eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG iHv € 960,00 nicht ausreichend bescheinigt habe. Überdies sei nicht klar, ob der Zeuge eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Form eines Einkommensentganges gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG oder in Form von notwendigen Stellvertreterkosten gemäß lit. c leg. cit. beantrage. Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 GebAG sei überdies auch auf den Anspruch der Entschädigung für Zeitversäumnis anzuwenden, weshalb auch dieser Anspruch auf eine im Ausland erbrachte Dienstleistung mangels rechtzeitiger Bekanntgabe dem Zeugen nicht zu ersetzen sei. Er könne lediglich Gebühren verlangen als hätte er sich in XXXX befunden.

6. Mit E-Mail vom 11.09.2018 übermittelte das BG dem Zeugen die Beschwerde zur allfälligen Stellungnahme.

7. In der daraufhin mit E-Mail übermittelten Stellungnahme vom 09.10.2018 führte er Folgendes aus. Er habe für die XXXX ein Mandat als Freiberufler übernommen. Projektzeitraum sei 06.06.2018 bis 30.06.2018 gewesen. Die Ausübung dieser Tätigkeit sei u.a. am 29.06.2018 in Wiesbaden (Deutschland) erforderlich gewesen und es sei ein Tagessatz iHv € 960,00 vereinbart gewesen. Da er sich bereits an den Tagen zuvor, nämlich am Montag, 25.06.2018 – Donnerstag 28.06.2018 im Rahmen dieses Projektes bereits bei seinem Mandanten in Wiesbaden aufgehalten habe und in dieser Zeit bei seinen Eltern in der Nähe von Wiesbaden übernachtet habe, sei es also erforderlich gewesen, dass er am 28.06.2018 am Nachmittag nach Wien gereist sei, um am 29.06.2018 den Termin bei Gericht wahrzunehmen. Anschließend sei er noch am 29.06.2018 zurück nach Deutschland gereist, um an einem Familienfest am 30.06.2018 teilzunehmen. Er habe also sehr wohl zusätzliche Aufwendungen für die Fahrtkosten gehabt, habe jedoch zur Kenntnis genommen, dass er diese aufgrund der in Wien zugestellten Ladung nicht zurückerstattet bekomme, da er es versäumt habe, das Gericht darüber zu informieren. Nachdem er von seinem Auftraggeber für den 29.06.2018 keine Bezahlung erhalten habe, da er aufgrund der Ortsabwesenheit nicht in Wiesbaden tätig sein habe können, sei ihm Einkommen von € 960,00 entgangen. Er habe zudem nachgewiesen, dass die XXXX einen Vertreter für ihn bestellen habe müssen und er habe nachgewiesen, dass für diesen Vertreter derselbe Betrag bezahlt worden sei – wenngleich die Vertretung für ihn nichts mit seinem Einkommensentgang zu tun habe. Die Entscheidung des Gerichtes sei daher korrekt.

8. Mit Schreiben vom 11.10.2018 forderte das BG den Zeugen auf, den Vertrag über seine Tätigkeit bei der Firma XXXX vorzulegen, um den Einkommensentgang zu bescheinigen. Dieser habe insbesondere die Honorarvereinbarung sowie allfällige Vereinbarungen über Ansprüche bei unvollständiger Leistungserbringung zu enthalten.

9. Am 15.10.2018 übermittelte der Zeuge eine Bestätigung seines Auftraggebers XXXX vom selben Tag, der Folgendes zu entnehmen war: Der Tagessatz des Projektes betrage € 960,00, die Projektdauer betrage 10 Beratungstage und habe beim Mandanten vor Ort (Wiesbaden) zu erfolgen. Sofern der Zeuge vereinbarte Einsätze nicht wahrnehmen könne (Krankheit oder wichtige Gründe) habe er einen Berater zu benennen, der vertretungsweise eingesetzt werde. Es obliege dem Zeugen diesen Berater zu instruieren, wobei diesbezüglich Zusatzaufwendungen nicht vergütet würden. Sofern sich der Zeuge vertreten lassen, erhalte er für die Vertretungszeit kein Honorar, sondern würde die Bezahlung direkt an seinen Vertreter vorgenommen werden.

10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.10.2018, Zl. Jv 3011/18x-33, gab die belangte Behörde dieser Beschwerde keine Folge und bestimmte die Gebühren des Zeugen erneut mit € 960,00 für den tatsächlichen Einkommensentgang nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG.

Begründend war darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt worden: Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach § 4 Abs. 2 GebAG nicht nur betreffend die Reisekosten, sondern auch hinsichtlich des Anspruchs auf Entschädigung für Zeitversäumnis anzuwenden sei, sei nicht beizupflichten, zumal das Gesetz keine allgemeine Pflicht des Zeugen kenne, auf voraussichtlich hohe Zeugengebühren aufmerksam zu machen (vgl. Krammer/Schmidt – GebAG3 § 4 Anm. 3) und § 4 Abs. 2 GebAG nicht durch Analogieschluss erweitert werden dürfe. Die Voraussetzungen für den Zuspruch der beantragten Entschädigung für Zeitversäumnis würden aus folgenden Gründen vorliegen: Der Zeuge habe alle notwendigen Unterlagen vorgelegt. Es werde bestätigt, dass der Stellvertreter € 960,00 erhalten habe und dass die Projektdauer für 10 Beratungstage vereinbart gewesen sei, dass als Tagessatz € 960,00 vereinbart gewesen seien sowie, dass der Zeuge im Falle der Nichtwahrnehmung der vereinbarten Einsätze einen Stellvertreter zu benennen hätte, er für die Vertretungszeit kein Honorar bekomme und die Bezahlung direkt an den Stellvertreter erfolge. Der Einkommensentgang sei damit konkret bescheinigt worden, weshalb dem Zeugen der beantragte Betrag iHv € 960,00 zuzusprechen gewesen sei. Die Beschwerdevorentscheidung war dem Zeugen am 23.10.2018 per E-Mail und der Beschwerdeführerin am 29.10.2018 per Post zugestellt worden.

11. Am 12.11.2018 brachte die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht beim BG einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.

12. Mit Schreiben vom 19.11.2018 legte das BG die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Anwesenheit des Zeugen ist am 29.06.2018 beim BG vom Beginn der Verhandlung um 11:00 Uhr bis 12:00 Uhr erforderlich gewesen.

Der Zeuge hat dafür fristgerecht Gebühren für Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG (Einkommensentgang) iHv € 960,00 beantragt.

Fest steht, dass der Zeuge am Tag der Einvernahme, dem 29.06.2018, mit einer den ganzen Tag dauernden Beratungstätigkeit durch die XXXX beauftragt war, die in Deutschland (Wiesbaden) stattgefunden hätte und ihm mangels Ausführung dieser Tätigkeit Einkommen iHv € 960,00 entgangen ist.

Als maßgebend wird daher festgestellt, dass der Zeuge für den 29.06.2018 einen tatsächlichen Einkommensentgang iHv € 960,00 erlitten und diesen bescheinigt hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus der Bestätigung des Auftraggebers XXXX vom 26.06.2018 und vom 15.10.2018 sowie der Stellungnahme des Zeugen vom 09.10.2018.

Der Zeuge hat Unterlagen in Vorlage gebracht (mit E-Mail vom 26.06.2018 und vom 15.10.2018 übermittelte Bestätigungen des Auftraggebers XXXX ), welche bescheinigen, dass er am maßgeblichen Tag, dem 29.06.2018, mit der Ausübung seiner Beratungstätigkeit in Wiesbaden beauftragt war und er für diese Beratertätigkeit ein Tageshonorar iHv € 960,00 bekommen hätte.

Dass der Zeuge vertragsgemäß einen Vertreter zur Erfüllung seiner Beratertätigkeit bestellen musste, welcher das Honorar iHv € 960,00 ausbezahlt bekommen hat, ändert nichts an dem Verlust des Einkommens des Zeugen. Die Rechnung vom 04.06.2018 bescheinigt vielmehr die Höhe des tatsächlich ausbezahlten Beratungshonorars, welches dem Zeugen durch seine Teilnahme an der Verhandlung am 29.06.2018 verlustig gegangen ist.

Aufgrund der oben angeführten Unterlagen hat der Zeuge den tatsächlichen Einkommensentgang iHv € 960,00 bescheinigen können.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), BGBl. Nr. 36/1975 idgF, lauten (auszugsweise):

Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

[…]

§ 4 Anspruchsvoraussetzungen

[…]

2) Ist der auf der Ladung angegebene Zustellort vom Ort der Vernehmung des Zeugen weniger weit entfernt als der Ort, von dem der Zeuge zureist, so steht dem Zeugen eine darauf gestützte höhere Gebühr nur zu, wenn er diesen Umstand dem Gericht unverzüglich nach Erhalt der Ladung angezeigt und das Gericht trotzdem die Ladung nicht rechtzeitig widerrufen hat oder wenn die unmittelbare Vernehmung des Zeugen vor diesem Gericht trotz Unterbleiben der Anzeige zur Aufklärung der Sache erforderlich gewesen ist; dies hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, zu bestätigen. Auf die Anzeigepflicht ist der Zeuge in der Ladung aufmerksam zu machen.“

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG wiederholt ausgesprochen hat, kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbstständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Einkommensentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbstständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der einem Selbstständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keinesfalls verschlossen ist (…). Fehlt es aber einem Antrag auf Bestimmung der Zeugengebühr an der konkreten Behauptung, dass der Antragsteller infolge seiner Abwesenheit eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, so wird der Obliegenheit, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten, nicht entsprochen (VwGH 25.02.2002, Zl. 98/17/0097).

Gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur beschränkt sich die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG nicht nur auf den Grund des Anspruches, sondern verlangt auch dessen Höhe (VwGH 22.11.1999, Zl. 98/17/0357).

Der selbständig Erwerbstätige ist für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen (Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, Der Sachverständige 1989, Heft 3, Seite 4; VwGH 15.04.1994, Zl. 92/17/0231).

Als einen für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstand hat der Zeuge nach dieser Rechtsprechung im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls über diesbezügliche Aufforderung der Verwaltungsbehörde die Notwendigkeit zu behaupten und zu bescheinigen (vgl. VwGH 28.08.2007, Zl. 2007/17/0094).

3.2.3. Im vorliegenden Fall war der Zuspruch von Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG (Einkommensentgang) für den Zeugen iHv € 960,00 aufgrund eines versäumten Tages einer projektbezogenen Beratungstätigkeit strittig.

Der Zeuge hat mit seinem Antrag den Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis dem Grunde und der Höhe nach rechtzeitig geltend gemacht.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, hat der Zeuge die Höhe der Entschädigung für Zeitversäumnis durch die mit E-Mail vom 26.06.2018 und vom 15.10.2018 übermittelte Bestätigungen des Auftraggebers XXXX ), welche bestätigen, dass er am maßgeblichen Tag, dem 29.06.2018, mit der Ausübung seiner Beratungstätigkeit in Wiesbaden beauftragt war und er für diese Beratertätigkeit ein Tageshonorar iHv € 960,00 bekommen hätte sowie mit der Rechnung vom 04.06.2018, über die Auszahlung dieses Honorars an einen anderen Berater, bescheinigt.

Dem Antrag liegt daher eine konkrete Behauptung, dass der Antragsteller infolge seiner Abwesenheit eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden ist zu Grunde und wird damit der Obliegenheit, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten, entsprochen (VwGH 17.12.1993, Zl. 92/17/0184; 22.11.1999, Zl. 98/17/ 0357).

Der Zeuge hat daher bescheinigt, dass ihm durch die Teilnahme an der Verhandlung am 29.06.2018 mangels Ausführung einer bereits beauftragten Beratungstätigkeit für diesen Tag in Wiesbaden tatsächlich Einkommen iHv € 960,00 entgangen ist.

Ein Stellvertreterverhältnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. c GebAG ist zwischen dem Zeugen und dem Berater, der die in Rede stehende Tätigkeit übernommen hat, nicht zu erkennen und wird ein solches auch nicht vorgebracht. Die in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung diesbezüglich verwendeten Formulierungen eines „Stellvertreters“ sind als ein bloßes Vergreifen im Ausdruck anzusehen. In rechtlicher Hinsicht subsumiert auch die belangte Behörde zweifelsfrei den Zuspruch der Gebühr als Einkommensentgang unter § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG.

Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Arguments, § 4 Abs. 2 GebAG sei nicht nur betreffend den Reisekosten, sondern auch hinsichtlich des Anspruchs auf Entschädigung für Zeitversäumnis anzuwenden, ist der belangten Behörde mit ihren Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung beizupflichten, wonach das Gesetz keine allgemeine Pflicht des Zeugen kenne, auf voraussichtlich hohe Zeugengebühren aufmerksam zu machen (vgl. Krammer/Schmidt – GebAG3 § 4 Anm. 3) und § 4 Abs. 2 GebAG nicht durch Analogieschluss erweitert werden dürfe. Eine Anwendung von § 4 Abs. 2 GebAG auf den Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis ist in der gegebenen Sachverhaltskonstellation nicht vom Gesetz gedeckt und führt das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin daher ins Leere.

Da der Zeuge einen tatsächlichen Einkommensverlust erlitten hat, erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, dem Zeugen eine Entschädigung für den Einkommensentgang nach § 18 Abs. 1 Z 2 GebAG im Ausmaß von € 960,00 zuzusprechen, als rechtens.

Da aus diesen Gründen dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt, was im Falle einer vertretenen Partei wie der Beschwerdeführerin als Verzicht auf eine Verhandlung zu werten ist.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe oben unter 3.2.2. zitierte Judikatur) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einkommensentgang Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W101.2209816.1.00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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