TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/26 L501 2236774-1

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Veröffentlicht am 26.04.2021
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Entscheidungsdatum

26.04.2021

Norm

AlVG §25 Abs2
AVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L501 2236774-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus BRANDNER und Dr. Andreas GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Traun vom 27.10.2020, GZ: XXXX , wegen Zurückweisung eines Vorlageantrages, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid vom 13.8.2020 sprach das Arbeitsmarktservice Traun (im Folgenden "AMS") aus, dass die XXXX (im Folgenden "R. KG") gemäß § 25 Abs. 2 AlVG iVm § 2 Abs. 1 AMPFG zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 284,92 verpflichtet werde. Der Bescheid war an die R. KG als Adressatin gerichtet.

I.2. Die nunmehr beschwerdeführende Partei (im Folgenden "bP") erhob mit Schreiben vom 16.8.2020 eine Beschwerde ("Einspruch") gegen diesen Bescheid.

I.3. Mit Schreiben des AMS vom 18.8.2020 wurde die R. KG zur Wahrung des Parteigengehörs von den bisherigen Ermittlungen verständigt. Darin wurde die R. KG unter anderem darauf hingewiesen, dass es erforderlich sei, dass die Beschwerde von der nach außen zur Vertretung der KG berufenen Personen eigenhändig unterschrieben sei. Dies sei gemäß § 13 Abs. 4 AVG erforderlich. Damit ihre Beschwerde weiter behandelt werden könne, sei erforderlich, dass sie die Beschwerde eigenhändig unterschreibe und bis 4.9.2020 an das AMS zurücksende. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist werde das Anbringen nicht mehr behandelt.

I.4. Am 1.9.2020 brachte die bP ein von ihr selbst eigenhändig unterfertigtes Schreiben mit folgendem Inhalt bei der belangten Behörde ein:

" XXXX

XXXX

XXXX

30.8.2020

Betrifft: Einspruch gegen diesen Bescheid

Sehr geehrter Herr XXXX !

Anbei der unterschriebene Einspruch.

Mit freundlichen Grüßen

XXXX

XXXX "

Dem Schreiben war keine Vollmacht beigelegt.

I.5. Das AMS wies die Beschwerde in der Folge im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung mit Bescheid vom 23.9.2020 mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 8 AVG iVm § 7 VwGVG zurück. Die Beschwerdevorentscheidung war an die R. KG als Adressatin gerichtet und wurde dieser am 25.9.2020 durch Hinterlegung zugestellt.

I.6. Mit Schreiben vom 14.10.2020 stellte die bP einen Vorlageantrag ("Einspruch"). Der Vorlageantrag wurde am 15.10.2020 bei der Post aufgegeben. Als Absender des Vorlageantrags wurde die R. KG genannt. Inhaltlich wurde darin wie folgt ausgeführt:

"Betrifft: Den letzten Bescheid vom AMS vom 23.9.2020

Sehr geehrter Herr XXXX !

Nach Aussen hin bin ich XXXX die Vollmacht. Also nocheinmal Einspruch gegen den Bescheid vom 14.10.2020.

Mit freundlichen Grüßen

XXXX

XXXX

Geschäftsführerin"

Der Vorlageantrag wurde von der bP eigenhändig unterschrieben. Dem Vorlageantrag beigelegt wurde eine Vollmacht vom 10.10.2012, ausgestellt und unterfertigt von Herrn XXXX , mit folgendem Wortlaut:

"Ich Herr XXXX , wohnhaft in XXXX , bevollmächtige Frau XXXX , wohnhaft in XXXX mich bei Finanzamt, O.Ö Gebietskrankenkasse, Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, bei Besprechungen jeder Art was die Firma anbelangt, sowohl bei An- und Abmeldungen von Plätzen für die Verkaufsstände auf diversen Märkten zu vertreten."

I.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.10.2020 wies das AMS den Vorlageantrag wegen verspäteter Einbringung gemäß § 15 VwGVG zurück. Der Bescheid war an die R. KG als Adressatin gerichtet und wurde dieser am 28.10.2020 zugestellt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der nachweislich zugestellte Bescheid vom 23.9.2020 mit Beginn der Abholfrist am 25.9.2020 in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden sei. Die R. KG habe nachweislich am 15.10.2020 ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 23.9.2020 eingebracht. In der Rechtsmittelbelehrung sei ihr zur Kenntnis gebracht worden, dass gegen die Beschwerdevorentscheidung binnen zwei Wochen nach Zustellung (=Frist für Vorlageantrag) der Antrag gestellt werden können, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde (Vorlageantrag). In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass ein Dokument nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes bei Hinterlegung mit dem Tag der Hinterlegung als zugestellt gelte. Der Bescheid vom 23.9.2020 gelte daher mit 25.9.2020 als zugestellt. Die R. KG habe den Vorlageantrag nicht binnen zwei Wochen ab Beginn der Hinterlegung (=Zustellung), also bis 9.10.2020, gestellt, sondern erst am 15.10.2020. Die belangte Behörde weise den Vorlageantrag daher wegen verspäteter Einbringung zurück.

I.8. Mit Schreiben vom 8.11.2020 erhob die bP Beschwerde ("Einspruch") gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 27.10.2020. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihr "Einspruch" nicht zu spät abgegeben worden sei. Falls keine Lösung eintrete, werde sie auch das ihrer Wirtschaftskammer übergeben. Im Übrigen wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

Als Absender wurde in der Beschwerde angegeben:

" XXXX

Geschäftsführerin

XXXX "

Die Beschwerde wies folgende Fertigung auf:

"Mit freundlichen Grüßen

XXXX

XXXX

Geschäftsführer"

I.9. Am 11.11.2020 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

I.10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.3.2021 wurde die bP aufgefordert, binnen einer Frist von einer Woche mitzuteilen, ob sie von Herrn XXXX bevollmächtigt sei, für die R. KG Rechtsmittel gegen Bescheide des AMS Traun an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Die bP wurde ersucht, innerhalb derselben Frist gegebenenfalls ein Schreiben vorzulegen, aus dem hervorgehe, dass sie von XXXX bevollmächtigt sei, einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen den in Form einer Beschwerdevorentscheidung ergangenen Bescheid des AMS Traun vom 23.9.2020 an das Bundesverwaltungsgericht einzubringen sowie eine Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Traun vom 27.10.2020 an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Die bP wurde darauf hingewiesen, dass die Vollmacht von Herrn XXXX unterfertigt sein müsse.

I.9. Mit per E-Mail eingebrachtem Schreiben vom 22.3.2021 legte die bP eine Kopie der unter Punkt I.6. genannten Vollmacht des Herrn XXXX vom 10.10.2012 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Die R. KG, Firmenbuchnummer XXXX , mit Sitz in XXXX wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.9.2012 gegründet und am 18.10.2012 in das Firmenbuch eingetragen. Herr XXXX vertritt die Gesellschaft seit Eintragung in das Firmenbuch als unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) selbständig. Die bP ist als Kommanditistin mit einer Haftsumme von EUR 1.000,- an der Gesellschaft beteiligt.

II.1.2. Das AMS Traun sprach mit Bescheid vom 27.10.2020, GZ: XXXX , gegenüber der R. KG aus, dass ihr Vorlageantrag vom 15.10.2020 wegen verspäteter Einbringung gemäß § 15 VwGVG zurückgewiesen werde. Der Bescheid richtete sich an die R. KG als Adressatin und wurde dieser am 28.10.2020 rechtswirksam zugestellt.

II.1.3. Mit Schreiben vom 8.11.2020 erhob die bP Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Traun vom 27.10.2020. Die bP führte als Absender der Beschwerde die "R. KG" an und fügte dem ihren eigenen Namen und ihre Funktionsbezeichnung "Geschäftsführerin" bei; die Fertigung der Beschwerde stellte sich im Wesentlichen wortgleich dar.

II.1.4. Die bP als Kommanditistin der R. KG wurde vom zur selbständigen Vertretung dieser Gesellschaft berufenen Komplementär, Herrn XXXX , bevollmächtigt, ihn bei folgenden Rechtshandlungen zu vertreten: "Finanzamt, O.Ö Gebietskrankenkasse, Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, bei Besprechungen jeder Art was die Firma anbelangt, sowohl bei An- und Abmeldungen von Plätzen für die Verkaufsstände auf diversen Märkten".

II.1.5. Die bP wurde nicht zur Erhebung von Rechtsmitteln für die R. KG gegen Bescheide des AMS Traun, konkret zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid dieser Behörde vom 27.10.2020, GZ: XXXX , bevollmächtigt.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt des AMS Traun. Die getroffenen Feststellungen gehen unmittelbar aus dem Akteninhalt hervor.

Die Feststellungen zu den Beteiligungsverhältnissen an der R. KG gründen sich auf einen vom erkennenden Gericht eingeholten Auszug aus dem Firmenbuch. Daraus geht zweifelsfrei hervor, dass ausschließlich Herr XXXX als Komplementär zur selbständigen Vertretung der Gesellschaft berufen ist, während der bP die Funktion einer Kommanditistin zukommt.

Die bP legte bereits im Verfahren vor der belangten Behörde eine Vollmacht des Herrn XXXX vom 10.10.2012 vor, mit welcher sie bevollmächtigt wurde, diesen bei "Finanzamt, O.Ö Gebietskrankenkasse, Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, bei Besprechungen jeder Art was die Firma anbelangt, sowohl bei An- und Abmeldungen von Plätzen für die Verkaufsstände auf diversen Märkten" zu vertreten. Die eingeräumte rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis umfasste nach dem Wortlaut der vorgelegten Vollmacht allerdings weder die Erhebung von Rechtsmitteln für die R. KG gegen Bescheide des AMS Traun – konkret die Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid dieser Behörde vom 27.10.2020 – noch allgemein die Vertretung der Gesellschaft in Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice oder in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die bP wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.3.2021 aufgefordert, bekanntzugeben, ob sie bevollmächtigt sei, für die R. KG Rechtsmittel gegen Bescheide des AMS Traun an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben bzw. – im Hinblick auf das konkrete Verfahren – eine von Herrn XXXX unterfertigte Vollmacht vorzulegen. Die bP legte am 22.3.2021 neuerlich die von Herrn XXXX ausgestellte und unterfertigte Vollmacht vom 10.10.2012 vor, in der sich keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Bevollmächtigung finden. Es war daher zur Feststellung zu gelangen, dass die bP nicht zur Erhebung von Rechtsmitteln für die R. KG gegen Bescheide des AMS Traun, konkret zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid dieser Behörde vom 27.10.2020, GZ: XXXX , bevollmächtigt war. Im Gegenteil war vor dem Hintergrund der neuerlich vorgelegten Vollmacht vom 10.10.2012, mit welcher der bP eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis nur für bestimmte, ausdrücklich aufgezählte Rechtshandlungen erteilt wurde, davon auszugehen, dass eine Vertretungsbefugnis eben ausschließlich im angegebenen Umfang besteht – und die im gegenständlichen Verfahren durch die bP gesetzten Rechtshandlungen folglich nicht davon umfasst waren.

Es war daher vom oben festgestellten Sachverhalt auszugehen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch einen Senat, anzuwendendes Verfahrensrecht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

II.3.2. Maßgebliche gesetzliche Grundlagen:

II.3.2.1. Art. 132 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lautet auszugsweise:

Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

[…]

II.3.2.2. § 170 Unternehmensgesetzbuch (UGB) lautet:

Vertretung

§ 170. Der Kommanditist ist als solcher nicht befugt, die Gesellschaft zu vertreten.

II.3.2.3. § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

Beteiligte; Parteien

§ 8. Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

II.3.2.4. § 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

(5) Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen.

(6) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.

II.3.3. Zum gegenständlichen Verfahren:

Die belangte Behörde sprach mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.10.2020 gegenüber der R. KG aus, dass ihr Vorlageantrag vom 15.10.2020 wegen verspäteter Einbringung gemäß § 15 VwGVG zurückgewiesen werde.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Beschwerdelegitimation setzt unter anderem voraus, dass eine solche Rechtsverletzung möglich ist; ob dies der Fall ist, ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids zu bestimmen (VwGH vom 30.6.2016, Ra 2016/16/0038, mwN).

Der angefochtene Bescheid richtet sich ausdrücklich an die R. KG als Adressatin und wird dem normativen Inhalt des Bescheides zufolge deren Vorlageantrag wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen. Nach diesem Bescheidinhalt ist die Möglichkeit einer Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts der bP nicht erkennbar. Der bP mangelt es schon aus diesem Grund an jeglicher Beschwerdelegitimation.

Wie aus dem Beschwerdeschreiben ersichtlich (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt I.8.), führte die bP als Absender der Beschwerde die "R. KG" an und fügte dem ihren eigenen Namen und ihre Funktionsbezeichnung "Geschäftsführerin" bei – die Fertigung der Beschwerde stellte sich im Wesentlichen wortgleich dar –, sodass davon auszugehen war, dass vonseiten der bP eine Beschwerdeerhebung namens der R. KG zumindest intendiert war.

Die bP ist als Kommanditistin gemäß § 170 UGB nicht zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft befugt (vgl. VwGH vom 9.9.2015, 2013/08/0227; vom 9.10.2013, 2011/08/0159, mwN; siehe auch Eckert in U. Torggler, UGB3, § 170, Rz 1). Kommanditisten können Vertretungsbefugnis nur im Wege der Prokura oder einer Handlungsvollmacht für die KG erhalten, nicht auf Grund ihrer Gesellschafterposition (VwGH vom 24.9.2009, 2009/16/0061, mit Hinweis auf Kastner/Doralt/Nowotny Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5 148).

Es war daher zu prüfen, ob die bP zur Erhebung der gegenständlichen Beschwerde bevollmächtigt war:

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen.

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht. Hierüber auftretende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Unter " Vollmacht" ist in diesem Zusammenhang die für das Außenverhältnis allein maßgebliche Erklärung der Partei gegenüber der Behörde, bei schriftlicher Bevollmächtigung also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers zu verstehen. Diese Parteienerklärung ist nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Entscheidend ist, wie das Erklärte, also der Wortlaut des Anbringens, unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Eine solche Auslegung ist nur dann zulässig, wenn die entsprechenden Erklärungen keine Zweifel offen lassen (VwGH vom 30.3.2016, Ra 2016/09/0023, mit Hinweis auf E 9. Dezember 2013, 2012/ 10/0196).

Die bP wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.3.2021 ersucht mitzuteilen, ob sie von Herrn XXXX bevollmächtigt sei, für die R. KG Rechtsmittel gegen Bescheide des AMS Traun an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, und gegebenenfalls ein Schreiben vorzulegen, aus dem hervorgehe, dass sie von XXXX bevollmächtigt sei, einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen den in Form einer Beschwerdevorentscheidung ergangenen Bescheid des AMS Traun vom 23.9.2020 an das Bundesverwaltungsgericht einzubringen sowie eine Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Traun vom 27.10.2020 an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Die bP wurde darauf hingewiesen, dass die Vollmacht von Herrn XXXX unterfertigt sein müsse.

Die bP brachte in der Folge eine von Herrn XXXX – dem Komplementär der R. KG – ausgestellte und unterfertigte Vollmacht vom 10.10.2012 in Vorlage, deren Inhalt nach sie bevollmächtigt wurde, diesen "bei Finanzamt, O.Ö Gebietskrankenkasse, Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, bei Besprechungen jeder Art was die Firma anbelangt, sowohl bei An- und Abmeldungen von Plätzen für die Verkaufsstände auf diversen Märkten" zu vertreten. Damit wurde der bP vom Komplementär eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis nur für bestimmte, ausdrücklich aufgezählte Rechtshandlungen erteilt und war davon auszugehen, dass eine Vertretungsbefugnis ausschließlich im angegebenen Umfang besteht. Dem Inhalt der vorgelegten Vollmacht nach war die bP nicht zur Erhebung von Rechtsmitteln für die R. KG gegen Bescheide des AMS Traun, konkret zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid dieser Behörde vom 27.10.2020, bevollmächtigt. Das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung wurde im Verfahren auch nicht konkret behauptet und bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (VwGH 19.02.2014, 2011/10/0014).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter vorgenommenen fristgebundenen Verfahrenshandlung das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Vertretenen zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung erforderlich (vgl. etwa VwGH vom 8.7.2004, 2004/07/0101, mwN).

Die bP war nicht zur Beschwerdeerhebung für die R. KG bevollmächtigt, sodass eine wirksame Vertretungshandlung nicht vorliegt. Mangels bestehender Vollmacht im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung war die Beschwerde der einschreitenden bP zuzurechnen (vgl. VwGH vom 27.4.2016, 2013/05/0167, mwN), welcher allerdings, wie oben ausgeführt, die Beschwerdelegitimation fehlt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer – auszugsweise auch zitierten – Rechtsprechung zu den gegenständlichen Rechtsfragen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30.9.2015, Ra 2015/06/0073, ausgesprochen, dass eine solche Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus Sicht des Art. 6 EMRK keine inhaltliche Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage oder über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ist. Art. 6 MRK gebietet bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH vom 23.5.2018, Ra 2018/05/0159). Es konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Schlagworte

Beschwerdelegimitation Vollmacht Vorlageantrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L501.2236774.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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