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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1392;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. April 1996, Zl. GA 7 - 995/1/95, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der F-GmbH mit Bescheid vom 27. Februar 1995 zur Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der GmbH im Ausmaß von 583.639 S (Umsatzsteuervorauszahlungen für September und Oktober 1994, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für November 1994 und entsprechende Säumniszuschläge und Pfändungsgebühren sowie Körperschaftsteuervorauszahlung für Jänner bis März 1995) zur Haftung heran. Nach den Feststellungen des Finanzamtes sei die GmbH vermögenslos und der Rückstand daher uneinbringlich. Es obliege dem Beschwerdeführer, einen Nachweis dafür zu erbringen, daß ihn kein Verschulden an der Verletzung der Verpflichtung treffe, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wird im wesentlichen vorgebracht, den Beschwerdeführer treffe kein Verschulden. Er habe am 2. Jänner 1995 den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH gestellt. Bis zum 15. November 1994 seien alle Abgabenschulden der GmbH entrichtet worden. In der Folge habe jedoch die Gemeinde die Erzielung weiterer Einnahmen verhindert, weil sie als Baubehörde ohne Vorliegen entsprechender Gründe einen für den Betrieb benötigten Saal gesperrt habe. Die Beträge zur Bezahlung der Umsatzsteuer seien nicht zur Verfügung gestanden. Die Begleichung der Rechnung sei durch "Übernahme eines Bankkredites" erfolgt; die Bank habe entgegen ihrer ursprünglichen Zusage die im Rechnungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer nicht freigegeben. Es sei daher zwar eine ordnungsgemäße Bezahlung der Rechnung erfolgt, die GmbH habe die Verfügungsmacht über diese Beträge aber nicht erhalten. Es werde auch darauf verwiesen, daß der Vertreter bei einer Pflichtverletzung nicht für den ganzen Schaden hafte, sondern nur für die entgangene Quote, die bei Beachtung der abgabenrechtlichen Pflichten einbringlich gewesen wäre. Es werde daher die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.
Mit dem angefochtenen Bescheid verminderte die belangte Behörde den Haftungsbetrag (durch Ausscheiden der Körperschaftsteuervorauszahlung für das erste Quartal 1995) auf
579.889 S, wies die Berufung aber im übrigen ab. Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH sei mit Beschluß des Landesgerichtes Krems vom 5. Jänner 1995 mangels Vermögens abgewiesen worden. Die Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes bei der GmbH stehe daher fest. Es sei unbestritten, daß dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH die Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten oblegen sei. Er hätte dartun müssen, aus welchen Gründen er an der Erfüllung der Pflichten gehindert gewesen sei. Laut Kassabuch der GmbH seien im November 1994 ca. 683.000 S und im Dezember 1994 ca. 733.000 S zur Verfügung gestanden. Im November 1994 seien damit Gesellschaftsschulden in Höhe von ca. 518.000 S und im Dezember 1994 solche in Höhe von 733.000 S getilgt worden, während die fälligen, haftungsgegenständlichen Abgaben unberichtigt geblieben seien. Da der Beschwerdeführer sohin die Abgabenforderungen benachteiligt habe, könne die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen. Er sei daher zur Haftung heranzuziehen. Hinsichtlich der Körperschaftsteuervorauszahlung für Jänner bis März 1995 (3.750 S) seien allerdings die Haftungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Diese Vorauszahlung sei nämlich erst am 15. Februar 1995 fällig geworden; aus dem Beschluß des Landesgerichtes Krems vom 5. Jänner 1995 ergebe sich für diesen Stichtag bereits das Fehlen liquider Mittel.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl das hg Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 92/14/0088).
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, der wesentliche Teil der Abgabenschuld (529.108 S) entfalle auf die am 15. November 1994 fällig gewordene Umsatzsteuerschuld aus der Rechnung vom 2. September 1994 über den Verkauf einer Betriebs- und Geschäftsausstattung. Er habe sich in der Berufung auf den Umstand berufen, daß liquide Mittel zur Zahlung der Abgaben nicht zur Verfügung gestanden seien; die gegenteilige Sachverhaltsfeststellung habe die belangte Behörde unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen. Das von der belangten Behörde angeführte Kassabuch sei nämlich von der F-GmbH auch als "Verrechnungsbuch" geführt worden, in welches auch die Aufrechnung von Forderungen und Gegenforderungen ihren Niederschlag gefunden habe. Die im November und Dezember 1994 aufgezeichneten Kassaeingänge und -ausgänge stellten ausschließlich solche Verrechnungen von Forderungen und Gegenforderungen dar. Hätte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Darlegung des Sachverhaltes gegeben, wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß bei Fälligkeit der Abgabenschulden keine liquide Mittel vorhanden gewesen seien.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides war er vom Finanzamt mit Vorhalt vom 19. Jänner 1995 zur Darlegung der Umstände, die ihn an der Entrichtung der Abgaben der F-GmbH gehindert hätten, aufgefordert worden. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet. In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Beträge zur Bezahlung der Umsatzsteuer seien nicht zur Verfügung gestanden, weil die Begleichung der Rechnung durch Schuldübernahme ("Übernahme eines Bankkredites") erfolgt sei und die Bank - entgegen ihrer ursprünglichen Zusage - den im Rechnungsbetrag enthaltenen Mehrwertsteuerbetrag nicht freigegeben habe. Dieses Vorbringen mußte die belangte Behörde dahingehend verstehen, daß durch die dargestellte Abwicklung des konkreten Geschäftsfalles aus diesem Vorgang keine Geldmittel zur Bezahlung der Umsatzsteuer eingegangen seien. Das Vorbringen enthält aber nicht die Behauptung, daß (zu den entsprechenden Fälligkeitszeitpunkten) überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung gestanden seien. Was die auf die Eintragungen im Kassabuch gestützte Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde betreffend die Befriedigung anderer als Abgabenschulden anlangt, vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Nach der Aktenlage sind die im Kassabuch angeführten Erbringer von Zahlungen nicht mit den Zahlungsempfängern ident, sodaß die in der Beschwerde behauptete Verrechnung nur im Wege von Forderungsabtretungen stattgefunden haben kann. Es liegt aber auf der Hand, daß eine Benachteiligung des Abgabengläubigers vorliegt, wenn Schuldtilgungen, erfolgen sie auch in Form der Abtretung von Forderungen, nur hinsichtlich anderer als Abgabenschulden durchgeführt werden.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers angenommen hat.
Weil der Haftungsbetrag auch Lohnsteuer umfaßt, sei darauf hingewiesen, daß das Unterbleiben der Abfuhr von Lohnsteuer ungeachtet von wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein iSd § 9 BAO relevantes Verschulden begründet (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, 0038).
Der Beschwerdeführer meint weiters, er dürfe, wenn überhaupt, nur quotenmäßig zur Haftung für Abgabenforderungen herangezogen werden. Der Geschäftsführer hafte bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nur für die entgangene Quote. Selbst wenn im Zeitraum November und Dezember 1994 liquide Mittel zur Begleichung von Schulden in Höhe von ca. 1,416.000 S zur Verfügung gestanden wären, so wären die Abgabenschulden in Anbetracht der von der belangten Behörde als befriedigt festgestellten Schulden von ca. 1,252.000 S (ausgehend von einer Fälligkeit mit 15. November 1994) lediglich mit etwa 30 % zu bedienen gewesen.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß er die für die Verhältnisrechnung erforderlichen Behauptungen über die Höhe der jeweiligen Verbindlichkeiten und Zahlungen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet und entsprechende Nachweise nicht erbracht, sondern sich mit dem lapidaren Hinweis begnügt hat, im Falle einer Pflichtverletzung hafte der Vertreter nur für die entgangene Quote. Nach der ständigen Rechtsprechung ist es aber Sache des Geschäftsführers, im Verwaltungsverfahren ein konkretes Vorbringen zu dem durch die Mißachtung der Gläubigergleichbehandlung verursachten Abgabenausfall zu erstatten. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 92/14/0088). Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers bedeutet zwar nicht, daß die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Sie hat vielmehr bei entsprechenden Behauptungen und diesbezüglichem Beweisanbot des Beschwerdeführers zu seiner Entlastung die angebotenen Beweise aufzunehmen und erforderlichenfalls Präzisierungen abzufordern, somit konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen abzufordern (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zlen. 91/13/0037, 0038). Derartige, allenfalls zu überprüfende Entlastungsbehauptungen hat der Beschwerdeführer aber im Verwaltungsverfahren durch den bloß allgemein gehaltenen Hinweis auf die quotenmäßige Haftung bei der Pflichtverletzung eines Vertreters nicht aufgestellt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996150128.X00Im RIS seit
20.11.2000