Entscheidungsdatum
27.04.2021Norm
BDG 1979 §43aSpruch
W136 2232741-1/7E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 26.01.2021 VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Hermann RIEDER, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 19.05.2020, GZ 44119/4-DK/19, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße zu Recht:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der Strafausspruch des bekämpften Bescheides insoweit abgeändert, als über XXXX gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 92 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit dem im Spruch genannten Disziplinarerkenntnis wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF), schuldig erkannt, sie habe es unterlassen, ihrem Mitarbeiter L. mit Achtung zu begegnen, indem sie ihm
1. im Oktober 2016, bei der Vorlage bzw. Besprechung eines Aktes, der von einem anderen Mitarbeiter fehlerhaft erledigt wurde, sagte: „sei froh, dass Du den Bescheid mit diesem Fehler nicht ausgestellt hast. Wenn du den Fehler gemacht hättest, den der Benji gemacht hat, dann hätte ich dich festgenagelt“ und
2. ihm im November 2016 anlässlich eines von ihm erledigten und fehlerhaft vorgelegten Aktes mitteilte, dass er die Fehler selbst finden müsse, dies trotz seiner konkreten Frage, was den von ihm falsch gemacht worden sei, und weiters sagte, wenn er nochmals einen Fehler mache, würde er „schriftlich belehrt und an die Wand genagelt“.
Dadurch habe die BF ihre Dienstpflichten nach § 43a BDG 1979, Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt, weshalb gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 600,- verhängt wurde.
Begründend wurde nach näherer Darstellung des Sachverhaltes und des Verfahrensganges zur leugnenden Verantwortung der BF beweiswürdigend wörtlich wie folgt ausgeführt (Anonymisierung durch das BVwG):
„Entgegen der Rechtsmeinung der [BF] erachtet der erkennende Senat die Aussagen des einvernommenen Zeugen und Opfers Abtlnsp L. als glaubwürdig, lebensnah und schlüssig (Einvernahmedauer: ca. 58 Minuten). Seine Aussage wirkte zu keinem Zeitpunkt stereotyp, erfunden oder auswendig gelernt.
Während die [BF] im Hinblick auf den Vorwurf im Oktober 2016 ein diesbezügliches Gespräch bestritt, bettete der Zeuge seinen Vorwurf („an die Wand nageln“) in einen schlüssig vorgetragenen Handlungsablauf ein, der mit der Vorlage eines Aktes (der auch konkret benannt werden konnte, nämlich von Belohnungsanträgen, welche die [BF] und den AL selbst betrafen) an die [BF] beginnt, mit deren Durchsicht und der Entdeckung eines Fehlers weitergeht (der ebenfalls benannt werden konnte) und bei einem zweiten deswegen stattgefundenen Gespräch schließlich mit der „Drohung“ endet, ihn „an die Wand zu nageln“, hätte er diesen Fehler begangen. Es liegt also eine Schilderung eines gesamtheitlichen Ereignisses und nicht bloß eine sich auf die entscheidenden Worte (an die Wand nageln) beschränkende Kurzaussage vor. Sohin werden also die näheren Umstände der Tat beschrieben, was einen deutlichen Hinweis auf eine wahre Erzählung bietet. Insofern sich bei der Schilderung der einzelnen Handlungsstränge tatsächlich Widersprüche zwischen seiner Aussage (25.11.2019) vor der DK und seiner schriftlichen Stellungnahme (15.10.2018) an die Dienstbehörde ergaben und die der Zeuge in seiner mündlichen Einvernahme - erst nach entsprechendem Vorhalt durch den Vorsitzenden - korrigierte, begründet sich dies in der inzwischen verstrichenen Zeit, was darauf hinweist, dass es sich um keine erfundene Geschichte handelt. Im Wesentlichen bestanden seine Widersprüche nur darin, wann der Ausdruck „an die Wand nageln“, bzw. „festnageln“ genau gefallen ist (ob beim ersten, oder zweiten Gespräch) und ob, bzw. wann jemand dabei war (Stellungnahme vom 15.10.2018, Seiten 6 und 7: nämlich beim zweiten Gespräch unter 4 Augen; hingegen Einvernahme am 25.11.2019, VP - Seite 9: nämlich beim ersten und in Anwesenheit des AL), nicht jedoch hinsichtlich des zweimaligen Gebrauchs dieser Ausdrücke. Dabei handelt es sich um nebensächliche Ereignisse, die auch im Lichte der Tatsache, dass es zwischen der [BF] und ihm zeitnahe Besprechungen gab, beurteilt werden müssen und ein Irrtum hinsichtlich des genauen Zeitpunktes der inkriminierten Äußerung schon allein deshalb möglich ist. Zum wesentlichen Handlungsstrang ergaben sich keine Widersprüche. Diese irrelevanten Widersprüche sind daher nicht geeignet die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu erschüttern, sondern stützen sie sogar. Hätte der Zeuge die Geschichte nämlich erfunden, also gelogen, müsste er ja durch seine Angabe, Oberst S. sei bei der Aussage „festnageln“ dabei gewesen, befürchten, sofort als Lügner entlarvt zu werden. Eine derartige Behauptung würde für ihn also absolut keinen Sinn ergeben; die unterschiedliche Aussage liegt daher in der vergangenen Zeit und dem daraus folgenden nachlassenden Erinnerungsvermögen begründet. Durch seine Aussage (VP vom 25.11.2019, Seite 11), wonach er Aufzeichnungen über die Ereignisse auf seinem alten Handy gespeichert hatte, welches er nicht mehr habe, konnte er auch nachvollziehbar begründen, warum es - nämlich bedingt durch die schwindende Erinnerung - zu Widersprüchen kam. Gleiches gilt für den im Spruchpunkt 2. erhobenen Vorwurf, bei dem es - neben der Aufforderung einen festgestellten Fehler selbst zu suchen - im Wesentlichen um den gleichen Wortlaut, wie bereits im Oktober 2016, ging. Auch hier konnte der Zeuge den konkreten Akt noch nennen und auch hier liegt eine gesamtheitliche Schilderung eines Ereignisses vor. Unstrittig ist in dieser Hinsicht auch, dass es eine diesbezügliche Aktbesprechung zwischen dem Zeugen und der DB gegeben hat, dass das Wort „Belehrung“ gefallen ist und die DB - wie sie in dem von ihr in der Disziplinarverhandlung am 12. Mai 2020 vorgelegten AV selbst ausführte - nicht „Deutschprofessor“ spielen wollte (AV: vorletzte Zeile). Wörtlich führte sie im AV aus: „Der Text wies Schreibfehler auf. Der Akt wurde an AI L. retour gegeben mit dem Hinweis, dass darin Fehler, Schreib- und Tippfehler seien und dass das LV richtig Landesamt für Verfassungsschutz heiße und dies so angeführt gehört“ und weiter „Am Mittwoch, (16.11.) legt AI L. erneut das Schreiben vor, mit der von ihm korrigierten Version. Es waren noch immer zwei Fehler drinnen“. (AV - Arbeitsleitung AI L.- PA 3: 3. bis 5. Absatz, Fehler wie im Original). Konkret genannt sind die Fehler (zwei Grammatikfehler) erst im letzten Absatz ihres AV (16.11.); dass die [BF] ihren Mitarbeiter bei der Zurückweisung des Aktes am 14.11. auf die konkreten Fehler hingewiesen hatte, erwähnt sie nicht und ergibt sich auch nicht aus der Chronologie des Aktenvermerks. Dadurch bestätigt sie letztlich die Korrektheit der Aussage des Abtlnsp L., der bei seiner Befragung vor der Disziplinarkommission angab, er sei lediglich auf die fehlerhafte Bezeichnung des Landesamtes für Verfassungsschutz, nicht aber konkret auf die anderen Fehler hingewiesen worden. Die Aussage der [BF], die in der mündlichen Verhandlung angab, es sei nicht richtig, dass sie gesagt habe, er solle die Fehler selbst suchen (VP 25.11.2019, Seite 6 unten und Seite 7 oben) ist mit ihren schriftlichen Aufzeichnungen nicht in Einklang zu bringen. Im Hinblick auf Spruchpunkt 2.a) wird die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Zeugen Abtlnsp L. letztlich auch durch die Aussage des Zeugen Cheflnsp i.R. B. gestützt, der das gleiche Verhalten der [BF] auch hinsichtlich eines Ereignisses mit der Mitarbeiterin FOI E. selbst wahrgenommen hatte und wörtlich aussagte, sie sei wie ein „Rotz-Dirndl“ behandelt worden. Auch hier hatte die [BF] ihrer Mitarbeiterin eine fehlerhafte Erledigung retourniert, ohne auf den Fehler konkret hinzuweisen und sich ihr gegenüber herablassend verhalten. Bestätigt wird dies auch durch die Mitarbeiterin FOI E., die - wenngleich von der DK nicht einvernommen - dies in ihrer schriftlichen Stellungnahme (vom 30.10.2018 zu Frage 5, Seite 2, zweiter Absatz) deckungsgleich schildert. Letztlich stützten auch die weiteren - von der [BF] teils unwidersprochen gebliebenen - Aussagen des Cheflnsp i.R. B. die Glaubwürdigkeit des Zeugen Abtlnsp L. Die Schilderung ihres Verhaltens bei einem Telefonat mit ihm {„Zu mir"), bzw. sonstiger Äußerungen {„Ober sticht Unter“), bzw. im Umgang mit der Mitarbeiterin FOI E. weisen auf einen von der [BF] - damals zumindest zeitweise - verwendeten, wenig wertschätzenden Sprachstiles gegenüber einzelnen Mitarbeitern hin.
Die von der [BF] relevierten Widersprüche in der Aussage von Abtlnsp L liegen daher nur in irrelevanten Randbereichen der Schilderung vor, sind durch die schwindende Erinnerung aufgrund des Zeitablaufes begründbar und betreffen auch nicht den wesentlichen, entscheidungsrelevanten Handlungsstrang, nämlich die inkriminierten Äußerungen der [BF] und der vom erkennenden Senat als erwiesen angenommenen Tatsache, dass diese gefallen sind. Zu den nonverbalen Verhaltensweisen des Zeugen war im Hinblick auf die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit festzustellen, dass bei der Schilderung des entscheidenden Sachverhaltes eine mitschwingende Gefühlsbeteiligung erkennbar war, die zum jeweiligen geschilderten Geschehensablauf adäquat war. Besonders zu bemerken war eine emotionale Regung bei der Schilderung des Vorfalls nach der Rückkehr des FB-Leiters vom Urlaub (Seiten 3 und 4 der Sachverhaltsdarstellung; Seite 10 VP); gerade dies scheint den Zeugen noch immer zu beschäftigen. Auch seine während der Einvernahme zu beobachtenden Gefühlsausdrücke wiesen auf die Schilderung realitätsbezogener Ereignisse hin und stützten die Glaubwürdigkeit seiner Aussage. Für die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit wesentliche Verhaltensänderungen während der Aussage waren nicht zu bemerken; dies gilt insbesondere im Hinblick auf seine Erklärungen zu Widersprüchen. Nachdem der Zeuge auf die Widersprüche zwischen seiner Aussage vor dem Senat und seiner schriftlichen Stellungnahme hingewiesen worden war, dachte er kurz nach, korrigierte seine Aussage und begründete dies auch. Dabei kam es zu keiner relevanten Änderung seiner Körperhaltung, Augenstellung, seiner Stimmlage, Sprechgeschwindigkeit oder sonstiger - bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit zu berücksichtigender - nonverbaler Verhaltensweisen. Auch dies stützte die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. Insoweit dem Zeugen vorgeworfen wurde (Plädoyer des Rechtsvertreters der [BF]), die von ihm geschilderten Ereignisse hätten nur in seiner Vorstellung existiert, ergaben sich für den erkennenden Senat keinerlei Zweifel an seiner Handlungsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und Realitätsbezogenheit. Es gab keinerlei Hinweise darauf, dass seine Aussagen ein Konstrukt seiner Phantasie wären; seine Aussage bot in ihrem gesamten verbalen und körpersprachlichen Auftreten ein stimmiges einheitliches Ganzes.
Die - über Antrag der DB - vernommenen Zeugen HR Dr. R. und Oberst S. hatten über die in diesem Verfahren gegenständlichen und wesentlichen Tathandlungen keine eigenen Wahrnehmungen und waren insofern nicht relevant. Der AL der PA Oberst S. stützte insofern die Glaubwürdigkeit des Zeugen Abtlnsp L., als er dessen Schilderung eines von der [BF] konkret angesprochenen Ereignisses, bzw. eines Gesprächs im Zusammenhang mit Einsatzfahrten in der XXXX straße dem wesentlichen Inhalt nach bestätigte (VP 25.11.2019, Seiten 17 und 19). Insofern dem Zeugen Abtlnsp L. in diesem Kontext - soweit es der erkennende Senat verstanden hat - eine gewisse Überempfindlichkeit angelastet werden sollte, hat die Befragung des AL ergeben, dass die Initiative zu diesem Gespräch vom AL ausgegangen ist. Insofern der Landespolizeidirektor der [BF] eine gute Dienstleistung attestierte war dies als Milderungsgrund (siehe unten) zu berücksichtigen.“
Nach Ausführungen über den Regelungsinhalt und die Rechtsprechung zu § 43 BDG 1979 wurde zur Schuldfrage und zur Strafbemessung auszugsweise wie folgt ausgeführt:
„[…] Die [BF] hat sich durch ihre Wortwahl gegenüber ihrem Mitarbeiter Abtlnsp L. in zwei Fällen demütigend, bzw. in einer Weise verhalten die die notwendige Achtung im zwischenmenschlichen Umgang vermissen ließ und objektiv geeignet war ihn in seiner Würde zu verletzen. Insofern sie sich auf einen in der Polizei notwendigen autoritären Führungsstil berief, vermag der erkennende Senat dieser Ansicht keinesfalls zu folgen. Ein autoritärer Führungsstil ist ausschließlich bei der Kommandierung von Einheiten, sowie in Einsatzszenarien notwendig (situativer Führungsstil), aber nicht in einer Verwaltungseinheit, wie sie die Personalabteilung darstellt. Der Dienstgeber erwartet sich hier zu Recht, dass zwar eine konsequente, leistungsorientierte und sohin auch durchaus fordernde Führung zum Zwecke der Erreichung des Organisationsziels notwendig ist; jedoch müssen die jeder zwischenmenschlichen Beziehung innewohnenden Usancen beachtet werden. Für eine herablassende, beleidigende, oder - wie auch konkret - subtil drohende (arg.: „an die Wand nageln“) Sprache besteht kein Raum. Genau dies ist aber der [BF] vorzuwerfen. […] Für die DK ist es nicht nachvollziehbar, aus welchen sachlichen und dienstlich notwendigen Gründen Abtlnsp L. von der [BF] für den Fehler eines anderen de facto belehrt wurde. [ ] Im konkreten Fall hat den Fehler aber der Leiter des Fachbereiches 03 in der LPD und nicht Abtlnsp L. begangen. Es bestand absolut kein Anlass über den Fehler eines Beamten mit einem nachrangigen Organ zu sprechen. Die [BF] beließ es aber nicht bloß dabei, sondern versetzte sich noch in die Fiktion, dass sie Abtlnsp L. „festnageln“ würde, sollte er einen solchen Fehler begehen. Eine derartige Aussage tangiert die menschliche Würde und ist objektiv geeignet, beim Betroffenen den Eindruck zu erwecken, man suche gezielt nach Fehlern und wolle ihn unter Druck setzen. […] Im November 2016 hat die [BF] den fehlerhaften Akt zunächst zu Recht zur Verbesserung zurückgewiesen. […] Ihre Pflicht ist es aber auch, die Mitarbeiter entsprechend anzuleiten, was im Ergebnis bedeutet, sie auf die Fehler konkret aufmerksam zu machen. Die Aufforderung an den Mitarbeiter, die Fehler selbst zu suchen, entspricht nicht der Intention des Gesetzes, sondern stellt ein entbehrliches Verhalten dar, welches einem modernen, auf Vertrauen basierendem Führungsstil, abträglich ist. Die dabei wiederum gemachte Aussage, den Mitarbeiter „an die Wand zu nageln“, entspricht - wie schon oben ausgeführt - nicht der Verpflichtung sich im Umgang mit Mitarbeitern eines angemessenen und wertschätzenden Tonfalls zu bedienen. […] Wenngleich man daraus - wie oben ausgeführt - keinesfalls ableiten kann, dass sie Abtlnsp L. gezielt mobben wollte, war ihre Wortwahl doch unangemessen, unsachlich und geeignet die Würde ihres Mitarbeiters zu verletzen. Ihre Aussagen waren entbehrlich und einer hochrangigen Vorgesetzten, die noch dazu eine akademische Ausbildung als Juristin hat, unwürdig. Derartige Tathandlungen sind - auch bei weniger sensiblen Mitarbeitern - bei Wiederholung durchaus geeignet eine feindliche und diskriminierende Arbeitsumgebung zu schaffen und stehen im klaren Widerspruch zu den, sich aus § 43a BDG ergebenden Verpflichtungen, nämlich für ein gedeihliches Zusammenarbeiten zu sorgen. Dies hat umso mehr Bedeutung, weil es sich bei der DB um eine hohe Führungskraft handelt. […]
Strafbemessung - § 93 BDG
[…]
Milderungsgründe:
Unbescholtenheit und ordentlicher Lebenswandel (§ 34 Ziffer 2 StGB)
Belobigungen, sowie die sehr gute Dienstbeschreibung
Lange Verfahrensdauer (§ 34 Abs. 2 StGB)
lange zurückliegende Tat (§ 34 Ziffer 18 StGB)
Erschwerungsgründe:
mehrere strafbare Handlungen derselben Art (§ 33 Abs. 1 Ziffer 1 StGB)
Insgesamt liegt eine mittelgradige Verletzung von Dienstpflichten vor, wobei im besonderen Maße die hohe Führungsfunktion der Beamtin zu berücksichtigen war. Gerade von akademisch ausgebildeten Führungskräften muss schon kraft ihrer Vorbildfunktion auch in Stress-Situationen eine angemessene Wortwahl, sowie ein vorbildliches, nicht überhebliches Verhalten gegenüber ihren Mitarbeitern erwartet werden, auch wenn sie - was auch durchaus nachvollziehbar ist - aufgrund der Vorlage von fehlerhaften Akten, genervt gewesen sein mag. Nur dadurch kann eine Führungskraft - neben der notwendigen Kompetenz - auf Dauer Respekt genießen und erfolgreich führen. Der erkennende Senat hatte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, in einer gesamtheitlichen Betrachtung, insgesamt den Eindruck, dass die DB die ihr unterstellte Wortwahl höchstwahrscheinlich wohl aus einer gewissen „Genervtheit“ gebraucht hat. Dies war ihr - wenn auch durchaus mildernd zu bewerten - zum Vorwurf zu machen. […] Generalpräventiv erweist sich eine Geldbuße als nötig, damit Führungskräften klar signalisiert wird, welche Erwartungshaltung der Dienstgeber hinsichtlich ihrer Mitarbeiterführung hat. […]. Auch wenn der [BF] die Rechtswohltat eines Geständnisses nicht zugesprochen werden konnte, ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass sie aus dem Geschehenen gelernt hat und ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern zukünftig korrigieren wird. Verbunden mit der sehr guten Dienstbeschreibung ihres Vorgesetzten (Direktor der LPD) ist zu erwarten, dass sie ihre dienstlichen Aufgaben als Führungskraft der LPD in Zukunft ordentlich und frei von der Verletzung von Dienstpflichten erfüllen wird. Insofern besteht eine positive Zukunftsprognose. […]“
2. Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob die BF rechtzeitig Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Ausgeführt wurde, dass die belangte Behörde dem Zeugen L. zu Unrecht Glaubwürdigkeit zugebilligt habe. Es gäbe nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge die Sachverhaltsdarstellung über die angeblichen Aussagen der BF vom Oktober und November 2016 tatsächlich am 15.10.2018 verfasst habe und dass sie der historischen Wahrheit entspräche. Tatsächlich bestehe die Vermutung, dass der Zeuge seine Sachverhaltsdarstellung wesentlich früher als angegeben - nämlich bereits im Februar 2018 nach einem Gespräch mit Brigadier XXXX - verfasst habe und diese nachdatiert worden sei. Für einen glaubwürdigen Polizisten bestehe aber kein Grund, eine Sachverhaltsdarstellung nachzudatieren und sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge sich im Jahr 2019 an Ereignisse im Jahr 2015 und 2016 erinnern könne. Weiters seien keine Feststellungen zur Qualität der Arbeit und der Belehrungsresistenz des Zeugen L. getroffen worden, was für den Sachverhalt erforderlich wäre. Weiters verkenne die belangte Behörde, dass die Behauptungen des Zeugen L. vor dem Hintergrund einer konzertierten und rechtswidrigen Ermittlung des stv. Landespolizeidirektors gegen die BF zu sehen wäre. Von der belangten Behörde wäre festzustellen gewesen, dass gegen die BF bis zur Erstattung der Disziplinaranzeige die Ermittlungen mehr als ein halbes Jahr verdeckt geführt worden seien. Die gesamte Vorgangsweise, wie es zur schriftlichen Zeugenaussage des Zeugen L gekommen sei, sei mehr als eigenartig. Die Beweise seien gegen das Gebot eines fairen und willkürfreien Verfahrens aufgenommen worden.
Unabhängig von der unrichtigen Lösung der Tatfrage sei auch die Lösung der Rechtsfrage unrichtig, weil auch der Zeuge L. Pflichten nach dem BDG 1979 zu erfüllen hätte, und vor dem Hintergrund der Fehlerhaftigkeit seiner Arbeit die Aussage der BF in einem vier-Augen-Gespräch, auch wenn sie bestritten werde, nicht geeignet sei, seine Würde zu beeinträchtigen. „Festnageln“ bezeichne kein reales Vorhaben und sei eine derartige Äußerung nicht beleidigend oder demütigend.
Beantragt wurde ein Freispruch, in eventu die Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde.
3. Mit Note vom 24.06.2020, einlangend am 06.07.2020, legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
4. Am 26.01.2021 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein der BF, ihres Rechtsvertreters und des Disziplinaranwaltes beim BMI statt, an deren Ende gegenständliches Erkenntnis mündlich verkündet wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt) und Beweiswürdigung
1.1. Zur Person der BF:
Der am XXXX geborene BF ist seit Dezember 2013 stellvertretende Leiterin der Personalabteilung der XXXX . Die BF hat eine sehr gute Dienstbeschreibung und ist disziplinarrechtlich unbescholten. Die BF gibt ihren Bezug mit € 3.000,- netto an, hat keine Sorgepflichten und keine Verbindlichkeiten.
Die Feststellungen zur Person der BF ergeben sich aus deren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie zur Dienstbeschreibung aus den Angaben ihres (damaligen) Dienststellenleiters vor der belangten Behörde.
1.2. Zur angelasteten Pflichtverletzung:
Festgestellt wird, das die BF die ihr spruchgemäß angelastete Tat begangen hat. Dem Beschwerdeeinwand der unrichtigen oder willkürlichen Beweiswürdigung durch die belangte kommt keine Berechtigung zu.
Die von der belangten Behörde oben unter Punkt I. 1. wiedergegebene Beweiswürdigung ist vollständig und schlüssig. Die Behörde hat in der mündlichen Verhandlung sowohl die BF als auch den Zeugen L. gehört und hat ausführlich begründet dargelegt, warum sie die Aussage des Zeugen L. über die ihm gegenüber getätigten Äußerungen der BF für glaubhaft hält.
Die in der Beschwerde dargestellten Erwägungen zur angeblich willkürlichen Beweiswürdigung der belangten Behörde sind unzutreffend.
Weder aus dem Umstand, dass der Zeuge L. die angelasteten Äußerungen nicht bereits anlässlich seines Arbeitsplatzwechsels innerhalb der Dienststelle im Juni 2017 gemeldet hat noch aus dem Umstand, dass er sein als Sachverhaltsdarstellung bezeichnetes Schreiben vom 15.10.2018 bereits früher konzipiert haben mag, folgt, dass die von ihm darin behaupteten Äußerungen der BF ihm gegenüber nicht gefallen wären.
Auch aus dem Vorbringen, dass es sich bei der von der Dienstbehörde vor Erstattung der Disziplinaranzeige vorgenommenen Ermittlungen um ein rechtswidriges und konzertantes Vorgehen des stellvertretenden Landespolizeidirektors handelt, ergibt sich nicht, dass die belangte Behörde eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung getroffen hätte oder sonst rechtswidrig vorgegangen wäre. Dies erhellt schon daraus, dass die belangte Behörde hinsichtlich der in der Disziplinaranzeige angezeigten Sachverhalte überwiegend einen Nichteileitungsbeschluss gefasst hat. Und selbst der Umstand, dass sich die angelastete Pflichtverletzung als „Zufallsprodukt“ dienstbehördlicher Ermittlungen darstellt, wäre kein Hinweis darauf, dass der Zeuge die Unwahrheit spricht, zumal die BF selbst eine Antipathie des stv. Landespolizeidirektors, jedoch nicht des Zeugen vermutet.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsreicht wurde die BF in Bezug auf das beschwerdegegenständliche Vorbringen gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde befragt, inwiefern sich daraus ergäbe, dass der Zeuge nicht glaubhaft wäre. Die BF war allerdings auch hier nicht in der Lage, dies nachvollziehbar zu begründen, sondern wiederholte nur sinngemäß ihr Vorbringen, wonach man gegen sie habe vorgehen wollen und der Zeuge L. zu diesem Zweck auch „ins Rennen geschickt“ wurde und dass sie derartige Äußerungen einfach nicht tätige (vgl. Seite 8 des Verhandlungsprotokolls vom 26.01.2021).
Bemerkenswerterweise gab die BF zur Frage, ob sie meine, dass der Zeuge lüge oder sich die inkriminierten Äußerungen der BF nur einbilde, an, dass sie nicht glaube, dass der Zeuge lüge, sie wisse nicht warum der Zeuge lügen solle. Diese Aussage steht einerseits im Widerspruch zum oben angeführten Vorbringen, dass der Zeuge „ins Rennen geschickt“ wurde, um „gegen [sie] etwas vorzubringen“ und andererseits zum Antrag, ein forensisch psychologisches Sachverständigengutachten zu den Behauptungen des Zeugen L. einzuholen. Denn wenn die der Zeuge -- wie die BF selbst meint, - nicht bewusst lügt, wäre ein Glaubhaftigkeitsgutachten über seine Aussage kein geeignetes Beweismittel.
Zusammengefasst wurde weder in der Beschwerde noch in der Verhandlung etwas vorgebracht, aus dem sich die schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel ziehen ließe.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das sinngemäßen Vorbringen der BF wonach es sich um eine Intrige gegen sie als weibliche Führungskraft gehandelt habe, was sich darin zeige, dass man sie nach monatelangen „geheimen“ Ermittlungen plötzlich im Jänner 2019 mit einer Disziplinaranzeige konfrontiert habe, nicht gänzlich unverständlich erscheint. Die von der Dienstbehörde durchgeführten Ermittlungen insbesondere im Zusammenhang mit den „Mobbing“-Vorwürfen gegen die BF erwecken in mancher Hinsicht den Eindruck einer gewissen Voreingenommenheit und ist augenfällig, dass die belangte Behörde dazu bereits in im Mai 2019 einen Nichteinleitungsbeschluss gefällt hat. Allerdings ergibt sich aus dem Umstand, dass man der BF an ihrer Dienststelle insbesondere in der Person des stv. Landespolizeidirektors aus welchen Gründen auch immer „ans Zeug flicken wollte“ (vgl. Verhandlungsprotokoll Seite 9 unten), keineswegs, dass der Zeuge L. die Unwahrheit angibt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A I.)
1. Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333, i.d.F. BGBl. I Nr. 153/2020 (BDG 1979) lauten:
„§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.“
2. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.
2.1. Dem Beschwerdeeinwand, dass vor dem Hintergrund der Fehlerlastigkeit der Arbeit des Zeugen L., die Wendungen „festnageln“ und „an die Wand nageln“ in einem vier Augen Gespräch, keine „in die Würde eines Beamten eingreifende Aussage“ seien, wird nicht gefolgt. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass die der BF angelasteten Äußerungen dem Gebot des achtungsvollen Umganges widersprechen, dies insbesondere dann, wenn sie von einer Vorgesetzten gegenüber einem Mitarbeiter geäußert werden, um damit drohende Konsequenzen bei fehlerhafter Arbeit in den Raum zustellen.
2.2. Der Verjährungseinrede kommt ebenso keine Berechtigung zu.
Unabhängig von der Frage, ob durch die von der BF erstmals in der Beschwerde behauptete Kenntnis des Bgdr XXXX über die inkriminierten Äußerungen die Dienstbehörde bereits im Frühjahr 2018 Kenntnis von der Pflichtverletzung hatte, kommt der Verjährungseinrede deswegen keine Berechtigung zu, weil durch einen rechtskräftig ergangenen und bezüglich der Vorwürfe ausreichendend konkreten Einleitungsbeschluss - ungeachtet seiner allfälligen Fehlerhaftigkeit - die Verjährungsfrist im Disziplinarverfahren wirksam unterbrochen wird (vgl. VwGH vom 25.09.2019, Ro 2019/09/0006). Bereits bei Erlassung des durch ein ordentliches Rechtsmittel bekämpfbaren Einleitungsbeschlusses war die Frage der Verjährung zu beurteilen und kann daher nicht neuerlich aufgeworfen werden (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0050; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/09/0113; VwGH 14.11.2002, 2001/09/0008; VwGH 17.11.1994, 94/09/0112; VwGH 27.4.1989, 88/09/0004). In der Beschwerde der BF gegen den Einleitungsbeschluss der belangten Behörde vom 07.05.2019 wurde eine Verjährung nicht geltend gemacht, sondern nur ausgeführt, dass es unerfindlich sei, warum die Äußerung der BF erst drei Jahre (Anm. BVwG: tatsächlich 2 Jahre und drei Monate) später an die belangte Behörde angezeigt werde. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2019, GZ W136 2219986/2E, abgewiesen.
2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinn des Art. 130 Abs. 3 B-VG. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensübung durch die Disziplinarkommission setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte.
Die belangte Behörde hat unter Beachtung der Strafzumessungsgründe nach § 93 BDG 1979 die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen zur Strafzumessung für eine entsprechende Nachprüfbarkeit ihrer Entscheidung nachvollziehbar dargelegt und wird dieser seitens des Bundesverwaltungsgerichtes grundsätzlich beigetreten.
Die Verhängung einer Geldbuße hat die belangte Behörde mit generalpräventiven Gründen und spezialpräventiv mit dem Unrechtsgehalt der Tat und der Tatwiederholung begründet, wobei als Erschwerungsgrund das Vorliegen mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art gewertet wurde.
Dazu ist zu bemerken, dass nach Ansicht des erkennenden Gerichts die Tatwiederholung hinsichtlich der Wortwahl „festnageln“ bzw „an die Wand nageln“ den Unrechtscharakter der Tat nicht erhöht. In Anbetracht der sonst der BF von Seiten ihrer Vorgesetzten, aber auch ehemaligen Mitarbeitern attestierten angemessenen Wortwahl, scheint dieser gar nicht bewusst gewesen zu sein, dass die inkriminierten Begriffe dem achtungsvollen Umgang widersprechen, weshalb der einmaligen Tatwiederholung kein besonderer Unrechtsgehalt zukommt.
Der von der belangten Behörde erkannte Erschwernisgrund der mehrfachen Begehung bezieht sich offenkundig darauf, dass die BF im November 2018 zusätzlich zur inkriminierten Wortwahl den Mitarbeiter nur auf einen Fehler in seiner Erledigung aufmerksam machte und trotz Nachfrage mitteilte, dass er die weiteren Fehler selbst finden müsse. Auch diese Vorgangsweise entspricht – insbesondere im Zusammenhalt mit der inkriminierten Wortwahl – nicht dem Gebot des achtungsvollen Umganges, allerdings ist dieser Vorgangsweise im konkreten Fall kein wesentlicher Unrechtsgehalt beizumessen. Zwar ist der belangten Behörde beizupflichten, dass ein Dienstvorgesetzter allfällige Fehler seines Mitarbeiters konkret zu benennen hat, allerdings darf gerade von Mitarbeitern in der Verwaltung (in der Verwendungsgruppe E 2a) auch grundsätzlich erwartet werden, dass ihre schriftlichen Erledigungen im Wesentlichen ohne Schreib- und Tippfehler sind. Wie bereits das Verfahren vor der belangten Behörde ergeben hat, waren die der BF vorgelegten Erledigungen des Zeugen wiederholt mit Tippfehlern behaftet, weshalb die Aufforderung an diesen Mitarbeiter, die Schreib- bzw. Tippfehler selbst zu suchen, durchaus auch erzieherisch wirken kann.
Zusammengefasst kommt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher dem von der belangten Behörde erkannten Erschwernisgrund keine wesentliche Bedeutung zu. In Anbetracht der zahlreichen Milderungsgründe und dem von der BF gewonnen persönlichen Eindruck, geht das Bundesverwaltungsgericht (ebenso wie die belangte Behörde) davon aus, dass es keiner spürbaren Bestrafung bedarf, um die BF in Zukunft von der Begehung einschlägiger Pflichtverletzungen abzuhalten.
Dem Vorbringen, dass nach § 118 Abs. 1 Z 1 oder Z 4 BDG 1979 vorzugehen wäre kann jedoch nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf die Führungsfunktion der BF war ein Schuldspruch samt Verweis aus generalpräventiven Gründen erforderlich, um klar zu stellen, dass an Führungskräfte hinsichtlich ihrer Wortwahl gegenüber Mitarbeitern ein hoher Maßstab anzulegen ist.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung zu lösen war. Rechtsfragen des Verfahrensrechts - wie hier die behauptete unrichtige Sachverhaltsfeststellung - sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (Ra 2019/08/0134). Dies ist gegenständlich nicht der Fall.
Schlagworte
achtungsvoller Umgang Disziplinarstrafe schriftliche Ausfertigung Strafbemessung Unrechtsgehalt VerweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2232741.1.00Im RIS seit
30.06.2021Zuletzt aktualisiert am
30.06.2021