TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/28 I421 2126838-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2021
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Entscheidungsdatum

28.04.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
StGB §127
StGB §130 ersterFall
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2126838-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die BBU GmbH, Modecenterstraße 22, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, XXXX vom XXXX 2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf acht Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.        Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid vom XXXX 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA) den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III.). Ihm wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

3. Mit Schriftsatz vom XXXX 2016 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 2016 samt Verwaltungsakt vor, wobei das Bundesverwaltungsgericht dem BF mit Schriftsatz vom XXXX 2016 den Verbesserungsauftrag erteilte, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine deutschsprachige Übersetzung seiner in fremder Sprache verfassten Beschwerde vorzulegen.

4.       Dieser Aufforderung kam der BF nicht nach und brachte bis zum Entscheidungszeitpunkt keine weiteren Eingaben ein, weshalb die Beschwerde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ I409 2126838-1/5E mit Beschluss vom XXXX 2016 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Der Bescheid der belangten Behörde erwuchs damit am XXXX 2016 in Rechtskraft.

5.       Mit Parteiengehör des BFA vom XXXX 2020 wurde der in Strafhaft befindliche BF darüber informiert, dass gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei und beabsichtigt werde, unter anderem eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot gegen ihn zu erlassen. Ihm wurde eine Frist von 10 Tagen ab Erhalt dieser Verständigung zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. Am XXXX 2020 übernahm der BF das entsprechende Schreiben.

6.       Mit Schreiben vom XXXX 2020 wurde der BF neuerlich vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihm weiters mittels Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass die festgesetzte Frist für eine Stellungnahme nicht im Sinne des § 1 COVID-19-VG unterbrochen werde. Eine entsprechende Übernahme durch den BF erfolgte am selbigen Tag.

7.       Einlangend mit XXXX 2020 übermittelte der BF der belangten Behörde seine Stellungnahme, wobei er die entsprechenden Fragen direkt im Schreiben der belangten Behörde sichtwortartig beantwortete.

8.       Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2021 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Dieser Bescheid samt der Information Rechtsberatung, der Verfahrensanordnung Rückkehrberatung und dem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise wurde vom BF am XXXX 2021 übernommen.

9.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht durch die Rechtsvertretung des BF vollumfänglich erhobene Beschwerde vom XXXX 2021, beim BFA eingelangt am XXXX 2021. Moniert wurde dabei Behördenwillkür, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, die wirtschaftliche Lage im Heimatland des BF sei sehr schlecht und habe er bei einer Rückkehr Angst, in eine lebensbedrohliche Notlage zu geraten, weshalb er bis dato die freiwillige Rückkehr nach Marokko abgelehnt habe. Da er wegen der lebensbedrohlichen Situation aus seiner Heimat geflohen sei, erachte er durch die Rückkehrentscheidung und die Verhängung eines Einreiseverbotes seine durch Art 2 und Art 3 EMRK garantierten Rechte als verletzt. Die Maßnahmen seien überzogen und ungerechtfertigt, er stelle jedenfalls keine Gefahr für die Öffentlichkeit dar. Die Gefährlichkeitsprognose der belangten Behörde sei eine willkürliche Entscheidung. Er bereue sein bisheriges Verhalten, möchte in Zukunft ein gesetzestreues Verhalten an den Tag legen und würde gerne, sobald ihm ein Aufenthaltstitel gewährt werde, eine Arbeit zur Finanzierung seiner Lebenshaltungskosten aufnehmen. Das auf die Dauer von 10 Jahren verhängte Einreiseverbot würde außerdem gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz bzw. dem Gebot der Gleichbehandlung von Fremden widersprechen.

10.      Mit Schriftsatz vom XXXX 2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX 2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, ledige BF ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Berber an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF stammt aus Marokko, wo er 12 Jahre lang die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen hat. Die Familie des BF ist nach wie vor in Marokko wohnhaft.

Seit (mindestens) XXXX 2015 ist der BF in Österreich aufhältig, wobei er nicht durchgehend über eine behördliche Meldeadresse verfügte. Er ging bis dato im Bundesgebiet noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung und verfügt über keine finanziellen Mittel.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

Der Strafregisterauszug des BF weist folgende Verurteilungen auf:

01) LG F.STRAFS.WIEN 082 HV 145/2015s vom 16.11.2015 RK 16.11.2015

§ 27 (1) Z 1 8. Fall (3) u (5) SMG § 15 StGB

§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 20.10.2015

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum XXXX 2019

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX XXXX vom XXXX

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG XXXX XXXX vom XXXX

02) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 14.03.2016

Freiheitsstrafe 10 Monate

Vollzugsdatum 12.09.2017

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 05.10.2016, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX XXXX vom XXXX

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

Zuständigkeit gemäß § 179 Abs. 1 STVG übernommen

LG XXXX XXXX vom XXXX

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG XXXX XXXX vom XXXX

03) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 15 StGB §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 02.11.2016

Freiheitsstrafe 7 Monate

Vollzugsdatum 02.06.2017

04) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 30 (1) 2. Fall u (2) SMG

§ 15 StGB § 127 StGB

§ 27 (2a) 2. Fall SMG § 15 StGB

§ 27 (1) Z 1 1.2. Fall u (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 11.01.2018

Freiheitsstrafe 1 Jahr

Vollzugsdatum 14.01.2019

05) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 15 StGB §§ 27 (2a) 2. Fall, 27 (3) SMG

Datum der (letzten) Tat 09.01.2020

Freiheitsstrafe 15 Monate

Vollzugsdatum 09.04.2021

Insgesamt verbrachte der BF ab seiner Ankunft in Österreich fast vier Jahre in Justizanstalten. Auch in anderen Ländern befand sich der BF viermalig in Haft.

Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte und über keine maßgeblichen privaten Beziehungen. Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor. Ein Kind des BF lebt in Griechenland, ein Cousin des BF in Frankreich.

Der Asylantrag des BF vom XXXX 2015 wurde seitens des BFA mit Bescheid vom XXXX 2016 abgelehnt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde in Ermangelung der Vorlage einer deutschsprachigen Übersetzung derselben mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 2016 zu GZ I409 2126838-1/5E als unzulässig zurückgewiesen. Der Bescheid der belangten Behörde erwuchs damit am XXXX 2016 in Rechtskraft. Seiner daraus erwachsenen Ausreiseverpflichtung kam der BF nicht nach, er verblieb weiterhin im Bundesgebiet.

1.2.    Zur Lage im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage in Marokko sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX 2021 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurden die essentiellen Auszüge des „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko, Stand 17.03.2021, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Zudem gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.

COVID 19-Situation in Marokko

(https://covid19.who.int/region/emro/country/ma)

Basierend auf den Daten der WHO (Stand: XXXX 2021) ergeben sich 509.363 bestätigte COVID-19-Fälle mit 8.992 Verstorbenen. Bis zum 24. April 2021 wurden insgesamt 8.941.120 Impfstoffdosen verabreicht.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1.    Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der stichwortartigen Stellungnahme des BF, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Darüber hinaus wurden Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, der Grundversorgung und dem Strafregister eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug zur Person der BF.

2.3.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Hinsichtlich den Feststellungen zur Volljährigkeit, zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit wird auf den unstrittigen Akteninhalt verwiesen und wurde auch im Zuge der Beschwerde nichts Gegenteiliges behauptet. Zumal der BF zu keinem Zeitpunkt ein entsprechendes Identitätsdokument in Vorlage gebracht hat, steht seine Identität nicht fest.

Im Zuge seiner schriftlichen Stellungnahme führte der BF selbst aus, in Marokko 12 Jahre lang die Schule besucht zu haben, weiters auch, dass seine Familienmitglieder dort wohnhaft sind (AS 69).

Hinsichtlich seines Aufenthalts in Österreich kann auf das Datum seiner Asylantragstellung mit XXXX 2015 verwiesen werden, welches in einem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister zur Person des BF dokumentiert ist. Der Umstand, wonach der BF im Bundesgebiet bis dato noch keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, basiert auf dem amtswegig eingeholten Sozialversicherungsdatenauszug, zudem führte der BF auch selbst im Zuge seiner schriftlichen Stellungnahme aus, zuletzt in Griechenland einer Erwerbstätigkeit nachgegangen zu sein (AS 69). In einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem zur Person des BF geht hervor, dass selbiger keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, weiters führte er selbst aus, über keine finanziellen Mittel zu verfügen (AS 69).

Ebenso basiert die Feststellung zum Gesundheitszustand auf den eigenen Angaben des BF (AS 69), worauf in der Folge unter Berücksichtigung seines erwerbsfähigen Alters die Feststellung zu dessen Arbeitsfähigkeit fußt. Zudem führte der BF im Zuge seiner Beschwerde auch selbst aus, dass er gerne eine Arbeit zur Finanzierung seiner Lebenshaltungskosten aufnehmen würde (AS 152). Es ergeben sich damit auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202.

Aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug vom XXXX 2021 zur Person des BF ergeben sich dessen Verurteilungen.

Ob der im Strafregisterauszug angeführten Freiheitsstrafen, wobei die im Zuge seiner ersten Verurteilung bedingt verhängte Strafe sowie auch seine bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe seiner Zweitverurteilung widerrufen wurde, ergibt sich in Summe ein knapp vierjähriger Aufenthalt des BF in Justizanstalten, wobei die entsprechenden Eintragungen im Auszug aus dem Zentralen Melderegister ebenfalls dazu im Einklang stehen. Der Umstand, wonach sich der BF auch in andere Ländern viermalig in Haft befand, fußt auf dessen eigenen Ausführungen im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme (AS 69).

Auf die Frage, ob der BF Familienangehörige in Österreich oder einem anderen Staat der EU habe, führte dieser ausschließlich seinen in Frankreich lebenden Cousin an, weswegen die Feststellung zu treffen war, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte und über keine maßgeblichen privaten Beziehungen verfügt, wobei er selbst konkretisierend ausführte, keine sozialen Kontakte und keine Aktivitäten in Österreich zu pflegen sowie nicht Mitglied in einem Verein oder anderen Organisationen zu sein (AS 69). In Ermangelung des Nachgehens einer Erwerbstätigkeit und dem Umstand seiner insgesamt fünf strafgerichtlichen Verurteilungen war die mangelnde Integration des BF festzustellen. Der Umstand, dass in Griechenland ein Kind des BF lebt, ergibt sich aus dessen schriftlicher Stellungnahme (AS 69).

In Zusammenhang mit seinem abgeschlossenen Asylverfahren bleibt auf die entsprechenden Eintragungen im Fremdenregisterauszug zur Person des BF zu verweisen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist, als Drittstaatsangehöriger.

Der BF als Staatsangehöriger von Marokko ist Drittstaatsangehöriger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmung.

Marokko gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung.

Zu A)

3.1.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war folglich nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.2.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist gemäß § 10 Abs 2 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zumal der BF ob seines rechtskräftig negativ entschiedenen Asylantrages illegal im Bundesgebiet aufhältig ist, hat sich die belangte Behörde zu Recht auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützt.

Es gilt nun bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung unter dem Gesichtspunkt des Art 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs 1 ist nämlich (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs 1 BFA-VG weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FPG, in dessen Abs 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art 8 MRK angesprochen wird (VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0301 mit Hinweis auf VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0111; VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0179; VwGH 12.112015, Ra 2015/21/0101; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Gegenständlich ist die inhaltliche Prüfung der Frage, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist, im Ergebnis nicht zu beanstanden, dies aus folgenden Erwägungen:

Unter dem Begriff "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554), wobei es zunächst die Aufenthaltsdauer eines Fremden zu berücksichtigen gilt. Der BF hält sich fallgegenständlich seit über fünfeinhalb Jahren in Österreich auf, wobei sich sein Aufenthalt ab Rechtskraft seiner negativen Asylantragentscheidung ab XXXX 2016 – damit der überwiegende Teil seiner Aufenthaltsdauer – als unrechtmäßig gestaltet, wobei er seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen ist. Ein allfälliges Privat- und Familienleben, das erst nach der Abweisung seines Asylantrages entstanden ist, verliert bereits dadurch deutlich an Gewicht.

Generell gilt in Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer auszuführen, dass die höchstgerichtliche Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, 2011/18/0100 mwN). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, ausgeführt wird, „dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“, und selbst einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 16.02.2021, Ra 2019/19/0212 mit Hinweis auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119, VwGH 10.05. 2016, Ra 2015/22/0158 und VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031), ist der Aufenthalt des BF zwar nicht als sehr kurz, aber auch nicht als besonders lange zu bewerten bzw. liegt selbiger erst knapp über einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren. Von der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Judikatur, die bei einem über zehnjährigen Aufenthalt (sofern diese Dauer nicht durch gewisse Umstände relativiert wird, wie gegenständlich sehr wohl der Fall) regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich ausgeht, ist die Länge des Aufenthalts des BF eine erhebliche Zeitspanne entfernt, sodass die Aufenthaltsdauer für sich betrachtet das Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich nicht automatisch zum Überwiegen bringen würde.

Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht alleine maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422).

Fallgegenständlich bleibt festzuhalten, dass der BF im Bundesgebiet über kein durch Art 8 EMRK geschütztes Familienleben verfügt, was er im Übrigen auch nicht behauptet hat. In der Folge gilt es nun zu prüfen, ob gegenständlich ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des BF vorliegt. Dazu vermeinte der BF selbst, über keine berücksichtigungswürdigen privaten Beziehungen zu verfügen, keine Aktivitäten in Österreich zu pflegen sowie nicht Mitglied in einem Verein oder anderen Organisationen zu sein. Auch eine berufliche Integration hat nicht stattgefunden.

Es sind – unter der Schwelle des Art 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 23.03.2017, Ra 2017/21/0004). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt somit nicht vor; beim BF sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben.

Darüber hinaus wurde der BF im Bundesgebiet insgesamt fünfmalig ob strafbarer Handlungen gerichtlich verurteilt, auf welchen auch seine insgesamt knapp vierjährigen Haftaufenthalte fußen.

Hinsichtlich seiner Verurteilungen in Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz bleibt auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 25.04.2013, 2013/18/0053). Zudem besteht auch ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 mit Hinweis auf VwGH 22.05.2013, 2013/18/0041), zumal der BF auch wiederholt (qualifizierte) Diebstähle begangen hat. Wie der aktuelle Auszug des Strafregisters belegt, konnte den BF das bereits mehrfach verspürte Haftübel nicht von der Begehung weiterer derartiger Delikte abhalten. Den persönlichen Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht weiters auch das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 02.09.2019, Ra 2019/20/0407), entgegen.

Nach wie vor bestehen zudem Bindungen des BF zu seinem Heimatstaat Marokko, zumal er dort einen großen Teil seines Lebens verbracht und dort die Schule abgeschlossen hat, er in Marokko hauptsozialisiert wurde, er nach wie vor seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der marokkonischen Kultur vertraut ist. Darüber hinaus lebt auch die Familie des BF nach wie vor in Marokko, sodass im gegenständlichen Fall keinesfalls von einer vollkommenen Entwurzelung des BF auszugehen ist.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zulasten des BF und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

Es kann der belangten Behörde unter Berücksichtigung der von ihr im angefochtenen Bescheid aufgezeigten maßgeblichen Umstände, insbesondere der wiederholten, massiven Straffälligkeit und dem Umstand, dass der BF seiner Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich nicht nachgekommen ist, nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der geforderten Interessenabwägung letztlich zum Ergebnis gelangte, dass der Eingriff in das – in ihrem Gewicht geminderten bzw. wenig ausgeprägten – Privat- und Familienleben in Hinblick auf das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung nach Art 8 Abs 2 EMRK gerechtfertigt ist. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Allfällige mit der Rückkehrentscheidung verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2016/21/0338).

Daher war kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) zu erteilen. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 52 Abs 1 Z 1 FPG wider den BF keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich ihres Spruchpunktes II. als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

3.3.    Zur Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Es gibt für das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Der BF ist volljährig, arbeitsfähig und gesund. Er hat in Marokko seine Schuldbildung erfahren, des Weiteren ist die Familie des BF in Marokko aufhältig. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit – wenn auch zu Beginn nur in Form von Gelegenheitsjobs oder Hilfstätigkeiten – sollte er in seinem Herkunftsstaat zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Das Existenzminimum des BF wäre bei einer Rückkehr gesichert und ist die Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet. Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Marokko, diese betreffen jedoch jeden marokkanischen Staatsangehörigen in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.

Das unsubstantiierte Vorbringen des BF, wonach er Angst habe, bei einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage zu geraten, vermag in Hinblick auf das Erfordernis zur detaillierten und konkreten Darlegung etwaiger exzeptioneller Umstände keine Entscheidungsrelevanz zu entfalten, insbesondere fehlen im vorliegenden Falle alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht.

Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Übrigen handelt es sich bei Marokko um ein sicheres Herkunftsland.

Auch angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie ergeben sich keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf den BF. Er ist nicht der COVID-19-Risikogruppe zugehörig und gesund. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zudem mit nur geringen Symptomen, vergleichbar einer Grippe. Dabei ist die Sterblichkeit bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre sehr gering und liegt bei unter 1%. Es fehlt daher auch vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie fallgegenständlich an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Art 3 EMRK.

Der Vollständigkeit halber bleibt abschließend noch festzuhalten, dass auch die Europäische Union Marokko mit 450 Mio. EUR hilft, um die Behörden dabei zu unterstützen, die medizinische Versorgung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie auszubauen und Maßnahmen zur Abmilderung der sozioökonomischen Auswirkungen zu ergreifen. Dank dieser Unterstützung konnte Marokko seine Reaktion auf die COVID-19-Pandemie verstärken, und zwar sowohl im Gesundheitssektor als auch in Bezug auf die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Seit Beginn der Pandemie hat Marokko strenge gesundheitspolizeiliche Maßnahmen ergriffen, darunter Abriegelungen, die sowohl die Wirtschaft als auch Zehntausende schutzbedürftiger Personen und Familien hart getroffen haben. Um die Familien, aber auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die das wirtschaftliche Gerüst Marokkos bilden, zu schützen, hat die marokkanische Regierung eine Reihe von Finanzhilfeprogrammen eingerichtet. Diese Unterstützungsprogramme – die unter anderem Steuerstundungen, garantierte Darlehen und Zuschüsse für KMU sowie Soforthilfe für schutzbedürftige Familien umfassen – haben die öffentlichen Finanzen stark belastet. Die EU unterstützt Marokko bei der erfolgreichen Umsetzung dieser Maßnahmen (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 23.12.2020: Team Europa: EU zahlt 169 Mio. EUR aus ihrem COVID-19-Hilfspaket für Marokko aus, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_2524).

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4.    Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Der mit „Einreiseverbot betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) […]

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

[…]

Der Interessenabwägung und der Gefährdungsprognose bei Erlassung eines Einreiseverbotes ist stets eine Beurteilung zugrunde zu legen, die unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen wird (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0285).

Ist der Tatbestand des § 53 Abs 3 Z 1 FPG erfüllt, so ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert (VwGH 27.01.2015, 2013/22/0298 mit Hinweis auf VwGH 30.07.2014, 2013/22/0281).

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Fallgegenständlich hat der BF – wie unter Punkt II. 1.1. ausgeführt – insgesamt fünfmalig eine strafgerichtliche Verurteilung erfahren, wobei vier seiner Verurteilungen die in § 53 Abs 3 Z 1 FPG festgelegte Freiheitsstrafendauer von zumindest drei Monaten deutlich überschritten haben. Zudem wurde der BF auch insgesamt dreimalig aufgrund von Delikten in Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz verurteilt, weiters dreimalig ob (auch qualifizierter) Diebstähle, sodass auch der letzte Halbsatz des § 53 Abs 3 Z 1 FPG verwirklicht wurde.

An dieser Stelle bleibt neuerlich darauf hinzuweisen, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 25.04.2013, 2013/18/0053). Auch der EGMR vertritt die Auffassung, dass „angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen“ (vgl. EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11). Zudem besteht weiters auch ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 mit Hinweis auf VwGH 22.05.2013, 2013/18/0041).

In Zusammenhang mit der vorzunehmenden Gefährdungsprognose ist diesbezüglich festzuhalten, dass der BF trotz offener Probezeit hinsichtlich seiner ersten strafgerichtlichen Verurteilung bzw. trotz bedingter Entlassung aus der Freiheitsstrafe in Zusammenhang mit seiner zweiten strafgerichtlichen Verurteilung wiederholt straffällig wurde, weswegen sowohl die Probezeit als auch die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widerrufen werden mussten, was einen Beleg für seine hohe Rückfallsneigung darstellt, was im Übrigen auch ob des Nichtvorhandenseins finanzieller Mittel des BF zu befürchten ist. Des Weiteren wird dadurch aufgezeigt, dass das bereits verspürte Haftübel beim BF nicht die gewünschte Wirkung zeigte.

Sofern der BF zuletzt in seiner Beschwerde nunmehr vermeinte, sein bisheriges Verhalten zu bereuen sowie in Zukunft ein gesetzestreues Verhalten an den Tag legen zu wollen, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu verweisen, wonach der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0262; 25.01.2018, Ra 2018/21/0004; XXXX 2018, Ra 2018/21/0044; 03.07.2018, Ra 2018/21/0050, jeweils mwN). Angesichts des Umstandes, dass der BF gerade erst Anfang April 2021 aus seiner 15-monatigen Strafhaft entlassen wurde, ist im vorliegenden Fall noch keine (lange) Phase des Wohlverhaltens gegeben, welche nahelegen würde, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet fortan keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit mehr darstellen würde.

Darüber hinaus ist im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF im Bundesgebiet mitzuberücksichtigen, dass er auch behördliche Anordnungen missachtete, indem er seiner Ausreiseverpflichtung nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens nicht nachkam und unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb.

Unter Zugrundelegung aller genannter Umstände sowie in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des BF kann eine von ihm ausgehende Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH XXXX 2004, 2001/18/0074) und ist die Ansicht der belangten Behörde, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht, insoweit nicht zu beanstanden.

Entsprechend den Ausführungen unter Punkt 3.2.2. sind fallgegenständlich beim BF weder ein schützenswertes Familienleben noch private Beziehungen im Bundesgebiet in Anschlag zu bringen. Sonstige integrative Momente haben sich nicht ergeben bzw. wurden auch nicht behauptet.

In der im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art 8 Abs 2 EMRK vorzunehmenden Gesamtbetrachtung überwiegt daher das öffentliche Interesse jedenfalls das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten und liegt durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vor.

Das im angefochtenen Bescheid angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG stellt sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt dar.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes von zehn Jahren als nicht angemessen. Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002 mit Hinweis auf VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Vielmehr ist es bei der Bemessung der Dauer eines Einreiseverbotes einerseits unter Bewertung des bisherigen Verhaltens prognostisch darauf abzustellen, wie lange die Gefährdung bestehen bleiben werde und andererseits auch auf die privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 19.11.2020, Ra 2020/21/0371 mit Hinweis auf VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009).

Zumal gegenständlich bei seiner letzten Verurteilung bei einem Strafrahmen gemäß § 27 Abs 3 SMG von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe eine unbedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verhängte wurde, und damit der Strafrahmen um etwas weniger als die Hälfte ausgeschöpft wurde, erscheint die vollständige Ausschöpfung der maximal zulässigen Höchstdauer des Einreiseverbotes, ohne seine zweifellos schweren strafbaren Handlungen gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verharmlosen - dies selbst unter Mitberücksichtigung des unrechtmäßigen Verbleibes des BF im Bundesgebiet - als zu hoch angesetzt. Gegenständlich erachtet der erkennende Richter ein Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren unter Berücksichtigung des konkreten Unrechtsgehalts der vom BF begangenen Straftaten als ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und bleibt dadurch auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich.

Das Einreiseverbot im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids war somit auf acht Jahre herabzusetzen.

3.5.    Zur Nichterteilung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. und VI. des angefochtenen Bescheides):

3.5.1.  Rechtslage

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.5.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, erweist sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich, dies aufgrund des an den Tag gelegten Gesamtverhaltens des BF, welches eine massive Beeinträchtigung der Grundinteressen erkennen lässt. Vor dem Hintergrund, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht, wobei der BF insgesamt dreimalig einschlägig verurteilt wurde, stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen (vgl. VwGH XXXX 2019, Ra 2018/19/0643), darüber hinaus besteht auch ein großes öffentliche Interesse an der Verhinderung von Eigentumskriminalität. Eine sofortige Ausreise erscheint daher vor diesem Hintergrund im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls notwendig.

Wie bereits erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienleben in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.

Vor diesem Hintergrund war damit weder der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, noch eine Frist für die freiwillige Ausreise zu erteilen, weshalb die Spruchpunkte V. und VI. keiner Korrektur bedürfen.

4.       Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt wurde durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen bzw. die Dauer des Einreiseverbotes zugunsten des BF korrigiert. Neue maßgebliche Sachverhaltselemente haben sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht ergeben.

Zwar kommt bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Gericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Gegenständlich wurde in der Beschwerde zwar die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt, um sich einen persönlichen Eindruck vom BF zu verschaffen, entgegen der Ansicht des BF liegt aber gegenständlich ein derart eindeutiger Fall vor, dass die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten zu keinem anderen Ergebnis führen hätte können (VwGH XXXX 2018, Ra 2018/21/0052 mit Hinweis auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs 7 BFA-VG geklärt ist. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, wird vom erkennenden Richter gegenständlich nicht als zielführend erachtet, zumal keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vorliegen und auch keine Beweise aufzunehmen sind (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/21/0179. Es konnte daher aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Vergehen Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2126838.2.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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