Entscheidungsdatum
28.04.2021Norm
BBG §40Spruch
W261 2240926-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Maga Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 16.02.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 16.12.2020 beim Sozialministeriumsservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.
Davor hatte die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2012 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem BEinstG gestellt, welcher mit Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungen und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 28.09.2012 abgewiesen wurde. Zu diesem Zeitpunkt litt die Beschwerdeführerin an Kniegelenksabnutzung beidseits, an Morbus Raynaud und rezidivierenden Kopfschmerzen und an einem Gesamtgrad der Behinderung nach der Richtsatzverordnung von 30 %.
2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 16.12.2020 ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.01.2021 erstatteten Gutachten vom 16.01.2021 stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen „Funktionsbehinderung am rechten Knie nach körperfernen Oberschenkelbruch rechts – Position 02.05.20 – Grad der Behinderung (in der Folge: GdB) 30%“, „Carpaltunnelsyndrom links mehr als rechts – Position 04.05.06 – GdB 20 %“, „beginnende Kniegelenksarthrose links – Position 02.05.18 – GdB 10%, „Morbus Raynaud – Position 05.03.01 – GdB 10%“ und „rezidivierende Kopfschmerzen – Position 04.11.01 – GdB 10 %“ und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert (in der Folge vH) fest. Das führende Leiden 1 werde durch die übrigen Leiden nicht erhöht, wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz.
3. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 18.01.2021 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
4. Die Beschwerdeführerin teilte der belangten Behörde mit Emailnachricht vom 01.02.2021 mit, dass sie bereits in die Wege geleitet habe, dass der KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld. (in der Folge: KOBV) eine „Berufung“ erheben werde. Die belangte Behörde nahm dies mit Emailnachricht vom 01.02.2021 schriftlich zur Kenntnis.
5. Die Beschwerdeführerin gab durch deren bevollmächtigte Vertretung, den KOBV, am 11.02.2021 eine schriftliche Stellungnahme ab. Darin führte sie aus, dass im medizinischen Sachverständigengutachten nicht das volle Ausmaß der Kniebeschwerden bei der Beschwerdeführerin berücksichtigt worden sei. Das rechte Knie sei bereits acht Mal, das linke Knie bereits zwei Mal operiert worden. Aufgrund der multiplen Operationen und der daraus resultierenden Schmerzen sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, längere Fußwege zurückzulegen. Auch das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel sei aufgrund der Einschränkungen beim Aus- und Einsteigen sehr erschwert. Befunde über die multiplen Operationen seien bereits bei Antragstellung vorgelegt worden. Die Funktionseinschränkungen der beiden Knie seien zu gering eingestuft worden. Es werde die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Orthopädie beantragt.
6. Die belangte Behörde nahm diese Eingabe der Beschwerdeführerin zum Anlass, um den befassten medizinischen Sachverständigen um eine ergänzende Stellungnahme zu ersuchen. In dessen ergänzender Stellungnahme vom 15.02.2021 führte der medizinische Sachverständige aus, dass in der Beurteilung der aktuelle klinische Status und nicht die Anzahl der durchgeführten Operationen zu berücksichtigen sei. Die Beurteilung im medizinischen Sachverständigengutachten sei entsprechend dem aktuellen klinischen Status erfolgt und sei nach der Einschätzungsverordnung korrekt. Die Einwendungen seien nicht geeignet, das Ermittlungsergebnis zu beeinflussen, weswegen daran festgehalten werde.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.02.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten samt ergänzender Stellungnahme in Kopie bei.
8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin bevollmächtigt vertreten durch den KOBV fristgerecht mit Eingabe vom 26.03.2021 Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass seitens der belangten Behörde festgestellt worden sei, dass nur zwei Wochen nach der Begutachtung am 14.01.2021 eine Vollbelastung erlaubt sei und in der Folge eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von 10 Minuten – entsprechend einer Entfernung von rund 300-400m – möglich sei. Diese erwartete Verbesserung habe sich nicht eingestellt, die Beschwerdeführerin könne nur sehr langsam und mühsam ohne Krücken gehen und sei auch weiterhin das Benützen eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht sicher möglich. Auch seien die Abnützungserscheinungen im Kniegelenk im Laufe der Jahre schlechter geworden. Die seit Jahren bestehende Arthrose verursache Schmerzen, die es nicht erlauben würden, die geforderte Gehstrecke von 300-400m zurückzulegen. In diesem Zusammenhang werde ersucht, eine Nachuntersuchung durchzuführen. Dies sei durch einen orthopädischen Sachverständigen möglich. Es werde auf die bereits aufliegenden Befunde verwiesen, die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Orthopädie beantragt. Es möge der Beschwerde Folge gegeben werden, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses stattgegeben werden. Die Beschwerdeführerin legte der Beschwerde keine ärztlichen Befunde bei.
9. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 30.03.2021 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.03.2021 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichischer Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 16.12.2020 bei der belangten Behörde ein.
Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.
Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Anamnese:
11/2020 spontaner dist. Oberschenkelbruch rechts, mit retrogradem Nagel versorgt.
04/2020 Schlüsselbeinbruch rechts – kons., mehrfach Rippenbrüche.
Derzeitige Beschwerden:
Das rechte Knie tut weh, das linke weniger. Ich habe Schmerzen in den Händen, die ersten 3 Finger werden bamstig. Die Hände tun in der Nacht weh, rechts mehr als links. Beim Strecken schmerzt das rechte Knie. Das rechte Schlüsselbein schmerzt gelegentlich, die Rippen nicht.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Reparil, Ibuprofen, Gabapentin bei Bedarf, Calziduran, Oleovit.
Laufende Therapie: Kontrollen im KH XXXX
Hilfsmittel: 2 Unterarmstützkrücken
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
12/2020 NLG-Befund beschreibt Carpaltunnelsyndrom links mehr als rechts.
11/2020 Befundbericht KH XXXX über dist. Oberschenkelbruch rechts, mit retrogradem Nagel versorgt. Teilbelastung bis Ende Jänner 2021.
02/2020 Röntgenbefund beschreibt Knotenstruma.
11/2018 Knochendichtebefund beschreibt ins. Osteoporose.
05/2017 Rehabericht XXXX beschreibt Gonarthrose rechts mehr als links.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: altersentsprechend.
Ernährungszustand: herabgesetzt.
Größe: 159,00 cm Gewicht: 47,00 kg
Klinischer Status – Fachstatus:
Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig. Hals: unauffällig, Pulse vorhanden, Venen nicht gestaut. Thorax: symmetrisch, elastisch, Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch, Herz: rhythmisch, rein. Abdomen: Bauchdecken weich, kein Druckschmerz.
Obere Extremitäten:
Rechtshänderin. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört. Die Sensibilität wird an den ersten 3 Fingern links ab etwa der Mitte als bamstig sonst als ungestört angegeben. Linke Hand: gering Thenaratrophie, Tinel-Hoffmann-Zeichen gering positiv, rechts keine Atrophie, Phalen-Test negativ. Rechte Schulter: das Schlüsselbein zeigt keine Auffälligkeiten. Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Beweglichkeit: Schultern, Ellenbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Untere Extremitäten:
Eine Vollbelastung des rechten Beins ist derzeit noch nicht erlaubt. Untersuchung im Liegen. Die Beinachse ist im Lot. Beinlänge ist gleich. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Rechtes Knie: deutlich intraartikulärer Erguss. Blande Narbe streckseitig. Nicht überwärmt, soweit bandfest, deutlich Endlagenschmerz beim Beugen. Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Beweglichkeit: Hüften seitengleich frei. Knie S rechts 0-5-85, links 0-0-140, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Wirbelsäule:
Zarte s-förmige Skoliose. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Minimal Hartspann zervikal. Gering Druckschmerz zervikal.
Beweglichkeit: Halswirbelsäule: endlagig gering eingeschränkt. Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: FBA 20 cm, Seitwärtsneigen und Rotation endlagig gering eingeschränkt.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt in Stiefeletten mit 2 Unterarmstützkrücken zur Untersuchung, das rechte Bein wird beim Gehen teilbelastet. Aus- und Ankleiden wird im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Wach, Sprache unauffällig.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Funktionsbehinderung am rechten Knie nach körperfernen Oberschenkelbruch rechts
2. Carpaltunnelsyndrom links mehr als rechts
3. Beginnende Kniegelenksarthrose links
4. Morbus Raynaud
5. Rezidivierende Kopfschmerzen
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v. H.
Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz.
Dauerzustand.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.01.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.01.2021.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Bei der Beschwerdeführerin stehen nach ihren eigenen Angaben in der Anamnese bei der Untersuchung am 14.01.2021, aber auch laut ihren Angaben in ihrer Stellungnahme vom 11.02.2021 und in ihrer Beschwerde vom 29.03.2021 die Beschwerden im Bereich ihrer beiden Knie im Vordergrund, welche ihr Schmerzen verursachen. Auch die Schmerzen in den Händen, vor allem nachts, bereiten ihr Probleme.
Die Beschwerden in den beiden Knien bestanden schon im Jahr 2012, wie dies aus den im Akt aufliegenden medizinischen Gutachten, welche von der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungen und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eingeholt wurden, belegt ist. Auch die von der Beschwerdeführerin in deren Stellungnahme vom 11.02.2021 angeführten mehrmaligen Operationen an beiden Knien sind durch medizinische Befunde objektiviert.
Wie der medizinische Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 15.02.2021 richtig ausführt, kommt es bei der Einschätzung von Funktionseinschränkungen und Leidenszuständen nach der Einschätzungsverordnung nicht auf die Anzahl der in der Vergangenheit erfolgten Operationen, sondern ausschließlich auf den aktuellen klinischen Zustand und die aktuell bestehenden Funktionseinschränkungen, welche länger als sechs Monate andauern müssen, an.
Zum Zeitpunkt der medizinischen Untersuchung am 14.12.2020 litt die Beschwerdeführerin nachweislich noch an den Folgen einer Fraktur des distalen Oberschenkels rechts, welche sie sich am 14.11.2020 zuzog. Sie befand sich aus diesem Grund auch in der Zeit vom 14.11.2020 bis 24.11.2020 in stationärer Behandlung des Landesklinikums XXXX , wie dies durch den ärztlichen Entlassungsbrief vom 24.11.2020 medizinisch objektiviert ist. Demnach war es der Beschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt (noch) nicht möglich, ihren rechten Fuß voll zu belasten. Diese Funktionsbeeinträchtigungen, und hier insbesondere die durch die Fraktur bedingten Probleme beim Gehen, bestanden zum Zeitpunkt der medizinischen Untersuchung und auch zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht länger als sechs Monate, bzw. ist bei einem normalen Heilungsverlauf mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch nicht damit zu rechnen, dass die diesbezüglichen Beschwerden länger als sechs Monate andauern werden.
Die Beschwerdeführer übersieht in ihren Ausführungen in ihrer Stellungnahme vom 11.02.2021 aber auch in der Beschwerde, dass für eine Einschätzung der Funktionseinschränkungen und Leidenszustände nach der Einschätzungsverordnung nur solche Leiden zu berücksichtigen sind, welche bereits länger als sechs Monate andauern, bzw. von welchen anzunehmen ist, dass diese länger als sechs Monate andauern werden. Beides liegt bei der Fraktur des Oberschenkels und den damit bedingten Problemen beim Gehen nicht vor.
Es kam jedoch durch diese Fraktur des Oberschenkels zu Funktionsbehinderungen am ohnehin schon vorbelasteten rechten Knie, welche der medizinische Sachverständige entsprechend der Einschätzungsverordnung richtigerweise berücksichtigte (diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen).
Ebenso gehen die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach sie (derzeit) nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke von mehr als 300 bis 400 Metern zurückzulegen, ins Leere. Die Fähigkeit diese Wegstrecke zurückzulegen ist zwar für die Vornahme der von der Beschwerdeführerin beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" von Relevanz, jedoch erst dann, wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vorliegen, was im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund des Umstandes, dass der Gesamtgrad der Behinderungen, welche bei der Beschwerdeführerin vorliegen, nicht mehr als 50 v.H. betragen, nicht der Fall ist. Zudem sind diese Gehprobleme nachvollziehbarer Weise auf die – im gegenständlichen Verfahren nur bedingt zu berücksichtigende – Oberschenkelfraktur rechts zurückzuführen.
Hinsichtlich der übrigen Leiden der Beschwerdeführerin brachte diese keine Einwendungen vor, sodass davon ausgegangen wird, dass die Beschwerdeführerin mit deren Einschätzung nach der Einschätzungsverordnung einverstanden ist.
Die Beschwerdeführerin schloss ihrer Beschwerde keine aktuellen medizinischen Befunde an, welche eine andere Einschätzung ihrer Leidenszustände hätte bedingen können. Die Argumentation in der Beschwerde war nicht geeignet und zielführend, um die in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen des medizinischen Sachverständigen zu entkräften.
Die Beschwerdeführerin ist damit den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgericht bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 16.01.2021 Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Insoweit in der Beschwerde beanstandet wird, die Beschwerdeführer sei nicht durch einen Facharzt für Orthopädie untersucht worden, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.06.1997, 96/08/0114 ausgeführt hat, dass die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
…
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“
Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:
"Behinderung
§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Grad der Behinderung
§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
...“
Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Beim Leiden 1 der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Funktionsbehinderung am rechten Knie nach körperfernen Oberschenkelbruch rechts, welches der medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.05.20 der Einschätzungsverordnung als Funktionseinschränkung mittleren Grades mit einem GdB von 30 % einstufte.
Das Leiden 2 der Beschwerdeführerin ist ein Carpaltunnelsyndrom links mehr als rechts, welches der medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.05.06 der Einschätzungsverordnung als Schwäche des Nervus medianus mit einem GdB von 20% einstufte, wobei der Sachverständige dabei berücksichtigte, dass diese Erkrankung zwar beidseits vorliegt, jedoch nur an der rechten Hand die typische Klinik aufweist.
Das Leiden 3 der Beschwerdeführerin ist die beginnenden Kniearthrose links, welche der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 02.05.18 der Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 10 % einstufte, weil keine Funktionsbehinderungen objektiviert werden konnten.
Beim Leiden 4 der Beschwerdeführerin handelt es sich um Morbus Raynaud, einem anfallsweisen symmetrischen Erblassen der Finger oder Zehen aufgrund von krampfartigen Verengungen der Blutgefäße, welches der medizinische Sachverständige richtig nach Position 05.03.01 als Funktionseinschränkung leichten Grades als arterielle Verschlusskrankheit im Stadium I mit einem GdB von 10% einstufte.
Das Leiden 5 der Beschwerdeführerin sind rezidivierende Kopfschmerzen, welche der medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.11.01 der Einschätzungsverordnung als chronisches Schmerzsyndrom mit einem leichten Verlauf mit einem GdB von 10 % einstufte, weil diese Schmerzen selten auftreten.
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).
Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.01.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.01.2021 zu Grunde gelegt.
Der medizinische Sachverständige stellt in diesem Sachverständigengutachten fest, dass eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung der Leiden der Beschwerdeführerin wegen fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht besteht, woraus sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. ergibt.
Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Orthopädie nicht Folge zu geben, zumal bereits ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde und der Entscheidung zu Grunde gelegt wird. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass kein Rechtsanspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführersin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W261.2240926.1.00Im RIS seit
25.06.2021Zuletzt aktualisiert am
25.06.2021