TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/29 W229 2238816-1

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Veröffentlicht am 29.04.2021
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Entscheidungsdatum

29.04.2021

Norm

ASVG §735
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W229 2238816-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde des Vereins XXXX , vertreten durch Picher Wirtschaftstreuhänder & Steuerberater, Perntergasse 13, 1190 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, vom 11.01.2021, GZ: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es im Spruch des Bescheides „abgewiesen“ statt „zurückgewiesen“ zu lauten hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer übermittelte im Wege seiner Vertretung mit Schreiben vom 03.12.2020 einen mit 28.09.2020 datierten Antrag auf Erstattung des geleisteten Entgelts sowie der Steuern, Abgaben und Beiträge für COVID-19-Risiko-Freistellung gemäß § 735 Abs. 4 ASVG für die Dienstnehmerin XXXX an die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstellte Wien (im Folgenden: ÖGK).

2. Mit E-Mail vom 09.12.2020 reichte der Beschwerdeführer ein die Dienstnehmerin betreffendes COVID-19-Risiko-Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 11.05.2020 nach.

3. Nach Vorhalt der ÖGK vom 11.12.2020, dass der Antrag als verspätet zurückzuweisen sei, beantragte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 18.12.2020 die Ausstellung eines Bescheides.

4. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid der ÖGK vom 11.01.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erstattung gemäß § 735 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) betreffend die Freistellung der Dienstnehmerin XXXX für den Zeitraum von 18.05.2020 bis 31.08.2020 als verspätet zurückgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Dienstnehmerin im Zeitraum vom 18.05.2020 bis 31.08.2020 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeitsleistung im Ausmaß von 100 % freigestellt gewesen sei. Gemäß § 735 Abs. 4 ASVG sei der Antrag auf Ersatz spätestens sechs Wochen nach dem Ende der Freistellung unter Vorlage der entsprechenden Nachweise beim Krankenversicherungsträger einzubringen. Die Freistellung der Dienstnehmerin habe am 31.08.2020 geendet, der Antrag auf Erstattung sei jedoch erst am 03.12.2020 gestellt worden. Um die sechs-Wochen-Frist zu wahren, hätte der Beschwerdeführer den Antrag jedoch spätestens am 12.10.2020 bei der ÖGK stellen müssen.

5. Mit Schreiben vom 18.01.2021 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid und führte aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erstattung gemäß § 735 Abs. 4 ASVG erfüllt gewesen seien. Der administrative Leiter des Vereins sei durch krankheitsbedingte Ausfälle seiner Mitarbeiter unter Druck und Stress gestanden und habe das Erstattungsformular zwar eingescannt, aber nicht an die Steuerberatungskanzlei weitergeleitet. Die Corona-Pandemie sei eine außergewöhnliche Situation, die auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordere. Der Beschwerdeführer kümmere sich täglich um das Wohlergehen und die Gesundheit aller Kinder und sorge in dieser schwierigen Zeit auch für das Wohlergehen der Allgemeinheit. Die Ablehnung des Bescheides wäre mit erheblichen Härten verbunden.

6. Die ÖGK legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 20.01.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

7. Mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seine Beschwerde Mängel aufweise, und wurde er aufgefordert, diese binnen zwei Wochen zu verbessern.

8. Mit Schreiben vom 08.02.2021 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer betreibt als Verein einen XXXX . Die mitbeteiligte Dienstnehmerin, XXXX , ist Dienstnehmerin des Beschwerdeführers. Aufgrund eines COVID-19-Risiko-Attest vom 11.05.2020 war die Mitbeteiligte im Zeitraum von 18.05.2020 bis 31.08.2020 im Ausmaß von 100 % von der Arbeitsleistung freigestellt.

Der Beschwerdeführer brachte hinsichtlich der Dienstnehmerin den mit 28.09.2020 datierten Antrag auf Erstattung des geleisteten Entgelts sowie der Steuern, Abgaben und Beiträge für COVID-19-Risiko-Freistellung gemäß § 735 Abs. 4 ASVG am 03.12.2020 bei der ÖGK ein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts. Es ist festzuhalten, dass der gegenständliche Sachverhalt im Wesentlichen unstrittig ist, und insbesondere nicht bestritten wird, dass die Einbringung des gegenständlichen Antrages am 03.12.2020 erfolgte. Zwar ergibt sich aus dem Antragformular eine Datierung mit 28.09.2020, dass der Antrag zu diesem Zeitpunkt auch eingebracht wurde, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) lauten:

„COVID-19-Risiko-Attest

§ 735. (1) Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren. Die Definition dieser allgemeinen Risikogruppe, die insbesondere schwere Erkrankungen zu berücksichtigen hat und sich aus medizinischen Erkenntnissen und wenn möglich aus der Einnahme von Arzneimitteln herleitet, ist durch Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf Grundlage der Empfehlung einer Expertengruppe, die das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend einrichten, festzulegen. Der Expertengruppe gehören jeweils drei Experten des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, des Dachverbandes und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Experte des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend an. Die Verordnung kann rückwirkend mit dem Tag der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft treten.

(2) Der die betroffene Person behandelnde Arzt hat nach Vorlage des Informationsschreibens auf der Grundlage der Definition der COVID-19-Risikogruppe nach Abs. 1 die individuelle Risikosituation der betroffenen Person zu beurteilen und ein Attest ohne Angabe von Diagnosen über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Risikogruppe auszustellen (COVID-19-Risiko-Attest). Die Beurteilung der individuellen Risikosituation auf der Grundlage der Definition der COVID-19-Risikogruppe nach Abs. 1 und die damit zusammenhängende Ausstellung eines COVID-19-Risiko-Attests ist auch unabhängig davon zulässig, dass die betroffene Person ein Informationsschreiben durch den Dachverband nach Abs. 1 erhalten hat. […]

(3) Legt eine betroffene Person ihrem Dienstgeber dieses COVID-19-Risiko-Attest vor, so hat sie Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, außer

1. die betroffene Person kann ihre Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Homeoffice) oder

2. die Bedingungen für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte können durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen.

Die Freistellung kann bis längstens 31. Mai 2020 (verlängert zuletzt mit BGBl. II Nr. 609/2020 bis zum Ablauf des 31.3.2021) dauern. Dauert die COVID-19-Krisensituation über den 31. Mai 2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung den Zeitraum, in dem eine Freistellung möglich ist, zu verlängern, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2021. Eine Kündigung, die wegen der Inanspruchnahme der Dienstfreistellung ausgesprochen wird, kann bei Gericht angefochten werden.

(4) Der Dienstgeber hat Anspruch auf Erstattung des an den Dienstnehmer, die geringfügig beschäftigte Person bzw. den Lehrling zu leistenden Entgelts, der für diesen Zeitraum abzuführenden Steuern und Abgaben sowie der zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sonstigen Beiträge durch den Krankenversicherungsträger, unabhängig davon, von welcher Stelle diese einzuheben bzw. an welche Stelle diese abzuführen sind. Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts, ausgenommen jene, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen, ausgeschlossen. Der Antrag auf Ersatz ist spätestens sechs Wochen nach dem Ende der Freistellung unter Vorlage der entsprechenden Nachweise beim Krankenversicherungsträger einzubringen. Der Bund hat dem Krankenversicherungsträger die daraus resultierenden Aufwendungen aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. […]

(6) Mit der Vollziehung dieser Bestimmung ist in Bezug auf Abs. 3 die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, im Übrigen der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz alleine betraut. Der Dachverband und der Krankenversicherungsträger sind im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen dieser obersten Organe tätig. Soweit für Arbeitnehmer nach Art. 11 B-VG die Vollziehung dem Land zukommt, ist die Landesregierung betraut.“

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 32 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz beginnen nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Tag zu laufen, an dem das fristenauslösende Ereignis stattgefunden hat, und enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Wie sich aus dem Antragsformular auf Erstattung gemäß § 735 Abs. 4 ASVG ergibt, war die mitbeteiligte Dienstnehmerin des Beschwerdeführers von 18.05.2020 bis 31.08.2020 von der Arbeitsleistung freigestellt. Die sechswöchige Frist zur Einbringung des Antrages gemäß § 735 Abs. 4 ASVG begann somit am 31.08.2020 und endete am 12.10.2020.

Der Antrag auf Erstattung wurde jedoch unstrittig erst am 03.12.2020 bei der ÖGK eingebracht.

Im vorliegend Fall ist für die weitere Beurteilung von Bedeutung, ob es sich bei der in § 735 Abs. 4 ASVG enthaltenen Frist um eine verfahrensrechtliche oder eine materiellrechtliche Frist handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt bei der Abgrenzung auf die Natur der Rechtswirkungen ab, die durch die befristete Rechtshandlung ausgelöst werden sollen. Verfahrensrechtlichen Charakter hat eine Frist demnach dann, wenn dadurch die Möglichkeit, eine Handlung zu setzen, die prozessuale Rechtswirkungen auslösen soll (Verfahrenshandlung), zeitlich beschränkt wird (Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at). Dies trifft insbesondere auf die in den Verfahrensgesetzen einschließlich des AVG normierten bzw. grundgelegten Fristen zu, also vor allem auf Fristen für Rechtsbehelfe aber auch auf Fristen für sonstige Akte, die auf Erlassung einer Entscheidung gerichtet sind. Aber auch in Materiengesetzen finden sich Fristen mit verfahrensrechtlichem Charakter. Bei der Ermittlung des Charakters einer Frist kommt sowohl der Einordnung einer Vorschrift im betreffenden Gesetz als auch der ausdrücklichen Anordnung, dass die Versäumung der Frist zur Zurückweisung eines Antrags führt, Indizwirkung zu (Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3 mwN, Stand 01.01.2014, rdb.at).

Insoweit eine Rechtshandlung hingegen auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet ist, qualifiziert der Verwaltungsgerichtshof eine dafür vorgesehene Zeitspanne als materiellrechtliche Frist. Nach der rechtsschutzfreundlichen Ansicht des VwGH hat der Gesetzgeber die Wertung als materiellrechtliche Frist eindeutig zum Ausdruck zu bringen, oder, anders gewendet, es ist im Zweifel von einer verfahrensrechtlichen Frist auszugehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at). Keinen solchen Zweifelsfall begründet nach dieser Rechtsprechung aber etwa beispielsweise § 33 Abs 1 ASVG, der den Dienstgeber zur Anmeldung seiner Dienstnehmer beim zuständigen Träger der Krankenversicherung verpflichtet (VwSlg 11.776 A/1985) (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at)

Für die Annahme einer materiellrechtlichen Frist ist dabei nicht erforderlich, dass in der Rechtsgrundlage ausdrücklich angeführt wird, dass der Anspruch – im den Grenzbetrag überschreitenden Ausmaß – bei verspäteter Geltendmachung untergeht (vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0085 mHa VwGH 27.9.2007, 2003/11/0063).

Zur vorliegend relevanten sechswöchigen Frist des § 735 Abs 4 ASVG ist auszuführen, dass diese nicht auf prozessuale Rechtswirkungen, sondern die innerhalb der Frist vorgesehene Handlung – nämlich die Antragstellung – zweifelsfrei auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet ist. Die Notwendigkeit der Geltendmachung des Anspruches innerhalb der vorgesehenen Frist ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, selbst wenn der Untergang des Anspruchs bei verspäteter Geltendmachung nicht ausdrücklich erwähnt ist (vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0085 mHa VwGH 27.9.2007, 2003/11/0063). Es handelt sich bei der Frist nach § 735 Abs. 4 ASVG somit um eine materiellrechtliche Frist.

Wie bereits ausgeführt endete die Freistellung am 31.08.2020, sodass die Antragstellung mit 03.12.2020 außerhalb der in § 735 Abs. 4 ASVG vorgesehenen sechswöchigen Frist lag und damit verspätet erfolgte. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der administrative Leiter durch krankheitsbedingte Ausfälle seiner Mitarbeiter unter Druck und Stress gestanden sei und deshalb aus Versehen das Erstattungsformular zwar rechtzeitig eingescannt, aber nicht an die Steuerberatungskanzlei weitergeleitet habe, ist dies für den Lauf der verfahrensgegenständlichen Frist nicht relevant und vermag an der Beurteilung hinsichtlich der verspäteten Einbringung des Antrages nichts zu ändern. Ob – wie in der Beschwerde vorgebracht – die Voraussetzungen für den Anspruch auf Erstattung vorgelegen wären, war aufgrund der verspäteten Antragstellung nicht zu prüfen.

Im Ergebnis war somit, da es sich vorliegend um eine materiellrechtliche Frist handelt, der Spruch des Bescheides dahingehend anzupassen, dass der Antrag vom 03.12.2020 abzuweisen statt zurückzuweisen war.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass da es sich bei der Frist nach § 735 Abs. 4 ASVG um eine materiell-rechtliche Frist handelt (vgl. VwGH 21.12.2004, 2003/04/0138), gegenständlich auch ein Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG, auf welchen die Beschwerde möglicherweise abzielt, nicht in Betracht kommt.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde. Dieser Sachverhaltsfeststellung wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Es liegt auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Hinzu kommt, dass vom rechtsvertretenen Beschwerdeführer kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wird über eine verspätete Antragstellung entschieden. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung hinsichtlich verspäteter Antragstellungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragstellung Fristablauf materiellrechtliche Frist verspäteter Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W229.2238816.1.00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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