TE Bvwg Beschluss 2021/4/30 W137 2226130-1

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Veröffentlicht am 30.04.2021
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Entscheidungsdatum

30.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §8a Abs2
ZPO §66 Abs1

Spruch


W137 2226130-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Maßnahmenbeschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1.       Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Sie reiste spätestens im März 2018 nach Österreich ein.

2.       Er stellte am 22.11.2010 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der erstinstanzlich gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und mit einer Ausweisung in den Herkunftsstaat verbunden worden ist. Eine dagegen erhobene Beschwerde hat der Asylgerichtshof rechtskräftig abgewiesen.

3.        Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurden 2016 und 2017 rechtskräftig abgewiesen.

4.       Am 25.06.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl (Bundesamt/BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, nunmehr eine „Partnerin“ zu haben, mit der er jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Er trage Werbung und Zeitungen aus; zudem lebe er von der Unterstützung seiner Freundin. Seine Sozialversicherungsbeiträge zahle er selbst. Aktuell habe er keinen Reisepass.

5.       Am 05.07.2019 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme an das Bundesamt. Am 25.07.2019 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung ein. Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 17.10.2019 erklärte der Beschwerdeführer erneut, nicht nach Indien zurückkehren zu wollen. Im Verlauf dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen gültigen indischen Reisepass und eine indische Geburtsurkunde im Original vor. Er gestand zudem ein, dass die Angabe einer falschen Identität im Verfahren ein Fehler gewesen sei. Seine Beziehung bestehe weiterhin; eine Patenschaftserklärung könne er nachreichen. An den sonstigen privaten Umständen habe sich nichts geändert.

6.       Am 28.10.2019 langte eine weitere Stellungnahme des Beschwerdeführers ein; am folgenden Tag reichte er eine mit 28.10.2019 datierte Patenschaftserklärung und Unterstützungserklärungen nach.

7.       Der Beschwerdeführer wurde für den 04.12.2019 erneut vom Bundesamt vorgeladen. Dabei wurde ihm der Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2019 – Abweisung des jüngsten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels samt Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung und Erlassung eines Einreiseverbots - übergeben. Darüber hinaus wurde seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG angeordnet.

8.       Am 04.12.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine von RA Prof. Mag Dr. WELD verfasste „Beschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft“ ein. Der Beschwerdeführer lebe in Österreich „nicht ohne familienrechtliche Bindung“ und es liege eine Patenschaftserklärung vor. Zudem bestünden Freundschaften im Bundesgebiet und Sprachkenntnisse auf „Niveau A2“. Für „Festnahme, Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft“ gebe es „zum relevanten Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage. Der Schubhaft mangle es zudem an Notwendigkeit und Zweck. Der Beschwerdeführer habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich am 04.12.2019 zu seiner Ausreiseverpflichtung zu äußern. Die Schubhaft sei zudem nicht verhältnismäßig. Darüber hinaus werde hinsichtlich des Bleiberechtsverfahrens „die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung in Erwägung gezogen“.

Es stelle sich zudem die Frage, ob „die Anordnung von Schubhaft mittels faktischer Amtshandlung überhaupt rechtmäßig“ sei. Angezweifelt werde auch die hinreichende Präzision des § 76 Abs. 3 FPG und das Ausreichen eines Mandatsverfahrens für die Anordnung der Schubhaft.

Beantragt werde a) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen; b) die Schubhaftnahme und Anhaltung für rechtswidrig zu erklären; c) die Amtshandlung zu beheben; d) die Zulassung der ordentlichen Revision; e) der Behörde den Ersatz der Verfahrenskosten aufzutragen; f) die aufschiebende Wirkung zu gewähren; g) den Beschwerdeführer in Freiheit zu setzen; h) hinsichtlich der Pauschalgebühr Verfahrenshilfe zu gewähren.

9.       Am 05.12.2019 wurde der Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat Indien abgeschoben. Am 06.12.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt vor und führte aus, dass tatsächlich nie eine Schubhaft stattgefunden habe und die Abschiebung des Beschwerdeführers bereits erfolgt sei. Die Beschwerde sei daher in eine Maßnahmenbeschwerde umzudeuten. Beantragt werde die Abweisung der Beschwerde.

10.      Seitens RA Prof. Mag Dr. WELD wurde beim Bundesverwaltungsgericht in weiterer Folge keine Akteneinsicht genommen. Eine Beschwerde gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers wurde nicht eingebracht. Hinsichtlich des abgewiesenen Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist ein Beschwerdeverfahren am Bundesverwaltungsgericht anhängig.

11.      Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.04.2020 wurde der damals bevollmächtigten Rechtsanwältin ein Mängelbehebungsauftrag im Zusammenhang mit der beantragten Verfahrenshilfe übermittelt. Eine Reaktion auf dieses Schreiben unterblieb. Mit Schreiben vom 13.04.2021 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht RA Prof. Mag Dr. WELD um Klarstellung, ob die „Schubhaftbeschwerde“ (entsprechend auch der Rechtsansicht der belangten Behörde) als Maßnahmenbeschwerde zu werten sei.

In Reaktion auf dieses Schreiben gab die Vertreterin bekannt, das Vollmachtsverhältnis bereits mit 01.03.2021 aufgelöst zu haben.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführer ist Staatsangehörige von Indien. Er wurde am 04.12.2019 festgenommen und am folgenden Tag in seinen Herkunftsstaat abgeschoben. Diese Abschiebung wurde von der damals bevollmächtigten Rechtsanwältin Prof. Mag Dr. WELD nicht bekämpft.

Die gegenständliche Beschwerde wurde rechtswirksam (per ERV) erst am 05.12.2019 – wenige Stunden vor der Abschiebung - eingebracht. Zum Zeitpunkt der Abschiebung lag eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vor; mehrere Anträge des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels waren in den vergangenen Jahren abgewiesen worden. Das jüngste einschlägige Verfahren war vor der Abschiebung erstinstanzlich abgewiesen worden.

Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Festnahme sowie während der darauf gestützten Anhaltung grundsätzlich gesund und haftfähig.

Die Vollmacht wurde mit 01.03.2021 aufgelöst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 801094206/190300740. Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie den vorhergehenden fremdenrechtlichen Verfahren und dem Bestehen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung. Die Zeitpunkte der Festnahme, der Abschiebung und der (rechtswirksamen) Beschwerdeeinbringung ergeben sich aus der Aktenlage.

Dass gegen die Abschiebung keine Beschwerde eingebracht wurde, ergibt sich aus der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichts.

1.2. Hinsichtlich allfälliger gesundheitlicher Probleme des Beschwerdeführers findet sich in der Beschwerde keinerlei Hinweis.

1.3. Die bevollmächtigte Vertreterin hat ihre Vollmacht mit Ablauf des 01.03.2021 zurückgelegt, dies allerdings nur in einem Schreiben zur Verfahrenszahl 2015037-2 (Aufenthaltstitel) bekannt gegeben.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der damals gültigen Fassung, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

2.3. Ungeachtet der Bezeichnung als „Schubhaftbeschwerde“ liegt im gegenständlichen Fall zweifelsfrei eine Maßnahmenbeschwerde (gegen die Festnahme und die darauf gestützte Anhaltung) vor. Ebenso zweifelsfrei ist die erst nach Einbringung der Beschwerde erfolgte Abschiebung von dieser nicht umfasst.

Zu Spruchteil A)

2.4. Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

„§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1.         gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2.         wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3.         der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1.         dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2.         gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3.         gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4.         gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5.         auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.“

2.5. Gemäß § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung ein Festnahmeauftrag besteht. Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 FPG kann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung erfolgen soll.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde in der Beschwerde nicht nachvollziehbar bestritten.

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Festnahme am 04.12.2019 und Anhaltung bis zur Abschiebung am 05.12.2019

3.1. Gemäß § 40 Abs 1 Z 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag besteht. Gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 FPG kann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung erfolgen soll.

3.2. Dass die Voraussetzungen für die Festnahme nicht vorlagen oder sich diese auf eine falsche rechtliche Grundlage stützen würde, ist in der gegenständlichen Beschwerde nicht behauptet worden.

3.3. Soweit die Beschwerde nicht das (vermeintliche) Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines fremdenrechtlichen Aufenthaltstitels thematisiert – was im gegenständlichen Kontext jedenfalls ohne Relevanz ist – behauptet sie das Fehlen der Voraussetzungen für die Anordnung einer Schubhaft (insbesondere das Fehlen von Fluchtgefahr). Das Bundesamt hat allerdings nie eine Schubhaft angeordnet, sondern den Beschwerdeführer erst kurz vor der Abschiebung festgenommen – womit diese Argumentation der damaligen bevollmächtigten Vertreterin ins Leere läuft.

3.4. Soweit RA Prof. Mag Dr. WELD in der Beschwerde die Frage aufwirft, ob „die Anordnung der Schubhaft mittels faktischer Amtshandlung überhaupt rechtmäßig ist, oder ob dies dem Legalitätsprinzip der österreichischen Verfassung und dem Unionsrecht widerspricht“ ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall keine Schubhaft angeordnet worden ist – weder mit Bescheid, noch mit „faktischer Amtshandlung“. Die Behauptung, dass „die von der Behörde vorgebrachte Begründung für Beurteilung der Fluchtgefahr absolut nicht überzeugend“ sei, belegt lediglich, dass die damalige Vertreterin nicht mit der tatsächlichen Rechtsgrundlage der Anhaltung auseinandergesetzt hat. Eine Fluchtgefahr wurde mangels Erforderlichkeit von der Behörde im gegenständlichen Zusammenhang nämlich nie begründet/argumentiert.

3.5. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen die Festnahme am 04.12.2019 und die darauf gestützte Anhaltung (bis zur Abschiebung am 05.12.2019) abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Diesbezügliche Ausführungen in der Beschwerde sind schon deshalb nicht relevant, weil sie sich auf das vermeintliche Fehlen der Voraussetzungen für eine Rechtsgrundlage beziehen, die im gegenständlichen Fall aber gar nicht herangezogen worden ist. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind.

5. Kostenersatz

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Der Beschwerdeführerin gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Begründungsmangel Verbesserungsauftrag Verfahrenshilfeantrag Vermögensbekenntnis Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2226130.1.00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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