Entscheidungsdatum
03.05.2021Norm
AVG §13 Abs8Spruch
W170 2241107-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 05.03.2021, Zl. 507827/17ZD/0321, zu Recht:
A) Der Bescheid wird gemäß §§ 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Bescheides ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Am 21.01.2021 beantragte XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) einen Aufschub der Leistung des ordentlichen Zivildienstes bis Juni 2024 aufgrund seines „laufenden Studiums“.
1.2. Dieser Antrag wurde mit im Spruch bezeichnetem Bescheid der Zivildienstserviceagentur (in Folge: belangte Behörde) vom 05.03.2021 abgewiesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.03.2021 Beschwerde. Gleichzeitig stellte er folgenden Antrag: „Ich ersuche Sie höflich, nach Vorlage und Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht, meinen Antritt zum ordentlichen Zivildienst bis längstens 18. April 2030 (Vollendung 28. Lebensjahr) aufzuschieben“.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der unstrittigen Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 2a Abs. 4 ZDG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide der Zivildienstserviceagentur. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist auch sonst kein Anhaltspunkt für eine Unzulässigkeit erkennbar.
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 BVwGG, wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 Z1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.
Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens bis zu einer allfälligen Schließung des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 3) geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht hat in einem solchen Fall den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben und den neuen Antrag an die Behörde weiterzuleiten (vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2017/01/0210; VwGH 25.10.2017, Ra 2017/07/0073; VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016; VwGH 23.01.2014, 2013/07/0235). Zwar würde eine Modifikation des Begehrens im Sinne eines späteren Beginns bei gleicher Dauer noch in der Sache des Rechtsmittelverfahrens gelegen sein (VwGH 17.04.2013, 2012/12/0104; VwGH 06.11.2019, Ro 2019/12/0001), aber hat der Beschwerdeführer hier im Rechtsmittelverfahren die Dauer des beantragten Aufschubes um fast 6 Jahre verlängert, was nicht mit dem Gegenstand des Administrativverfahrens in Einklang zu bringen ist. Die Antragsänderung ist auch unbedingt, der - für die Auslegung seines Willens bedeutsame - Wortlaut des Antrages in der Beschwerde lässt sich beim besten Willen nicht mit dem Inhalt des bei der Behörde gestellten Antrags in Einklang bringen. Auch liegt eine Wesensänderung des Antrags auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes gegenständlich vor, weil die weit längere beantragte Dauer des Aufschubs (bis 2030 statt bis 2024) impliziert, dass der beantragte Aufschub nun nicht mehr auf das „laufende Studium“ (Mindeststudiendauer von sechs Semestern) abzielt; diese Begründung wird der Beschwerdeführer im neu zu führenden Verfahren nachzuholen haben.
Daher liegt ein neuer Antrag vor, da bei Vorliegen einer Ausweitung eines zeitbezogenen Anspruchs, der grundsätzlich unteilbar ist, nicht mehr von derselben Sache gesprochen werden kann. Somit gilt auch der verfahrenseinleitende Antrag als konkludent zurückgezogen.
Da im gegenständlichen Fall aufgrund dieser nachträglichen Zurückziehung Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen nunmehriger (nicht zum Erlassungszeitpunkt des Bescheides bestehender) Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist – die vorliegende Antragsänderung war als konkludente Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags zu werten, womit die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nachträglich wegfiel – ist der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Die Behörde wird in weiterer Folge über den neuen Antrag zu entscheiden haben.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargelegt und seiner Entscheidung unterstellt; es ist darüber hinaus keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen, sodass die Revision nicht zulässig ist.
Schlagworte
Antragsänderung ersatzlose Behebung UnzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2241107.1.00Im RIS seit
25.06.2021Zuletzt aktualisiert am
25.06.2021