Entscheidungsdatum
05.05.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2241965-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , alias XXXX , geboren am XXXX , alias XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU-GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.04.2021, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in Folge BF) reiste spätestens am 06.10.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 06.10.2015 stellte dieser seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 05.02.2018 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz vom 06.10.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen.
Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 25.03.2019 wurde seine Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision gem. Art 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig erklärt.
Eine am 17.04.2019 eingebrachte außerordentlichen Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.05.2019 zurückgewiesen.
Der Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise kam der BF in der Folge nicht nach. Am 27.08.2019 stellten er erneut einen Antrag (1. Folgeantrag) auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 02.12.2019 wurde der Folgeantrag vom 27.08.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Folgeantrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.
Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Diese Entscheidung erwuchs mit 05.02.2020 in Rechtskraft.
Die Frist für die freiwillige Ausreise endete mit 19.02.2020. Der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise kam der BF nicht nach, sondern tauchte unter. Per 26.05.2020 wurden er im ZMR von seiner Unterkunft abgemeldet.
Mit Bescheid vom 21.12.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, gegen seine Person erlassen, sowie gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. In weiterer Folge wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde ihm die freiwillige Ausreise nicht gewährt und gegen seine Person gem. § 53 Abs. 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF ein Einreiseverbot auf die Dauer von eineinhalb Jahren erlassen. Der Bescheid des BFA vom 21.12.2021 wurde in 1. Instanz rechtskräftig
Am 13.04.2021 um 20:25 wurden der BF am Hauptbahnhof einer Personenkontrolle unterzogen und zur Identitätsfeststellung gem. § 35 Abs 1 VstG festgenommen und in das PAZ gebracht, wo in weiterer Folge ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG erlassen wurde.
Am 14.04.2021 wurden er von der PI erkennungsdienstlich behandelt und einer Befragung unterzogen. Hierbei gab er sinngemäß an, dass er seit dem 26.05.2020 keinen Wohnsitz in Österreich noch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat gehabt habe, keine Familienangehörige in Österreich oder einem EU-Mitgliedsstaat habe, jedoch während des fremdenrechtlichen Verfahrens bei einer Freundin in XXXX leben könnte. Er konnte jedoch lediglich einer Adresse, aber keinen Nachnamen dieser besagten Freundin nennen. Krankheiten oder gesundheitliche Einschränkungen wurden vom BF keine vorgebracht.
Im Stande der Festnahme stellte der BF am 14.04.2021 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz (2. Folgeantrag).
Am 14.04.2021 wurde dem BF nachweislich der Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Anhaltung gem. § 40 Abs. 5 BFA-VG zugestellt.
Am 15.04.2021 wurde der gegenständlich angefochtene Schubhaftbescheid zu Sicherung des Verfahrens und zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erlassen und ausgeführt, der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 1,3 u. 9 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Ein gelinderes Mittel sei nach damaliger Sicht nicht als ausreichende Sicherung anzusehen gewesen, um von einer gesicherten Verfahrensführung und Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.
Mit Beschwerdeschrift vom 28.04.2021 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Ziffer 3 und 9 FPG nicht erfüllt seien, da der BF nunmehr einen Folgeantrag gestellt habe und bei einer Freundin für die Dauer des Verfahrens Unterkunft nehmen könne. Der Aktenvermerk gem. § 76 Abs. 6 FPG (gemeint war § 40 Abs. 5 BFA-VG) sei nicht hinreichend begründet worden und sei der aktuelle Antrag auf internationalen Schutz nicht (ausschließlich) in Verzögerungsabsicht gestellt worden. Es läge keine Fluchtgefahr vor und sei zu Unrecht kein gelinderes Mittel verhängt worden.
Begehrt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der Ersatz der Aufwendungen gem. VwG-Aufwandersatzverordnung.
Die Behörde legte dem Gericht den Schubhaftakt am 29.04.2021 vor und erstattete ebenso am 29.04.2021 eine Stellungnahme unter Beantragung der Abweisung der Beschwerde sowie des Kostenersatzes für die Aufwendungen. Dabei wurde wie nachstehend [durch das Gericht gekürzt] ausgeführt:
„Der Argumentation, dass §76 Abs 3 Z 3 aufgrund der Asylantragstellung nicht mehr erfüllt sei kann von Seiten des BFA nicht nachvollzogen werden, denn im Gesetzestext findet sich dazu folgende Ausführung:
„ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde
sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder
über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;“
Aufgrund der Tatsache, dass der BF nach der Zustellung des 2. negativen Asylbescheides vom 02.12.2019 (rk. 05.02.2020) untertauchte (siehe dazu Zl. XXXX ), hat sich der BF bereits einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz entzogen. Dazu kann angeführt werden, dass der BF zwischen dem 26.05.202 und dem 14.04.2021 in Österreich keine aufrechte Meldeadresse gem. dem geltenden Meldegesetz hatte. Gegen den BF besteht seit dem 11.02.2021 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot.
Wie dem Verfahrensgang des Schubhaftbescheides zu entnehmen ist, muss von der entscheidenden Behörde davon ausgegangen werden, dass der BF den Folgeantrag mit Verzögerungsabsicht stellte.
Dem BF wurde am 28.04.2021 die Verfahrensanordnung gem. §29 Abs. 3 und §15a AsylG zugestellt. Demzufolge ist beabsichtigt den erneuten Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.
Bezüglich der Behauptung, dass Frau XXXX die Ehefrau des BF sei, muss entgegengehalten werden, dass der BF am 14.04.2021 in der Asylbefragung angegeben hat, dass er nicht mit Frau XXXX verheiratet ist, jedoch dies beabsichtige. Abgesehen von der behaupteten Beziehung zu Frau XXXX verfügt der BF über kein Familienleben in Österreich. Der BF hat keinen Wohnsitz und geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Der BF verfügt über nicht genügend finanzielle Mittel, um seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet bestreiten zu
können. Das Privatleben im Bundesgebiet ist zum Großteil im Rahmen seines illegalen
Aufenthaltes in Österreich entstanden. Eine soziale Verankerung in Österreich konnte
nicht erkannt werden. In weiterer Folge wurde der BF wegen einer Straftat vom LG XXXX zur Personenfahndung ausgeschrieben (siehe nachstehende Beschreibung des Aufgriffs des BF durch die LPD XXXX sowie Personenfahndung EKIS).
Bezgl. des Vorhaltes der mangelhaften Begründung des Aktenvermerkes gem. §40 Abs. 5 BFA-VG:
Der BF bringt in der Schubhaftbeschwerde vor, dass der Folgeantrag am 14.04.2021 keine Verzögerungsabsicht zeige, da „am 14.04.2021 neue und aktuelle Verfolgungsgründe“ vorgebracht wurden.
Dem Bericht der PI XXXX Fremdenpolizei vom 13.04.2021 ist eindeutig zu entnehmen, dass
- der BF nicht selbstständig zwecks einer Asylantragstellung erschien,
- sondern im Rahmen eine Kontrolle am Bahnhof XXXX am 13.04.2021 um 20:30 angehalten wurde.
- Da sich der BF nicht entsprechend ausweisen konnte, wurde er zur PI XXXX Fremdenpolizei zwecks einer vollständigen Identitätsfeststellung verbracht.
- Dabei konnte festgestellt werden, dass der BF keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet habe, der Fremde sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und, dass der BF bzgl. einer Aufenthaltsermittlung für das LG XXXX wegen eines Vergehens ausgeschrieben wurde. Gegen dem BF wird wegen Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Urkundenunterdrückung und der Besitz von Suchtmittel bei der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Last gelegt
Offensichtlich stellte der BF den 3. Antrag auf internationalen Schutz um so auf freien Fuß zu gelangen und eine etwaige Abschiebung zu verhindern.
Erst am 14.04.2021 um 12:15 hat der Beschwerdeführer gem. Erstbefragungsprotokoll einen Folgeantrag gestellt.
Gem. Aktenlage ist eindeutig zu erkennen, dass der Fremde keineswegs aktiv Polizeibeamte aufgesucht habe um einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sondern erst nachdem der BF aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung von den Polizeibeamten damit konfrontiert wurde, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte, schon seit mehreren Monaten untergetaucht sei und eine Aufenthaltsermittlung gegen ihn bestehe. Die zeitliche Diskrepanz zwischen der Kontrolle des BF am 13.04.2021 um 20:30 am Hbf XXXX und der Antragstellung am 14.04.2021 um 12:15 zeige eine eindeutige Verfahrensverzögerungsabsicht.
In weiterer Folge wird in der Schubhaftbeschwerde behauptet, dass sich die belangte Behörde nicht mit den Gründen der neuerlichen Asylantragstellung auseinandergesetzt habe. Wie aus dem Aktenvermerk §40 Abs. 5 BFA-VG zu entnehmen ist, hat der BF keine neuen Fluchtgründe vorgelegt, die für eine Gewährung eines internationalen Schutzes sprechen könnten. Hierzu möchte die Behörde die Asylbefragung (hinsichtlich des Grundes weswegen der Herkunftsstaat verlassen wurde und ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde) vom 27.08.2019 und vom 14.04.2021 gegenüberstellen.
„Ich möchte aus dem Islam austreten, ich möchte entweder zum Christentum oder gar keine Religion annehmen. Darüber möchte ich noch nachdenken, ich möchte meine Freiheiten haben. Weiters bin ich krank, ich leide an Depressionen und konsumiere Drogen und bin davon abhängig. Ich wurde hier operiert und ich habe im Krankenhaus erwähnt, dass es an der Stelle, an der ich operiert wurde, brennt. Ich kann nicht in die islamischen Länder, weder nach Afghanistan noch in den Iran. Ich habe viele Tattoos am Körper, in Iran und in Afghanistan ist so etwas nicht normal. Wenn das in Afghanistan gesehen wird, kann es sein, dass sie meinen Arm abhacken oder meinen Kopf. Ich möchte meine Freiheit und weiß, dass ich hier meine Freiheiten habe. Das habe ich in der Zeit, in der ich hier lebe, gesehen.“(27.08.2019)
„Ich bin ohne Bekenntnis. Ich lebe nach meiner letzten negativen Asylentscheidung illegal in Österreich und habe dadurch auch keinen gültigen Ausweis. Deswegen konnte ich jetzt keine Informationen über das Christentum einholen. Ich konnte keine Bibelkurse machen und konnte die Kirche nicht besuchen. Weiter habe ich meine Freundin XXXX hier in Österreich. Ich will sie heiraten. Ich kann nicht zurück nach Afghanistan, dort herrscht Krieg und Unruhe. Ich kann es mir nicht vorstellen dort zu leben. Ich habe bis jetzt auch bei XXXX gewohnt und möchte auch in Zukunft mit ihr zusammenleben. Das sind meine neuen Fluchtgründe. Ich bin ein Tätowierer und kann das in Afghanistan nicht ausleben. Ich möchte noch angeben, dass ich nachdem ich vom XXXX rausgekommen bin starke Schmerzen in meinen Beinen habe. Weiter leide ich noch immer an Depressionen, Angstzuständen und Stress.“(14.04.2021)
Sowohl der behauptete Umstand, dass der BF zum Christentum konvertiert wären, sowie die Behauptung der BF wäre Tätowierer und werde deshalb in Afghanistan verfolgt, hat der BF bereits am 27.08.2019 im Rahmen seines 2. Asylverfahrens vorgebracht. In weiterer Folge hat der BF bereits im 2. Asylverfahren vorgebracht an Depressionen zu leiden. Die Behörde konnte sich im Aktenvermerk gem. §40 Abs 5 BFA-VG mit keinen neuen Asylgründen auseinandersetzen, da dieser keine neuen vorbrachte – dieser Umstand wurde auch im Aktenvermerk klar zum Ausdruck gebracht.
In der Schubhaftbeschwerde hat der BF vorgebracht (Seite 2, letzter Absatz), dass die Behörde am 14.04.2021 einen Aktenvermerk gem. §76 Abs. 6 FPG erlassen hätte. Diesbezüglich darf angemerkt werden, dass das BFA am 14.04.2021 einen Aktenvermerk gem. §40 Abs. 5 BFA-VG verfasst hat. Ein Aktenvermerk gem. §76 Abs 6 FPG wurde im gegenständlichen Verfahren nicht erlassen.
Vom zuständigen Referenten der EASt XXXX wurde in den Eintragungen im IFA vermerkt, dass für 18.05.2021 bereits sämtliche Ressourcen (Einvernahmeraum im PAZ XXXX , Dolmetscher udgl) reserviert wurden. Zu diesem Termin ist beabsichtigt die Vernehmung zum Verfahren der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gem § 12a Abs 2 AsylG durchzuführen und das Verfahren auch abzuschließen. Corona-Bedingt konnte kein früherer Termin fixiert werden, da nicht alle erforderlichen Ressourcen zu einem früheren Zeitpunkt frei waren.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge:
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen
2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der des Vorlageaufwandes sowie des Verhandlungsaufwands (gem §1 VwG-Aufwandersatzverordnung) der belangten Behörde als obsiegende Partei zu verpflichten“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person:
1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stammt aus Afghanistan. Er ist Fremder i.S.d. Diktion des FPG.
1.2. Er stellte am 06.10.2015, am 27.08.2019 und am 14.04.2021 je einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und wurden bereits drei Rückkehrentscheidungen und ein Einreiseverbot erlassen.
1.3. Der BF leidet an keinen nennenswerten Erkrankungen und gehört auch zu keiner Risikogruppe.
1.4. Der BF ist aktuell nicht vorbestraft, jedoch wegen mehrerer Vergehen durch die Justiz zur Fahndung ausgeschrieben.
Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Seit 11.02.2021 besteht gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Der BF hat im Stande der Anhaltung gem. § 34 Abs. 3 Zi. 1 BFA-VG einen weiteren Folgeantrag gestellt.
2.2. Aufgrund des aktuell anhängigen Asylverfahrens besteht für den BF derzeit faktischer Abschiebeschutz. Eine Entscheidung gem. § 12a BFA-VG ist innerhalb der kommenden zwei Wochen zu erwarten.
2.3. Ein Heimreisezertifikat für den BF liegt noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass ein Zertifikat zeitnah ausgestellt wird, da in der Vergangenheit bereits ein Heimreisezertifikat seitens der Botschaft ausgestellt worden ist.
2.4. Der BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Der BF hat in einem fremdenrechtlichen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes (Bescheid vom 21.12.2020) nicht mitgewirkt und war durch Untertauchen für die Behörde seit dem 26.05.2020 zur Abschiebung nicht greifbar.
3.2. Der BF ist nicht kooperativ.
3.3. Er ist nicht vertrauenswürdig.
3.4. Er ist nicht rückreisewillig.
3.5. Zum Zeitpunkt seiner Asylfolgeantragsstellung am 14.04.2021 befand sich der BF bereits in einer Anhaltung aufgrund § 34 Abs. 3 Zi. 1 BFA-VG.
Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen.
4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.
4.3. Der BF verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.
4.4. Der BF könnte bei einer namentlich genannten Freundin Unterkunft finden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):
Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes (1.1.). Die Feststellung zu 1.2. hinsichtlich des Bestehens mehrerer Rückkehrentscheidungen ergibt sich gleichsam aus dem Akteninhalt. Darüber hinaus sind keine nennenswerten Erkrankungen des BF aktenmäßig erfasst und auch sonst keine Hinweise darauf, dass der BF zu einer Risikogruppe gehören könnte (1.3.) und hat der BF auch selbst stets angegeben, gesund zu sein (Einvernahme vom 14.04.2021). Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF im Wesentlichen gesund ist. Die bisherige Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Einsicht in das Strafregister, die Tatsache der laufenden Personenfahndung aus den EKIS-Auszügen im Verfahrensakt (1.4.).
2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):
Die Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und die aktuelle Folgeantragstellung ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde seitens des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen. (2.1.).
Die Feststellung zu 2.2. (aufrechter faktischer Abschiebeschutz) stellt den derzeitigen rechtlichen Abschiebestatus des BF näher dar.
Nach der vorliegenden Information der Behörde vom 28.04.2021 ist davon auszugehen, dass abermals für den BF kurzfristig ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden kann.
Die Feststellung zur Haftfähigkeit (2.4.) ergibt sich aus den Angaben im Akt und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.
2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):
Bereits aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der BF während eines Rückkehrverfahrens nach vorheriger negativer Entscheidung für die Behörde durch Untertauchen nicht greifbar gewesen ist. Er wurde daher mit 26.05.2021 von seiner nicht genutzten Wohnadresse abgemeldet und war bis April 2021 unbekannten Aufenthaltes. Während dieser Zeit wirkte er beim laufenden Rückkehrverfahren nicht mit, wie sich aus dem Akteninhalt und der Stellungnahme der Behörde vom 28.04.2021 ergibt (3.1.).
Der BF behauptet zwar in der Beschwerde kooperativ zu sein, setzte jedoch in der Vergangenheit mehrmals ganz gegenteilige Handlungen bzw. Zeichen. Zum einen gab der BF bei seiner Festnahme einvernommen zwar an, bei seiner Freundin wohnen zu können. Er wollte jedoch weder den gesamten Namen der Freundin, noch deren korrekte Wohnadresse bekannt geben. Zum anderen begab sich der BF während der gegenständlichen Schubhaft über mehrere Tage in Hungerstreik um seine Freilassung zu erzwingen. Hinzu kommt, dass der BF im Rahmen der bisherigen Verfahren auch wiederholt seine ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht erfüllt hat. Man kann sohin nicht davon ausgehen, dass der BF sein bisheriges Verhalten nunmehr gegenüber der Behörde gänzlich ändern werde, zumal die Beschwerde in diesem Punkt keine Ausführungen oder Begründungen bietet, weshalb der BF nunmehr seine bisherige Vorgehensweise ändern sollte (3.2.). Das diesbezügliche Vorbringen blieb substanzlos und geht sohin nicht über eine Behauptung hinaus.
Aus dem gesamten Verhalten des BF ergibt sich, dass dieser nicht vertrauenswürdig ist. Dies zeigt sich auch dadurch, dass der BF zwar bisher nicht strafrechtlich verurteilt wurde, jedoch gegen verwaltungsrechtliche Normen (Verpflichtung zur Ausreise, Verletzung der Meldeverpflichtung etc.) verstoßen hat und nun auch noch justiziell zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Ein vertrauenswürdiges Verhalten konnte daher durch das Gericht nicht erblickt werden (3.3.).
In Zusammensicht mit dem Untertauchen, der gegen seine Person laufenden justiziellen Fahndung und seinem sonstigen Verhalten stellte sich der BF daher bisher nicht als kooperativ oder vertrauenswürdig dar. Die fehlende Rückreisewilligkeit lässt sich aus dem Gesamtverhalten des BF klar entnehmen und hat er dies auch in seiner Einvernahme vom 14.04.2021 verbal bestätigt (3.4.).
Aus dem Behördenakt ergibt sich, dass der BF während der Anhaltung am 14.04.2021 den aktuellen (2.) Folgeantrag stellte und daher den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Zi. 5 FPG (von der Behörde bisher nicht berücksichtigt) erfüllte (3.5.).
2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):
Aufgrund der Aktenlage (behördlicher und gerichtlicher Schubhaftakt, Asylakten) ergibt sich, dass der BF über keinerlei familiäre oder anderweitige wesentliche soziale Kontakte in Österreich verfügt. Er hat auch keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung (€ 90,-- per 28.04.2021) und war nicht legal erwerbstätig. Ein diesbezüglich konträres Vorbringen enthält die Beschwerde nicht. Der BF konnte im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens lediglich eine Freundin und eine Wohnmöglichkeit bei dieser glaubhaft machen, was jedoch nach Ansicht des Gerichtes in Zusammensicht mit den anderen Kriterien nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass der BF im Inland nicht über ein ausreichend gutes soziales Netz verfügt, dass ihn erfolgreich von einem neuerlichen Untertauchen abhalten könnte.
2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:
3.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Da der BF seinen Antrag auf internationalen Schutz während einer entsprechenden Anhaltung (§ 40 Abs. 5 BFA-VG) stellte, fällt die vorliegende Konstellation in den Anwendungsbereich des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG, ohne dass es eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit bedarf (siehe § 76 Abs. 2 letzter Satz FPG).
Zur Judikatur:
3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an, da der BF nicht rechtmäßig im Inland aufhältig war und die Gefahr besteht, dass er sich (wie schon zuvor) neuerlich seinem Asylfolgeverfahren (mit Erlassung einer Rückkehrentscheidung) entziehen könnte. Der BF hat bisher in Österreich bereits drei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, jedoch keinen dauerhaften Aufenthaltstitel erhalten. Die Behörde konnte auch während des zeitlich letzten Rückkehrentscheidungsverfahren den BF nicht auffinden und zur gebührlichen Mitwirkung im Verfahren bringen, da dieser bereits im Mai 2020, nach negativem Ausgang des ersten Folgeantragsverfahrens, untertauchte. Bei seiner Einvernahme zur Anhaltung hielt er sich mit Informationen zurück und trat, in Schubhaft befindlich, sehr bald einen Hungerstreik an. Er kann daher nach Ansicht des Gerichtes nicht als kooperativ bzw. vertrauenswürdig angesehen werden, zumal er aktuell seitens der Justiz zur Fahndung ausgeschrieben ist.
Seine fehlende Ausreisewilligkeit tat der BF im Rahmen seiner letzten Einvernahme ebenso unmissverständlich kund. Eine Wohnmöglichkeit und den Kontakt zu einer Freundin konnte der BF im Verfahren zwar glaubhaft ins Treffen führen, doch reicht dies nach Ansicht des Gerichts nicht aus, von einem Entfall des Sicherungsbedarfes ausgehen zu können. Auch kamen im Zuge des Verfahrens keinerlei nennenswerten sozialen Kontakte des BF ans Tageslicht, wiewohl der BF bereits seit mehreren Jahren seinen Aufenthalt in Österreich hat.
Für die Beurteilung des gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheides noch nicht zu berücksichtigen, jedoch für den Fortsetzungsanspruch relevant ist weiters, dass der BF im Stande der Anhaltung am 14.04.2021 einen weiteren Asylfolgeantrag stellte und dadurch auch einen weiteren Tatbestand, welcher Fluchtgefahr nach § 76 Abs.3 FPG indiziert, verwirklicht hat.
Das Gericht geht daher in einer Gesamtsicht des Verhaltens unter den oben angeführten und festgestellten Tatbeständen des § 76 Abs. 3 FPG jedenfalls vom Bestehen erheblichen Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Person des BF aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als weithin zutreffend erwiesen.
Das Gericht sieht daher ebenso die Tatbestandsmerkmale der Zif. 1, 3 und 9 als erfüllt an. Zur Beurteilung über die Fortsetzung der Schubhaft kommt nun noch die Ziffer 5 leg. cit. hinzu.
3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer zwar eine Wohnmöglichkeit und den Kontakt zu einer Freundin ins Treffen führen konnte, jedoch keinerlei weitere nennenswerte familiäre/soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch sein Untertauchen und der beharrlichen Weigerung auszureisen gegen geltende Gesetze des Landes verstoßen und wird aktuell gerichtlich nach seiner Person gefahndet. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich bereits drei Anträge auf internationalen Schutz gestellt und wurden über ihn mittlerweile drei Mal aufenthaltsbeendende Entscheidungen getroffen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die Berechtigung des offenen Asylantrages vom 14.04.2021 wird in einem eigenen Verfahren einer Prüfung unterzogen. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen Klärung des Status bzw. einer gesicherten Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – diesbezüglich von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal aus derzeitiger Sicht alle weiteren Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbeendigung (mit Ausnahme des offenen Asylverfahrens) bereits vorliegen bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur gegebenen Zeit vorliegen werden. Dabei sei die manifestierte Unkooperativität des BF herauszuheben, die sich mehrfach im Verfahren deutlich gezeigt hat. Es ist daher dem BF nach heutiger Sicht zuzumuten, die Zeit bis zu seiner Asylentscheidung bzw. bis zu seiner Rückführung in Schubhaft zuzubringen.
3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde zumal nun auch die Justiz an seiner Person Interesse bekundet hat. Auch hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass der BF nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel eine ausreichende Sicherung der Abschiebung des BF bedeuten würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann. Das zu BVwG W171 2124161-1 zitierte Judikat (ein Judikat der erkennenden Gerichtsabteilung selbst) bereitet für Rechtsvertreter immer wieder Probleme bei der Auslegung bzw. bei der Vergleichbarkeit mit anderen Fallkonstellationen. Der zitierte Fall ist, wie fast immer wenn es zu diesem Zitat kommt, mit dem laufenden Fall in keiner Weise vergleichbar. Während es im zitierten Fall lediglich um die Bewertung eines kurzen Meldeverstoßes ging (sonst lag hier nichts Wesentliches vor), war der BF im vorliegenden Fall nicht nur über länger Zeit ohne Meldeadresse (sohin wohl kein einfaches Versehen!), sondern tauchte der BF auch für eine beträchtliche Zeit unter. Dazu kommt noch, dass sich der BF im gegenständlichen Fall eine Reihe von anderen Tatbestandselementen des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt hat. Die Fälle sind in keiner Weise ähnlich und kann daher das zitierte Judikat im vorliegenden Fall nicht vergleichsweise herangezogen werden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.
3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“ und wird die Schubhaft auch bis zur Beendigung des Asylverfahrens bzw. bis zur erfolgreichen Abschiebung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßig verhängte Schubhaft.
3.1.8. Die Aufrechterhaltung der Anhaltung des BF trotz des am 14.04.2021 gestellten Asylfolgeantrags gem. § 40 Abs. 5 BFA-VG ist für das Gericht nachvollziehbar. Der Aktenvermerk vom 14.04.2021 wurde jedoch vor Erlassung des gegenständlich angefochteten Schubhaftbescheides, welcher sodann korrekter Weise auf § 76 Abs. 2 Zi. 1 FPG gestützt wurde, verfasst und unterliegt deshalb nicht unmittelbar der gerichtlichen Prüfung im Rahmen des laufenden Schubhaftbeschwerdeverfahrens. Dennoch sei zu dieser Problematik im Rahmen einer Grobprüfung Folgendes ausgeführt:
Nach der Judikatur des VwGH zur Parallelbestimmung des § 76 Abs. 6 FPG ziehen eine unzureichende Begründung des Aktenvermerkes oder mangelhafte behördliche Ermittlungen nicht schon für sich genommen die Rechtswidrigkeit der Anhaltung nach sich, da dem Aktenvermerk in erster Linie lediglich eine Rechtsschutzfunktion zukommt und dieser daher keinen anordnenden Bescheid darstellt (VwGH 11.03.2021, Ra 2020/21/0274-12).
Im Rahmen des gegenständliche angefochtenen Schubhaftbescheid finden sich aber konkrete Ausführungen im Hinblick auf die behördliche Annahme, dass der 2. Folgeantrag (vom 14.04.2021) lediglich zur Verzögerung des Verfahrens gestellt worden ist.
Nach Erhalt der Asylbefragung konnte vom BFA festgestellt werden, dass der BF einen Asylantrag ohne fundierte (neue) asylrelevante Gründe gestellt hatte und lag sohin der Verdacht nahe, dass dieser die Abschiebung damit verzögern bzw. umgehen wollte.
Der BF gab zu seinem Fluchtgrund in der Befragung am 14.04.2021 Folgendes an:
„F: Ihr Verfahren wurde am 05.02.2020 bereits rechtskräftig entschieden.
Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren – in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat – verändert?
Erläutern Sie umfassend und detailliert sämtliche Gründe für Ihre neuerliche Asylantragstellung und legen Sie nun alle Ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden (neuen) Bescheinigungsmittel vor.
A: Ich bin ohne Bekenntnis. Ich lebe nach meiner letzten negativen Asylentscheidung illegal in Österreich und habe dadurch auch keinen gültigen Ausweis. Deswegen konnte ich jetzt keine Informationen über das Christentum einholen. Ich konnte keine Bibelkurse machen und konnte die Kirche nicht besuchen. Weiter habe ich meine Freundin hier in Österreich. Ich will sie heiraten. Ich kann nicht zurück nach Afghanistan, dort herrscht Krieg und Unruhe. Ich kann es mir nicht vorstellen dort zu leben. Ich habe bis jetzt auch bei meiner Freundin gewohnt und möchte auch in Zukunft mit ihr zusammenleben. Das sind meine neuen Fluchtgründe. Ich bin ein Tätowierer und kann das in Afghanistan nicht ausleben. Ich möchte noch angeben, dass ich nachdem ich vom Spital rausgekommen bin starke Schmerzen in meinen Beinen habe. Weiter leide ich noch immer an Depressionen, Angstzuständen und Stress
Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?
Ja habe ich.“
Hiezu im Vergleich brachte der BF im Rahmen des abgeschlossenen Asylverfahrens in der Befragung am 27.08.2019 wie folgt vor:
„Ich möchte aus dem Islam austreten, ich möchte entweder zum Christentum oder gar keine Religion annehmen. Darüber möchte ich noch nachdenken, ich möchte meine Freiheiten haben. Weiters bin ich krank, ich leide an Depressionen und konsumiere Drogen und bin davon abhängig. Ich wurde hier operiert und ich habe im Krankenhaus erwähnt, dass es an der Stelle, an der ich operiert wurde, brennt. Ich kann nicht in die islamischen Länder, weder nach Afghanistan noch in den Iran. Ich habe viele Tattoos am Körper, in Iran und in Afghanistan ist so etwas nicht normal. Wenn das in Afghanistan gesehen wird, kann es sein, dass sie meinen Arm abhacken oder meinen Kopf. Ich möchte meine Freiheit und weiß, dass ich hier meine Freiheiten habe. Das habe ich in der Zeit, in der ich hier lebe, gesehen.“
Im Rahmen einer Grobprüfung (hier nach § 40 Abs. 5 BFA-VG) sind diese beiden Fluchtgründe gegenüber zu stellen. Ein konkreter Vorgriff („Feinprüfung“ des Folgeantragsvorbringens) und die Vorwegnahme des Asylverfahrens selbst wäre nach Rechtsansicht des Gerichts verfassungsrechtlich bedenklich.
Im vorliegendem Fall konnte das Gericht keine neuen Asylgründe erkennen. Die Beschwerde enthält in diesem Punkt keine näheren Ausführungen inwiefern ein neues Vorbringen gegeben sein sollte und gehen daher die dortigen Ausführungen über eine unsubstanziierte Behauptung und Wiedergabe der Judikatur nicht hinaus. Sowohl die Glaubensproblematik, als auch die Tatsache der Körperbemalung des BF als auch geltend gemachte psychische Probleme waren im Kern bereits Gegenstände der Erörterung im vorangegangenen Asylverfahren und liegt die Einschätzung nahe, dass der aktuell zu behandelnde Asylantrag vom 14.04.2021 sohin Gefahr läuft, von der für diese Entscheidung zuständigen Behörde zurückgewiesen zu werden. Gleiches gilt auch hinsichtlich des Vorbringens, er habe eine Freundin, die er heiraten wolle. Darin ist jedenfalls kein Asylgrund zu erblicken und ergibt sich zwanglos aus den Akten, dass diese Beziehung jedenfalls schon zeitlich gesehen bis dato keinen beachtlichen Schutzwert entfalten konnte. Das Gericht kann daher aufgrund des aktuellen Fluchtvorbringens im Rahmen der Grobprüfung keinen neuen bzw. noch nicht behörlich/gerichtlich behandelten Schutzbedarf erkennen. Die behördliche Einschätzung, dass der Asylantrag vom 14.04.2021 sohin ausschließlich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, war daher aus Sicht des Gerichtes nachvollziehbar und nicht konkret zu bemängeln. Gleiches gilt jedoch auch für die Aufrechterhaltung der gegenständlichen Schubhaft.
3.1.9. Das Gericht schließt nicht aus, dass es aufgrund der derzeitigen Coronapandemie auch weiterhin zu Verzögerungen im Verfahren oder bei der Effektuierung der Abschiebung kommen könnte. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt – mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im Sommer 2021 ist aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch.
3.1.10 Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (in Zusammensicht mit den gerichtlichen Feststellungen in den Asylverfahren) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.
Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, zumal sich der Sicherungsbedarf durch die Stellung eines Asylfolgeantrages (§ 76 Abs. 3 Zi. 5 FPG) weiter erhärtet hat.
Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt B. – Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot faktischer Abschiebeschutz Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Kostenersatz Meldeverpflichtung Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit VerzögerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2241965.1.00Im RIS seit
30.06.2021Zuletzt aktualisiert am
30.06.2021