Entscheidungsdatum
06.05.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W137 2167371-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch RA Prof. Mag. Dr. Weld, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2017, Zl. 542503509+VZ 170908212, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.08.2017, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft von 03.08.2017 bis 18.08.2017 für rechtmäßig erklärt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Er kam im Jahr 2010 nach Österreich. Der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2011 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
2. Im Zeitraum von April 2013 bis August 2017 war der Beschwerdeführer nicht aufrecht polizeilich gemeldet.
3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2017 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 77 Abs 1 und 3 iVm § 76 Abs 2 Z 1 FPG das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnete. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, sich beginnend mit 21.04.2017 täglich in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr bei einer näher bezeichneten Polizeiinspektion zu melden. Gemäß § 13 Abs 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch persönliche Übergabe ordnungsgemäß zugestellt.
4. Ab 03.07.2017 hat sich der Beschwerdeführer dem gelinderen Mittel entzogen und ist der Meldeverpflichtung nicht mehr nachgekommen.
5. Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 03.08.2017 wurde der Beschwerdeführer angehalten und anschließend in ein näher bezeichnetes Polizeianhaltezentrum eingeliefert.
6. Am 03.08.2017 wurde der Beschwerdeführer zur Verhängung der Schubhaft niederschriftlich vor dem Bundesamt einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er seit 2013 nicht aufrecht gemeldet sei, da er keine Papiere besitze. Dem gelinderen Mittel habe er sich entzogen, da er krank gewesen sei. Er sei des Weiteren seit einem Monat verheiratet und habe geplant, umzuziehen. Er verteile Reklame in Postkästen und lebe von dem dadurch erzielten Einkommen. Zurzeit besitze er 10 oder 12 Euro. Von einer Ladung für den 08.06.2017 wisse er nichts, weshalb er dieser nicht nachgekommen sei.
7. Mit Mandatsbescheid vom 03.08.2017 wurde gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zu Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde dies im Wesentliche mit dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers – vor allem dem Entzug aus dem gelinderen Mittel –, der weitgehenden fehlenden sozialen Verankerung und Integration des Beschwerdeführers, der bestehenden durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der mangelnden Mitwirkung am Verfahren. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden „ultima-ratio-Situation“ auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.
8. Am 11.08.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wurde eingangs um eine Ausstellung eines Duplikats des angefochtenen Bescheides ersucht. Inhaltlich wird darin im Wesentlichen vorgebracht, dass der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletze und dieser wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft werde. So sei das Asylverfahren des Beschwerdeführers noch offen und habe dieser stets mit den Behörden kooperiert und sich nicht vor den Behörden verborgen. Eine gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung sei von der belangten Behörde unterlassen worden. So habe sich der Beschwerdeführer regelmäßig bei der Polizei gemeldet und habe er ein Interesse, dass sein Verfahren in Österreich weitergeführt werde, weshalb er sich vor den Behörden nicht verstecken werde. Seine Frau, welche er im Juli 2017 geheiratet habe, lebe an derselben Adresse wie der Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer habe sich ein umfangreiches Netz an sozialen Kontakten aufgebaut und lerne engagiert Deutsch. Eine Fluchtgefahr bestehe nicht und sei auch der Ausgang des Asylverfahrens noch offen, weshalb eine „Sicherung der Abschiebung“ nicht zulässig sei und allenfalls mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden könne.
9. Am 11.08.2017 und 14.08.2017 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers und führte aus, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit 31.10.2016 beantragt worden und der Beschwerdeführer am 10.08.2017 der indischen Botschaft für ein Einzelinterview vorgeführt worden sei. Eine Verifizierung der vom Beschwerdeführer zu seiner Person angegebenen Daten brauche nach Angaben der indischen Botschaft sechs bis zwölf Wochen. Die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers sei nicht als aussichtslos anzusehen.
Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.08.2017 eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und seiner rechtlichen Vertreterin durch. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm ebenfalls an der Verhandlung teil.
Die von seiner Vertreterin als Zeugin beantragte (mutmaßliche) Ehefrau des Beschwerdeführers erschien nicht – seine Rechtsanwältin Prof. Mag. Dr. Vera Weld erklärte, diese hätte einen „Nervenzusammenbruch“ erlitten.
Mit mündlich verkündetem Erkenntnis wurde die Fortsetzung der Schubhaft als rechtmäßig erklärt.
Hinsichtlich der offenen Beschwerdepunkte – und insbesondere auch der Frage des Familienstandes beziehungsweise des Aufenthaltsstatus der mutmaßlichen Ehefrau wurde sowohl dem Beschwerdeführer und seiner rechtlichen Vertretung als auch der belangten Behörde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Wochen weitere Beweismittel sowie Ausführungen einzubringen.
11. Am 21.08.2017 langte ein Nachtrag zur mündlichen Verhandlung von der Behörde ein, womit eine schriftliche Auskunft eines näher bezeichneten Standesamtes übermittelt wurde.
12. Am 22.08.2017 brachte die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers weitere Urkunden in Kopie ein. Ebenfalls am 22.08.2017 reichte das Bundesamt einen Aktenvermerk der MA35 bezüglich des beantragten unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts der (mutmaßlichen) Gattin des Beschwerdeführers nach.
13. Am 13.09.2017 erging an die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und wurde die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme bis zum 25.09.2017 erteilt. Zudem wurde sie ausdrücklich zur Übermittlung diverser Unterlagen aufgefordert.
14. Am 26.09.2017 langte ein Antrag auf Fristerstreckung um 14 Tage ein. Die Stellungnahmefrist wurde daraufhin bis 09.10.2017 verlängert. Eine Stellungnahme langte in Folge jedoch nicht ein. Auch die ausdrücklich vom Bundesverwaltungsgericht angeforderten Unterlagen wurden nicht vorgelegt.
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Er verfügt über keine Reise- oder sonstigen Identitätsdokumente.
Mit Bescheid vom 19.08.2011 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Ab 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG und § 8 Abs 1 iVm 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus der österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft, weshalb zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand.
Der Beschwerdeführer ist im Jahr 2010 in das Bundesgebiet eingereist, war in Österreich von April 2013 bis August 2017 nicht aufrecht gemeldet und war für die Behörden nicht greifbar. Der Beschwerdeführer verfügte über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Dass der Beschwerdeführer mit der ungarischen Staatsbürgerin XXXX rechtsgültig verheiratet ist konnte im Verfahren weder belegt noch glaubhaft gemacht werden. Dass diese im relevanten Zeitraum von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht hat, konnte ebenfalls weder belegt noch glaubhaft gemacht werden. Frau XXXX hat kurz vor der Verhandlung am 18.08.2017 keinen Nervenzusammenbruch erlitten – sie ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben. Der Beschwerdeführer und seine Rechtsanwältin Prof. Mag. Dr. Vera WELD haben wiederholt die Mitwirkungspflicht im Verfahren missachtet.
Der Beschwerdeführer verfügt über kein Aufenthaltsrecht für Österreich. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 07.12.2010 wurde rechtskräftig schon im September 2011 bezüglich der Gewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz abgewiesen. Zudem wurde der Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat Indien ausgewiesen. Die damals ausgesprochene Ausweisung wurde nicht konsumiert. Der Beschwerdeführer konnte seine Ausreise nach Ungarn nicht belegen und es bestanden zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung substanzielle Zweifel, ob er die in der Heiratsurkunde angeführte Person „ XXXX “ ist. Diese Zweifel konnten seither weder vom Beschwerdeführer noch von RA Prof. Mag. Dr. WELD ausgeräumt werden.
Der Beschwerdeführer hat – nicht angemeldet - als Zeitungs- und Reklamezusteller gearbeitet und dabei zwischen 300 Euro und 500 Euro monatlich verdient. Er verfügte zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft über keinerlei Vermögen und keine gesicherte Unterkunft. Seit April 2013 – mithin also mehr als vier Jahre lang – war er vor Anordnung der Schubhaft nicht im Bundesgebiet gemeldet.
Der Beschwerdeführer entzog sich bereits im Juli 2017 den Auflagen aus dem gelinderen Mittel. Er ist insgesamt nicht vertrauenswürdig.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung sowie während dieser abseits von Kopfschmerzen grundsätzlich gesund und haftfähig.
Zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde durch das Bundesamt Kontakt mit der indischen Botschaft aufgenommen und der Beschwerdeführer in weiterer Folge zu einem Einzelinterview vorgeführt. Das Bundesamt konnte bei Anordnung der Schubhaft von einer Abschiebung binnen weniger Monate ausgehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 542503509 + VZ 170908212 (der auch die Unterlagen zu VZ 170479915 enthält). Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers. Reise- und Identitätsdokumente wurden hingegen nicht vorgelegt. Der Beschwerdeführer erklärte glaubhaft, weder über Reise- noch sonstige Identitätsdokumente zu verfügen.
Dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig negativ abgeschlossen ist, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Der diesbezügliche Bescheid erging am 19.08.2011 und wurde mangels Erhebung eines Rechtsmittels am 06.09.2011 rechtskräftig. In der Beschwerde erstattete Behauptungen, wonach das Asylverfahren des Beschwerdeführers noch offen ist, haben sich als tatsachenwidrig herausgestellt. Ob der Beschwerdeführer von der rechtskonformen Erlassung der Entscheidung persönlich Kenntnis erlangt hat ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz. Auch wurde diese Behauptung in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht wiederholt. Die entsprechenden Belege befinden sich im Verwaltungsakt.
1.2. Das Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Dass der Beschwerdeführer mit einer näher bezeichneten ungarischen Staatsbürgerin verheiratet ist, blieb unbelegt und war mangels geeigneter Bescheinigungen auch nicht glaubhaft gemacht werden. Die Heiratsurkunde weist einen anderen Vornamen als den des Beschwerdeführers auf. Auch der Geburtsort weicht gegenüber den Angaben im Verfahren ab. Wenn die Vertreterin, RA Prof. Mag. Dr. WELD, behauptet, dass es sich in der Heiratsurkunde um eine falsche Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers handelt, welche aufgrund einer fehlerhaften phonetischen Übertragung zustande gekommen ist, stellt sich die Frage, mit welchem Dokument sich der Beschwerdeführer in Ungarn ausgewiesen haben will – indische Dokumente für den internationalen Gebrauch verfügen über eine bereits erstellte schriftliche Transkription; die Phonetik eines Namens spielt demnach keine Rolle.
Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die in dieser Heiratsurkunde genannte Ehefrau bereits am 15.12.2015 eine Ehe geschlossen hat. Der Beschwerdeführer konnte in der Verhandlung weder beweisen noch glaubhaft darlegen, dass diese im Jahr 2015 geschlossene Ehe nicht mehr besteht. Auch wenn die vorgelegte Sterbeurkunde einer näheren bezeichneten Person, mit welcher die angebliche Ehefrau des Beschwerdeführers zuvor verheiratet gewesen sein soll, nahelegt, dass diese Ehe nicht mehr besteht, wurde der entsprechende Eintrag im Personenregister bis zur Beschwerdeverhandlung (mehr als ein Jahr nach dem vorgebrachten Todesfall) nicht geändert. Darüber hinaus wurde durch ein österreichisches Standesamt bescheinigt, dass die Ehe der angeblichen Ehefrau des Beschwerdeführers mit einem anderen indischen Staatsangehörigen weiterhin bestehe. Der Aufforderung, ein entsprechendes österreichisches Dokument, welches belegt, dass die von der angeblichen Ehefrau zuvor geschlossene Ehe nicht mehr besteht, vorzulegen, kamen der Beschwerdeführer und seine Rechtsanwältin nicht nach. Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung, Belege betreffend die gesundheitlichen Probleme der angeblichen Ehefrau – insbesondere den behaupteten „Nervenzusammenbruch“ - zu übermitteln, ebenso wenig wie der Aufforderung, die „Anmeldebescheinigung“ zur Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltes seiner angeblichen Ehefrau zu übermitteln, nachgekommen ist. Belegt ist lediglich ein einschlägiger Antrag vom 03.08.2017; nach diesem habe die angebliche Ehefrau drei Monate Zeit zur Nachreichung relevanter Unterlagen. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass die angebliche Ehegattin im relevanten Zeitraum jedenfalls nicht über einen solchen Titel verfügte.
Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung ausdrücklich erklärt, über keine Personaldokumente zu verfügen. Alle übrigen Originaldokumente würden sich bei Frau XXXX , die jedoch zur Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist, befinden. Der Beschwerdeführer und seine Vertreterin, RA Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld, sind in diesem Zusammenhang bewusst und trotz entsprechender ausdrücklicher gerichtlicher Aufforderung ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Weiters sind keine sonstigen substanziellen sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte in der Beschwerde ausgeführt worden und sind solche im Verfahren auch nicht herausgekommen. Seit April 2013 (bis zur Anordnung der Schubhaft) verfügte der Beschwerdeführer über keine aufrechte polizeiliche Meldung, weshalb nicht von einem gesicherten Wohnsitz ausgegangen werden konnte. In der mündlichen Einvernahme vor dem Bundesamt konnte der Beschwerdeführer darüber hinaus seine genaue bisherige Adresse nicht benennen. Das Vorbringen, dass er am Tag der Einvernahme an eine andere Adresse ziehen wollte, konnte an einem fehlenden gesicherten Wohnsitz nichts ändern.
Dass der Beschwerdeführer Deutsch spricht, konnte dieser in der Verhandlung – in der eine Dolmetschung erfolgen musste - nicht dartun. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer engagiert Deutsch lerne, ist entgegenzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer seit 2010 im Bundesgebiet aufhielt. Dass der Beschwerdeführer nach solch einem langen Aufenthalt kaum Deutsch spricht, belegt, dass er in den letzten Jahren keineswegs engagiert Deutsch gelernt hat. Zudem würde es sich beim Lernen der Landessprache während eines derart langen Aufenthalts auch um keine besondere Integrationsbemühung handeln.
Im Verfahren ist hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer (nicht angemeldet) als Zeitungs- und Reklamezusteller tätig war und er dabei rund 300 bis 500 Euro monatlich verdiente. Seinen Lebensunterhalt konnte er sich damit zumindest zwischenzeitig sichern. Andere legale Beschäftigungsverhältnisse oder Fähigkeiten, die zu einer mittelfristigen Sicherung der eigenen Existenz in Österreich beitragen würden, sind nicht hervorgekommen.
1.3. Dass sich der Beschwerdeführer den Auflagen eines gelinderen Mittels entzogen hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt, den Ausführungen des Beschwerdeführers und ist überdies unstrittig. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, wonach er schwer krank gewesen sei und deshalb dem gelinderen Mittel nicht mehr nachkommen habe können stellt keine gerechtfertigte Entschuldigung dar, zumal es nicht ersichtlich ist, weshalb dem Beschwerdeführer eine (telefonische) Kontaktaufnahme mit den Behörden zur Entschuldigung nicht möglich war. Der Beschwerdeführer gab zudem auf Nachfrage an, lediglich an Magenschmerzen gelitten zu haben und nicht beim Arzt gewesen zu sein. Bei solch einer Konstellation wäre zumindest eine telefonische Kontaktaufnahme mit den Behörden zur Entschuldigung zu erwarten gewesen. Selbst unter der Annahme, dass es dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erkrankung tatsächlich nicht möglich gewesen ist, die Behörde bzw die Polizei darüber zu informieren, dass er der Verpflichtung zur täglichen Meldung nicht nachkommen kann, hätte er spätestens ab dem Zeitpunkt der Genesung wieder der Verpflichtung zur Meldung nachkommen können. Dies unterlies der Beschwerdeführer jedoch unstrittig.
Dass der Beschwerdeführer einer Ladung nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er die Übernahmebestätigung der Ladung nicht selbst unterschrieben hat, erweist sich als reine Schutzbehauptung, zumal sich sämtliche vom Beschwerdeführer im Akt befindlichen Unterschriften gleichen. Er konnte auch nicht darlegen, wer an seiner statt unterschrieben haben könnte.
Aus dem oben dargestellten Verhalten heraus kann dem Beschwerdeführer auch keine Vertrauenswürdigkeit attestiert werden.
1.4. Die behaupteten gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers in Folge einer Verletzung sind ebenso wie die Medikamenteneinnahme glaubhaft und überdies unstrittig.
Für über die angeführte Erkrankung hinausgehende substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gab es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden.
Aus dem oben Dargestellten ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der damals geltenden Fassung, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der damals geltenden Fassung, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft bis zur Fortsetzungsentscheidung am 18.08.2017
3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde, nachdem er die Verpflichtungen aus einem gelinderen Mittel nicht mehr nachgekommen ist und sich diesem entzogen hat, Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie zur Sicherung der Abschiebung angehordnet.
3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit einer mangelnden Mitwirkung am Verfahren, einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme, dem Nichtnachkommen seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel sowie dem Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 3, 7 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Verfahren des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ abgeschlossen und besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme. Die Lücken hinsichtlich amtlicher Meldungen blieben faktisch unbestritten, womit das Kriterium der Ziffer 3 jedenfalls und jenes der Ziffer 1 zumindest in einem gewissen Umfang erfüllt ist. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel verletzt hat, blieb unbestritten. Behauptete Rechtfertigungsgründe bestanden, wie schon die belangte Behörde zutreffend würdigte, nicht. Somit erweist sich auch das Kriterium der Ziffer 7 als erfüllt.
3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid weiters auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer über keine Existenzmittel verfügt, die ihm einen längerfristigen Unterhalt sichern. Wie beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer eine aufrechte Ehe mit einer ungarischen Staatsangehörige nicht belegen. Insbesondere musste das Bundesamt bei Erlassung des Bescheides aufgrund der in Österreich verfügbaren Informationen zu ihrem Personenstand davon ausgehen, dass die nunmehr als Ehefrau bezeichnete ungarische Staatsangehörige bereits/noch verheiratet ist. Sie hat selbst keine entsprechende Änderung oder Korrektur herbeigeführt; der Sterbeeintrag des (mutmaßlichen früheren) Ehegatten wurde laut Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers erst nach der gegenständlichen Beschwerdeverhandlung organisiert und dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Darüber hinausgehende substanzielle soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet sind nicht hervorgekommen. Ein umfangreiches Netz an sozialen Kontakten wurde in der Beschwerde ohne nähere Ausführungen lediglich in den Raum gestellt – es wurden diesbezüglich weder Beweismittel vorgelegt noch Zeugen benannt.
Über eine bloß zwischenzeitliche Erwerbstätigkeit bei welcher eine längerfristige Sicherung des Unterhalts nicht erreicht werden konnte sowie eine glaubhafte Beziehung zu einer in Österreich aufhältigen ungarischen Staatsangehörigen hinaus konnte der Beschwerdeführer auch keine Integrationsschritte belegen.
Die Behörde ging bei Erlassung des angefochtenen Bescheides auch richtigerweise von der Nichtbefolgung einer Ladung und dem Entzug aus dem gelinderen Mittel sowie einer weitgehend fehlenden Vertrauenswürdigkeit aus.
3.4. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.
3.5. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da sich der Beschwerdeführer solchen bereits einmal entzogen hat und sich zudem (und nicht allein deswegen) als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat – was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Auf Grund dieser Umstände und der bestehenden Fluchtgefahr überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.
3.6. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Indien nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Abschiebungen nach Indien fanden statt; eine Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates war bereits eingeleitet. Tatsächlich wurde der Beschwerdeführer wenige Tage nach der Inschubhaftnahme der indischen Botschaft für ein Einzelinterview vorgeführt. Die damals absehbare Anhaltedauer betrug auch nur wenige Monate – konkret wurde von der indischen Botschaft eine Verifizierung der Daten des Beschwerdeführers mit sechs bis zwölf Wochen angegeben. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde dies auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.
Gesundheitliche Probleme zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung brachte der Beschwerdeführer nicht vor, zumal die vormals bestandenen Bauchschmerzen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen seien, weshalb sich das Bundesamt mit gesundheitlichen Problemen im angefochtenen Bescheid nicht auseinandersetzen musste.
3.7. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.
4. Kostenersatz
4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.
Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Fall festzuhalten, dass von der Vertreterin des Beschwerdeführers – RA Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld - ein Schriftsatzaufwand verzeichnet worden ist, der gesetzlich in keiner Form gedeckt ist. Im Zusammenhang mit Maßnahmen- und Schubhaftbeschwerden ist der ersatzfähige Aufwand gesetzlich pauschaliert – einer Verfahrenspartei kommt damit kein Anspruch zu, irgendwelche Phantasiebeträge ersetzt zu bekommen. Zudem müsste bei berufsmäßigen Parteienvertretern (Rechtsanwälten) jedenfalls davon ausgegangen werden, dass diese keinen unzulässigen Aufwand verzeichnen und allenfalls einem Beschwerdeführer verrechnen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr gelinderes Mittel Kostenersatz Meldeverpflichtung Mittellosigkeit Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2167371.1.00Im RIS seit
30.06.2021Zuletzt aktualisiert am
30.06.2021