TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/10 W207 2237562-1

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Veröffentlicht am 10.05.2021
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Entscheidungsdatum

10.05.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W207 2237562-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 20.10.2020, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 18.08.2020 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 14.09.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„…

Anamnese:

Zöliakie (ED 2/2020), atopische Disposition mit rezidivierendem Ekzem seit Kleinkindalter, bei Sensibilisierung auf Birke, Roggen, Alternaria und Tierhaare.

Herr P. beantragt die Ausstellung eines Behindertenpasses.

Derzeitige Beschwerden:

Unter strikter Diät weitgehend beschwerdefrei. das Hautproblem wird wieder stärker, unter Cortisonsalbe wird es immer besser, wenn ich Cortison absetze wieder schlechter, Veränderungen treten auf an den Fingerkuppen und an den Fingerinnenseiten, sowie Fingerrücken, ebenso in den Kniekehlen und Ellenbeugen (derzeit dort schön, kommt aber auch ab und zu vor), rechter US Innenseite und unter den Kniescheiben.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Strikte glutenfreie Diät.

Medikamentenliste liegt nicht vor.

pat. zeigt diverse Salben: Neriforte, Advantan und Protopic, weiters Excipial10, Locobase Orthopädische Hilfsmittel:

Brille

Sozialanamnese:

Herr P. ist ledig, lebt alleine, ist juristischer Mitarbeiter bei X.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Ambulanzbericht Universitätsklinik für Dermatologie, vom 20.11.2019.

Anamnese:

eine Allergietestung erfolgt wegen der trockenen Haut und des dyshidrotischen Ekzems,

keine saisonale Beschwerden

Diagnosen:

1)       Typ -1 Sensibilisierung auf Birke, Roggen, Alternaria und Tierhaare

2)       im Rahmen der atopischen Disposition bei bekannter Neurodermitis

3)       dyshidrotisches Handekzem

4)       einzelne Ekzemherde

Arztbrief Dr S., FÄ für Dermatologie, vom 11.8.2020.

Diagnose:

Atopisches Ekzem vom P-Typ

bek. Zöliakie, allerg. Rhinoconjunctivitis saisonal und perennial Beurteilung:

Seit dem 2. Lj. rez. Ekzemneigung bei bekannter atopischer Dermatitis (v.a. im Bereich der Finger, Armbeugen und der Kniekehlen) regelm. Lokaltherapie und rückfettende Basistherapie ist essentiell, bedeutet für den Patienten beträchtlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand.

Handschriftliche Stellungnahme DI Dr. V., FA f. Innere Medizin, vom 28.7.2020:

DG: Zöliakie

Pat. muß strikte GFD einhalten

Histologischer Befund Dr. B., vom 12.2.2020:

PE nach Gastroskopie:

Ergebnis: Die vorliegende Morphologie spricht, bei entsprechender Klinik und Serologie, für eine Zöliakie Marsh-Typ 3b-3c.


Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Großer schlanker Patient

Ernährungszustand:

normal

Größe: 180,00 cm Gewicht: 74,00 kg Blutdruck: 125/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Im Bereich der Kniekehlen li>re eher kleinflächige ekzematöse Veränderungen, geringgradig auch im Bereich der linken Ellenbeuge, an den Fingerkuppen rechts (Daumen, Zeige- und Mittelfinger trockene Ekzemveränderungen, ebenso minimal streckseitig am linken Daumen und Zeigefinger, sichtbare Schleimhäute unauffällig, keine Dyspnoe, HNO- Bereich frei, Sehen mit Brille korrigiert

Hören normal, Thorax symmetrisch, Cor normal konfiguriert, HA rh, Töne leise und rein, Pulmo normaler KS, Pleura frei, leises VA ohne NG, Abdomen weich, minimaler DS im linken Mittelbauch, keine Defense oder Resistenz, Hepar und Lien nicht tastbar, Peristaltik auskultatorisch unauffällig, OE: Faustschluss seitengleich unauffällig, Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert, WS: gerade, kein Klopfschmerz, Nierenlager bds. frei, UE: Hüft- und Kniegelenke in allen Ebenen frei beweglich, keine Ödeme, neurologischer Status: grob klinisch unauffällig

Gesamtmobilität - Gangbild:

Normalschrittig, sicher und frei

Status Psychicus:

Stimmung und Antrieb unauffälig,Patient bewußtseinsklar und gut orientiert, Duktus kohären

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Zöliakie (ED 2/2020)

1 Stufe über unterem Rahmensatz bei strikter Diäterfordernis

09.03.01

20

2

Atopisches Ekzem

Fixer Rahmensatz, allergische Disposition mitberücksichtigt

01.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 erhöht bei fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

X Dauerzustand

.....“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.09.2020 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihm das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Der Beschwerdeführer brachte eine mit 28.09.2020 datierte Stellungnahme folgenden Inhaltes ein:

„…

Zu dem Ergebnis der durchgeführten Begutachtung lfd. Nr. 1:

Zöliakie Marsh-Typ 3b-3c, Schleimhaut mit subtotaler bis totaler Zottenatrophie, sowie

geringgradiger chronischen Gastritis

Ich leide nachweislich unter einer Glutenunverträglichkeit, chronischen Schleimhautveränderungen wie auch häufigeren und teils länger andauernden Beschwerden (Durchfälle- nach längerer Zeit auch begleitet von erweiterten und schmerzhaften Hämorrhoiden, Ermattung-Schlaffheit - hohen Bedarf an Schlaf, Magen/Darm-schmerzen/krämpfe, Blähungen, enormer Gewichtsverlust von 87 Kg auf 67 Kg abgenommen - nun schwankend zwischen 70 und 74 Kg). Diese Umstände beschreiben wohl die Erörterung der Pos.Nr. 07.04.05. Durch die strikte Einhaltung der glutenfreien Diät geht es mir zwar besser als zuvor, jedoch sind die Beschwerden nicht weg. Kommt es dazu noch zu einem Glutenunfall (ich nehme ungewollt kleinste Spuren von Gluten zu mir -dekontaminierte Lebensmittel, dekontaminiertes Besteck usw...) geht es mir einige Zeit sehr schlecht - krasse Durchfälle, Übelkeit, Darmkrämpfe, Schwächeanfälle usw... - in dieser Zeit ist ein sehr eingeschränktes Leben zu führen.

Ich möchte noch erwähnen, dass die stricke glutenfreie Ernährung nicht nur viel Aufwand (zeitlichen und organisatorischen) sondern auch einen erheblichen Berg an Mehrkosten mit sich bringt.

Bei nicht strikter Einhaltung der verordneten glutenfreien Diät würde sich das Ausmaß der

Beeinträchtigungen und damit verbundenen Folgeerscheinungen noch weiter erhöhen.

Zu dem Ergebnis der durchgeführten Begutachtung Lfd. Nr. 2:

Hier möchte ich noch darauf aufmerksam machen (ich konnte dies in den Ausführungen nicht finden), dass die Beschwerden ständig bestehen - es gibt keinen Zeitpunkt, an dem alle an den Händen betroffenen Stellen einigermaßen verheilt und beschwerdefrei sind. Die betroffenen Stellen sind oft offen (tiefe Risse und blutend) hier ist jede Berührung und Bewegung schmerzhaft - besonders bei dem Kontakt mit Flüssigkeiten (Duschen, Händewaschen, Putzen - das Tragen „Gummihandschuhen" ist leider auch sehr schmerzhaft, usw..) kommt es zu Schmerzen wie auch zum Wiederaufreißen, von im Heilen befindlichen Stellen. Es ist auch öfters notwendig einzelne Finder für mehrere Tage zu verbinden (Schutz vor Schmutz, wie auch eine besseres Heilen zu fördern). Auch das handschriftliche Schreiben sowie das Hemden Zu-und Aufknöpfen sind in den stark betroffenen Zeiten schmerzhaft und nur eingeschränkt möglich.

Ich bitte, unter Bedachtnahme meiner Stellungnahme um Revision der Ergebnisse der Begutachtung.

Betreffend dem Ergebnis zu der Lfd. Nr. 1 - hier ist wohl die Pos.Nr. 07.04.05 zutreffender.“

Aufgrund des Inhaltes der Stellungnahme holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme jener Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin, welche das Gutachten vom 14.09.2020 erstellt hatte, ein. In dieser sachverständigen Stellungnahme vom 16.10.2020 führt die medizinische Sachverständige Folgendes aus:

„…

Die Einstufung der Gesundheitsschäden erfolgte gemäß den geltenden Richtlinien der EVO im Erwachsenenalter: es werden die Richtsätze für Erwachsene angewendet, da mit vollendetem 18. Lebensjahr sowohl ausreichende Krankheitsakzeptanz und Eigenkompetenz anzunehmen sind, insbesondere da sich der Patient bei der Begutachtung in gutem Allgemeinzustand und normalem Ernährungszustand präsentierte.

Eine höhere Beurteilung bzw. Einstufung nach anderer Richtsatzposition ist daher nicht möglich.

Die Hautproblematik war zum Begutachtungszeitpunkt bei scheinbar sehr guter Patientencompliance die Pflege betreffend, klinisch nur minimal vorhanden und war daher nicht höher zu bewerten. Neue Befunde liegen nicht vor.“

Mit Bescheid vom 20.10.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 18.08.2020 ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 20 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien den eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 14.09.2020 und dessen Ergänzung vom 16.10.2020, die einen Bestandteil der Begründung bilden würden, zu entnehmen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.12.2020 fristgerecht eine Beschwerde folgenden Inhaltes (hier in anonymisierter Form wiedergegeben):

„...

Der angefochtene Bescheid wird in vollem Umfang wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

Im Sachverständigengutachten von Frau Dr. F. vom 14.09.2020 wird des Gesamtgrad der Behinderung mit 20 v.H. bewertet. Begründet wurde dieser damit, dass das Leiden Lfd.Nr. 2 (Atopisches Ekzem) das Leiden Lfd.Nr. 1 (Zöliakie) nicht beeinflusse.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Feststellung der Höhe des Grades der Behinderung.

Das im Ermittlungsverfahren eingeholte fachärztliche Gutachten zur Beurteilung des Grades der Behinderung ist unrichtig und wurden aus diesem nicht die korrekten Schlüsse gezogen.

Wie von mir vorgebracht, wurde von Dr. B. mit Befund vom 12.02.2020 eine Zöliakie Marsh-Typ 3b-3c diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine besonders schwere Form der Erkrankung. Frau Dr. F. kam in ihrem Sachverständigengutachten jedoch nur zu der Ansicht, dass es sich um eine Zöliakie 1 Stufe handelt.

Diese fachärztliche Beurteilung entbehrt jeglicher Grundlage und ist unrichtig. Von der Bundesregierung wurde mit der Änderung der Einschätzungsverordnung zu BGBl. II Ausgegeben am 13.07.2012 - Nr. 251., Punkt 07.04.05 auf Seite 4, festgehalten, dass eine chronische Darmstörung mittleren Grades mit chronischer Schleimhautveränderung - welche aufgrund des von Frau Dr. F. lediglich zitierten Befund des Dr. B. zweifelsfrei vorliegt - würde der Grad der Behinderung 30-40% vH betragen.

Der von Frau Dr. F. festgestellte leichte Grad der Zöliakie laut Punkt 07.04.04 der vorgenannten Anlage würde dann vorliegen, wenn keine chronischen Schleimhautveränderungen vorliegen, dies ist jedoch nur bei Zöliakie Marsh-Typ 1 der Fall.

Es könnte jedoch auch fälschlicherweise von Frau Dr. F. angenommen worden sein, dass die Zöliakie zur Gruppe der Stoffwechselerkrankungen zählt, wodurch ihr ein Tatsachenirrtum unterlaufen wäre, was zu einer neuerlichen Feststellung und Bewertung führen müsste.

Aufgrund der mir in mehreren Untersuchungen diagnostizierten Zöliakie Marsh-Typ 3b-3c ist es faktisch unerklärlich, wie die zuständige Sachverständige zu der festgestellten Beurteilung kommen konnte.

Weiters erscheint die Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung nicht nachvollziehbar.

Ich leide nachweislich an zwei äußerst lebensbeeinflussenden Erkrankungen, welche mich jeweils auf eigene Weise in meinem Leben stark beeinflussen. Mein Ernährungsplan ist stark geprägt von der strengen Diät und zeigen sich bereits bei kleinsten Mengen Gluten bereits große Auswirkungen auf mein körperliches Wohlbefinden.

Darüber hinaus liegt durch das Atopische Ekzem - insbesondere an den Fingerkuppen, Fingerinnenseiten, Fingerrücken, Kniekehlen und Ellenbeugen - eine starke Beeinträchtigung in meinem Alltag vor, welchem nur durch entsprechende Pflege und Therapie in Form von Salben, Diäten abgeflacht werden kann und wird dadurch insbesondere auch der berufliche Alltag stark eingeschränkt.

Weshalb diese beiden chronischen Leiden nicht zusammengerechnet werden, ist unerklärlich, zumal diese beiden Beeinträchtigungen unabhängig voneinander einen beträchtlichen Einfluss auch meine Lebensweise und Alltagsgestaltung haben, wodurch diese sehr stark beeinfluss und eingeschränkt werden. Auch sind mit diesen beiden chronischen Erkrankungen enorme zeitliche, wie auch, finanzielle Aufwände verbunden.

Ohne die Einhaltung der strikten lebenslangen Diät und die mehrmals täglich erforderliche Pflege, würde sich mein gesamter körperlicher Zustand dramatisch ins Schlechtere verändern. Der Grund für meinen im Verhältnis guten Gesundheitszustand unter Berücksichtigung der beiden beträchtlichen chronischen Leiden ist meine eiserne Disziplin bei der Einhaltung der verordneten Therapien.

Es liegen sohin erhebliche Feststellungsmängel vor und ist auch die Rechtsfrage unrichtig gelöst worden. Zudem sind die Feststellungen im angefochtenen Bescheid mangelhaft und unrichtig.

Ich stelle daher den

Antrag

den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und der belangten Behörde zur neuerlichen Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie Feststellung zu übergeben.“

Der Beschwerde wurden keine medizinischen Unterlagen beigelegt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 09.12.2020 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 18.08.2020 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

?        Zöliakie; striktes Diäterfordernis

?        Atopisches Ekzem; allergische Disposition mitberücksichtigt

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 20 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 14.09.2020, ergänzt durch die Stellungnahme vom 16.10.2020, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Antragstellung, an denen kein Grund zum Zweifeln besteht.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.09.2020, ergänzt durch deren Stellungnahme vom 16.10.2020.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 14.09.2020 und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem oben wiedergegebenen Vorbringen zunächst gegen die von der medizinischen Sachverständigen vorgenommene Einstufung des führenden Leidens 1 (Zöliakie) unter der Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Stoffwechselstörungen leichten Grades; 10 – 40 %“), eingeschätzt mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei eine Einstufung unter dem Regelungskomplex 07.04 („Magen und Darm“) der Anlage zur Einschätzungsverordnung, konkret unter der Positionsnummer 07.04.05, rechtsrichtig. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass „von der Bundesregierung mit der Änderung der Einschätzungsverordnung zu BGBl. II Ausgegeben am 13.07.2012 - Nr. 251., Punkt 07.04.05 auf Seite 4, festgehalten worden“ sei, dass bei einer chronischen Darmstörung mittleren Grades mit chronischer Schleimhautveränderung - welche aufgrund des von ihm vorgelegten Befund des Dr. B. vom 12.2.2020 zweifelsfrei vorliege - der Grad der Behinderung 30-40% v.H. betragen würde.

Soweit der Beschwerdeführer eine Einstufung unter der Positionsnummer 07.04.05 („Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen“) fordert und diesbezüglich auf die Novelle der Anlage zur Einschätzungsverordnung durch BGBl I Nr. 251/2012 verweist, übersieht er aber – wie u.a. auch bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.01.2017, GZ.: I403 2109104-1/15E, unter Bezugnahme u.a. auf ein Schreiben des Sozialministeriums vom 20.06.2014 an die Arbeitsgemeinschaft Zöliakie ausgeführt wurde -, dass genau mit dieser Novelle die Zuordnung von Stoffwechselstörungen wie der Zöliakie unter den Positionsnummern 09.03 neu vorgesehen wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Regelungskomplex der Positionsnummern 07.04.04, 07.04.05 und 07.04.06 in der Stammfassung der Anlage zur Einschätzungsverordnung noch die ausdrücklichen Tatbestandselemente wie u.a. nachweisliche Glutenunverträglichkeit und eine diagnostisch gesicherte Zöliakie beinhaltete, wohingegen diese Tatbestandselemente mit der Novelle der Anlage zur Einschätzungsverordnung durch BGBl. I Nr. 251/2012 in diesen Positionsnummern zur Gänze entfallen sind.

Der entsprechende Verweis des Beschwerdeführers auf die Positionsnummer 07.04.05 geht daher ins Leere und ist die beigezogene medizinische Sachverständigen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu Recht davon ausgegangen, dass die Zöliakie nach den Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung zur Gruppe der Stoffwechselerkrankungen zu zählen und somit unter den Regelungskomplex 09.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu subsumieren ist, zumal Patienten mit Zöliakie in aller Regel auf die glutenfreie Diät ansprechen und sich die Darmschleimhaut unter Diät normalisiert, was im Ergebnis auch vom Beschwerdeführer selbst bestätigt wurde, gab er doch im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 14.09.2020 selbst an, unter strikter Diät weitgehend beschwerdefrei zu sein (wenngleich er dies im Rahmen seiner mit 28.09.2020 datierten Stellungnahme in der Folge insofern relativierte, als er im Rahmen dieser Stellungnahme nunmehr abweichend von seinen ursprünglichen Angaben vorbrachte, durch die strikte Einhaltung der glutenfreien Diät gehe es ihm zwar besser als zuvor, jedoch seien die Beschwerden nicht weg).

Positionsnummer 09.03 samt Überschrift sowie die Positionsnummern 09.03.01 bis 09.03.04 lauten (seit der Novelle der Anlage zur Einschätzungsverordnung durch BGBl. I Nr. 251/2012):

„09.03 Stoffwechselstörung

Stoffwechselstörungen sind angeborene oder genetisch bedingte Störungen der Stoffwechselvorgänge, die ab Geburt objektivierbar sind oder zu einem späteren Zeitpunkt manifest werden.

Der grundsätzlich pathogene Mechanismus ist ein Enzymdefekt, der zu einer krankhaften Anhäufung des entsprechenden Substrates oder zu einem Mangel an Stoffwechselprodukten führt und in weiterer Folge klinische Symptome verursacht. Eine Anhäufung von Substraten kann zu Intoxikationen, Enzyminhibition, Akkumulation oder Aktivierung alternativer Stoffwechselwege führen. Der Mangel führt zu Stoffwechseldefiziten.

Stoffwechselstörungen sind komplexe, selten auftretende Erkrankungen, die der Diagnostik und Therapie einer Fachabteilung bedürfen. Die Schwere der Erkrankung und damit die Höhe des Grades der Behinderung werden durch die bestehenden Funktionseinschränkungen sowie der erforderlichen Therapien bestimmt.

09.03.01 Stoffwechselstörungen leichten Grades 10 – 40 %

Wenn therapeutische Maßnahmen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen gewährleisten. Je umfassender die Therapiemaßnahmen desto höher die Einschätzung.

10 – 20%: Ausschließlich diätetische Maßnahmen ermöglichen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Die Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich. Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.

30 – 40%: Zusätzliche therapeutische Maßnahmen sind notwendig, um die Körperfunktionen aufrecht zu halten. Die Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich. Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.

09.03.02 Stoffwechselstörungen leichten Grades bis zum vollendeten 18. Lebensjahr 50 %

Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist eine strikte Diäteinhaltung und/oder eine strikte Einhaltung ergänzender therapeutischer Maßnahmen besonders wichtig, um Spätfolgen, rapide Verschlimmerung während der besonders vulnerablen Phase der Entwicklung zu vermeiden. Stoffwechselentgleisungen äußern sich oftmals rasch und ohne Vorankündigung, sodass eine engmaschige Überwachung erforderlich ist.

09.03.03 Stoffwechselstörungen mittleren Grades 50 – 70 %

Diätetische und regelmäßige therapeutische Maßnahmen sind notwendig. Die Erkrankung ist auf hohem Niveau stabil. Arbeitsleben ist eingeschränkt auf mäßig anspruchsvolle und/oder mittelschwere Tätigkeiten. Alltagsbewältigung ist selbständig möglich. Freizeitgestaltung eingeschränkt.

09.03.04 Stoffwechselstörungen schweren Grades 80 – 100 %

Diätetische und regelmäßige therapeutische Maßnahmen sind notwendig. Die Erkrankungsintensität liegt auf hohem bis höchstem Niveau. Das Arbeitsleben ist stark eingeschränkt, gehäufte Krankenstände, notwendige Unterstützung am Arbeitsplatz. Hilfestellung bei der Alltagsbewältigung. Lebensqualität und Freizeitverhalten deutlich eingeschränkt.“

Eine relevante Einschränkung des Arbeitslebens wurde vom Beschwerdeführer nicht ausreichend konkret und substantiiert vorgebracht und belegt. Der Beschwerdeführer ist darüber hinaus volljährig, so dass nur eine Zuordnung zur Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung in Frage kommt. Stoffwechselstörungen leichten Grades sind mit 10% –40 % zu bewerten, abhängig davon, ob über die glutenfreie Diät hinaus noch weitere therapeutische Maßnahmen notwendig sind. Das Erfordernis noch weiterer therapeutischer Maßnahmen wurde aber vom Beschwerdeführer weder ausreichend konkret vorgebracht noch befundmäßig belegt und ist daher nicht objektiviert.

Der von der medizinischen Sachverständigen in Bezug auf das führende Leiden 1 festgestellte (Einzel)Grad der Behinderung von 20% kann daher ebenso wie die Zuordnung zur Positionsnummer 09.03.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung nachvollzogen werden.

Was die Einstufung des Leidens 2 („Atopisches Ekzem; allergische Disposition mitberücksichtigt“) unter der Positionsnummer 01.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung betrifft, so kann auch diese nicht als rechtsunrichtig erkannt werden.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 28.09.2020 und in der Beschwerde in Bezug auf das Leiden 2 die Auswirkungen der bei ihm vorliegenden Hauterkrankung näher beschreibt, so ist er darauf hinzuweisen, dass die von ihm subjektiv beschriebenen Leidenszustände auf Grundlage der von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen und der persönlichen Untersuchung durch die beigezogene medizinische Sachverständige nicht in dem von der Beschwerdeführerin beschriebenen Ausmaß und in der von ihm beschriebenen Intensität objektiviert werden konnten, zumal er in der Beschwerde selbst ausführt, insbesondere an den Fingerkuppen, Fingerinnenseiten, Fingerrücken, Kniekehlen und Ellenbeugen liege eine starke Beeinträchtigung in seinem Alltag vor, welche nur durch entsprechende Pflege und Therapie in Form von Salben, Diäten abgeflacht werden könne, wodurch der Beschwerdeführer aber – was im Übrigen auch durch die von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen aufgezeigt wird - selbst dartut, dass in seinem Fall ein weitgehend begrenzter Verlauf vorliegt und eine therapeutische Beherrschbarkeit im Sinne der Positionsnummer 01.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung gegeben ist. Diesbezüglich wurde auch von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen in deren ergänzender Stellungnahme vom 16.10.2020 darauf hingewiesen, dass die Hautproblematik zum Begutachtungszeitpunkt (bei scheinbar sehr guter Patientencompliance die Pflege betreffend) klinisch nur minimal vorhanden und daher nicht höher zu bewerten war sowie dass neue Befunde nicht vorlägen.

Auch die Feststellung der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, dass der führende Grad der Behinderung unter der Position 1 durch Leiden 2 nicht erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt, ist nicht zu beanstanden; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird daher keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret dargetan und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich; diese Beschwerdeausführungen vermögen keine Änderungen der Einschätzung zu bewirken. Der Beschwerde wurden auch keine medizinischen Unterlagen und damit auch keine medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Aufgrund der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen konnte aktuell kein höherer Grad der Behinderung als 20 v.H. objektiviert werden.

Der Beschwerdeführer ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens der beigezogenen Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.09.2020, ergänzt durch deren Stellungnahme vom 16.10.2020. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“

§ 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), StF: BGBl. II Nr. 261/2010, lautet in der geltenden Fassung:

„Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.“

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten der dem Verfahren beigezogenen Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.09.2020, ergänzt durch deren Stellungnahme vom 16.10.2020, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 20 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 14.09.2020 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht. Eine maßgebliche Verschlechterung des Gesamtbildes im Sinne einer besonders nachteiligen Auswirkung des festgestellte Leidens 2 auf das führende Leiden 1 konnte nicht objektiviert werden. Leiden 2 ist für eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung im Sinne des § 3 Abs. 2 letzter Satz der Einschätzungsverordnung von zu geringer funktioneller Relevanz und ist daher mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. für die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung außer Betracht zu lassen.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu belegen. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen, zumal in der Beschwerde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W207.2237562.1.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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