TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/11 W171 2238767-2

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Veröffentlicht am 11.05.2021
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Entscheidungsdatum

11.05.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


W171 2238767-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA im am 07.05.2021 amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (infolge: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am 25.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (infolge auch BFA) vom 21.04.2017 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Dagegen erhob der BF am 08.05.2017 fristgerecht Beschwerde.

Am 01.10.2017 wurde der BF festgenommen und mit Beschluss eines Landesgerichts vom 04.10.2017 über ihn wegen des Verbrechens der schweren Nötigung sowie der Vergehen der Körperverletzung, der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und der gefährlichen Drohung Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil des Landesgerichts vom 16.04.2018 wurde der BF wegen der Verbrechen der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB), der schweren Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und 3 StGB) sowie der Verleumdung (§ 297 Abs. 1 2. Fall StGB) und der Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 und 2 StGB) sowie der Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1 StGB) unter Anwendung des § 19 JGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.) und gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG festgestellt, dass er sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab 04.10.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 05.04.2019 fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.05.2019, wurde der Beschwerde des BF vom 18.03.2019 hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. stattgegeben (Spruchpunkt A.I.) und der angefochtene Bescheid behoben, die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. hingegen als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A.II.).

Begründend führte das BVwG aus, dass eine Zuständigkeit des BFA, während eines offenen Beschwerdeverfahrens die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung „besonderer Schutz“ sowie für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung neuerlich zu prüfen, nicht gegeben und der Bescheid daher entsprechend zu beheben sei. Hinsichtlich Spruchpunkt VI. sei dem BFA vor dem Hintergrund der strafbaren Handlungen des BF und der gegen ihn erhobenen Anklage allerdings nicht entgegenzutreten.

Mit weiterem Erkenntnis vom selben Tag, wies das BVwG die Beschwerde des BF vom 08.05.2017 hingegen vollinhaltlich mit der Maßgabe ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Haftentlassung betrage. Dieses Erkenntnis wurde dem BF im Wege seiner Vertretung mittels ERV am 27.05.2019 um 11:56 Uhr nachweislich zugestellt. Es wurden gegen diese Entscheidung keine Rechtmittel bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erhoben.

Mit weiterem Bescheid des BFA vom 28.11.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen ihn erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte der BF hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor, dass er im Falle des Vollzugs der bekämpften Entscheidung von der Verletzung absoluter Menschenrechte betroffen sei und das dagegen eingebrachte Rechtsmittel daher effektiv und somit aufschiebend sein müsse.

Mit Schreiben vom 30.12.2019 ersuchte das BVwG die Justizanstalt um Mitteilung des nächstmöglichen Entlassungstermins des BF und gab diese mit E-Mail vom 02.01.2020 bekannt, dass die Termine für die bedingte Entlassung bereits abgelehnt worden seien, weshalb das Strafende am 15.03.2021 sei.

Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.02.2020 wies das BVwG die Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV – betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung – als unbegründet ab. Dieses Teilerkenntnis wurde dem BF im Wege seiner Vertretung mittels ERV am 25.02.2020 um 15:13 nachweislich zugestellt. Gegen dieses Teilerkenntnis wurden keine Rechtsmittel bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erhoben, der Spruchpunkt IV des gegenständlichen Bescheid erwuchs somit in Rechtskraft.

Der BF wurde mit Beschluss eines OLG vom 15.12.2020 mit 15.01.2021 bedingt, unter Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen und wird seitdem in Schubhaft angehalten.

Am 12.01.2021 wurde der BF im Stande der Strafhaft bezüglich der Anordnung der Schubhaft vom Bundesamt einvernommen.

Mit Bescheid vom 13.01.2021, wurde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen des Bescheides nach der Entlassung des BF eintreten. Begründet wurde die Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, seiner mangelnden Vertrauenswürdigkeit aufgrund der von ihm begangenen Strafrechtsdelikte, sowie der weitgehend fehlenden sozialen Verankerung und Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet Der BF stelle aufgrund von schwerwiegender Gewaltstraftaten, zu denen er nicht einsichtig ist, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die Schubhaft sei insbesondere aufgrund des strafrechtlichen Fehlverhaltens des BF verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe zugestellt. Der BF verweigerte die Annahme und die Unterschrift bei der Übernahme.

Am 15.01.2021 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen und mittels Festnahmeauftrag in ein PAZ eingeliefert.

Am 19.01.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft ein. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF am 25.11.2015 einen Asylantrag gestellt habe und dieser erstbehördlich abgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid sei binnen offener Frist Beschwerde eingebracht worden. Der BF sei straffällig geworden und zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt worden, die jedoch durch das OLG auf 3 Jahre 5 Monate und 14 Tage herabgesetzt worden sei. Mit Bescheid des BFA vom 28.11.2019 sei ein Aufenthaltstitel nicht erteilt worden und ein unbefristetes Einreiseverbort verhängt worden. Gegen diese Entscheidung sei ein Rechtsmittel eingebracht worden, das BVwG habe am 13.08.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Eine Entscheidung sei bis dato jedoch nicht ergangen, deshalb sei der BF nicht zur Ausreise verpflichtet. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes sei nicht eingehalten worden. Des Weiteren liege keine erhebliche Fluchtgefahr vor und die Schubhaft sei daher unverhältnismäßig. Aus der Tatsache, dass der BF bei seinem Bruder Unterkunft nehmen könne, lasse sich keine erhebliche Fluchtgefahr ableiten. Allenfalls könne mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden.

Beantragt werde daher eine mündliche Verhandlung durchzuführen, festzustellen, dass Anordnung der Schubhaft rechtswidrig erfolgt sei und die Gründe für eine weitere Anhaltung nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 22.01.2021 wurde die Beschwerde abgewiesen und die Fortsetzung der Schubhaft für zulässig erklärt.

Am 23.01.2021 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Um eine ordentliche Verfahrensführung sicherzustellen, musste die geplante Charterabschiebung für Februar ausgesetzt werden. Daher wurde dem BF am 26.01.2021 mittels Verfahrensanordnung mitgeteilt, dass beabsichtigt sei den Folgeantrag zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz mittels mündlichem Bescheid aufzuheben.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.02.2021 wurde eine Beschwerde gegen die BFA-Entscheidung (Rückkehrentscheidung iVm Einreisverbot) als unbegründet abgewiesen.

Am 07.05.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz aufgrund des Asylfolgeantrages vom 23.01.2021 gemäß § 12a Absatz 2 AsylG. aufgehoben.

Am 07.05.2021 legte das BFA den Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer über die gesetzliche Dauer von vier Monaten dauernden Schubhaftfortführung vor. Mit gleichzeitig überreichter Stellungnahme wurde näher ausgeführt, dass im vorliegenden Fall weiterhin die im Bescheid vom 13.01.2021 angeführten Gründe für die Annahme von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der Schubhaft vorlägen und weiterhin Haftfähigkeit des BF bestehe. Ein Heimreisezertifikat sei bereits vorhanden und sei eine baldige Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat möglich. Der BF sei bisher in Österreich für die Behörde nicht immer greifbar und straffällig gewesen und bestehe bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung für seine Person. Er sei nicht rückkehrwillig und habe keine ausreichenden Barmittel zur Verfügung.

Mit Schreiben des Gerichts vom 10.05.2021 wurde dem BF das Vorlageschreiben des BFA vom 07.05.2021 zur allfälligen Stellungnahme binnen kurzer Frist übermittelt. Eine Stellungnahme des BF hiezu erfolgte jedoch nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, seine Identität steht fest. Der BF ist Asylwerber. Der faktische Abschiebeschutz seines Folgeantrages wurde jedoch mit Bescheid vom 07.05.2021 aufgehoben.

2. Gegen den BF besteht eine seit 27.05.2019 rechtskräftige Rückkehrentscheidung betreffend seinem Herkunftsstaat Afghanistan. Gegen den BF wurde erstbehördlich eine weitere Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem unbefristeten Einreiseverbot erlassen und der Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.02.2020 wies das BVwG die Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV – betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung – als unbegründet ab. Diese Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar.

3. Mit Urteil des Landesgerichts vom 16.04.2018 wurde der BF wegen der Verbrechen der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB), der schweren Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und 3 StGB) sowie der Verleumdung (§ 297 Abs. 1 2. Fall StGB) und der Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 und 2 StGB) sowie der Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1 StGB) unter Anwendung des § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, fünf Monaten und 15 Tage verurteilt.

Der BF wurde am 15.01.2021 bedingt, unter Anordnung der Bewährungshilfe mit Beschluss vom 15.12.2020 des OLG aus der Strafhaft entlassen und wird seitdem in Schubhaft angehalten.

Der BF ist in besonderem Ausmaß vertrauensunwürdig. Die Überwachung der Ausreise des BF ist aus Gründen der Aufrechterhaltung der Öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dringend geboten.

4. Der BF ist in Österreich weder beruflich noch substanziell sozial im Bundesgebiet verankert. Sein Bruder und dessen Familie leben im Bundesgebiet. Es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Der BF verfügte zuletzt über keine behördliche Meldung außerhalb von Justizanstalten. Er befand sich vor der Anordnung in Schubhaft mehr als drei Jahre lang in Haft. Er verfügt über kein schützenswertes Privatleben in Österreich. Der BF könnte im Falle seiner Entlassung bei seinem Bruder Unterkunft nehmen. Die Möglichkeit Unterkunftnahme würde den BF nicht am Untertauchen hindern.

5. Der BF ist gesund und haftfähig.

6. Für den BF liegt ein gültiges Heimreisezertifikat (HRZ) vor, seine Abschiebung ist ehebaldigst – mit dem nächstmöglichen Charterflug nach Afghanistan geplant – und realistisch jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Anhaltedauer möglich. Es liegen keine Abschiebehindernisse vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. XXXX (aktuelle Schubhaft) sowie den weiteren Verwaltungsakten und Gerichtsakten XXXX , XXXX , sowie von rezenten Abfragen von IZR, SA, ZMR und der Anhaltdatei.

1. Die Staatsangehörigkeit und Identität des BF stehen aufgrund der Kopie des im Akt einliegenden HRZ fest.

2. Dass gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht ergibt sich aus dem Teilerkenntnis des BVwG XXXX vom 25.02.2020.

Mit Erkenntnis, Zl. XXXX , wies das BVwG die Beschwerde des BF vom 08.05.2017 vollinhaltlich mit der Maßgabe ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Haftentlassung betrage. Dieses Erkenntnis wurde dem BF im Wege seiner Vertretung mittels ERV am 27.05.2019 um 11:56 Uhr nachweislich zugestellt.

3. Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus der Kopie des Urteils des Strafgerichts. Der BF wurde sowohl wegen mehrerer Verbrechen als auch wegen mehrere Vergehen rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ist aus dem Umstand, dass sich der BF auch im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 13.08.2020 nicht tateinsichtig zu den von ihm begangenen Straftaten zeigte und er überdies ausführte, dass seine Ex-Frau bereits frühere Ehemänner ähnlicher Straftaten beschuldigt habe abzuleiten, dass der BF aus seinem bisherigen Verhalten nichts gelernt hat. Auch scheute der BF nicht davor zurück tatsachenwidrig zu behaupten, dass die Verletzungen seiner ehemaligen Lebensgefährtin von deren Bruder verursacht worden seien. Daraus ist zu erkennen, dass der BF nicht gewillt ist, die Illegalität seines Handelns einzusehen. Insbesondere aufgrund dieses Vorverhaltens ist der BF in einem besonderen Ausmaß vertrauensunwürdig. Dies wird zusätzlich durch den Umstand verstärkt, dass der BF sich nicht kooperationsbereit und ausreisewillig zeigte und sowohl die Übernahme des Schubhaftbescheides, als auch die Unterfertigung der Zustellbestätigung verweigerte. Des Weiteren ist die Überwachung der Ausreise des BF aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – wie bereits mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.02.2020, XXXX festgestellt - notwendig. Eine Kopie des Beschlusses eines OLG vom 15.12.2020 über die bedingte Entlassung liegt dem Akt ein, aus der Anhaltedatei ergibt sich der Zeitpunkt in Anhaltung in Schubhaft. Die Verweigerung der Übernahme des gegenständlichen Bescheids und der Unterfertigung der Übernahmebestätigung ergibt sich aus der im Akt einliegenden Übernahmebestätigung.

4. Das Fehlen von beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage und es wurde dieser Feststellung im vorangegangenen Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Gegenwärtig verfügt der Beschwerdeführer über Barmittel in Höhe von rund 80 Euro, die noch übrig sind. Die Feststellungen bezüglich der Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister. Die Feststellung, dass der BF im Falle seiner Enthaftung bei seinem Bruder Unterkunft nehmen kann, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen und seiner Einvernahme vor Anordnung der Schubhaft. Aus dem Umstand, dass sich der BF mehr als drei Jahre durchgehend in Haft und anschließend in Schubhaft befunden hat ergibt sich, dass die sozialen Anknüpfungspunkte zu seinem Bruder und dessen Familie auf Besuche in Haftanstalten und Telefonate beschränkt waren und sich dadurch jedenfalls keine ausreichende Verankerung im Bundesgebiet ergibt, die den BF vom Untertauchen abhalten würden. Aufgrund der festgestellten fehlenden Vertrauenswürdigkeit des BF, der neben seiner strafrechtlichen Verurteilungen wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und schwerer Nötigung – auch wegen Verleumdung verurteilt wurde, sich im Zuge der Einvernahme nicht ausreisewillig zeigte und sowohl die Übernahme des Schubhaftbescheides als auch die Unterfertigung des Zustellnachweises verweigerte - gelangt das Gericht zur Überzeugung, dass der BF in Freiheit belassen seine zeitnah bevorstehende Abschiebung durch Untertauchen verhindern würde.

5. Gesundheitliche Probleme des BF wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Auch führt der BF im Zuge seiner Einvernahme am 12.01.2021 ausdrücklich an, dass er gesund sei.

6. Die Kopie des HRZ liegt im Akt ein. Charterabschiebung sind regelmäßig seit Februar 2021 geplant. Mit einer Abschiebung des BF ist somit zeitnahe zu rechnen.

2. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A)

2.1. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

2.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft:

Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde nach Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Die belangte Behörde begründete im Schubhaftbescheid die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der mangelnden Vertrauenswürdigkeit des BF aufgrund der von ihm begangenen Strafrechtsdelikte sowie der weitgehend fehlenden sozialen Verankerung und beruflichen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei auf die Ziffern 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG, begründete diese im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar und verwies auf die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Eine Änderung dieser Sachlage hat das laufende Schubhaftprüfungsverfahren nicht ergeben.

Eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan kann nach derzeitiger gerichtlicher Einschätzung aufgrund von bereits geplanten Charterrückführungen zeitnah erfolgen. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft bis zur nächsten Charterabschiebemöglichkeit ist nicht unverhältnismäßig, zumal eine Abschiebung nach der Information im Rahmen der Stellungnahme zum Vorlageverfahren vom 07.05.2021 bereits Mitte des laufenden Monats möglich wäre. Hinzu kommt, dass für den BF bereits ein HRZ ausgestellt ist. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffer 9 wie dargelegt weiterhin gegeben. Gegenüber dem BF besteht nach wie vor eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach Ziffer 3. Vor dem Hintergrund der Schwere der vom BF begangenen Straftaten sowie seiner mangelnden Einsichtsfähigkeit und dem großen öffentlichen Interesse insbesondere an der Verhinderung von Vergewaltigungen, ist die gesicherte baldige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten.

In Zusammenschau mit den obigen ausführlichen beweiswürdigenden Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine zur Schubhaftanordnung hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer durchsetzbaren Außerlandesbringung und sohin eine Verhältnismäßigkeit der Haft zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anordnung des gelinderen Mittels nicht ausreichend wäre, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Dies insbesondere aufgrund der fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers, der neben seiner Verurteilung wegen Vergewaltigung auch anderer Personen tatsachenwidrig beschuldigte und so der Strafverfolgung aussetzte. Damit liegt auch die geforderte „ultima-ratio-Situation“ für die Anordnung/Fortsetzung der Schubhaft vor. Die Anhaltung erweist sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt – trotz der Wohnmöglichkeit bei seinem Bruder – unter Berücksichtigung der Schwere der vom BF begangenen Straftaten gemäß § 76 Abs. 2a FPG als weiterhin verhältnismäßig.

Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass diese zeitnahe aufgrund des gültigen HRZ und der regelmäßig organisierten Charterabschiebungen durchgeführt werden kann. Der BF befindet sich erst seit vier Monaten in Schubhaft und ist für Mitte Mai 2021 die nächste Möglichkeit zur Charterabschiebung vorgesehen.

Für die Annahme einer (zukünftigen) unverhältnismäßig langen Anhaltung gibt es daher keinen Anhaltspunkt. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann aufgrund der fehlenden Vertrauenswürdigkeit des BF weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem BF ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

An der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers – der zuletzt mehr als 3 Jahre in Untersuchungs- und Strafhaft verbrachte – bestehen keine Zweifel.

Es ist daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2238767.2.00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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