TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/8 I412 2126229-1

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Veröffentlicht am 08.06.2021
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Entscheidungsdatum

08.06.2021

Norm

ASVG §410
ASVG §42 Abs3
B-VG Art133 Abs4

Spruch


I412 2126229-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Obermoser Wirtschaftstreuhand GmbH gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse Landesstelle Tirol (ÖGK-T) vom 17.02.2016, Zl. 2016-18-GPLA-SV-JHa_B-012 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass der Spruch zu lauten hat:

Die XXXX mit Sitz in XXXX , XXXX , ist als Dienstgeberin verpflichtet, nachverrechnete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 3.254.405,39 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in Höhe von € 1.089.212,51, sohin einen Gesamtbetrag von € 4.343.617,90 an die Österreichische Gesundheitskasse binnen vier Wochen zu entrichten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Bescheid vom 17.02.2016, Zl. 2016-18-GPLA-SV-JHa-B-012, verpflichtete die damalige Tiroler Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse – Landesstelle Tirol, im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet) die XXXX (im Folgenden als Beschwerdeführerin bezeichnet), den Betrag in Höhe von
€ 4.866.317,28 binnen vier Wochen an die belangte Behörde zu bezahlen (Spruchpunkt 1.). Mit Spruchpunkt 2. wurde die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid ergehenden Beschwerde ausgeschlossen.

2.       Gegen diesen Bescheid wurde zulässig und rechtzeitig mit Schriftsatz vom 15.03.2016 Beschwerde erhoben, die sich gegen beide Spruchpunkte richtete.

3.       Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.03.2016 wurde Spruchpunkt 2. (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) ersatzlos behoben.

4.        Mit Vorlage der Beschwerde unter Anschluss des Aktes wurde von der belangten Behörde eine ergänzende Stellungnahme (Schriftsatz vom 17.05.2016) übermittelt.

5.       Dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Schreiben vom 18.12.2019 zur Kenntnis gebracht, dass mittlerweile Urteile des Landesgerichtes Innsbruck vom 09.05.2019, GZ XXXX , betreffend die Beschwerdeführerin bzw. deren Geschäftsführer vorliegen.

6.       Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.02.2020 wurde der Beschwerdeführerin Parteiengehör gewährt und erstattete diese in einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.06.2020, nach einer Urgenz und darauffolgender Fristerstreckung, weiteres Vorbringen insbesondere im Zusammenhang mit der Nachverrechnung der Kilometergelder sowie der vorgenommenen Schätzung der Anspruchslöhne der Fahrer (Inlands- und internationaler Verkehr). Von der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass im Rahmen einer mündlichen Verhandlung auf den Sachverhalt bezogen (ausschließlich) die Feststellung der Anspruchslöhne für alle Fahrer für die Jahre 2008 – 2013 auf Grundlage der DDD-Daten abzuklären sei.

7. Mit Schreiben vom 27.08.2020 wurde ein Antrag auf Entscheidung im Senat von der Beschwerdeführerin zurückgezogen.
8. Am 15.10.2020 wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht durchgeführt, an der ein Vertreter der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen haben und in welcher der Prüfer der belangten Behörde als Zeuge einvernommen wurde.

9. Mit Schreiben vom 27.10.2020 wurde von der belangten Behörde eine weitere Stellungnahme, insbesondere zur Aufschlüsselung des Haftungsbetrages, erstattet, auf die von der Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 11.11.2020 weiteres Vorbringen erfolgte.

10. Am 05.03.2021 wurde von der Beschwerdeführerin ein Urteil des Bundesfinanzgerichtes übermittelt; auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte Neuberechnungen des Haftungsbetrages wurden von der belangten Behörde mit Schreiben vom 19.04.2021 („Kilometergelder“) sowie vom 27.04.2021 (Verzugszinsen) übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Vorgeschichte/Durchführung der GPLA - Prüfung

Hinsichtlich der Vorgeschichte zur bei der Beschwerdeführerin durchgeführten GPLA – Prüfung wird der von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid dargestellte Sachverhalt (auf das Wesentliche zusammengefasst) wie folgt festgestellt:

Von der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer nach einer Verständigung über die Durchführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) und der Verständigung, die entsprechenden Unterlagen beizubringen, am 07.09.2013 der Prüfauftrag ausgehändigt. Dem ausdrücklichen Wunsch der Firma, die Prüfung im Jahr 2014 aufgrund einer stattfindenden Betriebsprüfung und der Erstellung des Jahresabschlusses fortzusetzen, wurde entsprochen. Die Prüfung wurde am 07.07.2014 von der belangten Behörde fortgesetzt.

Die Beschwerdeführerin wurde – abgesehen vom Verständigungsschreiben bzw. mündlichen Einforderungen – am 27.11.2014 mittels Mail nachweislich aufgefordert, entsprechende DDD-Daten (= Format für die Auswertung der elektronischen Fahrerkarten; konkret die M-Dateien (= Fahrzeugeinheitsdateien); C-Dateien (=Fahrerkartendateien) wurden vorgelegt) für die Jahre 2008 – 2013 und Arbeitszeitaufzeichnungen der Angestellten beizubringen.

Nachdem über Monate trotz mehrmaliger telefonischer Urgenzen keine Unterlagen beigebracht wurden, wurde am 23.02.2015 eine Besprechung mit Vertretern der Firma bei deren Steuerberater abgehalten.

Im Rahmen dieser Besprechung wurden die noch beizubringenden Unterlagen genau determiniert und wurde vereinbart, dass seitens der Prüfer ein neuerliches E-Mail verfasst werden soll, in dem alle beizubringenden Unterlagen abermals aufgelistet werden. Darüber hinaus wurde klargestellt, dass, wenn es dem Dienstgeber aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein sollte, gewisse Unterlagen binnen 14 Tagen beizubringen bzw. auch nur teilweise beizubringen, er dies schriftlich bekanntzugeben bzw. zu begründen hat. Mittels E-Mail wurde daher die Firma XXXX bzw. deren Vertreter am 23.02.2015 nachweislich aufgefordert, die entsprechenden Unterlagen binnen zwei Wochen beizubringen.

(…)

Im Zuge einer daraufhin abgehaltenen Besprechung mit dem Steuerberater wurde erklärt, dass der Großteil der Unterlagen nach über einem Monat noch immer nicht übermittelt worden ist und im Hinblick auf den Sachverhalt KFZ – Sachbezüge noch überhaupt nichts übermittelt wurde. Es wurde übereingekommen, dass der Prüfer S. ein neuerliches Aufforderungsmail hinsichtlich der Beibringung von Unterlagen an einen bekannt gegebenen Mitarbeiter der Steuerberatungskanzlei senden wird. Dies geschah sodann am 23.03.2015. auch wurden die an Frau XXXX übermittelten E-mails vom 23.02.2015 und 25.02.2015 an den Sachbearbeiter von Herrn XXXX weitergeleitet und in „CC“ auch Frau XXXX abermals zur Kenntnis gebracht.

Daraufhin teilte Herr XXXX sen. per E-Mail 25.03.2015 mit, dass man auf Informationen und Unterlagen vom Ausland angewiesen sie, die Buchhaltung derzeit mit der Fertigstellung des Jahresabschlusses beschäftigt sei, aufgrund des in Deutschland nunmehr gültigen Mindestlohngesetzes ein erheblicher Mehraufwand entstanden sei und an zwei Projekten zusätzlich gearbeitet werde. Unterlagen wurden keine mitübermittelt. In weiterer Folge wurden von Seiten der Firma zwar einige Unterlagen vorgelegt, jedoch waren diese in Hinblick auf den Sachverhalt „KFZ-Sachbezüge“ sehr spärlich.

(…)

Am 09.04.2014 fand ein neuerliches Treffen bei der Steuerberatungskanzlei statt, bei welchem XXXX sen., STB XXXX und die beiden Prüforgane anwesend waren. Im Rahmen dieser Besprechung wurde eine Liste über die Verwendung der von der Autofirma XXXX , Hall, angekauften Fahrzeuge übergeben. In dieser wurde keinem Dienstnehmer ein KZF zugewiesen, sondern nur Familienmitgliedern. Alle anderen KFZ wurden entweder als Poolautos bzw. als Autos für ausländische Niederlassungen ausgewiesen.

Am 18.06.2015 wurde sodann von der Finanzpolizei bei der Fa. XXXX an fünf Standorten eine Hausdurchsuchung durchgeführt und wurden zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt.

Ergänzend wird angeführt, dass die Finanzpolizei über den gesamten Zeitraum der GPLA-Prüfung diverse Ermittlungsschritte gesetzt hat.

(….)

Am 30.06.2015 wurde auf Wunsch des Dienstgebers eine Besprechung in der Tiroler Gebietskrankenkasse abgehalten. (…) Im Rahmen dieser Besprechung wurden alle für die Nachrechnung relevanten und bereits bekannten Themen detailliert vorgetragen. Karl N. sen. räumte lediglich ein, dass bei den KFZ Sachbezügen und den Kilometergeldern nicht alles gänzlich stimmen würde. Es wurde die abermalige Übermittlung einer detailreichen Aufstellung der noch beizubringenden Unterlagen vereinbart und fand diese am 02.07.2015 statt. Zudem wurde ein Termin vereinbart, zu welchem dem Dienstgeber die Berechnungslogik der Nachverrechnungspunkte „Anspruchslohn Fahrer“ und „Kilometergelder“ näher gebracht werden sollten.

Dieser Termin fand am 15.07.2015 (…) statt. Im Zuge dieser Besprechung wurden Herrn N. sen. die oben erwähnten Nachverrechnungspunkte anhand dreier ausgewählter Dienstnehmer erklärt. Auf Verlangen suchte sich Herr N. sen. nach seinem Gutdünken noch zusätzlich einen Dienstnehmer aus. Bei Überprüfung dieses Dienstnehmers stellte sich heraus, dass die Differenz zur getätigten Abrechnung noch größer war als bei den von den Prüfern gewählten Beispielen.

Am 24.08.2015 kündigte XXXX N. sen. per E-Mail an, dass er die Firmen KFZ für die Jahre 2008 – 2009 bereits nachvollziehen habe können. Diesen Teil werde der der TGKK zeitnah zukommen lassen und den Rest Mitte September. Auf Nachfrage langte die Liste über die Privatnutzung der KFZ für die Jahre 2008, 2009 und 2010 per E-Mail am 29.08.2015 bei der belangten Behörde ein. Herr N. sicherte im Zuge dessen abermals die Übermittlung der restlichen Aufstellung über die KFZ für die Jahre 2011 bis 2013 zu. In weiterer Folge wurden im Hinblick auf die Jahre 2011 bis 2013 (es befanden sich über 100 Fahrzeuge im „Betriebsvermögen“) keine weiteren Zuordnungen mehr vorgenommen und auch keine weiteren Listen mehr übermittelt.

Das Ergebnis dieser GPLA wurde bei der Schlussbesprechung am 16.09.2015 besprochen und zur Kenntnis genommen.

Am 28.10.2015 hat die XXXX die Erlassung eines Bescheides betreffend die Beitragsnachverrechnung und den Beitragszuschlag vom 13.10.2015 für den Prüfzeitraum 01.01.2008 – 31.12.2013 beantragt.

Der angefochtene Bescheid über den Beitragszuschlag in Höhe von € 53 721,0 wurde bereits datiert mit 12.10.2015 erlassen und der Beschwerdeführerin zugestellt. Mit diesem Beitragszuschlag wird der im Zuge der Prüfung entstandene Mehraufwand, insbesondere in Bezug auf die Feststellungen hinsichtlich der Fahrzeiten, abgegolten und ist dieser rechtskräftig und vollstreckbar.“

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.02.2016 GZ 2016-18-GPLA-SV-JHa-B-012 wurde die Firma XXXX als Dienstgeberin verpflichtet, den Betrag in Höhe von € 4.866.317,28 binnen vier Wochen nach Zustellung an die Tiroler Gebietskrankenkasse zu bezahlen.

1.2. Zusammensetzung des vorgeschriebenen Haftungsbetrages

Der von der belangten Behörde vorgeschriebene Haftungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:

Nachverrechnung SV-Beiträge und MV-Beiträge

€ 3.608.541,03

Beitragszuschlag

€ 53.721,00

Verzugszinsen gem. § 59 ASVG

€ 1.204.055,25

Gesamt

€ 4.866.317,28


Der mit dem bekämpften Bescheid vorgeschriebene Nachverrechnungsbetrag „SV – Beiträge und MV-Beiträge“ in Höhe von € 3.608.541,03 schlüsselt sich auf wie folgt:

„Kilometergelder“ (sh. Bescheid 1.1.)

€ 809.592,79

Sachbezüge (sh. Bescheid 1.2.)

€ 176.861,48

Anspruchslöhne Fahrer (sh. Bescheid 1.3)

€ 2.431.091,28

Übrige Nachverrechnungspunkte (lt. Bescheid Punkte 1.4. – 1.18)

€ 190.995,48

1.3. Nachverrechnungspunkt Anspruchslöhne Fahrer (nationaler und internationaler Verkehr)

1.3.1. Zum Ablauf und Vorgang der Auswertung wird auf folgende Feststellungen der belangten Behörde verwiesen und zu den Feststellungen erhoben:

Im Zuge der durchgeführten GPLA wurden fehlende Überstunden der Inlandsfahrer und der Fahrer im internationalen Verkehr nach Auswertung der elektronischen Fahrerscheiben nachgerechnet.

Zu Prüfbeginn wurden die DDD-Dateien für den Prüfzeitraum 2008 – 2013 angefordert. Die Fahrerkarten (DDD-Dateien) wurden zu Prüfungsbeginn vom Dienstgeber mittels CD übergeben.

Die Fahrzeugdaten wurden nach mehrmaligen Urgenzen erst Mitte 2015 und auch nur ab dem Jahr 2013, mit der Begründung, dass die Aufbewahrungspflicht nur 2 Jahre betrage, vorgelegt.

Der Prüfer erhielt von der Beschwerdeführerin Personallisten in PDF – Format mit Angaben über Personalnummer, Name, Vers.Nr., letzter Eintritt, letzter Austritt und Kostenstelle des jeweiligen Dienstnehmers (Anlage 3 des bekämpften Bescheides).

Diese PDF – Listen wurden von der Beschwerdeführerin hinsichtlich Kostenstelle der einzelnen Fahrer (z.B. Plane, Kühler, Inlandsfahrer, Container, Springer, Schüttgut, Büro) befüllt (Anlage 4 des bekämpften Bescheides).

Von diesen Listen bzw. aufgrund der Versicherungsverläufe wurden 40 Fahrer, die längere Zeit im Betrieb beschäftigt waren bzw. sind) zufällig ausgewählt, wobei jedoch nur 34 tatsächlich ausgewertet werden konnten. Bei den restlichen fünf Fahrern wurden entweder zu wenig elektronische Tachoscheiben vorgefunden bzw. stimmten bei dem Dienstnehmer Jakob E. die elektronischen Tachoscheiben nicht mit seinen händischen Stundenlisten zusammen (lt. Fahrerkarte wurden weniger Stunden geleistet).

Von diesen 34 Fahrern wurden für die Jahre 2008 – 2013 in Summe 1.397 Monate ausgewertet.

Durchschnittlich waren im Prüfzeitraum ca. 250 Fahrer beschäftigt.

Die Zahl der ausgewerteten Fahrer bedeutet, dass 16% (bzw. bei den tatsächlich herangezogenen Fahrern 13,6%) aller Fahrer überprüft wurden.

Vorgang der Auswertung:

Die im Programm IFAS eingelesenen Fahrerkarten wurden im Programm gesichtet, kontrolliert und gegebenenfalls berichtigt (zB. wenn ein Fahrer am Tagesende fälschlicherweise auf Bereitschaft statt auf Ruhezeit gestellt wurde, erfolgte die Korrektur auf Ruhezeit, wurden Korrekturen durchgeführt, erfolgten diese nur zu Gunsten des Dienstgebers.

Anschließend wurden die kontrollierten Tachoscheiben in ein speziell für die Auswertung geschriebenes Excel-Makro übertragen.

Die Daten in diesen Excel-Tabellen wurden mit den Tachoscheiben noch mal abgeglichen.

Zeiten, in denen keine Bewegung stattgefunden hat (= Stehzeiten), die über 3 Stunden dauerten, wurden auf Ruhezeiten (unbezahlte Pause) im Excel-Makro berichtigt, analog zu den Bestimmungen des anzuwendenden Kollektivvertrages.

Zusätzlich wurde pro Tag automatisch eine Stunde in diesem Excel- Makro abgezogen und als Ruhezeit gewertet.

Exkurs:

Dieses Excel-Makro kennt nur 50%ige Überstunden. Daher wurden alle tatsächlich geleisteten 100%igen Überstunden, wie zB. Arbeitszeiten zwischen 20:00 Uhr und 5:00 Uhr und Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen, korrekterweise von 50%ige auf 100% ige Überstunden abgeändert. Die Feststellung der Urlaubs- und Krankenstände erfolgte auf Grund der vom Dienstgeber übermittelten Urlaubs- und Krankenstandslisten. Die Feiertage wurden gemäß dem Arbeitsruhegesetz (kurz: ARG) festgestellt.

Anschließend wurde der kollektivvertragliche Stundenlohn in das Excel-Makro eingegeben, und daraus der Anspruchslohn pro Monat wie folgt errechnet.:

KV-Stundenlohn x Anzahl der Stunden (wobei die Stundenzahl entsprechend um die Überstundenzuschläge 50% bzw. 100% je nach Wertigkeit der Überstunden, erhöht wurde).

Dieser neu errechnete Anspruchslohn wurde dem abgerechneten Lohn lt. Lohnkonto gegenübergestellt und die daraus resultierenden Differenzen gebildet (Anlage 6).

Die Gründe für die erheblichen Abweichungen der festgestellten Einsatzzeiten zu den abgerechneten Stunden basieren auf folgenden Feststellungen:

Zum einen wurden zu wenig 100%ige Überstunden (für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen und in der Nacht) abgerechnet und zum anderen wurde für Nichtleistungszeiten (Urlaubs-, Feier – und Krankenstandstage) nicht der Durchschnitt der geleisteten Stunden der letzten 13 Wochen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen als Basis verwendet, sondern es wurde überwiegend nur die Normalarbeitszeit (8 Stunden täglich) abgerechnet.

Im Zuge der Prüfung wurde festgestellt, dass für die Ermittlung der monatlichen Gesamtarbeitszeiten ausschließlich die tatsächlichen Fahrzeiten zuzüglich 45min pro Ladezeit (= Zeiten für Be- und Entladen) herangezogen wurden.

Zusammenstellung der Nachverrechnung:

Aufgrund der Personallisten der Firma XXXX wurden die neuen SV-Grundlagen für alle Fahrer wie folgt gebildet:

Die – wie oben beschrieben – ermittelten monatlichen Beitragsgrundlagen wurden für die 34 ausgewählten Fahrer berechnet. Diese Fahrer wurden den jeweiligen Kostenstellen zugeordnet (Plane, Kühler, Inlandsfahrer, Container, Springer, Schüttgut) und wurde daraus folgende Aufstellung erstellt.

Bei den Fahrern im internationalen Verkehr ergaben sich nachstehende prozentuelle Differenzen (abgerundet) zwischen neu ermitteltem Anspruchslohn und abgerechnetem Lohn lt. Lohnabrechnung (aufgeteilt nach Kostenstellen):

Container:   23% Differenz
Kühler, Plane, Springer:          30% Differenz
Schüttgut:           15% Differenz

Die Berechnung dieser Prozentsätze ist in der Anlage 7 ersichtlich.

Obige Prozentsätze wurden wie folgt ermittelt: Für jeden überprüften Fahrer wurde der Kalendermonat in einer Excel-Liste aufgeführt. Auf dieser Liste sind die Namen, die Tätigkeit, das Monat, die Anzahl der festgestellten Arbeitsstunden (aufgewertet mit den Zuschlägen für 50%ige bzw. 100%ige Überstunden), das daraus errechnete, neue monatliche Entgelt durch den Prüfer, der abgerechnete Stundenlohn, das abgerechnete monatliche Entgelt lt. Lohnabrechnung, die ermittelte Differenz zwischen neu berechneter Grundlage und der prozentuelle Anteil der Differenz an der gemeldeten monatlichen Gesamtgrundlage angeführt. Es wurden die Summen je Kostenstelle gebildet und der durchschnittliche Prozentsatz ermittelt (Anlage 8).

Die Berechnung der Inlandsfahrer erfolgte separat, da die Differenz zwischen abgerechnetem Lohn und Anspruchslohn nur 5% betrug. Die Berechnung erfolgte gleich der obigen Erläuterung (Anlage 9).

Es wurde nun bei allen beschäftigten Fahrern – je nach Kostenstellenzugehörigkeit – auf Basis obiger Prozentsätze die Differenz pro Kalenderjahr ermittelt.

Beispiel 2013 Fahrer im internationalen Verkehr:

Die Gesamtentgelte aller Fahrer im internationalen Verkehr des Jahres 2013 wurden summiert, entsprechend ihres Anteiles am internationalen Verkehr und auf die Kostenstellen aufgeteilt (33% für Container, 62% für Kühler, Plane, Springer und 5% für Schüttgut) und mit dem durchschnittlichen Differenzprozentsatz (wie oben erläutert) multipliziert.

Der prozentuelle Anteil der einzelnen Sparten am internationalen Verkehr war wie folgt:

Container:   Anteil am internationalen Verkehr  5% - 33%
Kühler, Plane, Springer:          Anteil am internationalen Verkehr  62% - 90%
Schüttgut:           Anteil am internationalen Verkehr  5%

Die Berechnung dieser Prozentsätze ergibt sich aus Anlage 10.

Die Nachrechnungssumme für alle Fahrer im internationalen Verkehr errechnet sich für dieses Jahr nunmehr wie folgt:

SV-Grundlage 4.946.210,63 x 33% (Anteil Container)   x23%          = 375.417,34
SV-Grundlage 4.946.210,63 x 62% (Anteil Kühler, Plane, Springer)         x30%                   = 919.995,25
SV-Grundlage 4.946.210,63 x 5% (Anteil Schüttgut)            x 15%       = 37.096.59
Summe               = 1.332.509,18

Beispiel 2013 Inlandsfahrer:

Die Gesamtentgelte aller Inlandsfahrer des Jahres 2013 wurden summiert und mit 5% multipliziert. Die Nachrechnungssumme für alle Inlandsfahrer errechnet sich für das Jahr 2013 wie folgt:

Grundlage Inlandsfahrer        1.211.387,15 x 5%
Summe:           = 60.569,36

Daraus ergibt sich für das Jahr 2013 eine Gesamtdifferenz (Inlandsfahrer und Fahrer im internationalen Verkehr) in Höhe von 1.393.078,54 die auf 1.390.000,00 abgerundet wurde.

In der gleichen Weise erfolgte die Nachrechnung für die Jahre 2008 – 2012 (siehe Anlage 11).

Exkurs:

Im Jahr 2013 kam es hinsichtlich der Bewertung der Ruhezeiten zu einer Änderung der kollektivvertraglichen Bestimmungen:

Im Zuge der durchgeführten Prüfung konnten im Jahr 2013 die Ruhezeiten nur auf Basis der Vorjahre berücksichtigt werden, da aufgrund der nicht korrekten Abgrenzung von Arbeitszeit und Ruhezeit entsprechend der neuen kollektivvertraglichen Regelung ab 01.01.2013 eine Nachvollziehbarkeit dieser nicht möglich war. Dies wird dadurch untermauert, dass die durchschnittliche Bereitschaftsdienstzeit bei allen ausgewerteten Fahrern des Jahres 2013 pro Kalendermonat (!) nur 1 Stunde betrug, die durchschnittliche Arbeitszeit pro Kalendermonat (!) nur 12,99 Stunden betrug und die restlichen Zeiten als Fahrzeiten und Ruhezeiten vorlagen. Dieser Sachverhalt konnte auf Grund der vorhandenen Aufzeichnungen der Vorjahre und somit im Vergleich mit diesem keinesfalls als realistisch eingeschätzt werden. Es erfolgte somit die Nachrechnung für 2013 in der gleichen Weise wie für die Jahre zuvor.

1.3.2. Fazit:

Es wurden von der Beschwerdeführerin nicht ausreichend vollständige Unterlagen vorgelegt, die eine exakte Auswertung und Prüfung sämtlicher im verfahrensgegenständlichen Zeitraum beschäftigter Fahrer ermöglicht hätten.

Die belangte Behörde hat zur Schätzung der Anspruchslöhne der Fahrer ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweise erhoben.

Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid sind ausführlich und die Ergebnisse der Schätzung wurden nachvollziehbar begründet.

1.4. Zum Nachrechnungspunkt „Kilometergelder“:

An diverse Beschäftigte wurden „Kilometergelder für Dienstfahrten“ ausbezahlt. Diese Fahrten wurden zum Teil mit dem Firmen – KFZ bzw. mit KFZ der Familie N., welche von der beschwerdeführenden GmbH angekauft worden sind, durchgeführt. Die Dienstnehmer benutzten somit KFZ, welche nicht auf sie zugelassen waren und hatten sie für deren Erhaltung auch keine Aufwendungen zu tragen.

Es gab über die Benutzung der KFZ grundsätzlich nur mündliche Vereinbarungen und wurden die Beträge in der Regel monatlich in bar ausbezahlt.

Es handelte sich bei den „Kilometergeldern“ in der Realität um einen pauschalen fixen monatlichen Entgeltbestandteil.

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 09.05.2019, GZ XXXX wurde XXXX wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit b FinStrG und andere strafbare Handlungen schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe in Höhe von € 600.000,- verurteilt.

Das Landesgericht Innsbruck legte seiner Entscheidung die Annahme zu Grunde, dass die ausbezahlten Beträge Bruttobeträge darstellen.

Daraus resultierend bzw. diesen Sachverhalt zugrunde legend sind Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 455.457,15 nachzuverrechnen.

1.5. Nachverrechnungspunkt Sachbezug:

Von der Dienstgeberin wurden trotz wiederholter Aufforderungen im Hinblick auf die Zuordnung der festgestellten 120 – 130 Firmenfahrzeuge nur eine dementsprechende Liste für die Jahre 2008 – 2010 vorgelegt.

Da hinsichtlich der Nutzung dieser Firmen-KFZ keine Aufzeichnungen über die Verwendung vorgelegt wurden, wie zB. Fahrtenbücher, konnte die ausschließliche dienstliche Nutzung dieser Firmen-KFZ nicht nachgewiesen werden. Dies hatte eine Nachverrechnung der entsprechenden Sachbezüge in Höhe von insgesamt € 176.861,48 zur Folge.

Von der Beschwerdeführerin wurde in der Beschwerde angeführt, diese richte sich auch gegen den Punkt „Sachbezüge“, jedoch wurde zu keinem Zeitpunkt ein weiteres Vorbringen erstattet bzw. eine Begründung vorgelegt.

1.6. Nachverrechnungspunkte 1.4. – 1.18 des bekämpften Bescheiden

In den bezeichneten Unterpunkten wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von
€ 190.995,48 nachverrechnet.

Weder in der Beschwerde noch in den darauffolgenden Stellungnahmen wurde von der Beschwerdeführerin zu diesen Punkten ein konkretes Vorbringen erstattet.

Der Betrag setzt sich zusammen aus Nachverrechnungen, die einzelne Dienstnehmer betreffen, zu denen der Bescheid auch jeweils Begründungen enthält. Von der Beschwerdeführerin wird (in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2020) hiezu lediglich ausgeführt, dass die nachverrechneten Beträge nicht nachvollziehbar seien.

1.7. Beitragszuschlag/Verzugszinsen:

Im bekämpften Bescheid enthalten ist ein Betrag von € 1.257.776,25.

Dieser setzt sich zusammen aus:

Verzugszinsen

€ 1.204.055,25

Beitragszuschlag

€ 53.721,00

Der Beitragszuschlag in Höhe von € 53.721,00 wurde bereits mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 12.10.2015 vorgeschrieben.

Zum Gesamtbetrag in Höhe von € 1.257.776,25 wurde von der Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet.

Die Höhe der Verzugszinsen war entsprechend dem veränderten Haftungsbetrag neu zu berechnen und ergeben sich aus dem nunmehr daraus Verzugszinsen in Höhe von
€ 1.089.212,51.

1.8. Zusammensetzung des (neuen) Haftungsbetrages:

Anspruchslohn Fahrer, Sachbezug, einzelne Dienstnehmer

€ 2.798.948,24

„Kilometergelder“

€ 455.457,15

Sohin gesamt SV-Beiträge, MV-Beiträge

€ 3.254.405,39

neu berechnete Verzugszinsen

€ 1.089.212,51

Sohin gesamt

€ 4.343.617,90

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den umfangreichen – 18 Ordner umfassenden - Akten der belangten Behörde, welche auch die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 16.09.2015 der durchgeführten GPLA – Prüfung sowie den Prüfbericht vom 13.10.2015 enthalten, sowie aus dem bekämpften Bescheid samt den angeführten Anlagen (1-14).

Im Weiteren stützen sich die Feststellungen auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2020 und den ergänzend vorgelegten Dokumenten und Stellungnahmen, insbesondere der Anklageschrift der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 28.11.2018, dem Nachtrag zum Abschlussbericht des Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde vom 26.04.2019, sowie den Urteilen des Landesgerichtes Innsbruck vom 09.05.2019, GZ XXXX sowie dem Urteil des Bundesfinanzgericht vom 15.02.2021, GZ XXXX .

2.2. Betreffend den Nachverrechnungspunkt 1.2. Sachbezüge“ sowie (zunächst) die Nachverrechnungspunkte 1.4. – 1.18 und betreffend die nachverrechneten Verzugszinsen trat die Beschwerdeführerin den Feststellungen der belangten Behörde in der Beschwerde bzw. in den darauffolgenden Stellungnahmen nicht entgegen, weshalb kein vernünftiger Anlass besteht, die Feststellungen und rechtlichen Ergebnissen der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen. Die Neuberechnung der Verzugszinsen erfolgte auf Grund der Neubemessung der Nachverrechnung zum Punkt „Kilometergelder“.

In ihrer Stellungnahme vom 11.11.2020 brachte die Beschwerdeführerin lediglich zur Aufschlüsselung des Haftungsbetrages vor, dass der Differenzbetrag in Höhe von
€ 190.995,48, der die Nachverrechnungspunkte 1.4. – 1.18 umfasst, lediglich betreffend die Punkte 1.4. – 1.7. nachvollziehbar sei. Mit diesem nicht näher substantiierten Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Nachverrechnung aufgezeigt, insbesondere da diese Punkte in der Beschwerde unbestritten blieben und im bekämpften Bescheid auch von der belangten Behörde jeweils eine Begründung (wenn auch betreffend die Höhe der Nachverrechnung unter Hinweis auf das Prüfprotokoll) erfolgte. Auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden diese Nachverrechnungspunkte weder inhaltlich noch der Höhe nach von der Beschwerdeführerin thematisiert.

2.3. Nachverrechnung „Anspruchslöhne“

Dass eine exakte Prüfung sämtlicher Fahrer nicht möglich gewesen wäre, ergibt sich zum einen aus den – auszugsweise wiedergegebenen – Feststellungen im bekämpften Bescheid.

Die belangte Behörde hat hier zunächst in der Vorgeschichte zur durchgeführten Beitragsprüfung ausführlich wiedergegeben, dass es generell sehr schwierig war, überhaupt Unterlagen von der Beschwerdeführerin zu bekommen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet in der Beschwerde unsubstantiiert zunächst die Schätzungsbefugnis der belangten Behörde, begründet dies jedoch ausschließlich damit, dass bei eigener Überprüfung eines von ihr ausgewählten Fahrers keine – von der belangten Behörde angenommene – Unterschreitung des Anspruchslohnes, sondern sogar eine Überzahlung erfolgt sei.

Die Beschwerdeführerin kündigte in der Beschwerde an, weitere Ausführungen zu den Anspruchslöhnen, Kilometergeldern und Sachbezug zu liefern, was jedoch nicht erfolgte. Weiteres Vorbringen wurde im Folgenden erst nach Abschluss des Strafverfahrens zu den „Kilometergeldern“ und Anspruchslöhnen und insbesondere erst nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht und nach dessen Urgenz sowie Fristerstreckung erstattet.

Festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerde zwar allgemein ausführt, der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde weise einen Begründungsmangel auf. Aus der Begründung des bekämpften Bescheides habe hervorzugehen, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade der festgestellte Sachverhalt vorliege. Die Beschwerdeführerin führt weiter wörtlich aus, dieser Verpflichtung sei die Behörde (zwar) „in den Ausführungen für die Anspruchslöhne nachgekommen“ (nicht jedoch in den Ausführungen die Kilometergeld- und Sachbezugsnachverrechnungen betreffend).

Die Feststellung der belangten Behörde, dass die Unterlagen für sämtliche im verfahrensgegenständlichen Zeitraum beschäftigte Fahrer nicht vollständig vorgelegt worden sind, wurde in der Beschwerde somit nicht bestritten.

In der – auf Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht erstatteten – Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 02.06.2020 bestritt diese zunächst die Schätzungsermächtigung der belangten Behörde und führte aus, dass die Beschwerdeführerin die DDD-Daten für die als Fahrer beschäftigten Dienstnehmer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2008 – 2013 zur Verfügung gestellt habe.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die von der Behörde angewandte Schätzungsmethode bzw. die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen seien dargelegt worden. Hieraus leite die belangte Behörde die Schätzungsermächtigung ab und führe aus, dass die Auswertung der betreffenden 34 Fahrer nachvollziehbar und repräsentativ für die restlichen Fahrer sei. Eine Auswertung der einzelnen Fahrer wäre nach Ansicht der Beschwerdeführerin jedenfalls möglich gewesen, die rechtskonforme Vorgehensweise wäre daher gewesen, alle durchschnittlich 250 Fahrer für den betreffenden Zeitraum zu überprüfen. Nur für jene Fahrer, für welche entweder zu wenig elektronische Tachoscheiben vorgefunden, bzw. die elektronischen Tachoscheiben nicht mit den händischen Stundenlisten zusammenstimmen – und dadurch eine Berechnung nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, stehe eine Schätzungsbefugnis zu.

Dieses Vorbringen lässt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin selbst davon ausgeht, dass nicht für alle Fahrer die entsprechenden, vollständigen Daten vorgelegen haben. Auch der Umstand, dass bei den von der belangten Behörde herangezogenen und ausgewerteten Fahrern erhebliche Abweichungen festzustellen waren, ist nicht zu bezweifeln.

Im Weiteren wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, dass von 40 ausgewählten Fahrern sechs nicht ausgewertet werden konnten. Auch bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde vom zeugenschaftlich einvernommenen Prüfer der belangten Behörde glaubhaft bestätigt, dass eine exakte Prüfung aller Fahrer nicht möglich gewesen wäre und bei sämtlichen ausgewerteten Fahren die dargelegten Differenzen vorlagen.

Insgesamt konnte somit die Feststellung getroffen werden, der belangten Behörde nicht ausreichend vollständige Unterlagen für eine exakte Prüfung zur Verfügung standen.

Zur Schätzungsmethode wurde – wie bereits ausgeführt – von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde ebenfalls kein substantiiertes Vorbringen erstattet, sondern demgegenüber zugestanden, die Behörde sei zum Punkt „Anspruchslöhne“ ihrer Begründungspflicht nachgekommen. Die Schätzungsmethode geht auch aus dem bekämpften Bescheid ausführlich hervor, und wurde durch den zeugenschaftlich einvernommenen Prüfer in der mündlichen Verhandlung erneut dargelegt.

In der mündlichen Verhandlung wurde als Kritik an der Schätzung vorgebracht, dass insbesondere bei den internationalen Fahrern schon Überstunden abgerechnet worden seien und hier nochmal ein Zuschlag von 30% veranschlagt wurde und dies nicht sehr realistische Arbeitszeiten ergebe. Es müssten nach Ansicht der Beschwerdeführerin 200 Arbeitsstunden angenommen werden. Die belangte Behörde zitiere als Vergleich branchenübliche Betriebe, so die Beschwerdeführerin.

Dieses Vorbringen kann auch die vorgenommene Schätzungsmethode bzw. das Ergebnis nicht entkräften. Wie bereits ausgeführt, hat die belangte Behörde die Schätzung anhand der ausgewählten und nach den dargelegten Kriterien ausgewerteten Fahrern der Beschwerdeführerin vorgenommen, und nicht eine Schätzung auf Basis eines Fremdvergleiches vorgenommen.

Insbesondere hat die belangte Behörde im Bescheid nachvollziehbar dargelegt, wie sie die Korrektur der gemeldeten Entgelte bzw. Arbeitszeiten bei den nachgeprüften Fahrern vorgenommen hat und dabei ausgeführt, dass die Gründe für die erheblichen Abweichungen der festgestellten Einsatzzeiten zu den abgerechneten Stunden insbesondere auf der Abrechnung von zu wenig 100%igen Überstunden (für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen und in der Nacht), einer fehlerhaften Abrechnung der Nichtleistungszeiten sowie der monatlichen Gesamtarbeitszeiten (ausschließlich tatsächliche Fahrtzeiten zuzüglich 45min pro Ladezeit) herangezogen wurden. Die vom Prüfer in der mündlichen Verhandlung erfolgte Darlegung der Annahme der Arbeitszeiten bzw. Ruhezeiten war nachvollziehbar und wurden die dargelegten Differenzen von der Beschwerdeführerin nicht konkret bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Allgemein

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich wurde der Antrag auf Entscheidung im Senat zurückgezogen und liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Anspruchslöhne Fahrer internationaler/nationaler Verkehr

§ 42 Abs. 3 ASVG idgF normiert:

„Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen. Der Versicherungsträger kann insbesondere die Höhe von Trinkgeldern, wenn solche in gleichartigen oder ähnlichen Betrieben üblich sind, anhand von Schätzwerten ermitteln.“

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs setzt § 42 Abs. 3 ASVG für eine Schätzung voraus, dass feststeht, dass eine konkrete Person als Dienstnehmer tätig gewesen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2002/08/0273), wobei insbesondere auch die Beitragszeiträume relevant sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0064). Die Behörde trifft zwar keine Verpflichtung, zum Zweck der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidrigerweise nicht geführt worden sind, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2000, Zl. 95/08/0050). Dies entbindet die Behörde aber nicht davon, die Ausübung ihres Ermessens bei der Schätzung zu begründen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und welche anderen Unterlagen betreffend die an die Dienstnehmer geleisteten Zahlungen vom geprüften Dienstgeber zur Verfügung gestellt wurden und ob diese Unterlagen insoweit ausreichend sind, dass eine darauf gestützte vergleichsweise Schätzung der Wirklichkeit näher kommt als die Heranziehung von Fremddaten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 89/08/0103). Im Übrigen müssen die bei der Schätzung herangezogenen Grundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden, wobei auch Parteiengehör zu gewähren und auf sachdienliche Behauptungen der Partei einzugehen ist. Die Begründung hat weiters unter anderem die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2007/08/0126).

Die beschwerdeführende Partei bestreitet zwar allgemein, dass diese Voraussetzungen in den Beschwerdefällen vorliegen, ohne dieses Vorbringen jedoch näher zu substantiieren. Die beschwerdeführende Partei zieht insbesondere die Dienstnehmereigenschaft der Beschäftigten wie auch die Beitragszeiträume nicht in Zweifel und zeigt auch nicht erfolgreich auf, dass bei der Schätzung ein Fehler in der Schätzungsmethode oder der Berechnung der Schätzungsergebnisse unterlaufen wäre.

Die belangte Behörde begründet die Schätzungsbefugnis im bekämpften Bescheid damit, dass eine exakte Prüfung aller Fahrer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum jedenfalls nicht möglich gewesen wäre, da bereits von den 40 ausgewählten Fahrern die Auswertung bei 5 Fahrern aufgrund von nicht vollständig vorgelegten Tachoscheiben als auch beim Dienstnehmer Jakob E., bei dem die vorgelegten elektronischen Tachoscheiben nicht mit seinen händischen Stundenlisten (lt. Fahrerkarte wurden weniger Stunden geleistet) übereinstimmten und formelle Fehler aufwiesen, nicht durchführbar war.

Dies wird zunächst in der Beschwerde auch nicht bestritten, sondern nur allgemein bezweifelt, dass der Behörde im Zusammenhang mit den Anspruchslöhnen eine Schätzungsbefugnis zusteht und auf weitere Ausführungen verwiesen.

In einer nach Abschluss des Strafverfahrens und Vorlage der dazu ergangenen Urteile angeforderten und nach Urgenz eingebrachten Stellungnahme der Beschwerdeführerin wird zum Punkt „Nachrechnung der Anspruchslöhne“ (lediglich) vorgebracht, dass aus dem Datenkonvolut, welches mit der DVD zur Verfügung gestellt wurde und der Bescheidbegründung vor allem hinsichtlich der Begründung zum Punkt ad 1.3. Anspruchslöhne nicht ableitbar sei, welche 40 bzw. schlussendlich 34 Fahrer als Basis für die Schätzung herangezogen worden seien, wie sich die 34 Fahrer auf die jeweiligen Kostenstellen verteilen etc. Eine Nachprüfbarkeit der getroffenen Feststellungen sei sohin nicht möglich und aus diesem Grunde auch nicht widerlegbar. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung dahingehend abgeändert, das nicht klar war, nach welchem Kriterium die Fahrer ausgewählt wurden. Dazu wurde vom einvernommenen Prüfer nachvollziehbar dargelegt, dass Fahrer ausgewählt wurden, die schon länger im Betrieb waren, um einen repräsentativen Schnitt zu bekommen.

Auch in der Stellungnahme wird der Schätzungsermächtigung widersprochen und dazu vorgebracht, dass der Behörde sämtliche Unterlagen (DDD-Daten) aller Fahrer zur Verfügung gestanden hätten, eine Auswertung der einzelnen Fahrer wäre jedenfalls möglich gewesen. Die rechtskonforme Vorgangsweise wäre nach Ansicht der Beschwerdeführerin gewesen, alle durchschnittlich 250 Fahrer für den betreffenden Zeitraum zu überprüfen. Nur für jene Fahrer, für welche – wie die Behörde in der Bescheidbegründung ausführe - entweder zu wenig elektronische Tachoscheiben vorgefunden bzw. die elektronischen Tachoscheiben nicht mit den händischen Stundenlisten zusammenstimmten – und dadurch eine Berechnung nach Ansicht der Behörde nicht möglich sei, stehe eine Schätzungsbefugnis zu.

Weiter wird in der Beschwerde ausgeführt, die umgekehrte Vorgehensweise, eine bestimmte Anzahl an Fahrern zu überprüfen und die Abweichungen auf die Gesamtheit zu übertragen, erscheine keine geeignete Vorgehensweise und Schätzungsmethode. Es werde der Behörde unterstellt, bloß ansatzweise ermittelt zu haben und nicht alle notwendigen Ermittlungsschritte gesetzt zu haben.

Damit wird jedoch auch von Seiten der Beschwerdeführerin nicht bestritten, dass sie – wie von der belangten Behörde ausgeführt – im Verwaltungsverfahren lückenhaft und teilweise fehlerhaft erstellte Unterlagen vorgelegt hat bzw. die vorgenommene Abrechnung die dargelegten Differenzen bei den Überstunden bzw. Nichtleistungszeiten enthält.

Die belangte Behörde konnte daher grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 42 Abs. 3 ASVG als erfüllt ansehen und anhand der ausgewählten 34 Fahrer, bei denen die Aufzeichnungen in ausreichender Form vorlagen, jedoch mit den angeführten Differenzen, eine Schätzung der Beitragsgrundlagen der anderen Dienstnehmer durchführen.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie anhand der von ihr überprüften Fahrer und der dazu vorliegenden Unterlagen eine Schätzung der Arbeitszeiten und Beitragsgrundlagen aller Fahrer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorgenommen hat.

Insgesamt beschränkte sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin hauptsächlich darin, dass die vorgenommene Nachverrechnung bzw. Annahme der Arbeitszeiten und des Anspruchslohnes und damit das Ergebnis der Nachverrechnung unrealistisch sei.

Dazu ist jedoch vorweg anzuführen, dass die belangte Behörde ihre Annahmen im bekämpften Bescheid ausführlich begründet hat, was auch in der Beschwerde nicht bestritten wird. Insbesondere wurde weder in der Beschwerde noch in der Stellungnahme vom 02.06.2020 ein substantiiertes Vorbringen erstattet, dass die Schätzungsmethode nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätte

Im Zuge der Verhandlung wurde die Schätzmethode vom zeugenschaftlich einvernommenen Prüfer der belangten Behörde nochmals dargelegt.

Angesichts der plausiblen und nachvollziehbar dargelegten Schätzmethode war es auch nicht erforderlich, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, einen oder mehrere Fahrer im Rahmen der mündlichen Verhandlung einzuvernehmen. Es besteht zudem keine Verpflichtung, vor einer Schätzung jedenfalls auch die Dienstnehmer über die geleisteten Arbeitszeiten zu befragen, da die Behörde bzw. das Gericht keine Verpflichtung trifft, zum Zwecke der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidrigerweise nicht geführt wurden, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. VwGH vom 21.06.2000, Zl. 95/08/0050).

Sinn der Schätzung im Abgabeverfahren sei es, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, somit ein Ergebnis zu erreichen, von dem anzunehmen ist, dass es die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat; eine Schätzung dürfe jedenfalls nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben. Bei der Schätzung handle es sich lediglich um eine Form der Ermittlung des Sachverhaltes, sie komme zur Anwendung, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht exakt ermittelt bzw. errechnet werden können (VwGH 24.2.2004, 99/14/0247). Bei der Schätzung gehe es im Unterschied zum Beweisverfahren nicht um die Ausforschung einzelner Ergebnisse, Tatsachen oder Gegebenheiten, sondern es werde versucht global zu einer Basis für die Besteuerung zu kommen, die der Gesamtsumme der abgabenrechtlich relevanten Wirtschaftsvorgänge entspricht, ohne diese im Einzelnen erheben und nachweisen zu müssen. Wer zur Schätzung begründeten Anlass gebe, muss die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen. Gemäß § 26 Abs. 1 AZG habe der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Grundsätzlich werde eine Überprüfung der lohnabhängigen Abgaben anhand der vorgelegten Unterlagen vorgenommen. Zu einer Schätzung komme es immer dann, wenn die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen könne. Für die GPLA gelte, dass wenn die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht ausreichen, der Prüfer berechtigt sei, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber, sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betrieb festzustellen.

Auch Schätzungsergebnisse unterliegen der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2007/15/0226, mwN).

In seinem Erkenntnis vom 14.01.2013, Zl. 2010/08/0069 hat der Verwaltungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall ausgeführt, „der belangten Behörde könne nicht entgegengetreten werden, wenn sie die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Tachografenscheiben für die Ermittlung der Arbeitszeiten (…) und für die – mangels weiterer vorgelegter Unterlagen – darauf basierende Schätzung der Arbeitszeiten und Beitragsgrundlagen aller Dienstnehmer (…) herangezogen habe“.

Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde von der Beschwerdeführerin als Kritik an der Schätzung vorgebracht, dass insbesondere bei den internationalen Fahrern schon Überstunden abgerechnet wurden und durch die Schätzung nochmals ein Zuschlag von 30% veranschlagt worden sei und diese nicht sehr realistische Arbeitszeiten ergebe.

Dazu wurde vom Prüfer der belangten Behörde verdeutlicht, dass sich die veranschlagten Prozentsätze nicht allein aus den Überstunden ergaben, sondern auch aus den Zuschlägen, insbesondere seien auch viele 100%ige Überstunden falsch abgerechnet worden. Bei sämtlichen kontrollierten Fahrern seien diesbezüglich Differenzen festzustellen gewesen, wobei diese bei den Inlandsfahren deutlich geringer waren.

Die belangte Behörde hat die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse ausführlich dargelegt. Dass der von der belangten Behörde vorgenommene Denkprozess nicht nachvollziehbar ist, wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht.

Insgesamt begegnete die von der belangten Behörde durchgeführte Schätzung und die damit erfolgte Nachverrechnung daher keinen Bedenken.

3.3. Nachverrechnung „Kilometergelder“:
Aus den von der ÖGK im vorliegenden Verfahren vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck bzw. das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde davon ausgegangen sind, dass die ausbezahlten Kilometergelder Bruttobeträge darstellen (siehe Sachverhaltsdarstellung im Nachtrag zum Abschlussbericht vom 26.04.2019).

Diese Sachverhaltsannahme liegt auch der strafgerichtlichen Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck zugrunde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe zB. Ra 2020/08/0157 vom 09.12.2020) ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl. etwa VwGH 27.3.2018, Ra 2018/16/0043, mwN).

Davon ausgehend, war – dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entsprechend – eine Neuberechnung des vorgeschriebenen Betrages betreffend den Punkt „Kilometergelder“ vorzunehmen und sind weitere Begründungen dazu entbehrlich.

3.3. Sachbezug/ 3.4. Nachverrechnung Punkt 1.4. – 1.18 des bekämpften Bescheides:

Nachdem zu diesem Punkt von der Beschwerdeführerin dazu kein (3.3.) bzw. kein substantiiertes (3.4) Vorbringen erstattet wurde, kann diesbezüglich eine weitere Begründung entfallen.


3.5. Beitragszuschlag/Verzugszinsen:

§ 59 ASVG idgF normiert wie folgt:

(1) Werden Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen

1. nach der Fälligkeit,

2. in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet, eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag oder gemäß § 114 Abs. 1 ein Säumniszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich vier Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden.

(2) Der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.

(3) Der im Abs. 1 vorgesehene Zeitraum

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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