TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/17 93/10/0044

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Veröffentlicht am 17.03.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd;
ForstG 1975 §19 Abs7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 11. Jänner 1993, Zl. 18.322/19-IA8/92, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: H in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten wurde der mitbeteiligten Partei unter Berufung auf die §§ 17, 18 und 19 Abs. 2 lit. d des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Bewilligung zur dauernden Rodung der Waldgrundstücke Nr. 1529/1 (in einem Ausmaß von 21 m2), 1529/2 (34 m2), 1529/3 (30 m2), 1529/4 (30 m2), 1529/5 (26 m2) und 1529/6 (71 m2), alle KG X, somit insgesamt 212 m2 entsprechend dem aufliegenden Lageplan, der einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides darstelle, zur Verlegung einer Druckrohrleitung sowie der dazu gehörigen Erdkabel und einer Trinkwasserleitung erteilt.

Gemäß § 19 Abs. 8 ForstG wurden die "Einwendungen des Beschwerdeführers, daß die Leitung - Rodefläche im Bereich der Grundstücke 1529/7 und 1529/3, die in seinem Eigentum stünden, verlaufe, auf den Zivilrechtsweg verwiesen".

Begründend legte der Landeshauptmann dar, der Mitbeteiligte habe mit Eingabe vom 18. Juni 1986 um die Bewilligung zur Rodung von Teilflächen der im Spruch des Bescheides angeführten Waldgrundstücke zur Verlegung einer Druckrohrleitung, eines Stromkabels und einer Trinkwasserleitung bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau (BH) angesucht. Aus einem dabei vorgelegten Schreiben der Kärntner Elektrizitäts-AG (KELAG) gehe hervor, daß diese die Übernahme elektrischer Energie aus dem geplanten Kleinkraftwerk garantierte. Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 22. Mai 1987 erklärt, daß die Darstellung des öffentlichen Weges (Nr. 1669) im Bereich seiner Parzellen 1529/7 und 1530/3 mit dessen Verlauf in der Natur nicht übereinstimme. Im Zuge einer von der BH durchgeführten mündlichen Verhandlung am 21. April 1989 habe der Beschwerdeführer bezweifelt, daß die Trasse der Druckrohrleitung auf der öffentlichen Wegparzelle Nr. 1669 verlaufe. Der Beschwerdeführer habe auch behauptet, daß die Leitung auf seinen Parzellen Nr. 1530/3, 1529/7 und 1530/5 verlaufe. Mit Schreiben vom 24. Juni 1989 habe daraufhin der Mitbeteiligte beantragt, den Weg (gemeint: die Wegparzelle) Nr. 1669 vom Rodungsverfahren auszunehmen. Für das Rodungsansuchen verblieben somit nur mehr die Parzellen 1529/1, 1529/2, 1529/3, 1529/4, 1529/5 und 1529/6. Am 13. Oktober 1989 habe die BH eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der forsttechnische Amtssachverständige Befund und Gutachten erstattet habe. Danach hätten die verlegten Rohrleitungen lediglich Auswirkungen auf den darüber stehenden Bestand. Die umliegenden Waldbestände seien hingegen durch die Rodung keinen negativen Auswirkungen ausgesetzt. Die Rodung erscheine aus der Sicht des Amtssachverständigen nur dann sinnvoll, wenn sie bescheidmäßig als Gesamtprojekt abgehandelt werde. Der Beschwerdeführer habe bei dieser mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, daß alle betroffenen Waldeigentümer einen entsprechenden Rodungsantrag stellen müßten, da das Kraftwerk des Mitbeteiligten nur unter Zuhilfenahme der gesamten Druckrohrleitung in Betrieb genommen werden könne. Im übrigen verlaufe die Leitung im Bereich der Grundstücke Nr. 1529/7 und 1529/3, die im Eigentum des Beschwerdeführers stünden. Der Verlauf der Rohrleitung in der Natur sei nicht ident mit dem Verlauf des öffentlichen Weges Nr. 1669.

Nach Abweisung eines Devolutionsantrages des Mitbeteiligten sei einem neuerlichen Devolutionsantrag mit dem vorliegenden Bescheid stattgegeben worden. Der Landeshauptmann bejahte das öffentliche Interesse an der Energieerzeugung durch den Betrieb der Kleinwasserkraftanlage des Mitbeteiligten. Das öffentliche Interesse sei durch ein entsprechendes Schreiben der KELAG nachgewiesen worden. Die Erzeugung und Weiterleitung von Energie stelle durchaus ein überwiegendes öffentliches Interesse dar. Vom forsttechnischen Amtssachverständigen seien weder forstfachliche Einwendungen noch Nachteile aufgezeigt worden. Die vom Beschwerdeführer anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 1989 vorgebrachten Einwendungen, daß die Leitung - Rodefläche im Bereich der Grundstücke 1529/7 und 1529/3, die in seinem Eigentum stünden, verlaufe, sei auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, da es sich diesbezüglich um zivilrechtliche Einwendungen im Sinne des § 19 Abs. 2 ForstG handle. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen, daß der Verlauf der gegenständlichen Trasse durch einen Zivilingenieur lageplanmäßig dargestellt worden sei. Die Parzelle 1529/3 stehe im übrigen gar nicht im Eigentum des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er im wesentlichen vorbrachte, die Druckrohrleitung verlaufe über seine Grundstücke Nr. 1530/3 sowie 1529/7 und 1530/5 - und nicht, wie im Rodungsverfahren behauptet, über das öffentliche Wegegrundstück Nr. 1669. Das Rodungsverfahren hätte von Amts wegen auch auf jenen Teil der Druckrohrleitung ausgedehnt werden müssen, der entgegen der Behauptung des Mitbeteiligten nicht auf der Wegtrasse verlaufe. Im übrigen sei das öffentliche Interesse am Rodungsvorhaben nicht ausreichend dokumentiert.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt. Nach Auffassung der belangten Behörde könne eine Rodungsbewilligung nur auf Antrag eines im § 19 Abs. 2 ForstG genannten Antragsberechtigten erteilt werden. Die Durchführung eines Rodungsbewilligungsverfahrens von Amts wegen sei daher ausgeschlossen. Mangels eines Rodungsantrages hinsichtlich der Wegparzelle Nr. 1669 sei für diesen Bereich ein Rodungsverfahren nicht durchzuführen gewesen; dies gelte auch für die Grundstücke Nr. 1529/7 und 1530/5. Im übrigen folge die belangte Behörde den Ausführungen des Landeshauptmannes, wonach das öffentliche Interesse des Rodungsvorhabens in der Erzeugung und Weiterleitung von Energie liege und der Sicherung der Stromversorgung diene.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann nach § 17 Abs. 2 ForstG die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Der das "Rodungsverfahren" regelnde § 19 ForstG lautet auszugsweise:

"§ 19. (1) ...

(2) Zur Einbringung eines Antrages auf Rodungsbewilligung sind berechtigt:

a)

der Waldeigentümer,

...

d)

in den Fällen von Rodungen für Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung, Verteilung und Speicherung von Energieträgern die Unternehmungen, die solche Anlagen betreiben, soweit zu ihren Gunsten enteignet werden kann oder Leitungsrechte begründet werden können, vorbehaltlich der Zustimmung des gemäß lit. b Zuständigen,

...

(5) Parteien im Sinne des § 8 AVG 1950 sind:

a)

die Berechtigten gemäß Abs. 2 im Umfang ihres Antragsrechtes,

b)

der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

...

d)

der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist,

...

(9) Werden im Verfahren zivilrechtliche Einwendungen erhoben, so hat die Behörde auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zustande, so hat die Behörde in ihrer Entscheidung über den Rodungsantrag die Parteien unter ausdrücklicher Anführung der durch den Bescheid nicht erledigten zivilrechtlichen Einwendungen zur Austragung derselben auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

..."

In der Beschwerde wird das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung verneint. Im Wasserrechtsverfahren habe der Amtssachverständige darauf hingewiesen, daß durch den Betrieb des Kleinkraftwerkes des Mitbeteiligten der größte Teil des gegenständlichen Bachabschnittes austrockne. Damit falle die gesamte Versorgung der tierischen und pflanzlichen Organismen im betroffenen Abschnitt aus. In ökologischer Hinsicht komme es zu einer vollständigen Verödung des Bachabschnittes. Es wäre daher die Aufgabe der für die Rodung zuständigen Behörde gewesen, das Vorhandensein öffentlichen Interesses auch unter ökologischen Gesichtspunkten zu prüfen. Wenn bei dem gegenständlichen Verfahren das öffentliche Interesse an der Energieerzeugung auch durch ein Schreiben der KELAG bejaht worden sei, so wäre dem entgegenzuhalten, daß dem Beschwerdeführer als am Rodungsverfahren Beteiligten jede Möglichkeit genommen worden sei, diesbezüglich Fragen an die Sachverständigen zu stellen. Er hätte in diesem Zusammenhang den Nachweis dafür erbringen können, daß er in seinem Recht auf Erhaltung der ihm gehörigen nachbarlichen Waldflächen durch die Rodung verletzt worden sei. Durch ökologische Veränderungen im Bereich der Druckrohrleitung komme es nämlich zu einer Beeinträchtigung seines Waldbestandes, weil die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Bestandes nicht mehr wie bisher möglich sei. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens werde auch darin erblickt, daß die Forstbehörde im Rahmen ihrer Forstaufsichtspflicht dem Mitbeteiligten nicht aufgetragen habe, auch für das Wegegrundstück Nr. 1669 einen Rodungsantrag zu stellen. Der Mitbeteiligte habe nämlich im Bereich der Grundstücke 1529/6, 1529/7 und 1529/8 eine Schneise in den vierzigjährigen Waldbestand schlagen müssen, um die Druckrohrleitung verlegen zu können. Der Mitbeteiligte könne einer erforderlichen Rodungsbewilligung nicht dadurch "entgehen", daß er der Behörde gegenüber erkläre, auf einem öffentlichen Wegegrundstück sei eine Rodung nicht erforderlich. Schließlich hätte die Forstbehörde den Mitbeteiligten von sich aus auffordern müssen, einen Rodungsantrag für den gesamten Verlauf der Druckrohrleitung zu stellen. Auch nach Auffassung des Forstsachverständigen sei eine Rodung nur dann sinnvoll, wenn sie bescheidmäßig als Gesamtprojekt abgehandelt werde.

Während der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren nur eingewendet hat, daß die Leitung in der Natur (auch) über in seinem Eigentum stehenden Grundstücken verlaufe und zum Rodungsantrag nur alle beteiligten Grundeigentümer gemeinsam legitimiert seien, wird in der Beschwerde erstmals vorgebracht, daß der Beschwerdeführer als Eigentümer von an Rodungsflächen ANGRENZENDEN Waldgrundstücken in seinen Rechten durch "ökologische Veränderungen im Bereich der Druckrohrleitung" beeinträchtigt werde. Dabei handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, die unbeachtlich bleiben muß (vgl. § 41 VwGG). Abgesehen davon, daß die Behauptung, es komme zu "ökologischen Veränderungen im Bereich der Druckrohrleitung" völlig unbestimmt bleibt, ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der am Rodungsverfahren beteiligte Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sein sollte, diesbezügliche Fragen an Sachverständige zu stellen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, das öffentliche Interesse an der Rodung sei geringer als von der Behörde angenommenen, so ist er darauf zu verweisen, daß die Parteistellung im Rodungsverfahren dem Eigentümer von angrenzenden Waldgrundstücken nur die rechtliche Möglichkeit gibt, sein subjektives Recht auf Schutz seines Waldes vor DURCH DIE RODUNG hervorgerufenen nachteiligen Einwirkungen durchzusetzen. Mit Einwendungen der Eigentümer von Waldflächen, die an die zur Rodung beantragten Waldflächen angrenzen, die allein darauf abzielen, darzutun, daß und weshalb das von der belangten Behörde als erwiesen angenommene öffentliche Interesse an der Rodung schlechthin nicht bzw. nicht in einem das Walderhaltungsinteresse überwiegenden Ausmaß gegeben sei, kann nicht aufgezeigt werden, inwiefern damit in ihr die (beschränkte) Parteistellung im gegenständlichen Rodungsverfahren begründendes subjektives Recht auf Erhaltung der ihnen gehörigen nachbarlichen Waldflächen bzw. auf Abwehr von diesem Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen worden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 95/10/0260).

Sollte der Beschwerdeführer mit seinem weiteren Vorbringen der Meinung sein, der Mitbeteiligte nehme für seine Anlage zum Teil ihm (dem Beschwerdeführer) gehörige Grundflächen in Anspruch, so steht ihm die zivilrechtliche Abwehr dagegen frei. Eine Duldungspflicht erwächst für ihn aus dem angefochtenen Bescheid nicht, weil mit diesem eine Rodungsbewilligung, die auch Teile seiner Grundstücke erfaßt, nicht erteilt worden ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. Dezember 1987, Zl. 87/10/0051).

Daß der Beschwerdeführer an den im angefochtenen Bescheid angeführten Waldflächen dinglich berechtigt im Sinne des § 19 Abs. 5 lit. b ForstG wäre, hat er weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet.

Was schließlich den Einwand anlangt, die belangte Behörde hätte hinsichtlich aller vom Projekt des Mitbeteiligten erfaßten Grundstücke ein Rodungsverfahren durchführen müssen, so legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern er dadurch in seinen Rechten verletzt sein könnte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungOrganisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993100044.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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