TE Vfgh Beschluss 2021/6/7 E2851/2018

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Veröffentlicht am 07.06.2021
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Index

22/02 Zivilprozeßordnung

Norm

B-VG Art137, Art146 Abs2
ZPO §411
VfGG §7 Abs2, §35

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Einleitung der Exekution der Prozesskosten eines VfGH-Erkenntnisses; Zulässigkeit der Aufrechnung der Prozesskostenforderung gegen die Forderung auf Zahlung der Normverbrauchsabgabe wegen rechtskräftigen und vollstreckbaren Abgabenbescheides

Spruch

Der Antrag auf Einleitung der Exekution des Erkenntnisses vom 26. Juni 2020, E2851/2018-22, wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit Erkenntnis vom 26. Juni 2020, E2851/2018-22, hat der Verfassungsgerichtshof den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes aufgehoben (Spruchpunkt I.) und den Bund (Bundesminister für Finanzen) für schuldig erkannt, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen (Spruchpunkt II.).

2. Dieses Erkenntnis wurde dem Bundesminister für Finanzen am 14. Juli 2020 zugestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 13. August 2020 stellte der Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, zur Hereinbringung des Betrages von € 2.616,– das Verfahren nach Art146 Abs2 B-VG einzuleiten. Die im Erkenntnis vom 26. Juni 2020, E2851/2020-22, gesetzte Frist sei ungenützt verstrichen.

4. Mit Verfügung vom 25. September 2020 übermittelte der Verfassungsgerichtshof dem Bundesminister für Finanzen den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 13. August 2020 und stellte dem Bundesminister für Finanzen frei, innerhalb von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

5. Mit Schriftsatz vom 11. November 2020 erstattete der Bund, vertreten durch die Finanzprokuratur, eine Äußerung. Der Beschwerdeführer schulde dem Bund gemäß Rückstandsausweis des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom 11. November 2019 Abgaben iHv € 6.802,11. Die im Rückstandsausweis enthaltene Normverbrauchsabgabe iHv € 4.351,72 betreffe den Zeitraum Juli 2011 und sei am 15. September 2011 fällig geworden. Diese Forderung sei somit noch vor der Eingabe vom 2. Mai 2018, mit der der Beschwerdeführer den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht gestellt habe, entstanden und fällig geworden. Der Anspruch auf Zahlung der Normverbrauchsabgabe habe somit bei Entstehung des Anspruches auf Ersatz der Prozesskosten bereits bestanden und sei diesem aufrechenbar gegenüber gestanden. Der Bund erkläre demnach die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Zahlung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 7/2011 iHv € 4.351,72 gegen die Kostenersatzforderung des Beschwerdeführers auf Grund des Erkenntnisses vom 26. Juni 2020, E2851/2018-22, iHv € 2.616,–. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Ersatz der zugesprochenen Prozesskosten sei daher getilgt.

6. Der Bund, vertreten durch die Finanzprokuratur, erklärte die Aufrechnung auch gegenüber dem Beschwerdeführer.

7. Die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Zahlung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 7/2011 iHv € 4.351,72 gegen die Prozesskostenforderung des Beschwerdeführers auf Grund des Erkenntnisses vom 26. Juni 2020, E2851/2018-22, ist zulässig:

7.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (zB VfSlg 14.693/1996 mwN), dass eine bestrittene Forderung, über die die zuständige Behörde noch nicht entschieden hat, jedenfalls dann nicht als in einem Verfahren gemäß Art137 B-VG aufrechenbare Gegenforderung angesehen werden kann, wenn sie entweder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen oder über sie durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. Andernfalls käme nämlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung Rechtskraft gemäß §35 VfGG, §411 Abs1 letzter Satz ZPO zu; der Verfassungsgerichtshof würde die Grenzen seiner durch die Verfassung bestimmten Zuständigkeit überschreiten.

7.2. Die vom Bund geltend gemachte Gegenforderung beruht jedoch auf einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Abgabenbescheid. Es handelt sich somit um keine strittige Forderung, über die der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hätte (VfSlg 16.784/2003; vgl auch VfGH 12.12.2018, A19/2017).

7.3. Der Bund hat also seine aus dem Erkenntnis vom 26. Juni 2020, E2851/2018-22, folgende Zahlungspflicht durch Aufrechnung erfüllt. Der Antrag auf Einleitung der Exekution dieses Erkenntnisses ist daher abzuweisen.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Exekution, VfGH / Kosten, Prozesskosten, Normverbrauchsabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2851.2018

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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