TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/17 95/17/0019

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Veröffentlicht am 17.03.1997
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Index

L37291 Wasserabgabe Burgenland;
L69301 Wasserversorgung Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art119a Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WasserbezugsgebührenV Weiden 1993 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 1. Juli 1994, Zl. II-S-11-1993, betreffend Wasserbezugsgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde schrieb der Beschwerdeführerin mit dem "Wassergebühr-Bescheid" vom 15. Mai 1993 für den Bauteil II und den Verrechnungszeitraum 31. März bis 29. April 1993 die Wasserbezugsgebühr in der Höhe von insgesamt S 8.134,52 vor. Dieser Betrag ergibt sich aus der vom Wasserverbrauch abhängigen Wassergebühr in der Höhe von S 2.520,-- sowie der Grundgebühr bestehend aus der Wasserzählermiete in der Höhe von S 108,17 und der Bereitstellungsgebühr für 99 Wohneinheiten in der Höhe von S 4.766,85 zuzüglich 10 % USt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die Höhe der vorgeschriebenen Grundgebühr.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die Berufung mit Bescheid vom 16. Dezember 1993 als unbegründet ab und führte aus, die vorgeschriebene Grundgebühr bestehe aus einer Bereitstellungsgebühr von S 48,15 pro Einheit sowie der Wasserzählermiete von S 108,15. Die Bereitstellungsgebühr in der Höhe von S 4.766,85 ergebe sich aus § 2 Tabelle B der Verordnung des Gemeinderates vom 4. März 1993 für Saisonwasserbezieher mit nicht ordentlichem Wohnsitz in einer der Mitgliedsgemeinden.

Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Juli 1994 die Vorstellung gegen den genannten Bescheid des Gemeinderates als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, durch die Verordnung des Gemeinderates vom 4. März 1993 sei geregelt, daß auch bei Vorliegen nur eines Wasserzählers auf der Anlage Bauteil II für "jede Liegenschaft" für den Bezug bzw. die Bereitstellung von Wasser eine Bereitstellungsgebühr zu entrichten sei. Für sämtliche 99 Wohneinheiten sei lediglich eine Zählermiete zu bezahlen. Der Einwand, es sei im Bauteil II der ordentliche Wohnsitz begründet und es handle sich nicht um Saisonalwasserbezieher, gehe ins Leere. Der Bauteil II entspreche in der baulichen Gesamtkonzeption einer Feriensiedlung, die je nach Jahreszeit und Witterung für Erholungszwecke von den Eigentümern frequentiert werde.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 11. Jänner 1995, B 1683/94-8 und B 1684/94-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtentrichtung der Wasserbezugsgebühr verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. März 1993 über die Ausschreibung von

Wasserbezugsgebühren lautet auszugsweise:

"Aufgrund der Bestimmung des § 15 Abs. 3 Z 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBL Nr. 30/1993 wird verordnet:

§ 1

Für den Bezug von Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung und die Benützung von Wasserzählern im Bereich der Gemeinde X werden laufende Gebühren (Wasserbezugsgebühren) ausgeschrieben.

§ 2

Die Höhe der Wasserbezugsgebühr beträgt gemäß § 15 Abs. 2 der Wasserleitungsordnung, Landesamtsblatt für das Burgenland vom 5. Oktober 1985, 40. Stück, bei einem Wasserverbrauch

von 0 - 500 m3 pro Quartal und Einzelanschluß bzw. Wohneinheit S 9,00 pro m3 exkl. MWSt.

über 500 m3 pro Quartal und Einzelanschluß bzw. Wohneinheit S 8,55 pro m3 exkl. MWSt.

Die Grundgebühr besteht gemäß § 15 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung vom 5. Oktober 1985 aus Wasserzählermiete und Bereitstellungsgebühr und errechnet sich im einzelnen Versorgungsfall wie folgt:

TABELLE A

(für Ganzjahreswasserbezieher mit ordentlichem Wohnsitz in einer Mitgliedsgemeinde)

...

TABELLE B

(für Saisonalwasserbezieher mit nichtordentlichem Wohnsitz in einer der Mitgliedsgemeinden)

Wasser-         Wasserzählermiete          Bereitstellungsg.

zähler-         gem. § 15 1.a) der         gem. § 15 1.b) d.

dimension       Wasserleitungsord.         Wasserleitungsord.

                pro Wasserzähler           pro Wohneinheit bzw

                                           Einzelanschluß

    ...                   ...                        ...

50 m3         S 108,17/M. o. MWSt.       S 48,15/M.  o. MWSt.

    ...                   ...                        ...

Die Grundgebühr ergibt sich aus der Summe der Wasserzählermiete und der jeweiligen Bereitstellungsgebühr (§ 15 1. der Wasserleitungsordnung).

§ 3

Zur Entrichtung der Wasserbezugsgebühr sind die Eigentümer jener Liegenschaften verpflichtet, die an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen sind, sowie jene Eigentümer, für deren Liegenschaften in sonstiger Weise Wasser aus dem öffentlichen Wasserleitungsnetz direkt oder indirekt bezogen wird. Im Falle des Vorliegens von Miteigentum oder Wohnungseigentum haften sämtliche Miteigentümer bzw. Wohnungseigentümer anteilsmäßig jeweils entsprechend ihrem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft, welche über einen Anschluß verfügt, sowie für die in sonstiger Weise Wasser aus dem öffentlichen Wasserleitungsnetz bezogen wird.

§ 4

Die Gebührenschuld entsteht mit dem Zeitpunkt des Anschlusses an das öffentliche Wasserleitungsnetz oder ansonsten mit dem Zeitpunkt des sonstigen Bezuges.

§ 5

Die Wasserbezugsgebühren werden jeweils quartalsweise zu je einem Viertel des errechneten Jahresbetrages fällig.

§ 6

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Jänner 1993 in Kraft."

Die Verordnung wurde am 5. März 1993 an der Amtstafel angeschlagen und am 20. März 1993 abgenommen. Die Wasserbezugsgebühr wurde für den Verrechnungszeitraum 31. März bis 29. April 1993 mit Bescheid vom 15. Mai 1993 vorgeschrieben. Diese Verordnung vom 4. März 1993 ist daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin Rechtsgrundlage der Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr für den in Rede stehenden Verrechnungszeitraum.

Nach der Tabelle B des § 2 dieser Verordnung ist für Saisonalwasserbezieher mit nichtordentlichem Wohnsitz in einer der Mitgliedsgemeinden eine Bereitstellungsgebühr pro Wohneinheit bzw. Einzelanschluß zu entrichten. Somit ist im Falle eines Einzelanschlusses die Bereitstellungsgebühr nur einmal für den Einzelanschluß und im Falle eines einzigen Anschlusses für eine aus mehreren Wohneinheiten bestehende Anlage die Bereitstellungsgebühr pro Wohneinheit zu entrichten. Demnach hängt die Bereitstellungsgebühr nicht von der Anzahl der Wasserzähler, sondern von der Anzahl der wasserbeziehenden Wohneinheiten einer Anlage ab. Die Eigentümer dieser Wohneinheiten, die Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung beziehen, sind gemäß § 3 der Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde gemeinsam mit dem Liegenschaftseigentümer verpflichtet, die Wasserbezugsgebühr zu entrichten. Diese Miteigentümer bzw. Wohnungseigentümer haften anteilsmäßig.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, bei der an die Wasserleitung angeschlossenen Anlage handle es sich um eine je nach Witterung und Jahreszeit von den Eigentümern der Wohneinheiten saisonal frequentierte Feriensiedlung. Dem wird in der Beschwerde nicht konkret widersprochen. Auch wird nichts Konkretes dagegen vorgebracht, daß es sich bei den Bewohnern der Wohneinheiten um Saisonalwasserbezieher mit nicht ordentlichem Wohnsitz in einer der Mitgliedsgemeinden handelt. Es wird in der Beschwerde nur behauptet, die Behörde vermute dies bloß, und nicht konkret vorgebracht, es seien keine Saisonalwasserbezieher, sodaß für diese die Abgaben nicht nach der Tabelle B des § 2 der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. März 1993, sondern nach der Tabelle A dieser Verordnung vorzuschreiben wären.

In den Abgabenbescheiden wurde die Bereitstellungsgebühr für 99 Wohneinheiten vorgeschrieben. Gegen das Vorliegen von 99 Wohneinheiten wurde weder im Abgaben- noch im Vorstellungsverfahren etwas vorgebracht. Sollte die Beschwerdebehauptung, es werde die Anzahl der Miteigentümer mit der Anzahl der Wohneinheiten und Einzelanschlüsse gleichgesetzt so zu verstehen sein, es handle sich bei der Anlage II gar nicht um 99 Wohneinheiten, sondern um 99 Miteigentümer, dann fiele dies unter das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Dieser Beschwerdeeinwand ist daher aus diesem Grund im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich. Sollte der Beschwerdeeinwand sich aber dagegen richten, daß Einzelanschlüsse und angeschlossene Wohneinheiten einer Anlage bei der Abgabenbemessung gleichgesetzt werden, dann übersieht die Beschwerdeführerin, daß die bereits genannte Verordnung vom 4. März 1993 für den Einzelanschluß aber auch pro Wohneinheit eine Bereitstellungsgebühr normiert. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde mit diesen Vorbringen somit nicht aufgezeigt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus folgenden Gründen mit Verfahrensmängeln behaftet: In der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde behauptete die Beschwerdeführerin, es lägen für den "gegenständlichen Zeitraum" rechtskräftige Bescheide vor. Es erscheine unzulässig, bereits rechtskräftige Gebührenvorschreibungen für den Zeitraum unter Mißachtung der Rechtskraft dadurch "zu ändern", daß für den gleichen Zeitraum andere Wassergebühren vorgeschrieben würden und die rechtskräftige Gebührenvorschreibung lediglich als die Differenz im angefochtenen Bescheid Berücksichtigung finde. Auf diese Vorstellungsbehauptung geht der angefochtene Bescheid nicht ein. Insbesondere setzt er sich nicht mit dem Vorbringen auseinander, es lägen für den Verrechnungszeitraum 31. März bis 29. April 1993 bereits rechtskräftige Bescheide vor, mit denen "andere Wassergebühren" vorgeschrieben worden seien.

Da die belangte Behörde dieser Behauptung in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entgegengetreten ist und somit nicht ausgeschlossen werden kann, daß bereits entschiedene Sache vorliegt, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995170019.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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