Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §57 Abs1 Z2Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge 1. des D und 2. der S, beide vertreten durch Mag. Pia Maria Krebs, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 66, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2020, Zlen. 1. W232 2146308-5/3E und 2. W232 2188297-3/3E, betreffend Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung sowie Nebenaussprüche (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen (näher bezeichnete) Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend jeweils Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes (mit der Maßgabe der Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes) als unbegründet ab.
2 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Begründend verwiesen die revisionswerbenden Parteien auf ihren „trotz des strafgerichtlichen Freispruchs [des MS] fortgesetzten Opferstatus“ im Sinn des § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, auf das Vorliegen der Voraussetzungen zur Erteilung einer diesbezüglichen Aufenthaltsberechtigung „zur Verfolgung menschenhandelsbezogener zivilrechtlicher Ansprüche“ sowie darauf, dass Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2004/81 die Vollstreckung einer Rückführungsentscheidung vor einem rechtskräftigen Abspruch über diesen Aufenthaltstitel verbiete. Zudem habe der Erstrevisionswerber „wegen seiner Bemühungen um die Aufklärung der Todesumstände seines Vaters gravierende Eingriffe in seine durch Artikel 2 und 3 EMRK geschützten Rechtsgüter zu befürchten“.
3 Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme insbesondere auf das den Erstrevisionswerber betreffende Verfahren zu hg. Ra 2019/14/0339, in welchem dem - ebenfalls auf die behauptete Ausbeutung durch MS gestützten - Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben worden sei.
4 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
5 Nach seiner ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern - wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen ist. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist (vgl. etwa VwGH 25.7.2019, Ra 2019/14/0339, mwN).
6 Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten ist ein solcher offenkundig vorliegender Fehler des Verwaltungsgerichts nicht zu sehen. Daher ist im Provisorialverfahren von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung - und somit nicht von zivilrechtlichen Ansprüchen, die im Zusammenhang mit einer in § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 genannten strafbaren Handlung stehen - auszugehen.
7 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ferner in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der Revisionswerber - um die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können - schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen hat, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen (vgl. erneut VwGH Ra 2019/14/0339, mwN).
8 Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird jedoch fallbezogen kein mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbundener unverhältnismäßiger Nachteil in konkreter Weise dargelegt (vgl. wiederum VwGH Ra 2019/14/0339). Zum Vorbringen betreffend Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2004/81 (über die Erteilung von Aufenthaltstiteln an Opfer des Menschenhandels) ist darüber hinaus anzumerken, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis ein rechtskräftiger Abspruch vorliegt.
9 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG war daher nicht stattzugeben.
Wien, am 27. April 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020220273.L00Im RIS seit
28.06.2021Zuletzt aktualisiert am
28.06.2021