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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Dr. S in Y, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber und Dr. Melanie Haberer, Rechtsanwälte in 3390 Melk, Bahnhofplatz 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 27. April 2020, LVwG-603466/6/Bi, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Perg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 26. November 2019 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe sich als Lenker eines näher bestimmten PKW, obwohl es ihm zumutbar gewesen wäre, vor Fahrtantritt nicht davon überzeugt, dass das zur Tatzeit am Tatort verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspreche. Es sei festgestellt worden, dass die vordere Stoßstange teilweise gefehlt und scharfkantig abgebrochene Teile aufgrund eines Unfallschadens aufgewiesen habe, was bei einem Verkehrsunfall schwere körperliche Verletzungen erwarten hätte lassen (Spruchpunkt 1.). Weiters sei festgestellt worden, dass die vordere Stoßstange, der Kühler sowie der rechte vordere Kotflügel durch einen Unfall beschädigt worden seien. Mehrere Teile seien mittels Klebeband fixiert gewesen. Der linke Kotflügel sei gänzlich mit Klebeband zusammengehalten bzw. aufgebaut gewesen (Spruchpunkt 2.).
2 Der Revisionswerber habe dadurch §§ 102 Abs. 1 iVm 4 Abs. 2 vierter Satz KFG (Spruchpunkt 1.) und §§ 102 Abs. 1 iVm 4 Abs. 2 KFG (Spruchpunkt 2.) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von € 80,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) und zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von € 365,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage und 1 Stunde) verhängt wurde.
3 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis insofern Folge, als es die verhängte Geldstrafe zu Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses auf € 60,-- und zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses auf € 300,-- herabsetzte und den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens entsprechend reduzierte. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. etwa VwGH 25.11.2020, Ra 2020/02/0174, 0175, mwN).
9 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es verabsäumt habe, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen. Der Revisionswerber sei weder von der belangten Behörde noch vom Verwaltungsgericht aufgefordert worden, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Sowohl die Strafverfügung als auch das Straferkenntnis ließen jegliche Begründung diesbezüglich vermissen. Daher habe der Revisionswerber auch nicht erkennen können, von welchen Verhältnissen die belangte Behörde ausgegangen sei. Erstmals im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts sei eine Auseinandersetzung mit dem Einkommen des Revisionswerbers erfolgt. Allerdings gehe das Verwaltungsgericht von völlig falschen Gegebenheiten aus. Die belangte Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hätte dem Revisionswerber vor seiner Entscheidung diese Annahmen mitzuteilen gehabt, damit dieser die Möglichkeit habe, eine entsprechende Stellungnahme abzugeben.
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0212, mwN).
12 Da es sich bei der Strafbemessung sohin um eine einzelfallbezogene Abwägung handelt, stellt sie im Allgemeinen - wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. VwGH 7.8.2019, Ra 2019/02/0016, mwN).
13 Dem Revisionswerber ist zunächst beizupflichten, dass sich im Straferkenntnis der belangten Behörde keine begründenden Ausführungen zur Strafbemessung finden. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits festgehalten, dass Begründungsmängel erstinstanzlicher Bescheide - abgesehen von gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (vgl. etwa VwGH 19.10.2016, Ro 2014/15/0007, mwN).
14 Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit und dem Umstand, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen, die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen reduziert. Weiters hat es unter Anführung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, der Verkehrssicherheit, der Intensität der Beeinträchtigung durch die Tat sowie des nicht geringen Verschuldensgrades des Revisionswerbers und unter Einschätzung seiner finanziellen Verhältnisse ausreichende Abwägungen zur Strafbemessung vorgenommen. Dem Vorwurf der mangelnden Begründung der Strafbemessung durch das Verwaltungsgericht kann somit nicht gefolgt werden.
15 Entgegen dem Revisionsvorbringen wurde der Revisionswerber auch mehrfach - nämlich sowohl in der Strafverfügung vom 19. Juni 2019 als auch in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14. Oktober 2019 - aufgefordert, konkrete Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und zu allfälligen Sorgepflichten zu machen, um diese im weiteren Verfahren berücksichtigen zu können.
16 Weder in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 3. Juli 2019 noch in seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vom 28. Oktober 2019 oder in der Beschwerde vom 12. Dezember 2019 hat der Revisionswerber ein Vorbringen hierzu erstattet. Der Revisionswerber hatte im gegenständlichen Verfahren sohin wiederholt die Gelegenheit, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen, hat dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen, weshalb das Verwaltungsgericht zu einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse berechtigt war. Ein Verstoß gegen das Parteiengehör ist sohin nicht zu sehen (vgl. dazu bereits VwGH 21.6.1999, 98/17/0009).
17 Das erstmals in der vorliegenden Revision pauschal erstattete und nicht näher belegte Vorbringen, wonach das Verwaltungsgericht von „völlig falschen Gegebenheiten“ zu seiner Einkommenssituation ausgegangen sei, vermag die Annahmen des Verwaltungsgerichts hingegen nicht zu entkräften. Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende, krasse Fehlbeurteilung der Strafbemessung durch das Verwaltungsgericht - welches die verhängten Geldstrafen ohnehin reduzierte und im unteren Bereich der Strafdrohung (bis € 5.000,--) ansetzte - ist sohin nicht zu sehen.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 21. Mai 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020168.L00Im RIS seit
28.06.2021Zuletzt aktualisiert am
27.07.2021