TE Vwgh Beschluss 2021/5/26 Ra 2021/13/0057

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Veröffentlicht am 26.05.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Ing. H in G, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in 3430 Tulln, Albrechtsgasse 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Dezember 2020, Zl. RV/7105117/2017, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter der B GmbH.

2        Mit Bescheiden vom 21. Juli 2017 setzte das Finanzamt Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016 abweichend von den Erklärungen des Revisionswerbers fest.

3        Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Beschwerde. Er machte geltend, die in den Bescheiden erfassten Pachtzahlungen in Höhe von 48.000 € pro Jahr seien von der Pächterin (der B GmbH) aus wirtschaftlichen Gründen (Überschuldung) nicht geleistet worden; sie seien daher dem Revisionswerber nicht zugeflossen. Die Pächterin habe in den Streitjahren die Zahlungen nicht leisten können, ohne einen Insolvenzantrag stellen zu müssen. Somit sei es dazu gekommen, dass die Verpächter auf die Zahlung der Pacht verzichtet und den Pachtgegenstand vorläufig unentgeltlich der Pächterin zur Verfügung gestellt hätten. Darüber sei auch eine Vereinbarung mit der Pächterin geschlossen worden. Die Pächterin sei ab dem Kalenderjahr 2009 durch den Verlust der Liefervereinbarung mit dem Hauptkunden in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Anfang 2016 habe die Pächterin ein negatives Eigenkapital von mehr als 160.000 € aufgewiesen.

4        Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 5. September 2017 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Das Finanzamt verwies auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts über die Beschwerde des Revisionswerbers betreffend die Jahre 2009 bis 2013.

5        Der Revisionswerber beantragte, die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Er machte geltend, in den Beschwerdevorentscheidungen seien die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Pächterin in keiner Weise berücksichtigt worden; insoweit bestehe eine existenzgefährdende wirtschaftliche Lage.

6        Mit weiterer Eingabe legte der Revisionswerber einen im Jahr 2007 abgeschlossenen Baurechtsvertrag vor. Demnach betrage das Nutzungsentgelt 500 € pro Monat. Aufgrund der ab 2007 geleisteten Zahlungen habe die „Mieterin“ wesentlich überzahlt und somit ihre Zahlungen eingestellt. Es seien daher in den Streitjahren keine weiteren Zahlungen geleistet worden.

7        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8        Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, mit Vereinbarung vom 20. Dezember 2006 habe der Revisionswerber der B GmbH die in seinem Eigentum stehende Liegenschaft x zur Errichtung eines Bürogebäudes und einer Lagerhalle für die Dauer von 20 Jahren zur Verfügung gestellt. Als Nutzungsentgelt sei ein Betrag von 48.000 € jährlich vereinbart worden. Die B GmbH sei in den Streitjahren nicht zahlungsunfähig gewesen.

9        Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht aus, es sei unbestritten, dass der Revisionswerber mit der B GmbH eine Vereinbarung betreffend die Überlassung des genannten Grundstückes getroffen habe. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. März 2016, RV/7103445/2015, sei die - dieselben Beschwerdepunkte betreffende - Beschwerde des Revisionswerbers betreffend die Jahre 2009 bis 2013 als unbegründet abgewiesen worden. In jenem Verfahren habe der steuerlich vertretene Revisionswerber angegeben, dass die Vereinbarung über die Nutzungsüberlassung des Grundstücks am 20. Dezember 2006 getroffen worden sei. Unbestritten sei, dass die B GmbH ab dem Jahr 2007 Mietentgelte in Höhe von 48.000 € jährlich verbucht habe. Der Revisionswerber habe in den Beilagen zu den Steuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 angegeben, dass ihm jährliche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von jeweils 48.000 € zuzurechnen seien. Mangels Zufluss der Einnahmen habe er aber jeweils 48.000 € wieder abgezogen; in den Steuererklärungen habe er daher einen Betrag von 0 € angegeben. Im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens habe der steuerliche Vertreter des Revisionswerbers angegeben, dass es keinen schriftlichen Mietvertrag, sondern nur eine mündliche Vereinbarung gebe. In der mündlichen Verhandlung habe der Revisionswerber einen im Grundbuch eingetragenen Baurechtsvertrag aus dem Jahr 2007 vorgelegt. Gemäß den Bestimmungen des Baurechtsvertrags sei lediglich ein Betrag von 500 € pro Monat (6.000 € jährlich) als Nutzungsentgelt zu entrichten. Der Revisionswerber und sein steuerlicher Vertreter hätten angegeben, dass dieser im Grundbuch eingetragene Vertrag bisher übersehen worden sei. Entsprechend den Bestimmungen des Baurechtsvertrags habe der Revisionswerber bereits zu viel von der B GmbH erhalten. Für die Streitjahre sei daher kein Nutzungsentgelt mehr zu entrichten gewesen. Ein höheres Nutzungsentgelt wäre überdies überhöht gewesen; der Revisionswerber habe das Grundstück im Jahr 2006 um ca. 280.000 € erworben.

10       Diesem Vorbringen sei zu entgegnen, dass es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass ein verbücherter Baurechtsvertrag von einem Steuerpflichtigen und seinem steuerlichen Vertreter bereits kurz nach Abschluss „übersehen“ werde. Vielmehr erscheine es als zutreffend, dass das im Baurechtsvertrag vereinbarte Nutzungsentgelt in Höhe von 6.000 € einvernehmlich auf einen Betrag von 48.000 € jährlich abgeändert worden sei. Diese Annahme entspreche auch der vom Revisionswerber und der B GmbH in der Folge gelebten Praxis. So habe der Revisionswerber auch in den Beilagen zur Erklärung der Steuerklärungen für die Streitjahre einen Betrag von 48.000 € jährlich angegeben, der ihm (nur) aufgrund mangelnden Zuflusses nicht zuzurechnen sei.

11       Diese Annahme werde auch dadurch untermauert, dass der steuerlich vertretene Revisionswerber sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag lediglich vorgebracht habe, dass die B GmbH zahlungsunfähig sei. Die Höhe des Nutzungsentgelts sowie die Angemessenheit des Nutzungsentgelts seien weder vom Revisionswerber noch von der belangten Behörde je bestritten oder widerlegt worden.

12       Zur Frage der Zahlungsunfähigkeit der B GmbH sei festzuhalten, dass bereits in der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 7. März 2016 festgestellt worden sei, dass die B GmbH in den Jahren 2009 bis 2013 nicht zahlungsunfähig gewesen sie. Dies habe sich unter anderem auf die Tatsache gegründet, dass der B GmbH im Wirtschaftsjahr 2013/14 noch Kreditwürdigkeit für die Aufnahme von neuen Drittmitteln zugekommen sei. Der Revisionswerber habe keinerlei Nachweise zur angeblichen Zahlungsunfähigkeit der B GmbH vorgelegt. Für die B GmbH seien in den Jahren 2015 und 2017 positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 20.000 € bzw. 40.000 € festgestellt worden. Im Jahr 2016 habe die B GmbH negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ca. 200.000 € erwirtschaftet. Aus der vorgelegten Bilanz ergebe sich jedoch, dass diese negativen Einkünfte nahezu zur Gänze aus den in diesem Jahr an den Revisionswerber verrechneten Nutzungsentgelten für das streitgegenständliche Grundstück stammten. Es könne daher in den betreffenden Jahren keine Zahlungsunfähigkeit der B GmbH festgestellt werden.

13       Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht schließlich zusammengefasst aus, zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner der Pachtzahlungen bestehe ein besonderes Naheverhältnis, da der Revisionswerber zu 100 % an der B GmbH beteiligt sei. Da die B GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei und die Fälligkeit der Pachtzahlungen zu bejahen sei, sei der Zufluss der Pachtzahlungen in Höhe von 48.000 € jährlich zu Recht angenommen worden. Das Vorbringen des Revisionswerbers, dass tatsächlich eine Überzahlung der Pachtschuld vorliege und ihm daher keine Mieteinnahmen zuzurechnen seien, entspreche nicht dem vom Revisionswerber tatsächlich verwirklichten Sachverhalt.

14       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.

15       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

17       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18       Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, die hier gegenständliche Rechtsfrage sei auf der Grundlage der vom Bundesfinanzgericht zitierten Entscheidung (VwGH 26.2.2013, 2010/15/0061) keinesfalls im Sinne der angefochtenen Entscheidung zu beantworten. Voraussetzungen für einen Zufluss ohne Geldfluss seien die Fälligkeit der Forderung und das Nichtvorliegen von Zahlungsunfähigkeit. Zur Frage, ob eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Falle geleisteter Überzahlungen mit Ansprüchen eines Baurechtsgebers kompensieren könne, fehle Rechtsprechung. Es gebe auch keine Rechtsprechung dahin, dass eine im Oktober 2007 getroffene Regelung in Umkehrung des Grundsatzes „lex posterior derogat legi priori“ durch eine zeitlich vorausgegangene Vereinbarung vom Dezember 2006 abgeändert werden könne. Schließlich fehle es auch an einer Rechtsprechung des Inhalts, dass für titellose Putativansprüche Einkommensteuer und Umsatzsteuer fällig werden könne; es gebe auch keine judizierte Rechtslage dahin, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die ihr selbst gehörenden Gebäude und ausschließlich nutzbaren Flächen neben dem Baurechtszins zusätzlich weitere Bestandzinszahlungen an einen Liegenschaftseigentümer zu leisten verpflichtet sein könne.

19       Die Revision ist nicht zulässig.

20       Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, liegt schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. z.B. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/06/0059; 11.5.2017, Ra 2015/21/0240 u.a.; 30.11.2017, Ra 2017/08/0083; 23.1.2019, Ra 2019/13/0003; 29.6.2020, Ra 2020/16/0066).

21       Nach den Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichts (§ 41 VwGG) wurde ein Nutzungsentgelt von 48.000 € jährlich vereinbart; weiters war die B GmbH in den Streitjahren nicht zahlungsunfähig. Ausgehend von diesen Sachverhaltsannahmen stellen sich die in der Revision zur Zulässigkeit geltend gemachten Rechtsfragen nicht. Dass diese Feststellungen aber mit einem die Zulässigkeit der Revision begründenden Verfahrensmangel (vgl. z.B. VwGH 22.11.2018, Ra 2017/15/0002; 27.2.2019, Ra 2019/15/0001; 23.10.2020, Ra 2020/13/0081) belastet wären, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

22       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Mai 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021130057.L00

Im RIS seit

28.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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