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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A AG in B, vertreten durch die Dorda Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 14. Dezember 2020, Zl. LVwG-751116/2/MB/MAH, betreffend Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Rohrbach), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 19. Oktober 2020 wurde der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuerkennung einer Vergütung gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für das an eine näher bezeichnete Arbeitnehmerin, die sich auf Grund der vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestützt auf § 25 EpiG erlassenen Verordnung über die Einreise auf dem Luftweg nach Österreich, BGBl. II Nr. 105/2020 idgF, in einer 14-tägigen Heimquarantäne befunden habe, während dieses Zeitraumes fortbezahlte Entgelt abgewiesen.
2 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat mit dem angefochtenen Erkenntnis die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier von Relevanz - aus, die Aufzählung der Alternativen in § 32 Abs. 1 EpiG sei als taxativ anzusehen. Der Aufenthalt in Heimquarantäne rechtfertige keine Vergütungsansprüche, so lange die Heimquarantäne nicht unter eine der Ziffern des § 32 Abs. 1 leg. cit. zu subsumieren sei. Im Revisionsfall käme ein Anspruch nach § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG in Betracht, es sei jedoch unbestritten, dass gegenüber der Mitarbeiterin der revisionswerbenden Partei kein Absonderungsbescheid im Sinne der §§ 7, 17 EpiG erlassen worden sei. Überhaupt sei keiner der in § 32 Abs. 1 EpiG gelisteten Sachverhalte verwirklicht worden, weshalb auch kein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges bzw. der als Dienstgeberin geleisteten Entgeltzahlungen bestehe.
4 Die daraufhin erhobene, vorliegende außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Dementsprechend erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben. Auf Vorbringen zur Revisionsbegründung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist nicht einzugehen, selbst wenn es als Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision bezeichnet ist (vgl. VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007; 25.4.2019, Ra 2019/09/0048).
8 In den gesondert vorzubringenden Gründen ist sohin konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008, mwN).
9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision jedoch dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ergangen wäre (siehe etwa VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124).
10 Zum anderen ist die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG - also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - vorliegt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. z.B. VwGH 25.2.2020, Ra 2019/09/0108).
11 Die revisionswerbende Partei begründet die Zulässigkeit der Revision zusammengefasst damit, dass Rechtsprechung zu den §§ 25 und 32 Abs. 1 EpiG fehle, auch das Verhältnis von § 25 EpiG und § 7 EpiG sei bislang durch die Rechtsprechung nicht geklärt worden. Die Rechtslage sei zudem weder klar noch eindeutig. Es mache keinen Unterschied, ob eine Absonderung mittels Bescheid oder wie im Revisionsfall durch eine Verordnung angeordnet werde, eine gemäß § 25 EpiG verfügte Quarantäne müsse gleich wie eine Maßnahme nach § 7 EpiG behandelt werden.
12 Dazu ist die revisionswerbende Partei auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen: In einem ähnlich gelagerten Fall ist das Verwaltungsgericht genauso wie im Revisionsfall zum Schluss gekommen, dass bei Nichtvorliegen eines Bescheides gemäß §§ 7, 17 EpiG die Voraussetzungen für einen Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG nicht vorliegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dem unter Verweis auf den klaren Wortlaut der Bestimmung angeschlossen und eine interpretative Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG aufgrund von „generellen Quarantäneanordnungen“ verneint (vgl. VwGH 23.4.2021, Ra 2020/09/0070).
13 Soweit die revisionswerbende Partei darauf hinweist, dass es sich nicht um einen Einzelfall handle, sondern es viele ähnlich gelagerte Fälle gebe, ist ihr die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten: Demnach bewirkt nämlich der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, nicht ihre Grundsätzlichkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0210). Bezüglich des Vorbringens, es fehle außerdem einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, ist die revisionswerbende Partei darauf zu verweisen, dass das Fehlen von Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes schon aufgrund des eindeutigen Wortlautes des Art. 133 Abs. 4 B-VG keine Zulässigkeit der Revision zu begründen vermag (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/09/0120).
14 Im Übrigen haben Gesetzgeber bzw. Verordnungserlasser des COVID-19-MG bzw. der „COVID-19-Verordnungen“ die in Rede stehenden Einschränkungen nicht isoliert erlassen, sondern „in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket eingebettet“ (vgl. die Darstellung des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis vom 14.7.2020, G 202/2020, Punkt 2.3.6). Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keine Bedenken, wenn nicht für alle Maßnahmen nach dem EpiG, die (mittelbar) Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens haben, eine Entschädigung nach § 32 EpiG vorgesehen wird. Die Rechtslage wurde im Übrigen bereits durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 2021, Ra 2021/03/0018, klargestellt.
15 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. Juni 2021
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090091.L00Im RIS seit
17.12.2021Zuletzt aktualisiert am
17.12.2021