TE Vwgh Beschluss 2021/6/8 Ra 2021/06/0080

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Veröffentlicht am 08.06.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache der E GmbH in I, vertreten durch die Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M., Rechtsanwalt GmbH in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 25. März 2021, LVwG-2021/25/0345-5, betreffend Aussetzung eines Verfahrens nach dem Tiroler Campinggesetz gemäß § 38 AVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Schriftsatz vom 21. September 2020 zeigte die Revisionswerberin eine Änderung des Campingplatzes in L. gemäß § 4 Tiroler Campinggesetz (TCG) an. Gemäß § 4 Abs. 4 TCG hat die Behörde ab Vorliegen einer vollständigen Anzeige innerhalb von vier Monaten das angezeigte Vorhaben schriftlich zur Kenntnis zu nehmen (lit. a), die Zustimmung mit schriftlichem Bescheid befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies zur Sicherstellung der Erfordernisse nach § 5 Abs. 2 erforderlich ist (lit. b), oder das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid zu untersagen, wenn sich ergibt, dass einem der Erfordernisse nach § 5 nicht entsprochen wird (lit. c).

2        Mit Bescheid vom 22. Jänner 2021 setzte die Bezirkshauptmannschaft I (Behörde) gemäß § 38 AVG das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Tiroler Landesregierung gemäß § 3a Abs. 1 bis 3 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) über eine allfällige Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) aus.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die Beschwerde gegen den Aussetzungsbescheid vom 22. Jänner 2021 ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das LVwG - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, mit dem Aussetzungsbescheid sei die Entscheidungsfrist der Behörde unterbrochen worden. Nach Ansicht des LVwG sei anzunehmen, dass Beschwerden gegen Aussetzungsbescheide keine aufschiebende Wirkung zukomme, weil es ansonsten im Belieben der Partei stünde, den einzigen Sinn und Zweck eines Aussetzungsbescheides nach § 38 AVG, nämlich die Entscheidungspflicht zu suspendieren, zu vereiteln (Hinweis auf VwGH 16.1.1985, 84/11/0243). Die Entscheidungsfrist der Behörde werde vielmehr schon mit der Erlassung des Aussetzungsbescheides unabhängig davon unterbrochen, ob dagegen noch ein Rechtsmittel zulässig sei. Daraus folge, dass der Aussetzungsbescheid die Frist von vier Monaten gemäß § 4 Abs. 4 TCG unterbrochen habe, weil der Behörde die Anzeige erst am 2. Oktober 2020 vollständig vorgelegen sei.

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens sei ausschließlich die Frage der verfügten Aussetzung durch die Behörde, nicht jedoch, ob für das gegenständliche Vorhaben eine UVP durchzuführen sei.

4        In der Revision wird unter „C.) Revisionspunkte und Anfechtungserklärung“ geltend gemacht, die Revisionswerberin erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, „ein Projekt gem § 4 Abs 5 Tiroler Campinggesetz ausführen zu dürfen sowie auf Einhaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung“. Die Revision werde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses, Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses begehrt.

5        Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 16.2.2021, Ra 2021/06/0003, Rn. 3 und 4, mwN).

6        Durch einen Aussetzungsbescheid kann ein Revisionswerber nicht in dem materiellen Recht verletzt sein. Bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird nicht dargetan, in welchen subjektiven Rechten sich die Revisionswerberin verletzt erachtet. Dabei handelt es sich nicht um die Geltendmachung von Revisionspunkten, sondern um die Behauptung von Aufhebungsgründen (vgl. VwGH 3.2.2021, Ra 2020/06/0324 bis 0326, Rn. 6, mwN) betreffend das Anzeigeverfahren nach dem TCG. Auch das Vorbringen zur „Einhaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung“ bezieht sich erkennbar auf die Zuständigkeit gemäß § 4 Abs. 4 lit. c TCG, das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid zu untersagen, nicht jedoch auf die Zuständigkeit des LVwG, über die Beschwerde gegen den Aussetzungsbescheid zu entscheiden. In Bezug auf die im vorliegenden Verfahren ausschließlich relevante Frage der Zulässigkeit der Aussetzung des Anzeigeverfahrens wird nicht aufgezeigt, welche Verletzung eines subjektiven Rechts eine Legitimation zur Revisionserhebung begründen könnte.

7        Da somit in den ausdrücklich und unmissverständlich ausgeführten Revisionspunkten keine subjektiv-öffentlichen Rechte angeführt werden, in denen die Revisionswerberin verletzt sein könnte, erweist sich die Revision schon mangels Darlegung eines tauglichen Revisionspunktes als unzulässig (vgl. nochmals VwGH Ra 2020/06/0324 bis 0326, Rn. 8, mwN) und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Juni 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060080.L00

Im RIS seit

30.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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