TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/18 95/08/0031

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §98 Abs2;
AVG §8;
GSVG 1978 §65 Abs2 impl;
GSVG 1978 §65 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des V in K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 1. Dezember 1994, Zl. VII/2-5890/2-1994, betreffend Zustimmung zur Übertragung "und Verpfändung" eines Pensionsteiles gemäß § 98 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers, auf das die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Darstellung des unstrittigen Sachverhaltes verweist, schuldet der Beschwerdeführer seinem Sohn "laut dem im Sinne des § 3 der Notariatsordnung vollstreckbaren Notariatsakt vom 5.7.1989" S 353.868,-- samt 12 % Zinsen seit 1. Juli 1989, wovon am 1. April 1993 noch "S 276.362,18 s.A." unberichtigt aushafteten.

Mit Schreiben vom 29. März 1993 richtete der Beschwerdeführer an die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag, sie möge "genehmigen, daß laut ASVG § 98 und § 98a im Sinne der Exekutionsordnungsnovelle 1991 der pfändbare Betrag" der Pension des Beschwerdeführers "unter Beachtung der Unterhaltspflicht für die Gattin" des Beschwerdeführers an dessen Sohn "verpfändet" und auf ein bestimmtes Konto bei der Sparkasse Krems "zur Überweisung gebracht wird". Dazu legte der Beschwerdeführer eine Kopie des Notariatsaktes vom 5. Juli 1989 und ein von seinem Sohn unterfertigtes Formblatt über die "Verpfändung der Gehalts-(Lohn-)Bezüge/Pensionsbezüge" vor.

Mit Bescheid vom 17. November 1993 entschied die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt über den Antrag auf Zustimmung "zur Übertragung und Verpfändung eines Pensionsteiles gemäß § 98 Abs. 2" ASVG, "betreffend eine Forderung von S 276.362,18" des Sohnes des Beschwerdeführers, gemäß § 410 Abs. 1 Z. 6 ASVG dahin, daß die Zustimmung nicht erteilt werde.

In seinem Einspruch gegen diese Entscheidung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er habe die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt in seinem Antrag "von der erfolgten Verpfändung der pfändbaren Teile" seiner Pension an seinen Sohn "informiert und die Erteilung der Zustimmung im Sinne des § 98 Abs. 2 ASVG beantragt". Es treffe zu, "daß im Punkt 4. des Notariatsaktes vom 5.7.1989 die Parteien ihre Einwilligung erteilt haben, daß dieser Notariatsakt in Ansehung aller aus demselben hervorgehenden, auf Geld lautenden Verbindlichkeiten gemäß § 3 der Notariatsordnung gleich einem vor Gericht geschlossenen Vergleich sofort vollstreckbar sein soll und daß die Zustimmung zur Pfändung aller Fahrnisse, insbesondere auch meiner Gehaltsansprüche, sowie zur Pfändung etwaiger Pensionsbezüge und Ansprüche nach dem Insolvenzsicherungsgesetz erteilt wurde". Daraus könne - im Gegensatz zu den Ausführungen der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt im erstinstanzlichen Bescheid - nicht geschlossen werden, daß es keiner "Zustimmung zur Übertragung" bedürfe. Wenngleich aufgrund des Notariatsaktes "auch unmittelbar die Einbringung eines Exekutionsantrages möglich" gewesen sei, so schließe dies "in keiner Weise die Abtretung bzw. Verpfändung von Pensionsansprüchen zur Abdeckung der Forderung laut Notariatsakt aus". Vielmehr sei "der im konkreten Fall gewählte Weg der kostensparendere, da die Kosten einer gerichtlichen Pfändung des Pensionsbezuges vermieden werden".

Die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides u.a. vertretene Auffassung, eine "Übertragung" der Pensionsansprüche des Beschwerdeführers sei nicht in seinem Interesse, sei nicht nachvollziehbar. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung lägen "vielmehr sämtliche Voraussetzungen dafür vor, daß die Zustimmung im Sinne des § 98 Abs. 2 ASVG zu erteilen" sei. Es bedürfe "keiner weiteren Ausführung", daß die Abdeckung der Forderung des Sohnes des Beschwerdeführers sowohl im Interesse des Beschwerdeführers als auch im Interesse seines Sohnes als eines nahen Angehörigen gelegen sei. Das Interesse des Sohnes des Beschwerdeführers "als nahen Angehörigen auf Erfüllung seiner Forderung gegen mich" sei "ohne weiteres evident". Darüber hinaus liege es selbstverständlich aber auch im Interesse des Beschwerdeführers, die Forderung seines Sohnes zu erfüllen.

In ihrer Stellungnahme zum Einspruch führte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt aus, sie habe "über die beantragte Übertragung UND Verpfändung nach § 98 Abs. 2 ASVG abgesprochen". Der Abspruch über die Verpfändung hätte aber nach § 98 Abs. 1 ASVG erfolgen müssen, weshalb gegen eine "Behebung" des Bescheides "keine Einwendungen" erhoben werden würden.

    Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde

aus, es werde dem Einspruch "gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) keine Folge gegeben, der

angefochtene Bescheid jedoch dahingehend abgeändert, daß dem

Antrag auf Zustimmung zur Verpfändung gemäß § 98 Abs. 1 des

Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nicht

stattgegeben, dem Antrag auf Zustimmung zur rechtswirksamen

Übertragung eines Pensionsteiles an ... gemäß § 98 Abs. 2 ASVG

nicht stattgegeben wird".

    Diese Entscheidung stützte die belangte Behörde darauf, daß

"bezüglich der beantragten Verpfändung ... vorerst auf die

Bestimmungen des § 98 Abs. 1 ASVG Bedacht zu nehmen" sei. Nach dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung erlaube sie "nur die Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen von in dieser Gesetzesstelle genannten Geldleistungen. Aufgrund der im § 98 Abs. 1 Z. 1 und 2 leg. cit. bloß taxativ aufgezählten Gründe ist eine extensive Auslegung dieser Gesetzesbestimmung nach Auffassung der Einspruchsbehörde nicht zulässig. Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die gegenständliche Pensionsleistung nicht unter die Bestimmungen des § 98 Abs. 1 Z. 1 und 2 ASVG subsumiert werden kann, weshalb dem diesbezüglichen Antrag auch nicht stattgegeben werden konnte".

Hinsichtlich der (von ihr nicht auch auf die Verpfändung bezogenen) "Entscheidung über die beantragte Zustimmung nach § 98 Abs. 2 ASVG" verwies die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gleichlautenden Bestimmung des § 65 Abs. 2 GSVG. Ein im Sinne dieser Rechtsprechung zu forderndes "objektiviertes Interesse" des Beschwerdeführers an der Anspruchsübertragung sei im Hinblick darauf, daß es um die Abdeckung schon in der Vergangenheit getätigter Aufwendungen seines Sohnes gehe, nicht feststellbar.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde, mit der unter ausdrücklicher Bezugnahme darauf, daß

die belangte Behörde dem "Antrag auf Zustimmung zur Verpfändung

gemäß § 98 Abs. 1 ASVG" und dem "Antrag auf Zustimmung zur

rechtswirksamen Übertragung eines Pensionsteiles ... gemäß § 98

Abs. 2 ASVG" nicht stattgegeben habe, nur das "Recht, die

Zustimmung zur Übertragung eines Pensionsteiles gemäß § 98

Abs. 2 ASVG ... zu erhalten", geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten des Einspruchsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Formulierung des Beschwerdepunktes erübrigt eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit eine Antragstellung auf Zustimmung sowohl zur Verpfändung als auch zur Übertragung derselben Anspruchsteile an dieselbe Person anzunehmen und wie damit in Ansehung der Verpfändung zu verfahren war.

§ 98 ASVG lautet:

"§ 98. (1( Die Ansprüche auf Geldleistungen nach diesem Bundesgesetz können unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 rechtswirksam nur in folgenden Fällen übertragen oder verpfändet werden:

1.

zur Deckung von Vorschüssen, die dem Anspruchsberechtigten von Sozialversicherungsträgern, vom Dienstgeber oder von einem Träger der Sozialhilfe auf Rechnung der Versicherungsleistung nach deren Anfall, jedoch vor deren Flüssigmachung gewährt wurden;

2.

zur Deckung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen gegen den Anspruchsberechtigten mit der Maßgabe, daß § 291 b EO sinngemäß anzuwenden ist.

(2) Der Anspruchsberechtigte kann mit Zustimmung des Versicherungsträgers seine Ansprüche auf Geldleistungen auch in anderen als den im Abs. 1 angeführten Fällen ganz oder teilweise rechtswirksam übertragen; der Versicherungsträger darf die Zustimmung nur erteilen, wenn die Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen ist.

(3) Die nicht auf Geldleistungen gerichteten Ansprüche sowie die Anwartschaften nach diesem Bundesgesetz können weder übertragen noch verpfändet werden. Der Teilersatz der Bestattungskosten (§ 173 Z. 2 lit. a) kann nur in den in Abs. 1 Z. 1 angeführten Fällen übertragen oder verpfändet werden."

In der Regierungsvorlage zum ASVG (599 BlgNR 7. GP, 43) wurde zur Stammfassung dieser Bestimmung ausgeführt, sie übernehme im wesentlichen den "bisherigen Rechtszustand", und der - bis heute unveränderte - zweite Absatz wie folgt erläutert:

"Eine Änderung tritt dadurch ein, daß ... die zur ausnahmsweisen Übertragung der Ansprüche zu anderen als den im Gesetz angeführten Zwecken erforderliche Zustimmung, die bisher den Landesbehörden als den Nachfolgern der seinerzeitigen Oberversicherungsämter oblag, aus Zweckmäßigkeitsgründen und zur Vereinfachung den Versicherungsträgern überlassen wird. Diese werden ausdrücklich verpflichtet, bei der Erteilung der Zustimmung ausschließlich auf die Interessen des Anspruchsberechtigten und seiner Angehörigen Bedacht zu nehmen, um diese vor den möglichen wirtschaftlich nachteiligen Folgen einer voreiligen Zession zu bewahren. Da der Versicherungsträger nach der Bestimmung des § 407 Z. 6 über den Antrag auf Zustimmung im Falle der gänzlichen oder teilweisen Ablehnung einen formellen Bescheid zu erteilen hat, ist der Anspruchsberechtigte in der Lage, im Instanzenzuge die Entscheidung des Versicherungsträgers überprüfen zu lassen; hiedurch erscheint eine objektive Beurteilung jedenfalls gesichert."

Die Abgrenzung gegenüber dem "bisherigen Rechtszustand" bezog sich in Ansehung des § 98 Abs. 2 ASVG auf § 119 Abs. 2 RVO, der wie folgt gelautet hatte:

"(2) Ausnahmsweise darf der Berechtigte auch in anderen Fällen den Anspruch mit Genehmigung des Versicherungsamts ganz oder zum Teil auf andere übertragen."

Nach dem Inkrafttreten des ASVG sprach der Verwaltungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen aus, dem Zessionar komme in der Auseinandersetzung darum, ob der Versicherungsträger der Zession die Zustimmung zu erteilen habe, wegen seines rechtlichen Interesses an der Zustimmung Parteistellung zu (Erkenntnisse vom 22. März 1961, Slg. Nr. 5526/A, und vom 18. April 1962, Zl. 1372/60). Im zweiten dieser Erkenntnisse formulierte der Verwaltungsgerichtshof - ohne Bezugnahme auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 98 ASVG - auch einen Rechtsstandpunkt dazu, wann die Anspruchsübertragung "im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen" sei. Er sprach aus, der Gesetzgeber habe mit diesen Worten "zum Ausdrucke gebracht, daß die Zustimmung ... nur dann erteilt werden darf, wenn der Berechtigte oder dessen nahe Angehörige durch die Übertragung in den Genuß eines Vorteiles gelangen, auf den sie sonst nicht Anspruches (gemeint: Anspruch) hätten". Daß "wirtschaftliche Nachteile" aus der Übertragung "nicht zu befürchten" seien, genüge nicht. Es müsse "vielmehr - wie sich aus der gesetzlichen Vorschrift ergibt - eine solche Übertragung dem Rentenempfänger oder dessen nahen Angehörigen zum Vorteil gereichen".

Ohne Anknüpfung an dieses Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu § 65 Abs. 2 GSVG - der mit § 98 Abs. 2 ASVG wörtlich übereinstimmt - zunächst aus, das erforderliche "Interesse" könne "nun begrifflich nicht mit jenem Interesse ident sein, das der Zedent als Vertragspartner des Zessionars an der Rechtswirksamkeit des privatautonom zustande gekommenen Vertragsinhaltes hat", sondern setze "ein objektiviertes, von der Behörde festzustellendes Interesse voraus, das in einer Verbesserung der rechtlichen Situation des Geldleistungsberechtigten gelegen ist und ihn keinem Risiko dabei aussetzt, daß ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließt" (Erkenntnis vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/08/0167; ebenso die Erkenntnisse vom 19. November 1987, Zl. 86/08/0230, vom 2. Juli 1991, Zl. 89/08/0293 (Slg. Nr. 13.464/A; SV-Slg. 38.888), und vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0124). In drei weiteren Erkenntnissen zu § 65 Abs. 2 GSVG vertrat der Verwaltungsgerichtshof jeweils auch den Standpunkt, es sei offen, ob unter "nahen Angehörigen" im Sinne dieser Bestimmung nicht nur unterhaltsberechtigte Angehörige zu verstehen seien, im Falle einer "Konkurrenz" der Interessen des Anspruchsberechtigten mit denjenigen seiner nahen Angehörigen gingen die Interessen des Anspruchsberechtigten vor, und ein allfälliges Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen daran, durch die Anspruchsübertragung der Exekutionsführung durch Dritte zuvorzukommen, sei nicht schutzwürdig (vgl. dazu die zitierten Erkenntnisse vom 19. November 1987, 2. Juli 1991 und 30. September 1994).

In den Fällen, die den zuletzt genannten Erkenntnissen zugrunde lagen, war zur Begründung des Interesses an der Anspruchsübertragung jeweils geltend gemacht worden, ein Sohn (Erkenntnisse vom 19. November 1987 und 2. Juli 1991) bzw. die Lebensgefährtin (Erkenntnis vom 30. September 1994) des Anspruchsberechtigten, auf den bzw. die der Anspruch jeweils übertragen werden sollte, bedürfe der Unterstützung, wodurch auch "Gegenleistungen" aus einem Leibrentenvertrag gesichert würden (Erkenntnis vom 19. November 1987), oder habe - wie im vorliegenden Fall - aufgrund schon in der Vergangenheit liegender Aufwendungen für den Anspruchsberechtigten und ihm gewährter "Darlehen" Forderungen gegen ihn (Erkenntnisse vom 2. Juli 1991 und vom 30. September 1994). Der Verwaltungsgerichtshof führte zur ersten dieser Konstellationen aus, daß ein "objektiviertes Interesse" des Anspruchsberechtigten an einer Übertragung des Anspruches nicht erkennbar sei, weil er den angegebenen Zweck auch dadurch erreichen könne, daß er die jeweils ausgezahlte Pension an seinen Sohn weiterleite, und das Fehlen eines in der zustimmungspflichtigen Vereinbarung geregelten "Zusammenhanges" mit den "Gegenleistungen" aus dem Leibrentenvertrag für den Anspruchsberechtigten ein Risiko und somit eine Verschlechterung bedeute (Erkenntnis vom 19. November 1987). Zur Schuldentilgung im Wege der Anspruchsabtretung wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß der angestrebte Zweck auch hier durch laufende Zahlungen aus den Pensionsleistungen und somit ohne Anspruchsabtretung erreichbar sei, und daß letztere - abgesehen vom nicht schutzwürdigen Interesse an der Abwehr anderer Gläubiger - "wegen der der Abtretung immanenten Einschränkung" der "Verfügungsmacht" über Teile der Pensionsbezüge "eher eine Verschlechterung" der rechtlichen Lage des Anspruchsberechtigten bedeute (Erkenntnis vom 2. Juli 1991). In der "bloßen Entlastung von einer offenen Darlehensverbindlichkeit" könne "auch kein Zufließen des wirtschaftlichen Gegenwertes der Versicherungsleistung erblickt" werden (Erkenntnisse vom 2. Juli 1991 und 30. September 1994).

In der Lehre wurden Zweck und Auslegung des § 98 ASVG vor allem im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob das "Zessionsverbot" - gemeint: die Zustimmungsbedürftigkeit der Anspruchsübertragung - im Sinne einer Ausnahme hinsichtlich des Kostenersatzanspruches bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes teleologisch zu reduzieren sei (vgl. dazu Schrammel in Tomandl, Sozialversicherungssystem, 2.1.4.2., mit einer Darstellung des Meinungsstandes). Zu § 98 Abs. 2 ASVG wurde dabei u.a. die Auffassung vertreten, der Sozialversicherungsträger dürfe einer Anspruchsübertragung zwar nur zustimmen, wenn sie im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen liege. Das heiße aber "noch nicht notwendig, daß in diesen Fällen der Sozialversicherungsträger jedenfalls zur Zustimmung verpflichtet wäre". Es komme vielmehr darauf an, ob die Verweigerung der Zustimmung "rechtsmißbräuchlich" sei, was nicht zutreffe, wenn die Zustimmungsverweigerung etwa dem "gesetzlich gebotenen Schutz des Vertragsarztsystems vor seiner Gefährdung durch das Sachleistungsprinzip imitierende Finanzierungs- und Abrechnungssysteme" diene (Krejci, Soziale Sicherheit 1988, 302 (309 f)).

Der zuletzt wiedergegebene Standpunkt steht zu den - in die Betrachtung nicht einbezogenen - Absichten der Gesetzesverfasser, soweit sie aus den bereits zitierten Materialien erschließbar sind, in klarem Widerspruch. Die Versicherungsträger sollten danach "ausdrücklich verpflichtet" werden, "bei der Erteilung der Zustimmung AUSSCHLIEßLICH (im Original nicht hervorgehoben) auf die Interessen des Anspruchsberechtigten und seiner Angehörigen Bedacht zu nehmen". Welche Bedeutung dieser an sich eindeutigen Aussage angesichts des nicht ebenso klar formulierten Gesetzestextes zukommt, braucht für den vorliegenden Fall aus den im folgenden darzulegenden Gründen aber nicht beantwortet zu werden.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung, die zu im wesentlichen gleichgelagerten Fällen erging, kann die vorliegende Beschwerde nämlich schon deshalb nicht Erfolg haben, weil die Anspruchsübertragung danach nicht im Sinne des Gesetzes "im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen ist".

Der Beschwerdeführer hält dem nicht entgegen, der zu beurteilende Fall unterscheide sich in rechtlich erheblicher Hinsicht von denen, die den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (im besonderen dem Erkenntnis vom 2. Juli 1991, Zl. 89/08/0293) zugrunde lagen. Er vertritt vielmehr einerseits die Ansicht, die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes fänden im Gesetz keine Deckung, und meint andererseits ohne Vergleich des Sachverhalts mit den früheren Beschwerdefällen, durch das Interesse an der Vermeidung der Kosten einer Exekutionsführung des Sohnes des Beschwerdeführers gegen diesen und angesichts des Umstandes, daß der "wirtschaftliche Gegenwert" des zu übertragenden Anspruchsteiles dem Beschwerdeführer schon "vorschußweise" zugeflossen sei, seien auch die vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Erfordernisse erfüllt.

Zum zweiten diese Argumente kann auf die zitierten Erkenntnisse vom 2. Juli 1991 und 30. September 1994 verwiesen werden, insoweit dort - im Hinblick auf die Möglichkeit freiwilliger Zahlungen aus der dem Anspruchsberechtigten zufließenden Pension - dem Argument der Entlastung von der Darlehensverbindlichkeit ohne zusätzliche Belastung mit Zinsen oder Exekutionskosten keine Bedeutung zuerkannt wurde. Welche Hindernisse solchen Zahlungen im vorliegenden Fall entgegenstehen sollten, ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu entnehmen. Im besonderen wird die - der Herbeiführung der Zustimmung nach der dargestellten Rechtsprechung grundsätzlich auch nicht förderliche - Behauptung, es drohe ein Zugriff anderer Gläubiger auf die Pension des Beschwerdeführers, nicht aufgestellt. Was den "wirtschaftlichen Gegenwert" anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof in den erwähnten Erkenntnissen auch ausgesprochen, die bloße Entlastung von einer offenen Darlehensverbindlichkeit sei nicht als Zufließen dieses "Gegenwerts" zu verstehen. Letztlich kommt es darauf nicht an, weil die Anspruchsübertragung zwar in der Regel nicht im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen sein wird, wenn das Zufließen eines Gegenwertes nicht gesichert ist, umgekehrt aber auch das Zufließen eines Gegenwertes kein objektivierbares Interesse an der Anspruchsübertragung begründet, wenn die in letzterer - im Vergleich zu laufenden Zahlungen aus der dem Anspruchsberechtigten zufließenden Pension - gelegene Beschränkung der Verfügungsmacht nicht in konkreten Umständen des Falles eine sachliche Rechtfertigung findet. Ist kein Vorteil erkennbar, der sich nur auf diese Weise erzielen ließe, so wird die hier - wie in allen bisher entschiedenen Fällen - in Rede stehende Übertragung von Teilen eines Pensionsanspruches angesichts des Zwecks solcher Ansprüche, in dauerhafter Weise der Befriedigung der laufenden Bedürfnisse des Anspruchsberechtigten zu dienen, schon wegen der in die Zukunft wirkenden Beschränkung der Verfügungsmacht über die Pension mit der Gefahr wirtschaftlich nachteiliger Folgen im Sinne der Erläuternden Bemerkungen zu § 98 Abs. 2 ASVG verbunden sein. Soweit es um Pensionsansprüche geht, ist in diesem Sinn auch an der Rechtsprechung, daß es eines konkreten, nicht anders erzielbaren Vorteils bedürfe, um die Anspruchsübertragung zu rechtfertigen, ohne die Gefahr eines Widerspruches zu den in den Materialien beschriebenen Gesetzeszwecken festzuhalten.

Unter dem Gesichtspunkt des "wirtschaftlichen Gegenwerts" ist aber auch darauf hinzuweisen, daß sich laufende Pensionsansprüche mit früheren Aufwendungen Dritter - mögen sie auch jeweils zum Unterhalt des Anspruchsberechtigten beigetragen haben - von ihrem Zweck her nicht so in Beziehung setzen lassen, daß sich dies (analog der Diskussion über das bereits "befriedigte Bedürfnis" - vgl. dazu Schrammel, a.a.O. - des Forderungsberechtigten im Falle des Erstattungsanspruches nach der Inanspruchnahme eines Wahlarztes) als Argument für eine Ausnahme der Zessionen zur Tilgung derartiger Schulden aus dem Bereich der nach § 98 ASVG zustimmungspflichtigen Verfügungen ins Treffen führen ließe.

Grundsätzliche Kritik an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übt der Beschwerdeführer in der Frage, wie der Fall einer "Konkurrenz der Interessen" des Anspruchsberechtigten selbst mit denjenigen seiner nahen Angehörigen zu beurteilen sei. Der Beschwerdeführer führt dazu aus, die Interessen des Anspruchsberechtigten und seiner nahen Angehörigen seien nach dem Gesetz "gleichberechtigt" und es könne das Interesse eines nahen Angehörigen "auch bei völligem Fehlen" eines Interesses des Anspruchsberechtigten selbst "ausreichen".

Diesem Einwand ist insofern präzisierend zu begegnen, als die Interessen (nur) eines nahen Angehörigen etwa dann, wenn ihm die Übertragung von Anspruchsteilen vom Anspruchsberechtigten auf einen Dritten Vorteile verschafft, in deren Genuß er sonst nicht kommen könnte, nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auch für sich genommen ausreichen können, um die Voraussetzungen für eine Zustimmung zur Anspruchsübertragung herzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch nicht ausgeschlossen, daß die Interessen eines nahen Angehörigen in dieser Hinsicht genügen können, wenn der Anspruch ganz oder teilweise auf ihn selbst übertragen werden soll. Er hat dies nur für den Fall verneint, daß das Interesse des Angehörigen sich in seinem Interesse als Gläubiger und Zessionar erschöpft und "ein darüber hinausgehendes spezifisches Interesse" als "naher Angehöriger" nicht geltend gemacht wird (vgl. dazu das Erkenntnis vom 2. Juli 1991, Zl. 89/08/0293). Die Übertragung von Ansprüchen oder Anspruchsteilen an nahe Angehörige müßte sonst - aus der Sicht des vom historischen Gesetzgeber verfolgten Konzeptes - von der Zustimmungspflicht überhaupt ausgenommen sein, was nicht der Fall ist. Auch bei Vorliegen über die bloße Stellung der Beteiligten als Gläubiger und Schuldner aus einem Schuldverhältnis hinausreichender, gleichgerichteter Interessen an der Erfüllung der schuldrechtlichen Verpflichtungen des Anspruchsberechtigten hätte sich die Beurteilung im Sinne der zitierten Erkenntnisse vom 19. November 1987 und 2. Juli 1991 aber jeweils auch darauf zu erstrecken, ob für die Erfüllung dieser Verpflichtungen im Wege der Anspruchsübertragung anstelle laufender Zahlungen ein nachvollziehbarer und schutzwürdiger, weil nicht nur auf die Abwehr anderer Gläubiger zielender Grund erkennbar ist. Insoweit sich bei objektiver Beurteilung der Interessenlage in dieser Hinsicht, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Unwiderruflichkeit der Verfügung, der im Gesetz nicht unmittelbar geregelte Fall eines Interessenkonfliktes zwischen dem Anspruchsberechtigten selbst und dem als Zessionar beteiligten nahen Angehörigen ergibt, kann dieser Konflikt bei Beachtung des schon aus dem Gesetz selbst erkennbaren Zwecks der Vorschrift nur im Sinn des Schutzes der Interessen des Anspruchsberechtigten auch gegenüber gegenläufigen Interessen eines nahen Angehörigen gelöst werden. Auch an der Rechtsprechung zur "Konkurrenz" zwischen Interessen des Anspruchsberechtigten selbst und solchen naher Angehöriger ist demnach festzuhalten.

Die vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Anspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995080031.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten