TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/18 96/04/0292

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Veröffentlicht am 18.03.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des C in P, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. November 1996, Zl. Ge-214148/11-1996/Pan/Neu, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Versicherungsmakler" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 5 sowie § 87 Abs. 2 und § 26 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, im gegenständlichen Fall seien unbestrittenermaßen zwei Entziehungstatbestände zu prüfen. Einerseits treffe § 87 Abs. 1 Z. 1 (gerichtliche Straftat) und andererseits § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 (Konkursabweisung) zu. Der letztere Entziehungstatbestand würde dann nicht greifen, wenn die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. erfüllt seien. Diese Voraussetzungen wären im gegenständlichen Fall dann gegeben, wenn die Einkünfte der gegenständlichen persönlichen Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers zur Befriedigung der Gläubiger der in Konkurs verfangen gewesenen

Gesellschaft m.b.H. verwendet würden. Die diesbezüglichen vom Beschwerdeführer vorgelegten Nachweise seien jedoch wenig beweiskräftig, weil aus ihnen nicht ersichtlich sei, daß die bezahlten Beträge Forderungen der in Konkurs verfangen gewesenen Gesellschaft m.b.H. beträfen. Dessenungeachtet hätten die Ermittlungen ergeben, daß zahlreiche Exekutionen gegen den Beschwerdeführer ergebnislos geblieben seien, woraus zu schließen sei, daß der Beschwerdeführer kaum Geldleistungen an die Gläubiger der in Konkurs verfangen gewesenen Gesellschaft m.b.H. entrichten könne, weil seine finanzielle Lage derart angespannt sei, daß die gegen ihn gerichteten Exekutionen ins Leere gingen. Im Hinblick auf dieses Erhebungsergebnis habe weder die Wirtschaftskammer Oberösterreich noch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich einen Einwand gegen die Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung vorgebracht. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sei eindeutig klargelegt, daß die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht gegeben seien, sodaß ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gerechtfertigt sei. Da im gegenständlichen Fall auch keine Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 26 GewO 1994 habe erlangt werden können, habe die Erstbehörde die Gewerbeberechtigung zu Recht entzogen. Damit sei der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. hinreichend belegt, sodaß die Prüfung des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. entbehrlich sei, zumal der Nachweis über das Zutreffen eines Entziehungstatbestandes die Entziehung der Gewerbeberechtigung rechtfertige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er vor, es sei richtig und er habe dies auch nie bestritten, daß er handelsrechtlicher Geschäftsführer einer (näher bezeichneten) Gesellschaft m.b.H. gewesen sei, wobei er sich allerdings in diesem Unternehmen nicht aktiv beteiligt, sondern nur als Treuhänder für eine andere Person fungiert habe. Der eigentliche Grund für den Zusammenbruch des Unternehmens sei der gewesen, daß diese andere Person anläßlich eines Bankraubes verhaftet worden und daher der operative Teil des Unternehmens weggefallen sei, sodaß seitens des Unternehmens keinerlei operative Tätigkeit mehr habe entfaltet werden können. Es sei auch richtig, daß er vom Landesgericht Linz am 25. Februar 1993 wegen §§ 146 und 147 Abs. 3 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden sei. Zu der von der belangten Behörde vertretenen Meinung, die von ihm angebotenen Beweise seien nicht aussagekräftig, werde ausdrücklich auf seine Stellungnahme und Urkundenvorlage vom 12. August 1996 bzw. auch auf seine Stellungnahme vom 18. Oktober 1996 verwiesen. In beiden Stellungnahmen sei zu den Exekutionsverfahren Stellung genommen und mehrere Einstellungsschreiben, Vergleichsausfertigungen und Einzahlungsbelege vorgelegt worden. Auch sei vorgebracht worden, es sei auf Grund der Fülle der Unterlagen schwierig, jeweils gesondert Zahlungsbelege vorzulegen, da auch Barzahlungen erfolgt seien und zum Zeitpunkt der Stellungnahme sich die Einzahlungsbelege beim Steuerberater befunden hätten. Es sei ausdrücklich in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen worden, es möge, wenn auch eine Vorlage dieser Einzahlungsbelege begehrt werde, eine entsprechende Frist eingeräumt werden. Eine weitere Fristeinräumung bzw. ein weiteres Begehren der belangten Behörde auf Vorlage dieser Urkunden sei nicht mehr erfolgt, sodaß der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, es werde seinen Ausführungen in der Stellungnahme seitens der belangten Behörde nicht entgegengetreten. Der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 sei (aus näher dargestellten Gründen) in subjektiver Hinsicht nicht gegeben. Im übrigen würden die potentiellen Gläubiger durch den Entzug der Gewerbeberechtigung benachteiligt, da dem Beschwerdeführer dadurch die Möglichkeit genommen würde, Einkünfte aus dieser Tätigkeit zu ziehen und damit die Gläubiger zu befriedigen.

Gemäß § 87 Abs. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

1.

auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder

2.

einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt. ...

Nach § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Nach dem Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht strittig. Der Beschwerdeführer bestreitet allerdings die Rechtsansicht der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbetreibenden erwartet werden kann, daß er neben den bisher aufgelaufenen Zahlungspflichten auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098). Daß darüber hinaus der Gewerbetreibende noch in der Lage sein muß, wie die belangte Behörde offenbar meint, auch fremde Schulden, nämlich jene der in Konkurs verfangen gewesenen Gesellschaft, auf die der Gewerbetreibende einen maßgeblichen Einfluß im Sinne des § 13 Abs. 5 GewO 1994 hatte, zu befriedigen, kann dem Gesetz als Voraussetzung für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 2 leg. cit. nicht entnommen werden. Es war daher verfehlt, wenn die belangte Behörde schon deshalb ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung als unzulässig erachtete, weil der Beschwerdeführer keinen ausreichenden Nachweis über die Berichtigung solcher Forderungen vorlegte.

Entsprechend der oben dargelegten Rechtslage hätte es zur Beurteilung, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt sind, vielmehr Feststellungen darüber bedurft, welche konkrete Forderungen bestehen, für die der Beschwerdeführer persönlich haftet, und die er nicht bei Fälligkeit zu befriedigen in der Lage ist.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage einen solchen Sachverhalt nicht geprüft hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040292.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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