Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in U, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Februar 1996, Zl. Ge-262508/5-1996/Kut/Bla, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Februar 1996 wurde dem Beschwerdeführer die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe "Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren" gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 verweigert. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Jahre 1968/69 die Matura und am 16., 17. und 21. Juni 1977 die Prüfung für den gehobenen Finanzdienst abgelegt. Aufgrund dieser Prüfung habe er Kenntnisse des Finanzierungswesens und Rechnungswesens (Finanzbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Kundenabrechnung, Lohnabrechnung) sowie des Steuerrechtes nachgewiesen. Der Beschwerdeführer habe auch Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechtes nachgewiesen. Dies entpreche dem gleichartigen Teil der mündlichen Befähigungsprüfung aus Gesellschafts- und Handelsrecht. Der Beschwerdeführer habe jedoch keine Kenntnisse in der Unternehmensführung, in der Materialwirtschaft, der Absatzwirtschaft, der Personal- und Sozialwirtschaft, der Produktion, der Organisation, im Beratungswesen, in der Beratungstechnik sowie in der Arbeitshygiene und Unfallverhütung nachgewiesen. Weiters fehlten Nachweise über Kenntnisse im Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Gewerberecht, der Kammerorganisation, dem bürgerlichen Recht, dem Wettbewerbsrecht und dem Kontrollrecht. Hiezu könne auch die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Betriebsprüfer nichts beitragen. Der Beschwerdeführer besitze daher nicht die hinreichende tatsächliche Befähigung zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 24. September 1996, B 1097/96, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Gewährung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis verletzt. Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, die belangte Behörde wäre als Behörde erster Instanz zur Entscheidung über sein Nachsichtsansuchen zuständig gewesen. Dadurch, daß sie jedoch als Berufungsbehörde entschieden habe, sei ihm der Rechtszug an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorenthalten worden. Im übrigen würden die von ihm abgelegte Matura sowie die Prüfung für den gehobenen Finanzdienst die beantragte Nachsicht rechtfertigen, weil sich ein Unternehmensberater und Unternehmensorganisator keineswegs mit Materialwirtschaft, Absatzwirtschaft, Personal- und Sozialwirtschaft, der Produktion, in der Arbeitshygiene sowie in der Unfallverhütung auszukennen brauche. Andere Betriebsberater, insbesondere ein dem Beschwerdeführer persönlich bekannter, verfügten weder über die Matura, noch über die im angefochtenen Bescheid geforderten Kenntnisse. Zur Unternehmensberatung seien Kenntnisse der Finanzbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Lohnabrechnung, Kundenabrechnung, im Steuerrecht und im Gesellschaftsrecht sowie ASVG-Kenntnisse erforderlich. Im übrigen müsse ihm die Fähigkeit zugestanden werden, kundgemachte Gesetze zu lesen und ihren Inhalt zu verstehen - abgesehen davon seien ihm aufgrund seines Studiums der Rechtswissenschaft die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowohl des Privat- wie auch des Strafrechtes bekannt. Über Hygienekenntnisse verfüge er aufgrund des seinerzeitigen Fahrschulbesuches. Der angefochtene Bescheid sei weiters nicht schlüssig begründet, weil die als nachgewiesen gewerteten Kenntnisse des Steuer-, Gesellschafts- und Handelsrechtes notwendigerweise Grundkenntnisse im Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Zivilrecht etc. voraussetzten. Es sei nicht einmal konkret festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer über die entsprechenden Kenntnisse nicht verfüge. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei daher mangelhaft; von einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren könne keine Rede sein.
Gemäß § 124 Z. 22 GewO 1994 zählt das Gewerbe der Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben.
Gemäß § 346 Abs. 1 Z. 1 lit. a GewO 1994 ist für die Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis der Landeshauptmann für bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe, für Handwerke und für gebundene Gewerbe, bei denen die Prüfung vor einer vom Landeshauptmann zu bestellenden Kommission abzulegen ist (das sind gemäß § 351 Abs. 1 GewO 1994 die Gewerbe der Bestatter, Fremdenführer, Gastgewerbe und Reisebüros) zuständig, im übrigen jedoch gemäß § 346 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 die Bezirksverwaltungsbehörde.
Im vorliegenden Fall hat daher die Bezirksverwaltungsbehörde zu Recht in erster Instanz entschieden.
Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn
1.
nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen, oder
2.
eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und
a)
dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder
b)
wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1996, Zl. 94/04/0245, und die hier zitierte Vorjudikatur), kann von einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nur dann gesprochen werden, wenn aufgrund der vom Nachsichtswerber beigebrachten Unterlagen bzw. aufgrund des Ergebnisses des über sein Vorbringen bzw. sonst durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß er immerhin über so viele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.
Die belangten Behörde ist - ausgehend von den Bestimmungen der Verordnung über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren - in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise zur Auffassung gelangt, die Erbringung von Leistungen, welche in der Regel von Inhabern dieses Gewerbes verlangt werden, setzte u.a. Kenntnisse in der Unternehmensführung, in der Materialwirtschaft, der Absatzwirtschaft, der Personal- und Sozialwirtschaft, der Produktion, der Büro- und Verwaltungsorganisation, im Beratungswesen und in der Beratungstechnik sowie in der Arbeitshygiene und der Unfallverhütung voraus. Daß diese Auffassung unzutreffend wäre, wird durch das nicht näher begründete Beschwerdevorbringen, ein Unternehmensberater und -organisator brauche sich in diesen Bereichen nicht auszukennen, nicht aufgezeigt; der Hinweis auf einen Unternehmensberater, der über die in Rede stehenden Kenntnisse tatsächlich nicht verfüge, ist bereits an sich nicht geeignet, in der Sache etwas beizutragen. Andererseits behauptet der Beschwerdeführer - mit Ausnahme des nicht nachvollziehbaren Vorbringens, er habe Hygienekenntnisse durch den Besuch der Fahrschule erworben - selbst nicht, über Kenntnisse in den genannten Wissensbereichen zu verfügen.
Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der dem Beschwerdeführer unbestrittenermaßen fehlenden Kenntnisse in den genannten Bereichen zur Auffassung gelangte, er verfüge nicht über jene Kenntnisse und Erfahrungen, die erforderlich sind, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.
Soweit der Beschwerdeführer aber unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vorbringt, der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich der von ihm nachgewiesenen Rechtskenntnisse unschlüssig begründet, so ist ihm zu entgegnen, daß selbst ein diesbezüglich allenfalls vorliegender Mangel ohne Relevanz für das Verfahrensergebnis im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wäre.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040218.X00Im RIS seit
20.11.2000