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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AHStG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie den Senatspräsidenten Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 15. Februar 1995, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war ab dem Wintersemester 1983/84 bis 12. Juli 1994 an der Universität Salzburg für die Studienrichtung Sportwissenschaften immatrikuliert und in dieser Zeit mit Ausnahme einiger Semester, u.a. des Sommersemesters 1994, auch inskribiert.
Mit Bescheid vom 31. August 1994 wies das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) den Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. April 1994 auf Gewährung von Notstandshilfe für die Zeit vom 11. April bis 11. Juli 1994 mit der Begründung ab, daß sie bis 11. Juli 1994 an der Universität Salzburg immatrikuliert gewesen sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die Behörde stütze sich offensichtlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, wonach das Studium erst mit der Exmatrikulation als beendet gelte. Dieses Erkenntnis stehe aber im Widerspruch zur AHStG-Novelle 1992. Danach dürfe eine Zulassung zu Prüfungen und zu Lehrveranstaltungen nur für jene Studierenden vorgenommen werden, die ein Studium betrieben. Die Meldung über den Beginn und die Fortsetzung des Studiums erfolge jedoch gemäß § 10 Abs. 1 AHStG durch die Inskription. Die Aussetzung der Inskription komme daher der Aussetzung des Studiums gleich. Dies gelte auf Grund der Abschaffung des Rechtinstitutes des "Prüfungskandidaten" durch die genannte Novelle ohne Ausnahme. Da die Beschwerdeführerin im Sommersemester 1994 nicht inskribiert gewesen sei, gelte sie nicht als Studentin und stehe daher § 12 Abs. 3 lit. f AlVG der Annahme der Arbeitslosigkeit nicht entgegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Bescheidbegründung hielt die belangte Behörde dem Berufungsvorbringen entgegen, daß die Beschwerdeführerin ihr Studium vor ihrer Exmatrikulation am 12. Juli 1994 nicht formell beendet habe. Sie hätte es im Falle des Unterbleibens der Exmatrikulation auch wieder aktiv fortsetzen können. Nach Auffassung der belangten Behörde liege das Nahziel des Studierenden so lange im Abschluß der Ausbildung (und nicht im Einstieg in die Arbeitswelt), als er nicht exmatrikuliert habe. Eine Ausnahme hievon nach § 12 Abs. 4 AlVG habe nicht erteilt werden können, weil die Beschwerdeführerin vor Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit eine durchgehende Parallelität von Studium und aktivem Dienstverhältnis nur in der Zeit vom 24. Dezember 1989 bis 30. März 1990, also durch drei Monate und eine Woche, aufgewiesen habe. Dadurch sei aber die notwendige Voraussetzung einer Ausnahmebewilligung, nämlich einer Parallelität von Studium und Dienstverhältnis durch längere Zeit hindurch, wofür als Richtschnur 1 Semester anzunehmen sei, nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in diesem Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 5. September 1995, Zl. A 128/95, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, näher angeführte Satzteile des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung, BGBl. Nr. 609/1977, und des § 12 Abs. 4 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 - aus den im Beschluß vom 25. April 1995, Zl. A 19/95 (94/08/0259), ausführlich dargelegten Gründen - als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 7. März 1996, Zlen. G 72/95 u.a., diesen Bedenken nicht angeschlossen und demgemäß u.a. den gegenständlichen Antrag abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hält auch in ihrer Beschwerde die schon im Berufungsverfahren vertretene Auffassung aufrecht, sie sei zufolge ihrer Nichtinskription im Sommersemester 1994 trotz aufrechter Immatrikulation nicht mehr als "ordentlicher Hörer einer Hochschule" im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG zu werten. Die gegenteilige Meinung der belangten Behörde stehe aus den schon in der Berufung angeführten Gründen im Widerspruch zur AHStG-Novelle 1992. Diesbezüglich werde neuerlich auf den schon im Berufungsverfahren vorgelegten Erlaß des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 9. Juli 1992 verwiesen, der laute:
"Gemäß § 8 Abs. 1 AHStG sind ordentliche Hörer auf Ansuchen, insbesondere zum Studium im Ausland oder zwecks Durchführung wissenschaftlicher oder praktischer Tätigkeit, vom Rektor auf die Dauer von höchstens sechs Semestern zu beurlauben.
Eine Zulassung von Studierenden, die gemäß § 8 Abs. 1 AHStG beurlaubt worden sind, zu Prüfungen oder zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen ist unzulässig, da das Studium durch die (besondere Form der) Aussetzung unterbrochen wurde. Eine Zulassung darf erst nach neuerlicher Inskription erfolgen. Dabei ist die Sonderbestimmung des § 8 Abs. 3 AHStG zu beachten.
Eine Zulassung von Studierenden, die die Inskription ohne vorherige Beurlaubung ausgesetzt haben, ist ebenso unzulässig. Eine Zulassung zu Prüfungen und zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen darf nur für jene Studierenden vorgenommen werden, die ein Studium betreiben. Die Meldung über den Beginn und die Fortsetzung des Studiums erfolgt jedoch gemäß § 10 Abs. 1 AHStG durch die Inskription.
Die Aussetzung der Inskription kommt daher der Aussetzung des Studiums gleich. Auf Grund der Abschaffung des Rechtsinstituts des "Prüfungskandidaten" durch die AHStG-Novelle 1992 ab 1. September 1992 gilt dies ohne Ausnahme."
Daraus folge, daß es der Beschwerdeführerin im Sommersemester 1994 nicht möglich gewesen sei, ihr Studium aktiv fortzusetzen. Die gegenteilige Rechtsansicht der belangten Behörde sei demgemäß verfehlt.
Dieser Auffassung ist nicht beizupflichten.
Zunächst ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0140, näher dargelegt hat, unter einem "ordentlichen Hörer einer Hochschule" im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG auch ein ordentlicher Hörer einer Universität zu verstehen.
Nach § 4 Abs. 1 AHStG ist Voraussetzung für die Zulassung zum Studium u.a. (nach lit. a) die Aufnahme als ordentlicher Hörer in den Verband der Hochschule durch Immatrikulation (§ 6). Nach § 6 Abs. 1 AHStG hat sich derjenige, der den Abschluß eines ordentlichen Studiums (§ 13) und die Zulassung zu den hiefür vorgesehenen Prüfungen anstrebt, um Aufnahme als ordentlicher Hörer in der Form der Immatrikulation an einer für die gewählte Studienrichtung zuständigen Hochschule (§ 15 Abs. 2) zu bewerben. Nach diesen Bestimmungen hat die Immatrikulation demnach den Inhalt der Zulassung zu einem bestimmten (ordentlichen) Studium (Studienrichtung, Studienzweig) an einer bestimmten Universität (vgl. FN 1 zu § 4 AHStG und FN 3 zu § 6 AHStG in Langeder-Strasser, Hochschulrecht) und ist Inskriptionsvoraussetzung und Voraussetzung aller anderen Glieder im Aufbau ordentlicher Studien, insbesondere etwa der Prüfungszulassung (vgl. FN 4 zu § 6 AHStG im eben genannten Werk). Nach § 10 Abs. 1 AHStG meldet der Studierende durch die Inskription der Universität (Hochschule), daß er das gewählte Studium (§§ 9 und 13) im betreffenden Semester beginnen oder fortsetzen werde. Nach § 6 Abs. 5 AHStG erlischt die Immatrikulation (Exmatrikulation) nicht nur durch den Abschluß des Studiums durch erfolgreiche Ablegung der für die Studienrichtung des Studierenden vorgeschriebenen Prüfungen, es sei denn, daß er im darauffolgenden Semester ein ordentliches Studium anschließt (lit. c), sondern u.a. auch dadurch, daß der ordentliche Hörer seine Studien länger als zwei Semester unterbricht, ohne beurlaubt oder behindert (§ 8) zu sein. Wenn keine wichtigen Gründe vorliegen, so ist eine solche Unterbrechung jedenfalls anzunehmen, wenn der ordentliche Hörer die Inskription unterläßt und auch keine Prüfungen mit positivem Erfolg ablegt, keine Diplomarbeit oder Dissertation zur Approbation einreicht, oder wenn eine Diplomprüfung oder ein Rigorosum, mit Ausnahme des letzten Rigorosums, auch nach der dreifachen in den Studienvorschriften vorgesehenen Zeit unbeschadet der Bestimmungen des § 30 nicht erfolgreich abgelegt wurde. Das Recht, die versäumten Prüfungen abzulegen, bleibt jedoch gewahrt (lit. b).
Diese Bestimmungen in Verbindung mit dem geltenden, insbesondere in den §§ 14, 20, 21 und 27 Abs. 2 AHStG zum Ausdruck kommenden System der Mindeststudiendauer (vgl. die Anmerkungen 6 und 10a zu § 14 AHStG, die FN 1 bis 3 zu § 20 leg. cit. und die Anmerkungen 3a und 6 zu § 27 leg. cit. in dem genannten Werk) erweisen, daß die Inskription nicht unbedingte Voraussetzung zur Ablegung einer Prüfung ist, sondern (unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 AStG in Verbindung mit den obzitierten Bestimmungen der §§ 14, 20 und 21 leg. cit., d.h. u. a. der Inskription der "vorgeschriebenen Semester") die Eigenschaft eines ordentlichen (immatrikulierten) Hörers genügt (vgl. Anm. 33 zu § 6 AHStG im genannten Werk). Ausnahmsweise haben sogar Personen, die keine ordentlichen Hörer sind, einen Anspruch auf Zulassung zu einer Prüfung (vgl. Anm. 40 zu § 6 AHStG im genannten Werk). Daran hat grundsätzlich der Entfall der Wortfolge "oder die Meldung als Prüfungskandidat innerhalb der Inskriptionsfrist" in § 6 Abs. 5 lit. b AStG nach der Wortfolge "wenn der ordentliche Hörer die Inskription unterläßt" durch die AHStG-Novelle 1992, BGBl. Nr. 306, nichts geändert; er diente nach den Erläuterungen der Regierungsvorlage (455 Blg. NR. XVIII. GP, 9), lediglich "der Rechtsbereinigung, da das Institut des Prüfungskandidaten keine andere Funktion hat als jene der Inskription; beides dient der Rückmeldung bei der Universität." An der Berechtigung einer Zulassung zu Prüfungen hat die genannte Novelle, im übrigen auch nicht nach einer erfolgten Beurlaubung, wie § 8 Abs. 3 AHStG erweist, wenn auch mit den genannten Einschränkungen, nichts geändert.
Aus diesem Grund hält der Verwaltungsgerichtshof seine im Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, vertretene Rechtsauffassung aufrecht, daß jedenfalls ein Studierender, der nach § 10 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 6 und 13 AHStG der Universität durch die Inskription nach seiner Aufnahme als ordentlicher Hörer in der Form der Immatrikulation meldet, daß er das gewählte ordentliche Studium im betreffenden Semester beginnen oder forstsetzen werde, so lange nicht als arbeitslos gilt, als er nicht in der nach den studienrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Form (nämlich der Exmatrikulation) die Beendigung seines Studiums wirksam dokumentiert. Darauf, ob in einem solchen Fall (nämlich bei einer Nichtinskription nach bereits erfolgter Erstinskription) auch die Möglichkeit einer Zulassung zu Prüfungen besteht, und insofern ein "aktives" Studium möglich ist, kommt es zufolge der formalen Anknüpfung des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht an (vgl. zur Irrelevanz eines "aktiven" Studiums während erfolgter Inskription ebenfalls das Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0269, sowie zuletzt das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0154).
Die Nichtinskription der (seit dem Wintersemester 1983/84 immatrikulierten und mit Ausnahme weniger Semester auch inskribierten) Beschwerdeführerin im Sommersemester 1994 hat ihr daher nicht die Eigenschaft eines "ordentlichen Hörers an einer Hochschule" im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG genommen.
Da die belangte Behörde, ausgehend von der nicht bekämpften Feststellung, die Beschwerdeführerin weise vor Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit nur eine durchgehende Parallelität von Studium und aktivem Dienstverhältnis von drei Monaten und einer Woche auf, auch zu Recht die nach § 12 Abs. 4 AlVG erforderliche Parallelität von Studium und
arbeitslosenversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis verneint hat (vgl. dazu die ausführlichen Darlegungen im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125), was im übrigen auch die Beschwerdeführerin gar nicht in Abrede stellt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996080145.X00Im RIS seit
18.10.2001