TE Bvwg Beschluss 2020/12/7 W240 2236779-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.12.2020

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch


W240 2236777-1/3E
W240 2236779-1/2E
W240 2236778-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER nach Beschwerde von XXXX , alle StA. Somalia, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 13.08.2020,
Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0513/2020, beschlossen:

A) Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Erstbeschwerdeführer ( XXXX ), ist der Bruder des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers ( XXXX ) und der Halbbruder der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ). Alle sind Staatsangehörige Somalias und stellten am 13.08.2018 bei der Österreichischen Botschaft Nairobi (in der Folge: ÖB Nairobi) Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde die Mutter XXXX , StA. Somalia, namhaft gemacht, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2015, Zl. W149 1430368-1/26E, der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

Die Beschwerdeführer legten folgende Dokumente vor:

Die Beschwerdeführer betreffend:

-        relevante Seiten der Reisepässe (Kopie)

-        Geburtsurkunden (somalisch, englisch)

-        Somalische ID (somalisch, englisch)

Die Bezugsperson betreffend:

-        Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 22.07.2016 und 26.07.2017, mit denen jeweils die befristete Aufenthaltsberechtigung verlängert wurde,

-        Mitteilung über den Leistungsanspruch „Arbeitslosengeld“ vom 22.01.2018 (täglich 25,52 EUR)

-        Lohn/Gehaltsabrechnung Jänner – März 2018

-        Reisepasskopie

-        Asylkarte

-        E-Card

-        Österreichische Meldebestätigung

-        Mietvertrag über eine 55 m2 große Wohnung vom XXXX .2018

-        Wochengeldbescheinigung in der Höhe von 45,94 EUR inkl. Auszahlungsbestätigung einer österreichischen Gebietskörperschaft vom 06.06.2018

-        Dienstzeugnisse vom 02.07.2018 und vom 15.07.2016

Mit Schreiben vom 10.09.2018 wies die ÖB Nairobi darauf hin, dass die Geburtsurkunden der drei mj. Kinder erst am XXXX .2016 ausgestellt worden seien und zu diesem Zeitpunkt die drei angeblichen Kinder der Bezugsperson bereits mehrere Jahre alt gewesen seien. Weiters wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson laut vorgelegter Unterlagen ein Wochengeld während ihres Mutterschutzes in der Höhe von 45,94 EUR täglich beziehe.

2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 05.02.2019 führte das BFA aus, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1 - 3 AsylG von den Beschwerdeführern nicht erfüllt worden seien und eine Einreise der Beschwerdeführer iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine, da kein aufrechtes Familienleben mehr mit der Bezugsperson vorliege/kein tatsächliches Familienleben bestehe.

In der beiliegenden Stellungnahme wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson über keine ortsübliche Unterkunft verfüge, welche für ihre drei minderjährigen Kinder vor dem Hintergrund, dass sie aktuell mit ihrem vierten Ehemann und vierten Kind in einer Wohnung von 55 m2 lebe, eine „adäquate Unterkunft“ darstelle. Ebenso könne nicht davon ausgegangen werden, dass angesichts des bezogenen Mutterschaftsgeldes in der Höhe von 45,94 EUR täglich keine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft eintreten würde, zumal die Bezugsperson nicht zuletzt auch in Österreich ein minderjähriges Kind habe und demnach unterhaltspflichtig sei. Auch habe kein schützenswertes Familienleben erkannt werden können. Die Bezugsperson habe Somalia im Jahr 2011 verlassen und bestehe daher seit mehreren Jahren kein gemeinsamer Haushalt mehr. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.06.2012 habe die Bezugsperson angegeben, vor zwei Monaten, demnach im April 2012, den letzten Kontakt zu ihren Kindern gehabt zu haben und seither nichts von ihnen gehört zu haben. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.07.2015 wurde seitens der Bezugsperson nicht dargelegt, dass diese regelmäßigen Kontakt zu den drei minderjährigen Kindern pflege. Somit sei klar ersichtlich, dass die Mutter nach dem letzten telefonischen Kontakt im Jahr 2011 bis mindestens Juli 2015 nicht mit den Kindern in Kontakt gestanden sei. Ein Familienleben innerhalb dieses Zeitraums habe somit nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund könne seitens der Behörde keine materielle Familieneigenschaft iSd Art 8 EMRK festgestellt werden. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass sich Widersprüche hinsichtlich der persönlichen Umstände der Bezugsperson aufgetan hätten. Ferner sei für die erkennende Behörde zumindest auffallend, dass keiner der drei Ehegatten aus Somalia in Somalia aufhältig sei bzw. lebe. Illustrativ werde ausgeführt, es sei dem Bundesamt bekannt, dass geradezu „typischerweise“ bei eingelangten Einreiseanträgen, jenes Elternteil welches in Somalia aufhältig sei versterbe bzw. verschwinde bzw. verziehe. Unter Verweis auf das Schreiben der ÖB Nairobi sei ebenso beizufügen, dass der Umstand, wonach die vorgelegten Geburtsurkunden der drei minderjährigen Kinder erst am XXXX .2016 ausgestellt worden seien, ebenso als zumindest auffallend zu bewerten sei und in Gesamtschau dem Beweis einer materiellen Familieneigenschaft iSd Art. 8 EMRK ebenso abträglich sei.

3. Mit Schreiben vom 05.02.2019 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Mitteilung und Stellungnahme des BFA lagen dem Schreiben bei und wurde ausgeführt, es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. In einer - nach Fristerstreckung - fristgerecht eingelangten Stellungnahme vom 20.02.2019 machten die Beschwerdeführer im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die Bezugsperson die leibliche Mutter der Beschwerdeführer sei. 2002 habe die Bezugsperson ihren ersten Ehemann geheiratet, aus der ersten Ehe, die 2004 geschieden worden sei, würden der Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführer stammen. Im Jahr 2006 habe die Bezugsperson dann ihren zweiten Ehemann geheiratet, das gemeinsame Kind der beiden sei die Drittbeschwerdeführerin. Aufgrund ihrer Entführung durch die Al Shabaab habe die Bezugsperson im Jahr 2011 Somalia verlassen müssen und im Oktober 2011 einen Asylantrag in Österreich gestellt Alle leiblichen Kinder würden sich seit der Flucht der Bezugsperson bei ihrer Großmutter mütterlicherseits aufhalten. Diese sei jedoch schwer krank und nicht mehr in der Lage sich um ihre Enkel zu kümmern. Nach Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten habe die Bezugsperson als Raumpflegerin zu arbeiten angefangen. Seit dem XXXX .2018 sei die Bezugsperson aufgrund ihrer Schwangerschaft in Mutterschutz bzw. in Karenz. Ihr viertes Kind sei in Österreich geboren worden, derzeit beziehe die Bezugsperson Kinderbetreuungsgeld sowie Familienbeihilfe. Der leibliche Vater des Kindes wohne zwar in derselben Stadt wie die Bezugsperson, jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt. Mit dem Kindesvater bestehe jedoch eine Unterhaltsvereinbarung. Die minderjährigen Beschwerdeführer würden nach der Ausreise der Bezugsperson weiterhin in der namentlich bezeichneten Ortschaft in Somalia leben. Bis 2015 bzw. 2016 sei es in diesem Gebiet regelmäßig zu Kampfhandlungen zwischen der Al Shabaab und den Regierungstruppen gekommen. Das Mobilfunknetz sei nicht oder nur zeitweise verfügbar gewesen, da die Al Shabaab dieses kontrolliert habe. Immer wenn das Mobilfunknetz in Betrieb gewesen sei, hätten sich die minderjährigen Beschwerdeführer bei ihrer Mutter gemeldet. Es hab immer wieder Phasen gegeben, in denen das Mobilfunknetz für mehr als zwei Monate nicht funktionsfähig gewesen sei. In der Regel hätten Telefonate jedoch ein bis zwei Mal pro Monat stattgefunden. Seit 2016 habe sich der Kontakt nun einfacher gestaltet, da nun die Regierungstruppen dieses Gebiet kontrolliert hätten und das Mobilfunknetz regelmäßig zur Verfügung stehe.

Unmittelbar nach Ablauf der vorgegebenen dreijährigen Wartefrist ab Erhalt des Status der subsidiär Schutzberechtigten hätten die Beschwerdeführer ihren Antrag gestellt um das bestehenden Familienleben mit ihrer Mutter in Österreich fortsetzen zu können. Seit dem XXXX .2018 wohne die Bezugsperson zur Miete in einer 55 m2 Wohnung. Diese verfüge über alle notwendigen sanitären Einrichtungen sowie über Elektrizität und Warmwasserversorgung. Die Unterkunft sei angesichts der familiären Verhältnisse als ortsüblich anzusehen.

Zum Einkommen werde ausgeführt, die Bezugsperson beziehe Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 33 EUR pro Tag. Ebenfalls stehe ihr Familienbeihilfe in der Höhe von 144 EUR pro Monat zu. Darüber hinaus habe sich der Vater des vierten Kindes zur Zahlung von monatlich 250 EUR verpflichtet. Bei Berücksichtigung all dieser Einkünfte sowie einer monatlichen Mietzahlung von 360 EUR liege das Einkommen der Bezugsperson nur knapp unter dem geforderten Richtsatz.

Bei den Beschwerdeführern handle es sich um die leiblichen Kinder der Bezugsperson. Von einer Lösung jeglicher Verbindung könne im gegenständlichen Fall nicht die Rede sein. Die Bezugsperson sei aufgrund der fluchtauslösenden Ereignissen gezwungen gewesen, ihr Heimatland zu verlassen und die drei minderjährigen Beschwerdeführer in Somalia zurückzulassen. Es habe jedoch weiterhin telefonischer Kontakt bestanden. Die vom BFA angeführte Tatsache, dass seit 2011 kein gemeinsamer Haushalt mehr bestanden sei, sei somit irrelevant, da das Familienleben auch in anderen Formen fortgesetzt werden könne und nicht von einer Lösung jeglicher Verbindung gesprochen werden könne, da stets telefonischer Kontakt bestanden habe.

Im vorliegenden Fall würden die Kriterien des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht gänzlich erfüllt werden. Dennoch sei eine Mitteilung über die wahrscheinliche Asylgewährung zu erteilen, da der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG hier zur Anwendung komme.

Zum Tod der drei Ehegatten sei anzumerken, das BFA verkenne die Zustände in Somalia, das Land befinde sich seit mehreren Jahrzehnten im Bürgerkrieg, der Hunderttausende Todesopfer und Vertriebene mit sich gebracht habe. Der Erstehemann der Bezugsperson sei im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens noch am Leben gewesen, daher seien die Angaben der Bezugsperson im Rahmen ihrer Antragstellung korrekt gewesen.

Es sei in Somalia die Regel, dass anlässlich der Geburt eines Kindes keine Geburtsurkunde ausgestellt werde. Diese werde erst beantragt, wenn entsprechende Dokumente tatsächlich benötigt werden würden, wie in diesem Fall für das Verfahren einer Familienzusammenführung nach § 35 AsylG. Selbst wenn die Echtheit der Dokumente angezweifelt werde, wäre dies für sich allein kein tauglicher Grund den Antrag abzuweisen. Gem. § 13 Abs. 4 BFA-VG habe das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht einem Fremden, der sich in einem Verfahren nach § 35 AsylG auf ein Verwandtschaftsverhältnis berufe, welches er nicht mit unbedenklichen Unterlagen nachweisen könne, die Vornahme einer DNA Analyse zu ermöglichen. Es wurde im Schreiben nochmals die ausdrückliche Bereitschaft sowohl der Beschwerdeführer als auch der Bezugsperson zur Vornahme eines DNA-Tests zum Nachweis der Familieneigenschaft bekundet.

Der Stellungnahme waren folgende Unterlagen beigelegt:

-        Niederschrift vom 27.06.2012

-        Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 01.07.2015

-        Meldezettel des Vaters des vierten Kindes

-        Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft vom 19.02.2019

-        Unterhaltsvereinbarung vom 13.02.2019

-        Mietvertrag vom 28.12.2015

-        Dienstzeugnisse vom 15.07.2016 und vom 02.07.2018

-        vier Unterstützungsschreiben von Privatpersonen vom 25.06.2015, 26.06.2015 (zwei Mal) und 24.06.2015

Mit Schreiben vom 25.11.2019 übermittelte die ÖB Nairobi die Zustimmungserklärung zur Datenverarbeitung bezüglich einer DNA-Analyse der Bezugsperson.

5. In einer erneuten Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 24.02.2020 führte das BFA aus, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG von den Beschwerdeführern nicht erfüllt worden seien und eine Einreise der Beschwerdeführer iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde sowie, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne, seien nicht erbracht worden. In der ergänzenden Stellungnahme wurde ausgeführt, das DNA-Gutachten habe die Mutterschaft der Bezugsperson zu den Beschwerdeführern belegt. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AsylG seien nicht erfüllt worden, ein ZMR-Auszug habe ergeben, dass zwei weitere Personen (das Kind sowie der Lebensgefährte) bei der Bezugsperson leben würden. Weiters beziehe die Bezugsperson laufend Leistungen aus der Notstandshilfe bzw. Überbrückungshilfe. Die Bezugsperson sei sohin in ihrer Lebensführung von sozialer Unterstützung abhängig und stelle somit selbst eine finanzielle Belastung für die Gebietskörperschaft dar. Zum Vorbringen hinsichtlich des Ablebens bzw. des Verschwindens der Ehemänner in Somalia werde von der Behörde festgehalten, dass jene Widersprüche auch im Zuge der Einvernahme nicht beseitigt worden seien. Vielmehr hätten sich weitere Anhaltspunkte ergeben, welche darauf schließen lassen würden, dass die Konstellation wonach die beiden Ex-Männer nicht zugegen wären, jedenfalls fragwürdig erscheinen würden. Diesbezüglich werde insbesondere auf die beigefügte, ergangene Niederschrift und auf den Aktenvermerk vom 12.12.2020 verwiesen.

Dem Aktenvermerk vom 12.12.2019 ist insbesondere zu entnehmen, dass mithilfe eines Dolmetschers der Erstbeschwerdeführer kontaktiert worden sei und dieser widersprüchliche Angaben zum Vater der Drittbeschwerdeführerin getätigt habe.

6. Mit Schreiben vom 25.02.2020 wurde den Beschwerdeführern eine erneute Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt.

7. In der am 03.03.2020 datierten Stellungnahme wurde abermals ausgeführt, der Lebensgefährte der Bezugsperson wohne mit dieser nicht im gemeinsamen Haushalt. Unabhängig davon könne aber der für eine ortsübliche Unterkunft herangezogene Prüfmaßstab nicht nachvollzogen werden. Hinsichtlich der Größe der Wohneinheit sei anzuführen, dass diese angesichts der Zusammensetzung der Familie und des Alters der Kinder als „ortsüblich“ anzusehen sei. Die Wohnung verfüge über eine Gesamtgröße von
53 m2, die sich im Wesentlichen auf zwei große Zimmer aufteile. Somit stünde für die Mutter, als auch für die Kinder jeweils ein eigener Schlafraum zur Verfügung. Die Bezugsperson sei arbeitssuchend und lebe derzeit von Notstandshilfe in der Höhe von
31,58 EUR pro Tag. Auf diese bestehe aufgrund ihrer vorangegangenen Erwerbstätigkeit ein Rechtsanspruch. Es handle sich dabei auch nicht wie vom BFA dargestellt um eine Sozialleistung, sondern um eine Versicherungsleistung. Darüber hinaus stünden ihr Familienbeihilfe und Kindesunterhalt zu. Im vorliegenden Fall komme der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 AsylG zur Anwendung, da es sich bei den Beschwerdeführern bewiesenermaßen um die leiblichen Kinder der Bezugsperson handle. Österreich sei der einzige Staat, in dem das gemeinsame Familienleben fortgesetzt werden könne.

Der Stellungnahme waren neben den bisher vorgelegten noch folgende Unterlagen beigelegt:

-        Familienbeihilfebescheid

-        Mitteilung über die Bewilligung der Notstandshilfe

Am 12.03.2020 gab die Vertretung der Beschwerdeführer eine ergänzende Stellungnahme ab. In dieser wurde vorgebracht, der Bezugsperson sei es gelungen mit ihrem Lebensgefährten zusätzlich Zimmer anzumieten und ihnen würden nun eine Wohnungsgröße vom 85 m2 zur Verfügung stehen. Durch den nunmehr gemeinsamen Haushalt mit dem Vater des vierten Kindes der Bezugsperson, sei dessen Erwerbstätigkeit in das Haushaltseinkommen einzubeziehen, aus dem sich ein monatlich zur Verfügung stehendes Nettoeinkommen in der Höhe von 2.428,65 EUR ergebe.

Der Stellungnahme beigelegt waren:

-        Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft vom 09.03.2020

-        Wohnbestätigung vom 06.03.2020 einer GmbH

-        Miet- und Betriebskostenvorschreibung vom 06.03.2020

-        Sozialversicherungsauszug vom 06.03.2020

-        Verdienstnachweis des Lebensgefährten vom Februar 2020

-        Bestätigung über die Arbeit als Reinigungskraft vom 06.03.2020 die Bezugsperson betreffend

8. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dieses am 12.08.2020 per E-Mail mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Eine Unterbringung von fünf Personen in einer 53 m2 großen Wohnung, bestehend aus zwei Zimmer, könne keinesfalls als ortsübliche Unterkunft angesehen werden. Ergänzend sei dem Roten Kreuz absolut beizupflichten, dass das Einkommen der Bezugsperson, welches weitgehend aus Sozialleistungen durch die Republik Österreich bestehe, eben ausdrücklich nicht die in § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG geforderte Schwelle erreicht habe und somit ein Versagungsgrund vorliege. Auch ein Verweis auf Art. 8 EMRK habe in diesem Fall keine Berücksichtigung zu finden, da die Fluchtgründe der Bezugsperson nicht glaubhaft gewesen seien und der subsidiäre Schutz nur aufgrund der Lage in Somalia zuerkannt worden sei.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.08.2020 wies die ÖB Nairobi die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher vorgebracht wurde, durch die Anmietung weiterer Zimmer betrage die Wohnnutzfläche nunmehr 85 m2. Es sei im abweisenden Bescheid nicht erkennbar, inwieweit auf das Vorbringen der ergänzenden Stellungnahme vom 12.03.2020 und die darin nachgewiesene Anmietung weiterer Räumlichkeiten an derselben Adresse durch die Bezugsperson und ihren Lebensgefährten eingegangen worden sei. Abermals wurde ausgeführt, bei den Beschwerdeführern handle es sich um die leiblichen Kinder der Bezugsperson, was der DNA-Test bestätigt habe. Die Trennung der Familie sei ein Resultat der Fluchtgründe der Bezugsperson. Die Trennung habe somit keineswegs freiwillig stattgefunden, vielmehr seien die Familienmitglieder durch die fluchtauslösenden Ereignisse dazu gezwungen worden. Zum Zeitpunkt des abweisenden Bescheides habe sich die Bezugsperson bereits im vorzeitigen Mutterschutz befunden. Das Wochengeld in der Höhe von monatlich 1.851,94 EUR stellte einen Ersatz für das in diesem Zeitraum entfallenen Einkommen dar und sei daher als Einkommensbestandteil zu werten. Zusätzlich stehe der Bezugsperson zu dem die Familienbeihilfe in der Höhe von 172,40 EUR monatlich zur Verfügung und die Unterhaltsvereinbarung in der Höhe von 250,- EUR. Das monatlich zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen liege somit deutlich über jenem Einkommen, dass zur Sicherheit des Lebensunterhalts nach § 60 Abs. 2 Z 2 AsylG erforderlich sei. Darüber hinaus widerspreche auch die Tatsache, dass der Lebensgefährte durch seinen Arbeitslohn faktisch ebenfalls zum Haushaltseinkommen beitrage und selbstverständlich Miet- und Lebenshaltungskosten mittrage, dem pauschalen Vorhalt, die Einreise der Beschwerdeführer würde zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen.

Der Beschwerde beigelegt waren folgende bisher noch nicht vorgelegte Unterlagen:

-        Deutsche Übersetzung der Geburtsurkunde und Bestätigung der ID der Beschwerdeführer

-        Verdienstnachweis des Lebensgefährten Juli und August 2020

-        Gutschrift an die Bezugsperson von der österreichischen Gesundheitskasse vom 02.09.2020

-        Wochengeldbescheinigung vom 17.08.2020

-        Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.08.2015

-        Bestätigung über den letztmaligen Erhalt von Leistungen aus der Mindestsicherung im November 2015 vom 20.08.2020

11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 06.11.2020, eingelangt am 11.11.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerden und Zurückverweisung:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

„§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“


§ 35 AsylG 2005:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

„§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

„§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.“

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 FPG lautet:

„§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

§ 13 Abs. 4 BFA-VG lautet:

„Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.“

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“

3. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12.11.2014, Zl. Ra 2014/20/0029 (unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) zur Anwendung des
§ 28 Abs. 3 VwGVG ausgeführt:

„Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Ekenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.“

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassens des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel: „Verwaltungsverfahren Band I2“, E 84 zu § 39 AVG).

Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Zl. 2014/22/0034; vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 sowie vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423). Innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 – geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems steht es allerdings dem Bundesverwaltungsgericht offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Im vorliegenden Fall gründet sich die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen auf die Argumentation, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AsylG nicht erfüllt wären und die Einreise zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Allerdings hat es das Bundesamt unterlassen, das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführer zur Gänze zu würdigen. Daher sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet. Dies aus folgenden Gründen:

Im gegenständlichen Verfahren wurde mehrfach auf die Angaben der Bezugsperson, welche diese im Rahmen ihres in Österreich geführten Asylverfahrens vor dem Bundesasylamt bzw. vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigt hat, verwiesen, was weder im weiteren Verlauf des Verfahrens noch in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden war. Den vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Bezugsperson, in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 27.06.2012 – sohin mehr als sechs Jahre vor der gegenständlichen Antragstellung – Angaben zu ihren drei Ehegatten und zu ihren Kindern, den nunmehrigen Beschwerdeführern tätigte. Sie gab an, zwei (namentlich genannte) Kinder aus erster Ehe zu haben und ein (namentlich genanntes) Kind aus zweiter Ehe. Ihre drei Kinder würden derzeit bei ihrer Mutter leben und von ihr versorgt werden. Zwei Monate zuvor hätte sie den letzten telefonischen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt und seitdem nichts mehr gehört, da es dort Probleme gebe. Ihr zweiter Ehegatte sei im Februar 2008 umgebracht worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.07.2015 führte die Bezugsperson ebenso aus, dass ihre drei Kinder bei ihrer Mutter leben würden. Zudem erklärte die Rechtsvertretung, dass der erste Gatte bei einem Anschlag ums Leben gekommen wäre, er wäre derjenige gewesen, der die Familie versorgt hätte. Seitdem sei die Mutter der Bezugsperson psychisch angeschlagen, insbesondere gebe es jetzt auch niemanden mehr, der für den Unterhalt der Kinder aufkomme. Auch führte sie in der mündlichen Verhandlung an, es sei schwer, dass eine Mutter weit von ihren Kindern entfernt sei.

Dieses Vorbringen hat das Bundesamt unberücksichtigt gelassen, obwohl die Schlussfolgerung, es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass die Bezugsperson in mehr als sechs Jahre zuvor liegenden Einvernahmen betreffend ihre Familie falsche Angaben tätigt, da diese zum damaligen Zeitpunkt (Juni 2012) gar nicht wissen konnte, ob ihr ein Schutzstatus zuerkannt wird bzw. – gegebenenfalls – wann dies der Fall sein wird, durchaus nachvollziehbar und plausibel wirkt.

Es ist hierbei insbesondere auf die Ergebnisse der DNA-Tests zu verweisen, wonach es sich bei den Beschwerdeführern um die leiblichen Kinder der Bezugsperson handelt.

Aus dem Aktenvermerk vom 12.12.2019 ergibt sich, der Erstbeschwerdeführer, der mittels Dolmetscher telefonisch kontaktiert wurde, habe angegeben, dass sein Vater verstarb, als er noch klein gewesen wäre. Lediglich seine Halbschwester (die Drittbeschwerdeführerin) hätte noch einen Vater. Diese Aussage revidierte der Erstbeschwerdeführer und gab schließlich an, dass der Vater seiner Schwester tot wäre. Es ist zwar nicht ersichtlich, wie lange dieses Telefonat gedauert hat, aber dem Aktenvermerk nach kann von einem recht kurzen Telefonat ausgegangen werden, wobei der Erstbeschwerdeführer lediglich zu den Vätern befragt wurde. Auch wenn das Bemühen der belangten Behörde sich mit dem Erstbeschwerdeführer in Verbindung zu setzen durchaus löblich ist, so hat es die belangte Behörde hierbei verabsäumt dem Erstbeschwerdeführer Fragen zum Familienleben, zur Bezugsperson (zu ihrer Bindung, zur Häufigkeit des Kontaktes usw.) zu stellen.

Es ist dem BFA zuzustimmen, dass der Bezugsperson ihre Fluchtgeschichte nicht geglaubt wurde, festgestellt wurde, dass sie keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte, und ihr war lediglich subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Dass aber kein Familienleben zwischen Bezugsperson und ihren minderjährigen Kindern (mehr) besteht, ist aus dem Akteninhalt nicht erkennbar, zumal die Bezugsperson während ihres Verfahrens stets von ihren Kindern sprach, die Mutterschaft mittels DNA bewiesen wurde und das Kindeswohl hinreichend Berücksichtigung zu finden hat.

Da aus dem Akt nicht klar ersichtlich ist, ob tatsächlich ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, hat die belangte Behörde im weiteren Verfahren weitere Ermittlungen in diesem Zusammenhang anzustellen. Es werden die Beschwerdeführer - zumindest der Erstbeschwerdeführer - einzuvernehmen sein, um das Verhältnis der Familienmitglieder zueinander hinreichend zu ermittelt und dazu entscheidungswesentliche Feststellungen treffen zu können. So sind unter anderem Fragen zu den Vätern, zur Bindung zur Mutter, die Häufigkeit des Kontaktes usw. zu stellen. Gegebenenfalls werden der Bezugsperson zeitgleich die gleichen Fragen wie den Beschwerdeführern (bzw. zumindest dem Erstbeschwerdeführer) zu stellen sein.

Zur behaupteten Wohnungsnahme in der XXXX ist noch der Vollständigkeit halber anzumerken, dass entgegen den Behauptungen, weder die Bezugsperson noch ihr Lebensgefährte dort gemeldet sind. Einem ZMR-Auszug ist lediglich zu entnehmen, dass Personen aufgelistet werden, die an dieser Adresse allerdings nicht wohnen. Auch wenn vorgebracht wurde, dass die Bezugsperson und ihr Lebensgefährte zusätzliche Zimmer angemietet hätten, erscheint auffallend, warum weder die Bezugsperson noch der Lebensgefährte dort gemeldet sind bzw. warum zu dieser Adresse keine ergiebige ZMR-Auskunft hervorkam, zumal mit Stellungnahme vom 12.03.2020 eine Mietbestätigung zur XXXX mit 85 m2 vorgelegt wurde. Entgegen dieser Bestätigung wurde auch eine „Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft“ vom 09.03.2020 vorgelegt, mit der bestätigt wurde, dass die Bezugsperson, der Lebensgefährte sowie das gemeinsame Kind an der Adresse XXXX , einer 55 m2 großen Wohnung, wohnhaft sind. Anzumerken ist zudem, dass der Lebensgefährte der Bezugsperson wiederrum entgegen dem Vorbringen bereits seit 28.02.2019 bei der Bezugsperson gemeldet ist. Es ist dem BFA zuzustimmen, wenn diese vorbringt, dass die 55 m2 Wohnung für sechs Leute als nicht ortsüblich angesehen werden kann. Zumal die Bezugsperson zum Zeitpunkt der Beschwerde erneut schwanger war, würden sich somit zwei Erwachsene, drei Kinder im Teenageralter und zwei Kleinkinder die Wohnung teilen müssen.

Abschließend ist zusammengefasst festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht Ungereimtheiten bezüglich der Wohnadresse festgestellt hatte und darauf verwies, dass die Fluchtgründe der Bezugsperson in deren Verfahren als nicht glaubhaft erachtet wurden, ist im gegenständlichen Verfahren der minderjährigen Beschwerdeführer das behauptete Familienleben zur in Österreich subsidiär Schutzberechtigten Mutter trotz allem genauer zu ermitteln und sind aufgrund der weiteren Ermittlungstätigkeiten Feststellungen zum Familienleben und zum Kindeswohl zu treffen, um der Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen (insbesondere zu Art. 8 EMRK) und nicht zuletzt um dem Kindeswohl Genüge zu tun.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zum Angehörigenverhältnis der Beschwerdeführer mit der Bezugsperson in Österreich bzw. zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Familienverfahren individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2236779.1.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten