TE Vwgh Erkenntnis 1997/3/18 96/04/0262

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Veröffentlicht am 18.03.1997
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z4;
IngG 1990 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. Oktober 1996, Zl. 91.508/11220-III/7/96, betreffend Verweigerung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde im Falle ihrer Abweisung an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob verfassungsmäßig gewährleistete Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden, wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Bescheid vom 18. Oktober 1996 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 nicht statt. Nach der Begründung dieses Bescheides ging der Bundesminister in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, der Beschwerdeführer habe am 3. Juli 1996 die Reifeprüfung an der Höheren Lehranstalt für Berufstätige auf dem Fachgebiet Elektronik abgelegt. Er habe als Nachweis der Berufspraxis durch die Vorlage entsprechender Dienstgeberbestätigungen geltend gemacht, er sei seit 15. Oktober 1990 bei einer näher bezeichneten Aktiengesellschaft beschäftigt. Dem Praxiszeugnis dieses Dienstgebers zufolge sei er zu Beginn in der Elektroabteilung eingesetzt gewesen. Das Dienstverhältnis sei insgesamt fünf Monate für die Maturavorbereitung bis zum 30. Juni 1996 unterbrochen gewesen. Mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1996 sei er in den Bereich Wärmetechnik-Design-Heizkörper übersiedelt. Der Beschwerdeführer habe weder behauptet, noch habe das Verfahren einen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß er schon vor Ablegung der Reifeprüfung auf einem anderen Weg höhere Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Elektrotechnik erworben habe. Da die nach der Reifeprüfung ausgeübte Tätigkeit schon dem zeitlichen Umfang nach das Erfordernis der mindestens dreijährigen Praxis nicht zu erfüllen geeignet sei, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, er sei, wie sich aus der im Verfahren vorgelegten Bestätigung des Dienstgebers ergeben habe, seit seinem Eintritt in dieses Beschäftigungsverhältnis mit vielfältigen, im einzelnen in der Beschwerde dargelegten ingenieurmäßigen Tätigkeiten und Aufgaben betraut gewesen. Diese Tätigkeiten hätten sehr wohl höhere Fachkenntnisse erfordert. Der Beschwerdeführer habe in seiner Tätigkeit noch vor Ablegung der Reifeprüfung Fachkenntnisse erworben, die der Tätigkeit eines Ingenieurs entsprächen und dessen Qualifikation voraussetzten. Anders wäre es wohl nicht möglich gewesen, daß er auf Grund der von ihm im Zuge einer Tätigkeit im genannten Unternehmen erworbenen Fähigkeiten die Reifeprüfung an der höheren technischen Bundeslehranstalt Kapfenberg mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden habe. Die in der Dienstgeberbestätigung erwähnte fünfmonatige Unterbrechung seiner Arbeitstätigkeit zufolge Maturavorbereitung sei keinesfalls geeignet diese fachspezifischen Kenntnisse zu erlernen, vielmehr habe diese Maturavorbereitung lediglich dazu gedient, jene Kenntnisse zu erlangen, die der Beschwerdeführer im Zuge seiner Praxistätigkeit noch nicht erworben hatte. Der Beschwerdeführer habe schon sehr bald nach Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1990 Kenntnisse in dem Umfang erlangt, die eine ingeneurmäßige Ausübung seines Berufes möglich machten und die - wie sich aus der Dienstgeberbestätigung eindeutig ergebe, ihn auch in die Lage versetzt hätten, äußerst verantwortungsvolle Tätigkeiten auszuführen, die vom Fachwissen jene Kenntnisse erforderten, die einer Ingenieurtätigkeit entsprächen. Durch die Vorlage dieser Bestätigung sei daher sehr wohl die Behauptung aufgestellt worden, daß der Beschwerdeführer auf dem Weg der Praxis seit dem Jahr 1990 höhere Fachkenntnisse in seinem Gebiet erworben habe. Wenn aber die belangte Behörde Zweifel an der Erlangung solcher höherer Fachkenntnisse gehabt habe, so hätte sie von Amts wegen beim Arbeitgeber präzisere Auskünfte über den Ausbildungsstand des Beschwerdeführers einzuholen gehabt. Tatsächlich und nachweisbar habe somit der Beschwerdeführer im Zuge seiner Praxis seit dem Jahr 1990 fachspezifische Kenntnisse erlangt und demzufolge Tätigkeiten ausgeübt, die im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzten und dies über einen Zeitraum, der die Voraussetzungen des Ingenieurgesetzes bei weitem übersteige. Gerechterweise könne es nicht darauf ankommen, daß der Beschwerdeführer nach Ablegung seiner Reifeprüfung eine ingenieurmäßige Tätigkeit ausgeübt habe. Es sei vielmehr darauf abzustellen, daß er diese Reifeprüfung niemals mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden hätte, hätte er sich nicht schon in den vorausgegangenen Jahren für die Qualifikation spezifische Fähigkeiten angeeignet und dementsprechend im Rahmen des Dienstverhältnisses Tätigkeiten ausgeübt, die im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse seines Fachgebietes erfordert hätten. Für den Fall der Abweisung der Beschwerde stelle er den Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob verfassungsmäßig gewährleistete Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden. Dazu werde ausgeführt, einem namentlich genannten Arbeitskollegen, der seit etwa zehn Jahren beim selben Dienstgeber beschäftigt sei und der ebenfalls die höhere technische Bundeslehranstalt für Berufstätige, Fachrichtung Elektrotechnik besucht und diese im Jahr 1994 mit der Matura abgeschlossen habe, sei nach seinem im selben Jahr gestellten Antrag auf Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" dieser Titel verliehen worden. Dieser Arbeitskollege habe exakt die gleichen Qualifikationen wie der Beschwerdeführer, er habe auch exakt die gleichen Zeugnisse vorgelegt und auch die Tätigkeiten, wie sie der Beschwerdeführer ausgeführt habe, wahrgenommen. Wenn nun der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung des Berufstitels "Ingenieur" mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen werde, andererseits diesem Arbeitskollegen unter gleichen Voraussetzungen der Berufstitel verliehen worden sei, so verletze dies den Gleichheitsgrundsatz.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a) die Voraussetzungen der Z. 1 bis 3 zwar nicht erfüllen, aber gleichwertige fachliche und allgemeine Kenntnisse, wie sie an der höheren technischen bzw. höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt bis zur Reifeprüfung vermittelt werden und

b) eine mindestens achtjährige zu den erworbenen Kenntnissen einschlägige Berufspraxis in Österreich, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nachweisen.

Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d leg. cit. sind dem Ansuchen unter anderem Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen, die Kenntnisse gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 leg. it. nachweisen, anzuschließen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0219, ausgeführt hat, kann als Praxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über die höheren Fachkenntnisse verfügte. Auch kann es, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang ergibt, keinem Zweifel unterliegen, daß als höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nur solche Kenntnisse verstanden werden können, über die Absolventen der in lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ferner dargelegt, daß ausgehend von der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 lit. d Ingenieurgesetz aus dem Gesamtzusammenhalt des § 4 leg. cit. abzuleiten ist, daß der Nachweis des Erwerbs höherer Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet einer Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten, sofern dies nicht durch Vorlage des Reifeprüfungszeugnisses geschieht, ausschließlich durch Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen erfolgen kann, nicht aber durch den Nachweis der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten. Da, wie oben ausgeführt, als Berufspraxis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. d leg. cit. nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden kann, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte, hätte es zur Erlangung der vom Beschwerdeführer angestrebten Berechtigung des nur durch Vorlage des Prüfungszeugnisses einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Schule zulässigen Nachweises bedurft, daß er spätestens drei Jahre vor Erlassung des angefochtenen Bescheides über derartige Fachkenntnise verfügte. Ein derartiger Nachweis wurde von ihm aber, wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, im Verwaltungsverfahren weder angeboten noch erbracht. Da sich auch aus der Beschwerde nicht ergibt, daß der Beschwerdeführer über ein derartiges Prüfungszeugnis verfügt, erübrigt es sich in die Frage einzutreten, ob die belangte Behörde durch die Unterlassung der Einholung präziserer Auskünfte über den Ausbildungsstand des Beschwerdeführers bei seinem Dienstgeber Verfahrensvorschriften verletzte, weil ein solcher allfälliger Verfahrensverstoß jedenfalls nicht relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wäre.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Der Antrag des Beschwerdeführers, die Beschwerde für den Fall ihrer Abweisung an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war zurückzuweisen, da das Gesetz - weder auf verfassungsgesetzlicher Ebene, noch auf der Ebene einfachen Gesetzes - eine dem Art. 144 Abs. 3 B-VG vergleichbare Bestimmung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kennt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040262.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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