Index
E1E;Norm
11992E095 EGV Art95;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 3. April 1996, 71.028-7/95, betreffend Normverbrauchsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer kaufte am 7. August 1995 in Italien bei einem Autohändler ein Kfz (Neuwagen), brachte dieses Kfz nach Österreich und meldete es bei der Kraftfahrzeugbehörde an. Die erstmalige Zulassung zum Verkehr in Österreich erfolgte am 11. August 1995. Am 14. August 1995 reichte der Beschwerdeführer beim Finanzamt eine Erklärung über die Normverbrauchsabgabe ein. In dieser wies er die Bemessungsgrundlage mit 225.760 S aus und errechnete bei einem Steuersatz von 11 % (und unter Berücksichtigung der Abgabenerhöhung von 20 % nach § 6 Abs. 6 NormverbrauchsabgabeG, BGBl. 695/1991, NoVAG) die Normverbrauchsabgabe mit 29.800 S.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 27. September 1995 die Normverbrauchsabgabe mit 32.496 S fest. Aus der Bescheidbegründung ergibt sich folgende Berechnung:
Eurotaxliste gelb 409.900,00 S
abzüglich USt-Komponente -68.316,67 S
abzüglich NoVA-Komponente (Steuersatz 11 %) -33.850,60 S
maßgeblicher Wert 307.732,73 S
tatsächlicher Einkaufspreis 225.760,00 S
Differenz 81.972,73 S
Gemeiner Wert geschätzt mit 80 % des maßgeblichen
Wertes 246.186,19 S
Normverbrauchsabgabe 11 % 27.080,00 S
zuzüglich 20 % nach § 6 Abs. 6 NoVAG 5.416,00 S
Normverbrauchsabgabe 32.496,00 S
In der Berufung gegen diesen Bescheid verwies der Beschwerdeführer darauf, daß Bemessungsgrundlage der Normverbrauchsabgabe im gegenständlichen Fall der gemeine Wert ohne Umsatzsteuerkomponente sei. Er habe das Fahrzeug in Italien um umgerechnet 225.760 S gekauft. Seit dem Betritt Österreichs zur EU dürfe jeder österreichische Staatsbürger Fahrzeuge auch in Italien kaufen und von dort nach Österreich einführen. Ein fiktiver Käufer würde für das Fahrzeug nicht mehr als jenen Betrag bezahlen, den er bei Anschaffung in Italien bezahlen müßte. Der gemeine Wert entspreche daher dem tatsächlich vom Beschwerdeführer entrichteten Kaufpreis. Er beantrage daher die der Abgabenerklärung entsprechende Festsetzung der Normverbrauchsabgabe.
Nach den von der belangte Behörde angestellten Erhebungen betrug in Österreich der Listenpreis für den vom Beschwerdeführer erworbenen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt der Zulassung (August 1995) einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe 409.900 S. Das im Kfz des Beschwerdeführers eingebaute Zubehör (Klimaanlage und Radio) entspreche einem Inlandspreis von zusätzlich ca. 28.300 S. Die üblichen Rabatte in Österreich hätten im August 1995 ca. 5 bis 8 % betragen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und erhöhte die Abgabenfestsetzung auf den Betrag von 34.740 S. Grundlage des gemeinen Wertes sei der ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabenkomponente ermittelte übliche Verkaufspreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bezahlt würde. Der inländische Listenpreis für das vom Beschwerdeführer erworbene Kfz betrage 409.900 S, unter Berücksichtigung der Sonderausstattung (Klimaanlage und Radio)
438.200 S; bei Außerachtlassung der Umsatzsteuer- und Normverbrauchabgabenkomponente ergebe sich ein Betrag von
328.979 S. Der vom Beschwerdeführer entrichtete Kaufpreis von 225.760 S weiche von diesem Wert um 31,38 % ab. Der durch den niedrigen Lirakurs kurzfristig interessant gewordene italienische Markt habe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr der übrigen Mitgliedstaaten der EU keine entsprechenden Preisvorteile bewirkt. Der Beschwerdeführer habe in Italien einen "Skontonachlaß" von ca. 13 % erhalten; dies entspreche nicht den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (in Österreich) üblichen Preisnachlässen. Mangels eines konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers gehe die belangte Behörde davon aus, daß der gemeine Wert für das gegenständliche Fahrzeug durch einen Abschlag von 20 % auf den Nettolistenpreis von 328.979 S ermittelt werden könne und sohin 263.183 S betrage.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch in Rechten verletzt, daß die Normverbrauchsabgabe nicht vom effektiv bezahlten Kfz-Kaufpreis bemessen worden sei. Er habe in Italien den kommerziellen Einzelhandelspreis (für August 1995) entrichtet; dieser stelle die Obergrenze des gemeinen Wertes dar. Zu den Grundfreiheiten in der EU gehöre die Freiheit des Warenverkehrs. Sollte der gemeine Wert über dem ausländischen Händlerverkaufspreis liegen, so würde die Regelung des § 5 NoVAG gegen Art. 95 des EG-Vertrages verstoßen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
A. Gemäß § 1 NoVAG unterliegen der Normverbrauchsabgabe folgende Vorgänge:
1. Die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen sowie von Vorführkraftfahrzeugen, die ein Unternehmer (§ 2 UStG 1972) im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung oder zur gewerblichen Vermietung.
2.
...
3.
Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von Vorführkraftfahrzeugen, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z. 1 oder 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 Abs. 1 erfolgt ist.
4. ...
Gemäß § 5 Abs. 1 NoVAG ist die Abgabe in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z. 1 und 4) nach dem Entgelt im Sinne des § 4 UStG zu bemessen.
Gemäß § 5 Abs. 2 NoVAG ist die Abgabe in allen anderen Fällen (§ 1 Z. 2, 3 und 4) nach dem ohne Umsatzsteuerkomponente ermittelten gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges zu bemessen.
Gemäß § 5 Abs. 3 NoVAG gehört die Normverbrauchsabgabe nicht zur Bemessungsgrundlage.
B. Unter § 1 Z. 3 NoVAG fällt vor allem der sogenannte Eigenimport von neuen und gebrauchten Kraftfahrzeugen (vgl. Quantschnigg, Steuerliche Änderungen 1992, ÖStZ. Nr. 23/24, I). Das Gesetz (§ 5 Abs. 2 und 3 NoVAG) sieht hiefür (Abgabentatbestand der erstmaligen inländischen Zulassung) als Bemessungsgrundlage den gemeinen Wert ohne Umsatzsteuerkomponente und ohne Normverbrauchsabgabe vor.
Gemäß § 10 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof tritt der Ansicht von Sarnthein (Normverbrauchsabgabe beim Eigenimport von Kfz, ÖStZ 1995, 229) bei, wonach für den gemeinen Wert iSd § 5 Abs. 2 NoVAG - wenn am Inlandsmarkt ein anderer Preis gezahlt wird als am Auslandsmarkt - eine (fiktive) Veräußerung im Inland maßgeblich ist, zumal der Steuertatbestand im Inland verwirklicht wird. In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, daß gerade für Kfz auch nach dem Beitritt Österreichs zur EU im Inland ein anderes Preisniveau besteht als in diversen anderen Staaten der EU (vgl. Grabner, Neuerungen im Bereich der Normverbrauchsabgabe, RdW 1995, 409).
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 5 Abs. 2 NoVAG hat im Schätzungswege zu erfolgen. Es ist grundsätzlich als schlüssiger und denkfolgerichtiger Schätzungsvorgang anzusehen, wenn bei Ermittlung des gemeinen Wertes eines Kfz vom in Österreich bestehenden Listenpreis ausgegangen wird (vgl. hierzu Sarnthein, aaO, und das hg. Erkenntnis vom 4. November 1994, 94/16/0156).
Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er darauf verweist, es komme darauf an, welcher Preis bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Maßgeblich ist aber der Wert im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes, im gegenständlichen Fall sohin bei der erstmaligen Zulassung des Kraftfahrzeuges zum Verkehr im Inland. Bei der Veräußerung eines noch nicht zum Verkehr zugelassenen Neuwagens wird man sich aber im wesentlichen am Listenpreis orientieren und Abzüge für die üblichen Neuwagenrabatte und allenfalls für die erschwerte Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Vertragsverhältnis vornehmen können.
Im gegenständlichen Fall war der gemeine Wert (ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabenkomponente) für ein Neufahrzeug vor der erstmaligen Zulassung zu ermitteln. Da die Behörde vom inländischen Listenpreis dieses Fahrzeuges die Umsatzsteuer- sowie Normverbrauchsabgabenteile abgezogen und zur Berücksichtigung allfälliger weiterer Umstände noch zusätzlich einen Abschlag von 20 % vorgenommen hat, kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht erkannt werden, daß der Bescheid nicht dem § 5 NoVAG entsprechen würde.
C. Vom Beschwerdepunkt umfaßt ist auch die Rüge des Beschwerdeführers, die Regelung des § 5 NoVAG betreffend die Abgabenbemessungsgrundlagen verstoße gegen Art. 95 Abs. 1 EGV, weil der Neuwageneinkauf im Ausland mit anschließendem Eigenimport zu einer anderen Abgabenbemessungsgrundlage führe als der Kauf des Neuwagens beim inländischen Händler.
Gemäß Art. 95 Abs. 1 EGV erheben die Mitgliedstaaten auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben.
Eine inländische Abgabe iSd Art. 95 EGV ist eine solche, die sowohl auf eingeführte als auch auf inländische Waren erhoben wird (vgl. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art. 95 Anm. 13).
Art. 95 EGV soll die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Besteuerung für inländische und eingeführte Erzeugnisse sicherstellen. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt ein Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 EGV vor, wenn die auf das eingeführte Erzeugnis erhobene Abgabe höher ist als die Belastung, die das gleichartige inländische Erzeugnis zu tragen hat (vgl. das Urteil des EuGH vom 12. Mai 1992, C-327/90, Slg. 1992 I-3033, Kommission/Griechenland, Rn 12).
Eine nationale Abgabenregelung, die auf die Ausschaltung eines Wettbewerbsvorteils eingeführter Waren gegenüber inländischen Waren abzielte, läuft Art. 95 EGV zuwider, durch den die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für inländische und eingeführte Waren gewährleistet werden soll (vgl. das Urteil des EuGH vom 9. März 1995, C-345/93, Slg. 1995 I-490, Nunes Tadeu, Rn 18).
Im gegenständlichen Fall behauptet der Beschwerdeführer gar nicht, daß der Kauf von Neuwagen in einem anderen Mitgliedstaat zu einer höheren Abgabe führt als der Kauf beim inländischen Händler. Der nach den oben unter B. ausgeführten Grundsätzen ermittelte gemeine Wert wird grundsätzlich unter der für Inlandskäufe liegenden Bemessungsgrundlage des § 5 Abs. 1 NoVAG liegen. Solcherart ist aber ausgeschlossen, daß durch die Normverbrauchsabgabe ein allfälliger Wettbewerbvorteil eines ausländischen Händlers beseitigt wird.
D. Es ergibt sich daher unzweifelhaft, daß die Regelung der Bemessungsgrundlage in § 5 NoVAG nicht gegen Art. 95 EGV verstößt. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Gerichtsentscheidung
EuGH 690J0327 Kfz-Einfuhr unterschiedlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996140075.X00Im RIS seit
07.06.2001Zuletzt aktualisiert am
23.01.2017