TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W196 2199149-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W196 2199151-2/2E

W196 2199157-2/2E

W196 2199152-2/2E

W196 2199155-2/2E

W196 2199149-2/2E

W196 2199147-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX , geb. XXXX , 4) XXXX , geb. XXXX , 5) XXXX , geb. XXXX , 6.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.01.2021, Zahlen 1) 1117047708-201303420, 2) 1117047904-201303454, 3) 1117045202-201303462, 4) 1117045605-201303489, 5) 1117045801-201303475 und 6) 1185994204-201303497, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten, die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind deren gemeinsame minderjährige Kinder. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum muslimischen Glaubens.

Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten allesamt am 01.06.2016 deren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Erstbeschwerdeführer zum Grund für das Verlassen seines Herkunftslandes an, in seiner Heimatstadt Grosny als Techniker für Computer und Mobiltelefone gearbeitet und sein eigenes Geschäft betrieben zu haben. Eines Tages sei ein Kunde mit einem beschädigten Diktafon zu ihm gekommen, um seine verlorengegangenen Daten wieder herstellen zu lassen. Dem Erstbeschwerdeführer sei dies gelungen und habe der Kunde daraufhin zufrieden das Geschäft verlassen. Kurz darauf sei ein uniformierter hochrangiger Polizist in sein Geschäft gekommen und habe dieser dem Erstbeschwerdeführer mitgeteilt, dass er Leute brauche, die technisch begabt seien. Eine Woche später sei der Kunde, welchem die Daten ausgelesen worden seien, erneut ins Geschäft gekommen. Der Mann habe den Erstbeschwerdeführer dazu gedrängt, für ihn und seine Männer zu arbeiten und sämtliche Informationen, welche der Erstbeschwerdeführer technisch auslesen könne, an sie weiterzugeben. Da sich der Erstbeschwerdeführer geweigert habe, seien eines Nachts Männer in schwarzer Kleidung zu dem Erstbeschwerdeführer nachhause gekommen und hätten ihn vor den Augen seiner Familie in eine andere Wohnung entführt. Dort hätten sie dem Erstbeschwerdeführer klargemacht, dass wenn er sich weiterhin weigere für sie zu arbeiten, seine Kinder getötet werden würden und die Zweitbeschwerdeführerin vergewaltigt werde. Die Männer hätten dem Erstbeschwerdeführer Fotos von Vergewaltigung und Folter gezeigt und den Erstbeschwerdeführer drei Tage Bedenkzeit gegeben. Diese Zeit habe der Erstbeschwerdeführer genützt, um mit seiner Familie das Land zu verlassen und Richtung Polen zu fliehen. Für den Fall einer Rückkehr befürchte er, dass er und seine Familie umgebracht werden würden. Die Zweitbeschwerdeführerin stütze sich auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers und erklärte, Angst um ihre Kinder zu haben. Für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden durch die gesetzliche Vertretung keine eigenen Fluchtgründe vorgebacht.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2016 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz zunächst als unzulässig zurückgewiesen und bestimmt, dass für deren Prüfung Polen zuständig sei. Wegen Versäumung der in der Dublin III-VO geregelten Überstellungsfrist, wurden mit Bescheiden vom 29.03.2017 die Entscheidungen vom 24.11.2016 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Verfahren in weiterer Folge zugelassen.

Am 06.03.2018 fanden die niederschriftlichen Befragungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wieder in Anwesenheit eines Dolmetschers, statt.

Als Fluchtgrund gab der Erstbeschwerdeführer diesmal an, dass er im März oder April 2016 in seinem Geschäft von einem jungen Mann mit Diktafon aufgesucht worden sei, welcher ihn darum gebeten habe, verlorengegangene Daten wiederherzustellen. Darüber erstaunt, dass dem Erstbeschwerdeführer dies gelungen sei, habe der Kunde drei bis vier Männer in schwarzen Uniformen, die für Kadyrow arbeiten würden, herbeigerufen und hätten diese den Erstbeschwerdeführer für sein technisches Geschick gelobt. Ungefähr eine Woche später sei der Erstbeschwerdeführer erneut von diesem Kunden mit dem Diktafon aufgesucht worden und habe ihm dieser die modernste Ausrüstung sowie 100.000 Rubel monatlich angeboten, wenn der Erstbeschwerdeführer sich dazu bereit erkläre, die Geräte seiner Kunden auf regierungsfeindliche Tätigkeit hin zu untersuchen und die dabei gewonnenen Informationen an seine Männer weiterzuleiten. Der Erstbeschwerdeführer habe gesagt, sich nirgends einmischen zu wollen, und sei der Mann daraufhin wieder gegangen. Nach ca. 10 Tagen sei der Kunde abermals gekommen, um den Erstbeschwerdeführer zur Zusammenarbeit zu überreden. Der Erstbeschwerdeführer habe ein weiteres Mal abgelehnt. Am 10.05.1995, genau 21 Jahre nach dem Mord an seinem Vater, sei der Erstbeschwerdeführer, um drei Uhr in der Früh entführt und in weiterer Folge in ein fremdes Privathaus gebracht worden. Dort seien der Erstbeschwerdeführer elektrische Einrichtungen zur Folterung gezeigt worden und sei der Erstbeschwerdeführer von seinen Entführern erklärt worden, dass sie die Zweitbeschwerdeführerin vergewaltigen und seine Kinder umbringen würden, wenn er sich weiterhin weigere für sie zu arbeiten. Der Erstbeschwerdeführer hätte daraufhin seine Zusammenarbeit zugesagt und sei wenig später freigelassen worden. Nach diesem Vorfall habe sich der Erstbeschwerdeführer dazu entschlossen, sein Geschäft zu verkaufen und nach Österreich zu gehen, wo seine Schwestern leben, die sich, für den Fall, dass dem Erstbeschwerdeführer etwas zustoßen sollte, um seine Kinder kümmern könnten. Die Ausreise sei am 23.05.2016 erfolgt. Einen Kontakt zu seinen Entführern habe der Erstbeschwerdeführer während seines restlichen Aufenthaltes nicht mehr gehabt, sie würden aber bloß darauf warten, dass er von Österreich abgeschoben werde. Auf eine Stellungnahme zu den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Länderfeststellungen zur Russischen Föderation wurde von Seiten des Erstbeschwerdeführers ausdrücklich verzichtet; er kenne sich im Herkunftsland aus. Im Falle einer Rückkehr hätte der Erstbeschwerdeführer die Wahl, entweder für die Sonderdienste zu arbeiten, oder von der Garde Kadyrows getötet zu werden. Die Zweitbeschwerdeführerin verwies erneut auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers hin; für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Am XXXX wurde der Sechstbeschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet geboren. Am 26.03.2018 stellte der Sechstbeschwerdeführer, vertreten durch seine Eltern, den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren. Für den Sechstbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Am 27.04.2018 langten beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Stellungnahmen ein, in denen zusammengefasst vorgebracht wurde, dass bereits mehrere näher genannte Verwandte des Erstbeschwerdeführer, wegen seiner regierungsfeindlichen Gesinnung den tschetschenischen Sicherheitskräften zum Opfer gefallen wären. Der Erstbeschwerdeführer habe zudem gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder hartnäckig versucht, den extralegalen Mord an seinem Vater aufzuklären und habe er seither regelmäßig mit Bedrohungen zu kämpfen. Die Situation sei für die gesamte Familie unhaltbar gewesen und seien deshalb seine Mutter und seine drei Schwestern aus Tschetschenien ausgereist. Der Erstbeschwerdeführer habe hingegen seinem Land helfen wollen und sei überzeugt gewesen, dass die Gerechtigkeit siegen würde. Erst nach dem Vorfall im Jahr 2016 sei auch er untergetaucht bzw. geflohen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2018, Zahlen 1) 1117047708-160766429, 2) 1117047904-160766437, 3) 11170452002-160766488, 4) 1117045605-160766496, 5) 1117045801-160766500 und 6) 1185994204-180304187, wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer vom 01.06.2016 und des Sechstbeschwerdeführers vom 26.03.2018 jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkte II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkte III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkte VI.).

Gegen diese Bescheide erhoben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer am 19.06.2018 fristgerecht Beschwerden. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Erstbeschwerdeführer geweigert habe, die Regierung Kadyrows zu unterstützen, weshalb ihm eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde, aufgrund der er und seine Familie im Heimatland verfolgt würden. Hinzu komme sein familiäres Naheverhältnis zu bereits ermordeten regierungsfeindlichen Akteuren, mit dem sich die Behörde nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Angesichts des glaubhaften Fluchtvorbringens des Erstbeschwerdeführers, welches in den behördlichen Länderberichten Deckung finde, sei - von der asylrelevanten Verfolgung abgesehen – betreffend die Beschwerdeführer jedenfalls von einer Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen und müsse aufgrund der überaus angespannten Sicherheitslage in der russischen Föderation, ihnen zumindest der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden. Schließlich würden sich die Beschwerdeführer in Österreich auch um ihre Integration bemühen.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes fand am 17.08.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Es erschienen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, zugleich auch als gesetzliche Vertreter der vier minderjährigen Kinder der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer, in Begleitung ihrer zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaterin. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich mit E-Mail vom 12.08.2020 für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zu Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan, auf deren Einsichtnahme und Ausfolgung die Beschwerdeführer und ihr Vertreterin verzichteten. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein; zumal der Erstbeschwerdeführer im Lauf der Beschwerdeverhandlung ankündigt habe weitere Nachweise für seine Integration dem Bundeverwaltungsgericht übermitteln zu wollen. Im Folgenden wurden keine Unterlagen in Vorlage gebracht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.10.2020, Zlen.: W215 2199151-1/15E, W215 2199157-1/14E. W215 2199152-1/9E, W215 2199155-1/9E, W215 2199149-1/9E, W215 2199147-1/9E wurde die Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2018 jeweils gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Angaben des Erstbeschwerdeführers nicht geeignet seien, eine asylrelevante Verfolgung seiner Person glaubhaft zu machen, zumal er keine schlüssige oder nachvollziehbare Verfolgungssituation zu schildern vermochte und seine Glaubwürdigkeit bereits aufgrund der Häufung von Widersprüchen geschmälert wäre. Nachdem das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubhaft und für die Erst- bis Sechstbeschwerdeführer keine weiteren Fluchtgründe geltend gemacht worden sei, gehe das Bundesverwaltungsgericht, in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung davon aus, dass die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer niemals körperlichen Übergriffen in der Russischen Föderation ausgesetzt worden seien, oder die Erst- bis Sechstbeschwerdeführer in Zukunft zu befürchten hätten. Eine staatliche Verfolgung könne ausgeschlossen werden, da es dem Erstbeschwerdeführer und seiner Familie problemlos möglich war, legal aus der russischen Föderation auszureisen, was sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers und den behördlichen Eintragungen in den russischen Auslandsreisepässen der Erst- bis Zweitbeschwerdeführer ergebe. Eine Relokation in einem anderen Teil der Russischen Föderation wäre überdies auch unter Verweis auf diese Länderfeststellungen zumutbar, aus denen unter anderem hervorgehe, dass ca. 600.000 Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens leben und davon ca. 300.000 in der Russischen Föderation. Ferner hätten die Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung am 17.08.2020 allesamt vorgebracht, gesund zu sein, weshalb die im Rahmen ihres Zulassungsverfahrens im Jahr 2016 vorgelegten medizinischen Unterlagen, aus denen sich keine schwerwiegenden Erkrankungen entnehmen lasse, als obsolet betrachtet werden könnten. Das von Seiten des Erstbeschwerdeführers erstattete Fluchtvorbringen würde gänzlich als unglaubwürdig gewertet. Sonstige Gründe, die einer Rückkehr entgegenstünden, seien nicht substantiiert vorgebracht worden und wären auch anhand der Länderfeststellungen nicht objektivierbar. Es wäre zudem auch nicht unbedingt erforderlich, dass die Beschwerdeführer in ihre Heimatregion Tschetschenien zurückkehren. Es bestünde für sie die Möglichkeit, sollten sie es wünschen, sich in einer anderen Provinz der Russischen Föderation niederzulassen, wobei die dazu notwendigen wirtschaftlichen und medizinischen Voraussetzungen gegeben seien. Darüber hinaus liege insbesondere im Hinblick auf die individuellen Umstände der Beschwerdeführer auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie im Fall ihrer Rückkehr in die russische Föderation in eine ihre Existenz gefährdende Notsituation geraten würden. Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin hätten eine Schule besucht. Die Zweitbeschwerdeführerin habe auch ein Studium abgeschlossen und verfüge über Arbeitserfahrung in unterschiedlichen Bereichen. Sie seien nach wie vor im erwerbsfähigem Alter und gesund, weshalb es ihnen wieder möglich und zumutbar sei, erneut eine Arbeit im Herkunftsstaat aufzunehmen und somit, wie auch schon vor der Ausreise, den Lebensunterhalt für die Familie zu bestreiten. Hinzu komme, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin selbst angaben, in ihrer Heimat keine finanziellen Probleme gehabt zu haben. Zum Privatleben der Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Österreich Deutschkurse auf dem Niveau A1 besucht, jedoch keine Deutsch-Prüfungen abgelegt hätten In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.08.2020 habe sich gezeigt, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin trotz ihres vierjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach wie vor kaum Deutsch sprechen oder verstehen würden. Die Beschwerdeführer würden von der österreichischen Grundversorgung leben. Der Erstbeschwerdeführer übe lediglich zeitweise Hilfstätigkeiten für die Gemeinde aus, für die er eine Renumeration von fünf Euro die Stunde erhalte. Eine Parteimitgliedschaft in Österreich beschränke sich auf die Zahlung des jährlichen Mitgliedsbeitrages. Der Erstbeschwerdeführer wäre in Österreich nie legal erwerbstätig und zeige auch kein ehrenamtliches Engagement. Die Drittbeschwerdeführerin besuche derzeit die vierte Klasse und die Viertbeschwerdeführerin die dritte Klasse Volkschule in Österreich. Der Fünftbeschwerdeführer müsse diesjährig die erste Klasse Volkschule, aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse, wiederholen. Der Sechstbeschwerdeführer sei im Jahr 2018 in Österreich geboren worden und werde aktuell zu Hause von seinen Eltern betreut. In Österreich würden drei Schwestern des Erstbeschwerdeführers mit deren Familien; aber nicht im gemeinsamen Haushalt mit den Beschwerdeführern leben. Zu diesen bestehe kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung und hätten die Beschwerdeführer auch sonst keine sozialen Kontakte, die sie im besonderem Maße an Österreich binden. Allfällige Freundschaften der Beschwerdeführer seien zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als sie sich ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst sein mussten. Dieses Erkenntnis erwuchs am 12.10.2020 in Rechtskraft.

Gegenständliches Verfahren:

Am 23.12.2020 stellten die Beschwerdeführe die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Einvernahme am selben Tag gab der Erstbeschwerdeführer an, dass seine alten Gründe nach wie vor aktuell wären. Neu wäre, dass er im Internet im Jahre 2018 eine Seite gegründet hätte, die übersetzt heißen würde ´Putin ist nicht Russland und Putins Verbrecherorganisation ist nicht das russische Volk´. Als er erfahren habe, dass man diese Gruppe verfolge, habe er beschlossen einen neuen Asylantrag zu stellen. In Russland würde nun ein Strafverfahren gegen sie geführt, und es würde zu einer Verhandlung kommen. Ein Herr namens „Rudenko“ wäre schon zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie würden einen Kampf für die Freiheit des russischen Volkes führen. Laut den Novellen des Strafgesetzbuches würden sie und die Gruppe jetzt verfolgt. Laut dem Gesetz würde ihnen eine Strafe von 12 Jahren drohen. Würden sie zurückkehren, dann würden sie sicher gefoltert werden. Er werde strafrechtlich verfolgt. Er sei schon einmal im Gefängnis und wolle er nicht die nächsten 12 Jahre im Gefängnis verbringen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Zuge ihrer Erstbefragung auf die Frage, was sich seit Rechtskraft der letzten Entscheidung konkret gegenüber ihren bereits entschiedenen Verfahren in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat verändert habe vor, dass ihr Mann gegen die Regierung wäre. Wenn man in Russland gegen Putin wäre, bzw. gegen Putin politisch aktiv wäre, dann hätte das Nachteile. Sie wären unschuldig, aber wenn jemand Probleme hätte, dann würde die ganze Familie leiden. Mehr könnte sie darüber nicht sagen, da ihnen ihr Mann nichts erzähle, aber sie hätten dies in den letzten Monaten gespürt, ansonsten wäre alles in Ordnung.

Am 05.01.2021 wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er neue Asylgründe habe. In Russland sei gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet worden. Das Strafgesetzbuch § 282. 1 beinhalte, die Gründung einer extremistischen Organisation im Internet. Die Gruppe beschäftige sich zurzeit mit der Agitation gegen die russische Regierung. Grund sei, dass deren Menschenrechte verletzt würden. Sie würden wegen deren Glaubens verfolgt. Ein Mitglied ihrer Gruppe sei in Haft genommen und wegen deren Tätigkeit verurteilt worden. Es sei ein Verfahren gegen den Erstbeschwerdeführer eingeleitet worden und in ein paar Monaten werde eine Gerichtsverhandlung stattfinden. Die Information habe er von der Frau des Verurteilten erhalten. Dort in Grozny, wo er angemeldet sei, wäre ein Beamter erschienen, mit der Information, dass ein Verfahren gegen den Erstbeschwerdeführer eingeleitet worden sei. Eine schriftliche Benachrichtigung habe er nicht dort gelassen, da er nicht dort wäre. Der Beamte habe mit seinem Nachbar geredet und nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt. Die Gruppe sei 2018 gegründet worden und sei der Erstbeschwerdeführer seither Mitglied. Er habe diese Gruppe über soziale Medien, über Youtube und Facebook, gegründet. Befragt, wie er die Website „in das Netz“ gestellt habe, gab er an, dass sie das alles heimlich gemacht hätten, er habe sein Gesicht nicht so öffentlich stellen wollen. Auch die Stimme sei verstellt. Ungefähr vor einem halben Jahr sei in Russland ein Gesetz novelliert worden und falle deren Gruppe darunter. Die Gruppe habe die Informationen über Korruption und Bestechlichkeit verbreitet, sie hätten auch immer wieder über die Gesetzlosigkeit, was in Tschetschenien sei, geschrieben. Über die Verfolgung der anders Denkenden in Tschetschenien. Sie hätten auch die Informationen von Alexej Navalni, welcher vor kurzem vergiftete worden sei, über die Korruption und Bestechlichkeit der oberen Schicht der Regierung und der hochrangigen Beamten verbreitet. Er habe persönlich unter seinem Namen auf Facebook geschrieben. Aufgefordert einen Beweis vorzulegen, gab er an, dass das unmöglich sei, weil alles im Internet wäre und deren Tätigkeit bestätigt habe, hätten sie vernichtet. Es werde eine Gerichtsverhandlung gegen ihn geben und die Beweise, die das Gericht gegen ihn gesammelt hätte und gegen ihn verwenden werde, könne er beschaffen, da das Gericht verpflichtet sei, alle Unterlagen an die gemeldete Adresse der Verurteilten zu schicken. Vom Strafverfahren habe er im November 2020 erfahren. Über Vorhalt, warum er nie im Vorverfahren erwähnt habe gegen Putin zu sein, und dass dies höchst unglaubwürdig erscheine, gab er an, dass er nicht erzählt habe, man dürfe nicht über alles reden. Zu seiner Integration befragt, gab er an, in Österreich viele Freunde und eine Firma gegründet zu haben. Dort, wo er wohne, gebe es derzeit keine Deutschkurse. Zudem gab er an, dass er an psychischen Problemen leide und seit drei Monaten nicht schlafen könne. Er bejahte die Frage, ob er in Behandlung sei. Er verneinte, Befunde vorlegen zu können. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er verschiedene Spezialisten aufgesucht. In Österreich sei er wegen psychischen Problemen nie im Krankenhaus gewesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Zug der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anfangs vor, dass ihre Angaben auch für ihre Kinder, die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer gelten würden. Zu ihrer neuerlichen Asylantragstellung befragt, gab sie an, dass ihr Mann einen Asylantrag gestellt habe, weil sein Leben in Gefahr sei, sie seien seine Familie. Ihr Ehemann habe neue Fluchtgründe, das bedeute, sie hätten ebenfalls neue Gründe. Aufgefordert von den Aktivitäten ihres Mannes gegen Putin zu erzählen, erklärte sie, nicht viel erzählen zu können. Er spreche nicht über seine Tätigkeiten, um die Familie zu schonen. Sie habe beobachtet, das habe sie auch bei der Erstbefragung erzählt, er sei in den letzten Monaten, also November, Dezember aktiver geworden, er telefoniere die ganze Zeit, das sei ihr irgendwie aufgefallen. Da sie eine Familie seien, könne sie nicht nach Haus zurückkehren, sie würden verfolgt. Über den neuerlichen Asylantrag ihres Mannes befragt, gab sie an, dass sie lediglich wisse, dass er aktiv gegen die Regierung und Kadyrov gekämpft habe und wenn er Probleme bekomme, das bedeute, dass auch sie Probleme bekommen würden. Er habe ihr vor der letzten Einvernahme in Graz erzählt, dass die Behörden gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet hätten. Er sagte, sie solle es wissen. Es sei üblich, dass die Frauen mit Kindern und dem Haushalt beschäftigt seien. Wenn die Sache sehr ernst werde, dann würden die Frauen über dieses oder jenes erfahren. Das Einzige, was sie hundert prozentig sagen könne ist, dass ihr Mann ein Regierungsgegner sei. Zur Integration befragt, gab sie an, dass sie in einem kleinen Dorf zuhause sei, dort gebe es keine Kurse. Sie sei den ganzen Tag mit ihren Kindern beschäftigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheiden wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer hinsichtlich des Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Unter den Spruchpunkten III. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte V.). Ferner wurde unter den Spruchpunkten VI. gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. In den Bescheiden des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin wurde zudem unter den Spruchpunkten VII. gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 FPG gegen sie ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführer im neuerlichen Asylverfahren weder asylrelevante Gründe glaubhaft machen konnten bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Bereits im ersten Verfahren habe der Erstbeschwerdeführers, insbesondere aufgrund zahlreicher Widersprüche, sein Vorbringen nicht glaubhaft machen können. Zudem könne er auch nicht glaubhaft machen, dass er zu der in ihrer Stellungnahme vom 27.04.2018 angeführten, ermordeten Personen verwandt wäre und auch deswegen in der Russischen Föderation verfolgt werden würde. Zu seinen neuerlichen Fluchtgründen stellte die Behörde zusammenfassend fest, dass es dem Erstbeschwerdeführer auch im Folgeverfahren nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen und es hier mangels glaubhaften Kerns des neuen Vorbringens auch zu keiner entscheidungsrelevanten und zu einer berücksichtigenden Sachverhaltsänderung gekommen sei. Hinsichtlich der Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes im Fall des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin führte die Behörde aus, dass die Beschwerdeführer seit ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet aus Mitteln der Öffentlichen Hand leben würden und hätten sie sich durch Untertauchen freiwillig in die Mittellosigkeit begeben. Eine auf gesetzliche Bestimmungen basierende Bewilligung zur Aufnahme einer Beschäftigung, wie sie regelmäßig der Lebenssicherung (Nahrung und Obdach) diene, hätten sie derzeit nicht. Sie könnten daher den Besitz von Mitteln zur Bestreitung ihres Unterhalts nicht nachweisen. Damit sei eine auf legale Möglichkeiten der Lebenssicherung fußende Erwerbstätigkeit nicht möglich, weshalb damit ebenso eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit anzunehmen sei.

Gegen die oben angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.02.2021 fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde moniert, dass keine entschiede Sache vorliege, da sich der maßgebliche Sachverhalt seither derart verändert habe, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid zur Folge hätte, und der Wortlaut des dem Bescheid zugrunde liegenden Verwaltungsvorschrift einer neuerlichen Entscheidung derselben Sache nicht im Wege stehe. Der Erstbeschwerdeführer habe sich in der Vergangenheit, sprich beginnend mit dem Jahr 2018, über die Internetplattform Facebook aktiv gegen die Korruption und Bestechlichkeit in der Russischen Föderation eingesetzt. Er sei hierzu unter dem Namen „Putin ist nicht Russland und Putins Verbrechensorganisation ist nicht das russische Volk“ aufgetreten und aktivistisch in Erscheinung getreten. Aufgrund dessen werde ihm im Herkunftsstaat die Gründung einer extremistischen Organisation vorgeworfen und drohe ihm bei Wiedereinreise ein Strafverfahren aufgrund dieser Tätigkeit. Die Zweitbeschwerdeführerin mache für sich und die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer dieselben Fluchtgründe geltend. Dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers komme daher weiterhin Asylrelevanz zu und seien die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz zwingend vor dem Hintergrund der aktuellen Verhältnisse in der Russischen Föderation zu beurteilen. Den Beschwerdeführern - als Familie - drohe darüber hinaus aufgrund der prekären Sicherheitslage in der Russischen Föderation im Falle ihrer Rückkehr dorthin eine Verletzung von Art. 3 und Art. 2 EMRK. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführer eindeutig über ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfügen würden. Das Interesse der Familie an einem Verbleib in Österreich habe sich während des zweiten Asylverfahrens entscheidungsrelevant verstärkt. Die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer seien maßgebend hierorts sozial verwurzelt, besuchten örtliche Einrichtung der frühkindlichen Bildung bzw. die Schule. Das Interesse der Familie an einem Verbleib in Österreich verstärke sich insbesondere durch ihren langen Aufenthalt in Österreich. Abgesehen vom Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zu seinen Asylgründen sei im Asylverfahren von Amts wegen die Lage im Herkunftsland zu berücksichtigen und zu prüfen, ob Asylwerbern aufgrund der Lage im Herkunftsland bzw. aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei. Da sich die Lage in der Russischen Föderation seit der Entscheidung über den ersten Antrag der Beschwerdeführer geändert habe, weise das Vorbringen der Beschwerdeführer im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls einen „glaubhaften Kern“ auf, dem Relevanz für das Verfahren zukomme und an den die Prognose anknüpfen könne, dass eine andere Beurteilung des Antrags und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheine. Bei der Änderung der Lage im Herkunftsland der Beschwerdeführer handle es sich auch um eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes und nicht bloß um eine Änderung von Nebenumständen. Den geänderten Umständen hinsichtlich der Lage im Herkunftsland der Beschwerdeführer komme Entscheidungsrelevanz zu, zumal nur vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte die Rückkehrgefährdung für die Beschwerdeführer geprüft werde und eine Entscheidung über die Gewährung von subsidiärem Schutz getroffen werden könne. Allein aufgrund der geänderten Umstände im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer hätte das BFA den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz nicht zurückweisen dürfen, sondern eine inhaltliche Prüfung vornehmen müssen. Die Behörde habe im Fall des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin (nicht aber hinsichtlich der mj Kinder) ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen, wobei sie dies jedoch in einer nicht ganz verständlichen weise, argumentiert habe. Gem. § 53 Abs 1 FPG könne mit der Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Gem. Abs 2 leg cit habe das Bundesamt bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten – entgegen der Ansicht der Behörde – die gegenständlichen Asylanträge nicht missbräuchlich gestellt. Sie hätten diese deshalb gestellt, weil sie neue Gründe hätten, die die asylrelevante Verfolgung aufzeige. Daher gehe auch dieses Argument ins Leere. Laut Behörde sei der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin nicht gewillt, den Anweisungen der österreichischen Fremdenbehörde Folge zu leisten. Es sei anzumerken, dass die Beschwerdeführer zwar nicht in die Russische Föderation zurückkehrten und damit den Anweisungen der österreichischen Fremdenbehörde nicht Folge leisteten, dies aber deshalb weil sie dort nach wie vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt seien. Folglich sei der Antrag nicht missbräuchlich gestellt worden, sondern aufgrund begründeter Furcht. Dies sei auch von der Behörde schlicht unbegründet festgehalten worden. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse des Weiteren jegliche Kriterien vermissen, die im vorliegenden Fall für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots herangezogen worden sei und die letztlich für die Festlegung des Einreiseverbots im Ausmaß von zwei Jahren ausschlaggebend wären. Zusammenfassend sei der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie hinsichtlich der Erlassung eines Einreiseverbotes die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lasse und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer behördlichen Entscheidung entspreche. Ein für die Dauer von zwei Jahren verhängtes Einreiseverbot scheine im Falle des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin jedenfalls nicht gerechtfertigt zu sein. Beide Beschwerdeführer hätten sich in Österreich nichts zu Schulden kommen lassen und seien sie unbescholten. Daher scheine das Einreiseverbot in der Höhe von zwei Jahren im vorliegenden Fall rechtswidrig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe und dem moslemischen Glauben zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer. Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer lebten bis vor ihrer Ausreise im Herkunftsstaat. Die Beschwerdeführer reisten illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am 01.06.2016 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Der Sechstbeschwerdeführer wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellten seine Eltern am 26.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz im Rahmen des Familienverfahrens.

Ihre Identität steht infolge der vorgelegten Dokumente fest. Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist untrennbar miteinander verknüpft bzw. beziehen sich die Beschwerdeführer auf dieselben Verfolgungsgründe, weshalb die Entscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens aller Beschwerdeführer abzuhandeln war.

Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer illegalen Einreise nach Österreich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.

Die nach illegaler Einreise gestellten ersten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und wurde betreffend die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde im Familienverfahren wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.10.2020 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen und erwuchs am selben Tag in Rechtskraft.

Die Beschwerdeführer reisten trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung vom 12.10.2020 nicht aus, sondern verblieben unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet und stellte am 23.12.2020 ihren zweiten – gegenständlichen - Anträge auf internationalen Schutz.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (Oktober 2020) über die ersten Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer kann nicht festgestellt werden.

Das Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer betreffend ihre Folgeanträge weist – auch im Hinblick auf die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer - keinen glaubwürdigen Kern auf. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung (sohin seit 12.10.2020) über ihre Anträge auf internationalen Schutz ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten.

Nicht festgestellt werden kann ferner, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder, dass ihnen im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Die unbescholtenen Erst- bis Fünftbeschwerdeführer halten sich seit ihrer Antragstellung am 01.06.2016 und der unbescholtene Sechstbeschwerdeführer seit seiner Geburt im Jänner 2018 durchgehend in Österreich auf. Sie verfügten nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens und mussten sich ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst sein. Sie haben seit ihrer Einreise im Bundesgebiet Leistungen aus der Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Der Erstbeschwerdeführer leistete gelegentlich Hilfsleistungen bei der Gemeinde. Die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer sind in Österreich bislang keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und haben nie versucht, ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Sie haben Deutschkurse der Niveaustufe A1 besucht, sie sprechen oder verstehen kaum Deutsch. Die Beschwerdeführer gehören keinem Verein und keiner sonstigen Verbindung an. Eine nachhaltige Integration der Beschwerdeführer im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Es liegen keine Hinweise auf eine ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer, insbesondere in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer verfügen über keine ausreichenden finanziellen Mittel, um deren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer besuchten die Volkschule in Österreich. Der Sechstbeschwerdeführer wurde im Jahr 2018 in Österreich geboren und wurde zu Hause von seinen Eltern betreut. In Österreich leben drei Schwestern des Erstbeschwerdeführers mit deren Familien; es besteht kein gemeinsamer Haushalt oder eine sonstige finanzielle Abhängigkeit. Darüber hinaus bestehen auch sonst keine sozialen Kontakte, die sie im besonderem Maße an Österreich binden. Allfällige Freundschaften der Beschwerdeführer sind zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als sie sich ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst sein mussten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation wurden in den angefochtenen Bescheiden umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für das gegenständliche Erkenntnis herangezogen werden. Diesen Feststellungen ist insbesondere zu entnehmen, dass in der Russischen Föderation nicht eine solche Situation herrscht, in der praktisch jedermann ein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK oder nach dem 6. oder 13. ZPEMRK droht. Insbesondere ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation nicht jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, die die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine in die Russische Föderation abgeschobene Person durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine „unmenschliche Lage" versetzt und herrscht jedenfalls nicht eine solche Situation, die praktisch für jede Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Neben dem Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer sein nicht glaubhaftes Vorbringen steigerte und demnach – wie das Bundesamt feststellte – die Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens wie bereits im ersten Verfahren fortsetzte, ist darauf zu verweisen, dass in der Russischen Föderation ein Rechtsschutz- und Justizwesen vorhanden ist; es gibt in der Russischen Föderation Gerichte bezüglich Verfassung, Zivil, Administrativ und Strafrecht. Es gibt den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, föderale Gerichtshöfe und die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich für Strafverfolgung und hat die Aufsicht über die Rechtmäßigkeit der Handlungen von Regierungsbeamten. Strafrechtliche Ermittlungen werden vom Ermittlungskomitee geleitet. Das russische föderale Recht gilt für die gesamte Russische Föderation einschließlich Tschetscheniens. Ferner ist den Länderberichten zu entnehmen, dass es in der Russischen Föderation ein reguläres Sozialversicherungs-, Wohlfahrts- und Rentensystem gibt. Im Rahmen der Krankenpflichtversicherung (OMS) können russische Staatsbürger eine kostenlose medizinische Grundversorgung in Anspruch nehmen, die durch staatliche Finanzmittel, Versicherungsbeiträge und andere Quellen finanziert wird. Zudem ist das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger in der Verfassung verankert. Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Auch in Tschetschenien ist die primäre als auch spezialisierte Gesundheitsversorgung verfügbar. Aufgrund der Bewegungsfreiheit im Land ist es – wie für alle Bürger der Russischen Föderation – auch für Tschetschenen möglich, bei Krankheiten, die in Tschetschenien [oder anderen Teilrepubliken] nicht behandelbar sind, zur Behandlung in andere Teile der Russischen Föderation zu reisen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer (Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit) und ihren persönlichen Verhältnissen (Familienstand) stehen auf Grund der im Erstverfahren vorgelegten Dokumente fest und haben sich auf Grund der diesbezüglich durchgehend gleichbleibenden Angaben vor dem BFA keine Zweifel ergeben.

Die Feststellungen zu dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren der Beschwerdeführer, einschließlich zu den darin vorgebrachten Fluchtgründen, ergeben sich aus der Einsicht in die diesbezüglichen Verwaltungsakte, insbesondere aus den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwese und Asyl vom 22.05.2018 zu den Zahlen 1) 1117047708-160766429, 2) 1117047904-160766437, 3) 11170452002-160766488, 4) 1117045605-160766496, 5) 1117045801-160766500 und 6) 1185994204-180304187 und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2020, zu den Zlen.: W215 2199151-1/15E, W215 2199157-1/14E, W215 2199152-1/9E, W215 2199155-1/9E, W215 2199149-1/9E, W215 2199147-1/9E.

Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur illegalen Einreise nach Österreich, zur Stellung der Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer, zu ihren Aufenthaltsorten zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und wurden diese Umstände auch von Seiten der Beschwerdeführer nicht bestritten. Die Rechtskraft der letztinstanzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der dem Akteninhalt.

Hinsichtlich der Feststellung, dass die Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung am 12.10.2020 kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten, sondern ihre neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz auf dieselben Fluchtgründe stützten, die sie bereits in ihrem ersten Verfahren geltend gemacht haben, ist Folgendes auszuführen:

Wie bereits das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat, hat der Erstbeschwerdeführer betreffend die Begründung seines Folgeantrags keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt vorgebracht.

Im gegenständlichen Verfahren führte der Erstbeschwerdeführer erstmals an, dass er seit dem Jahre 2018 einer Gruppe angehören würde, die Kontakte über die sozialen Netzwerke hätte und sich ´Putin ist nicht Russland´ nennen würde. Aufgrund einer Novellierung im Strafgesetzbuch vor sechs Monaten, würde nun diese Gruppe verfolgt werden. Eines der Mitglieder namens ´Igor Rudenko´ wäre deswegen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden und gegen den Erstbeschwerdeführer wäre nun in Russland ein Strafverfahren eröffnet worden.

Wie sich auch dem angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, bezieht sich das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ausschließlich auf ein Ereignis, das bereits zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Bundesamt als auch zum Zeitpunkt der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.08.2020 bestanden haben, sodass auch darin kein neues, einer neuerlichen Prüfung unterliegendes Sachverhaltselement erkannt werden kann. Hierzu ist darauf – wie das Bundesamt bereits feststellte – hinzuweisen, dass die Erst-bis Zweitbeschwerdeführer ihr – dem Kern nach unglaubwürdiges, wie auch im Zuge des Vor- und Erstverfahren Vorgebrachten, im nunmehrigen Verfahren fortführten.

So beruht ihr Vorbringen auf Sachverhaltselemente, die zum einen bereits vorgebracht wurden – und ergaben sich Widersprüche, die die Ansicht des Bundesamtes untermauern.

Nicht nachvollziehbar ist, dass der Erstbeschwerdeführer einen derart wesentlichen Teil seiner Fluchtgeschichte, nämlich einer Organisation anzugehören, die sich gegen das Staatsoberhaupt richten würde bzw. eine solche Gruppe gegründet zu haben, nicht schon in seinem Vorverfahren angeführt hat. Seinen Angaben zufolge würde seine Gruppe auf ´facebook´ Informationen über Korruption und Bestechlichkeit der russischen Regierung verbreitet haben, dieses wäre doch auch schon vor einer eventuellen Änderung im Strafgesetzbuch für das Asylverfahren in Österreich relevant gewesen. Selbst die Tatsache, dass eine Änderung im Strafgesetzbuch, nun eine Verfolgung diese Gruppe bedeuten würde, hätte er spätestens am 17.08.2020 im Zuge seiner öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnen müssen, zumal er sowohl vor dem Bundesamt (vgl. AS 241 Akt des Erstbeschwerdeführers) als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. S 5 des Verhandlungsprotokolls vom 17.08.2020) auf die Bedeutung der Einvernahme und der Verhandlung sowie auf seine Mitwirkungsplicht hingewiesen und aufgefordert wurde wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen. Dabei sei erwähnt, dass der Erstbeschwerdeführer keine Beweismittel, betreffend die behaupteten Eintragungen auf Facebook, vorlegen konnte. Hinzu kommt, dass er selbst angab, dass alles heimlich gemacht worden wäre, kein Gesicht öffentlich gemacht und auch die Stimmen verstellt worden seien. Auf konkrete Frage, wie man dann doch auf seinen Namen kommen hätte können, gab er an, dass sie über die Telefonnummer bzw. über den inhaftierten Rudenko auf ihn gekommen wären. Dies scheint nicht nachvollziehbar, wenn der Erstbeschwerdeführer einerseits auf seine Anonymität bedacht gewesen sei will, jedoch für eine Registrierung auf ´facebook´ seine wahre Telefonnummer bekannt gegeben hätte. Ebenso vage sind die Angaben des Erstbeschwerdeführers, als er näher zur ´facebook´ Gruppe befragt wurde. So erklärte er einerseits seit 2018 Mitglied dieser Gruppe zu sein und schilderte widersprüchlich, diese Gruppe 2018 gegründet, zu haben.

Wenngleich nicht verkannt wird, dass es derartige Strömungen und Gruppierungen gibt, so konnte der Erstbeschwerdeführer sein Vorbringen weder mit Beweismitteln belegen, noch scheint es glaubhaft, wenn der Erstbeschwerdeführer erklärt, durch seinen Nachbarn von der Einleitung eines Strafverfahrens gegen seine Person erfahren zu haben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es den Behörden nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (siehe z.B. VwGH vom 29.06.2000, Zl. 2000/01/0093).

In einer Gesamtschau konnte der Erstbeschwerdeführer keinen glaubhaften Kern seines Vorbringens dartun. Er vermochte keinen neuen objektiven Sachverhalt darzulegen, sondern setzte er sein unglaubwürdiges Vorbringen fort. In einer Gesamtschau ist der belangten Behörde beizupflichten, dass sich auch aus den Angaben der Beschwerdeführer keine neuen asylrelevanten Gründe ergeben haben.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer sowie ihrer Integration in Österreich ergeben sich aus Abfragen aus den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem), aus den in den Asylverfahren vorgelegten Unterlagen sowie aus ihren Angaben in den Verfahren vor dem Bundesamt sowie aus den Schriftsätzen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich hinsichtlich der Erst- bis Zweitbeschwerdeführer aus der Einsichtnahme in das Strafregister bzw. hinsichtlich der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer aus deren Strafunmündigkeit.

Die Tatsache, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensgefährlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation bzw. Tschetschenien iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würde, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführer bzw. etwaige gesundheitliche Probleme wurden weder in der Beschwerdeverhandlung im August 2020 vorgebracht noch durch die Vorlage von Unterlagen untermauert. Der Gesundheitszustand aller Beschwerdeführer wurde bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ausführlich gewürdigt und hat sich insofern nichts geändert, zumal in diesem Zusammenhang bereits festgestellt wurde und auch nunmehr festzustellen ist, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer als nicht lebensbedrohlich darstellt und einer Abschiebung nach der dargestellten Judikatur nicht entgegensteht und die Behandlung der Erkrankungen in der Russischen Föderation, auch in Tschetschenien, gewährleistet sind. Demnach hat sich, wenngleich der Erstbeschwerdeführer vorbringt, psychische Probleme zu haben und an Schlafstörungen zu leiden (vgl. AS 81 Akt des Erstbeschwerdeführers), auch den Gesundheitszustand betreffend keine Änderung seit der letztinstanzlichen rechtskräftigen Entscheidung ergeben.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Fall von bekannten Erkrankungen eines Fremden durch geeignete Maßnahmen dem Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere wird kranken Personen eine entsprechende Menge der verordneten Medikamente mitgegeben. Es sind keine Umstände hervorgekommen, welche geeignet wären, die hohe Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK zu überschreiten und es ergibt sich daher keine Änderung des Sachverhaltes im Vergleich zu den ersten Verfahren. Auch hinsichtlich einer möglichen Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer ist vor dem Hintergrund der beharrlichen Nichtbeachtung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen nicht von einer Änderung der Sachlage auszugehen, und ist darauf hinzuweisen, dass die rechtskräftige Rückkehrentscheidung weiterhin bestehen bleibt.

Die Beschwerdeführer vermochte keine Nachweise über legale Einnahmequellen, Vermögenswerte und/oder Rechtsansprüche auf Geldleistungen nachzuweisen. Die fehlenden Mittel zur Bestreitung des Aufenthaltes ergibt sich zudem daraus, dass die Beschwerdeführer Leistungen im Rahmen der Grundversorgung beziehen, zumal sie dort laut Auszug vom 04.02.2021 als „aktiv“ gemeldet sind.

Dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage zur Verfügung steht, basiert auf festgestellten örtlichen Gegebenheiten zur Grundversorgung im Herkunftsstaat und dem Umstand, dass die Beschwerdeführer auch - vor ihrer Einreise im Juni 2016 - in der Lage waren sich ihren Lebensunterhalt in der Russischen Föderation –zu sichern. In der Russischen Föderation halten sich Verwandte des Erstbeschwerdeführers (unter anderem Geschwister des Erstbeschwerdeführers, Mutter, Onkel und Tanten der Zweitbeschwerdeführerin) auf. Vor dem Hintergrund der im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nach wie vor vorhandenen familiären Anknüpfungspunkte könnten diese weiters auch durch ihre Familien eine allenfalls notwendige Unterstützung im Falle einer Rückkehr erfahren. In Österreich sind die drei Schwester des Erstbeschwerdeführers aufhältig, wobei während des gesamten Verfahrens kein diesbezügliches Abhängigkeitsverhältnis vorgebracht wurde.

Die Feststellungen für die gegenständlichen Verfahren relevante Situation in der Russischen Föderation sowie Tschetschenien stützen sich auf die zitierten Quellen im Rahmen der im Bescheid miteinbezogenen Länderfeststellungen. Diese Feststellungen zum Herkunftsland der Beschwerdeführer beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund der vorliegenden Verfahren und auch unter Bedachtnahme auf die Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht bzw. von der Staatendokumentation herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind. Die Situation im Herkunftsland hat sich seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert und wurde diesbezüglich auch in der Beschwerde kein diesbezüglich entgegenstehendes, substantiiertes Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde (hier: das Bundesverwaltungsgericht) Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (hier: Erkenntnis). Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Zu A)

I.) Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

„Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; vom 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf verschiedene Folgeanträge VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226 mwN). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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