Entscheidungsdatum
25.02.2021Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W103 2125012-4/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2021, Zl. 831060507, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
1. Erstes Verfahren auf internationalen Schutz:
1.1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, welche der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum moslemischen Glauben bekennt, reiste am 22.07.2013 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am 22.07.2013 polizeilich erstbefragt und am 09.11.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde) einvernommen wurde. Begründete die BF in der Erstbefragung ihre Flucht im Wesentlichen mit der seitens der Dagestanischen Behörden ihrem geschiedenen Mann angelasteten Unterstützung tschetschenischer Kämpfer im zweiten Tschetschenienkrieg und der Angst, dass ihr Bruder wegen ihr in Schwierigkeiten kommen würde, so wurden diese Fluchtgründe von der BF bei der Befragung durch das Bundesamt widerrufen und führte diese sodann gesundheitliche Gründe (Behandlung von Tuberkulose) sowie die Beziehung zu einem Mann aus Afghanistan, den sie hier in Österreich kennengelernt habe, an.
1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2016 wurde der erste Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Des Weiteren wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung derselben in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Begründend hielt die Behörde im Wesentlichen fest, dass aufgrund des Vorbringens der BF nicht von einer asylrelevanten Bedrohung ihrer Person in ihrem Herkunftsstaat auszugehen sei. Aus den Länderberichten ergebe sich weiters, dass die BF nicht an einer lebensbedrohenden Erkrankung leide und derartige Krankheiten, wie von der BF bescheinigt, in ihrem Herkunftsstaat kostenlos behandelt werden könnten. Zum Privat- und Familienleben wurde festgehalten, dass die BF weder nennenswerte Deutschkenntnisse habe noch nennenswerte Kontakte zu Österreichern pflege. Hinsichtlich der Beziehung zu ihrem afghanischen Freund habe sie nicht davon ausgehen können, dass sie diese Beziehung in Österreich fortführen würde können.
1.3. Gegen den angeführten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 07.04.2016 fristgerecht das Rechtsmittel einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht im vollen Umfang erhoben.
1.4. Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde der angefochtene Bescheid von diesem mit Beschluss vom 25.04.2016 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen (Spruchpunkt A). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
Das BVwG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit der seines Erachtens vom BFA nicht hinreichend wahrgenommenen Ermittlung in entscheidungsrelevanten Punkten. Basierend auf den Ermittlungsergebnissen der Behörde und den zugrunde gelegten Länderfeststellungen des Bundesamtes könnten keine abschließenden Aussagen zu einer allfälligen asylrelevanten Verfolgungsgefahr, einer Gefährdung aus gesundheitlichen Gründen sowie über das Vorliegen eines gegebenen Privat- und Familienlebens getroffen werden.
2. Zweiter Verfahrensgang:
2.1. Das BFA holte nach Behebung durch das BVwG hierauf eine Reihe von medizinischen Befunden betreffend die BF, eine Anfrage an ACCORD betreffend die Versorgung, Behandlung psychischer Erkrankungen, Lage von psychisch kranken Personen in der Russischen Föderation / Dagestan, und eine Anfrage an die Staatendokumentation betreffend Russische Föderation / Tschetschenien hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten von Tuberkulose ein und befragte die BF neuerlich zu ihren familiären Verhältnissen im Herkunftsland sowie zu ihrer Beziehung zu ihrem afghanischen Freund, die nach ihren Angaben aufgrund des von der tschetschenischen Community ausgeübten Drucks Mitte 2017 geendet habe.
2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin neuerlich gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
Das BFA führte im Wesentlichen aus, dass aufgrund des Vorbringens der BF nicht von einer asylrelevanten Bedrohung ihrer Person im Herkunftsstaat auszugehen sei. Aus den Länderberichten ergebe sich weiters, dass die BF nicht an einer lebensbedrohenden Erkrankung leide und derartige Krankheiten, wie sie die BF im Verfahren bescheinigt habe, in ihrem Herkunftsstaat behandelt werden könnten. Die dafür erforderlichen Medikamente seien im Herkunftsstaat kostenlos erhältlich und habe das Beweisverfahren nicht ergeben, dass die BF bei einer allfälligen Rückführung in ihren Herkunftsstaat einer ealen Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art 3 oder der Protokollnummer 6 oder 13 zur Konvention der Europäischen Menschenrechte oder einer sonstigen ernsthaften Bedrohung unterliegen würde.
Zum Privat- und Familienleben wurde festgehalten, dass die BF keine nennenswerten Deutschkenntnisse habe sowie ihr nennenswerter Kontakt zu Österreichern fehle. In ihrem Herkunftsstaat verfüge sie über familiäre Anknüpfungspunkte und spreche sie die dortige Landessprache. Sie habe den weit überwiegenden Teil ihres Lebens bereits in der russischen Föderation verbracht. Hinsichtlich der Beziehung zu ihrem Freund habe sie nicht davon ausgehen können, dass sie diese Beziehung in Österreich fortführen würde können.
Bezüglich der Erkrankungen wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die BF nicht an lebensbedrohlichen Erkrankungen leide und könnten diese laut dem Länderinformationsblatt in der russischen Föderation behandelt werden. Es gäbe kostenlose Medikamente. Eine weitere Kontrolle durch die dortigen Ärzte sei möglich. Das Verfahre habe darüber hinaus nicht ergeben, dass die BF einer asylrelevanten Bedrohung in ihrem Heimatstaat ausgesetzt wäre. Sie sei eine erwachsene, arbeitsfähige Person und verfüge in ihrem Heimatstaat über ein soziales Netz. Demgegenüber seien ihre sozialen Verfestigungen in Österreich lediglich gering. Sonstige Gründe für die Erlangung eines Aufenthaltstitels habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben.
2.3. Gegen diesen Bescheid wurde am 02.08.2018 fristgerecht im vollen Umfang Beschwerde an das BVwG erhoben.
2.4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2018, Zl. W171 2125012-2/2E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 55 und 57 AsylG 2005, sowie §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen (Spruchteil A). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchteil B).
Der Entscheidung wurden umfassende Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation respektive Dagestan und Tschetschenien, zugrunde gelegt (vgl. die Seiten 13 bis 46 der angeführten Erledigung). Zur Person der BF wurden die folgenden Feststellungen getroffen:
„(…) 1.1. Die Identität der BF steht nicht fest. Die BF ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Tschetschenen an und ist muslimischen Glaubens. Sie lebte von Geburt an bis zu ihrer Ausreise in Hasav-Jurt, Dagestan. Sie verfügt über eine neunjährige Grundschulbildung, jedoch keine Berufsausbildung. Im Herkunftsstaat leben noch die Eltern und ein Bruder. Sie steht mit ihren Familienangehörigen noch in regelmäßigem Kontakt.
….
Die BF war vor ihrer Ausreise keiner konkreten, individuellen Verfolgung ausgesetzt. Sie verließ die Russische Föderation, um in Österreich ihre Tuberkuloseerkrankung behandeln zu lassen. Eine Verfolgung durch Behörden oder Privatpersonen wurde von ihr nicht geltend gemacht.
Im Falle einer Verbringung der BF in ihren Herkunftsstaat droht dieser kein reales Risiko einer Verletzung der Artikel 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).
Die BF litt an Tuberkulose und wurde in Dagestan sowie in Moskau mehrfach operiert, wobei unter anderem mehrere Rippen entfernt wurden. Die in der Russischen Föderation erfolgte Therapie wurde von den Ärzten in Österreich als nicht lege artis kritisiert. Die Tuberkulose der BF ist geheilt. Sie leidet an Depressionen und Kopfschmerzen und nimmt die Medikamente Zoldem (Schlafmittel, Anm.), Sertralin (Antidepressivum, Anm.) und Lyrica (zur Behandlung von Nervenschmerzen oder generalisierten Angststörungen, Anm.). Seit August 2017 befindet sie sich nicht mehr in ärztlicher Behandlung.
Die von der BF eingenommenen Medikamente sind in der Russischen Föderation erhältlich.
Die BF ist strafrechtlich unbescholten.
Sie hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Sie hat bislang einen Deutschkurs besucht, Deutschkenntnisse konnten in der Einvernahme vor dem BFA am 12.06.2018 jedoch nicht festgestellt werden. Sie geht keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Sie ist kein Mitglied in einem Verein und engagiert sich nicht ehrenamtlich. Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte individuelle Integration der BF in Österreich vorliegt.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.“
Beweiswürdigend legte das Bundesverwaltungsgericht der angeführten Entscheidung im Wesentlichen die folgenden näheren Erwägungen zugrunde:
„(…)
2.1. …. Die Identität der BF steht mangels Vorlage eines unbedenklichen Identitätsdokumentes nicht fest. Die Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- sowie Religionszugehörigkeit der BF ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Angaben sowie aufgrund der Sprach- und Länderkenntnisse der BF.
Die Feststellungen zu ihren persönlichen und familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat beruhen auf ihren Angaben im Verfahren.
Der Gesundheitszustand der BF ergibt sich aus ihren entsprechenden Angaben und den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Die Feststellung, dass die genannten Medikamente in der Russischen Föderation erhältlich sind, ergibt sich aus der diesbezüglichen Feststellung im angefochtenen Bescheid, der die BF nicht entgegengetreten ist.
2.2. Die Feststellung, dass die BF ihren Herkunftsstaat zur Behandlung ihrer Tuberkuloseerkrankung in Österreich verlassen hat, beruht auf ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben.
Im gesamten Verfahren hat die BF keine asylrechtlich relevante Verfolgung aufgezeigt. Die diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung am 22.07.2013 (Verfolgung durch die Behörden wegen Unterstützung der tschetschenischen Kämpfer durch ihren Ex-Ehemann) hat sie selbst als Falschaussage widerrufen. Sie machte ausschließlich die gesundheitliche Beeinträchtigung und die nicht erfolgreiche Behandlung ihrer Erkrankung in der Russischen Föderation geltend.
Eine Verfolgung durch staatliche Behörden wurde von der BF ausdrücklich verneint. Nach der Verurteilung ihres Bruders zu einer bedingten Haftstrafe im Jahr 2005 sei es zu keiner Kontaktaufnahme der Behörden mit der Familie mehr gekommen. Dies wurde dadurch untermauert, dass die BF im Jahr 2013 problemlos beim Standesamt ihren Namen ändern konnte und ihr Bruder trotz der Verurteilung wegen Unterstützung der Kämpfer im Tschetschenienkrieg weiterhin unbehelligt in Dagestan lebt.
Mit dem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, dass die BF keinen staatlichen Schutz vor „Schlechtbehandlung“, „willkürlichen Übergriffen“ und „weiteren Misshandlungen“ erwarten könne, entfernt sich die Beschwerde damit vom von der BF vorgebrachten Sachverhalt. Dass die aus Sicht der Ärzte in Österreich falsche Behandlung der Tuberkuloseerkrankung in bewusster Schädigungsabsicht erfolgt sei oder dass die BF auch nur versucht habe, wegen der misslungenen Behandlung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, wurde von ihr nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Weshalb eine missglückte ärztliche Behandlung eine „Verfolgung“ im Sinne der GFK darstellen sollte, wurde in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt. Inwiefern weiters der in der Beschwerde konstruierten sozialen Gruppe „besonders vulnerablen Personen ohne jegliche Unterstützung in der russischen Gesellschaft“ aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder durch Privatpersonen Verfolgungshandlungen von erheblicher Identität drohen sollen, wurde in der Beschwerde ebenfalls nicht näher ausgeführt.
Aus dem Vorbringender BF ergibt sich daher keine asylrelevante Verfolgung in der Russischen Föderation.
2.3. Die Feststellungen zu ihren persönlichen Verhältnissen in Österreich beruhen auf ihren glaubhaften Angaben. Dass die BF in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privatlebens verweisen konnte, gründet sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Die Feststellung, dass sie über keine Deutschkenntnisse verfügt, beruht auf der Befragung in der Einvernahme vom 12.06.2018 (AS 510). Wesentliche, über das notwendige Maß hinausgehende Integrationsschritte konnten nicht erkannt werden. Diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
„….“
2.5. Die von der BF gegen das Erkenntnis des BVwG erhobene Revision wurde folglich vom VwGH mit Beschluss vom 23. Jänner 2019, Ra 2018/20/0472-9, zurückgewiesen. Begründend führt dieser im Wesentlichen aus, dass das angefochtene Erkenntnis, entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin, Feststellungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen im Herkunftsstaat enthalte. Auch habe sich das BVwG mit dem künftigen Fortkommen der Revisionswerberin im Herkunftsstaat auseinandergesetzt und festgestellt, dass diese nach Heilung der Tuberkuloseerkrankung weitestgehend gesund und arbeitsfähig sei sowie die Unterstützung durch ihre im Herkunftsstaat lebenden Eltern und ihren Bruder erwarten könne.
3. Zweites Verfahren auf internationalen Schutz:
3.1. Am 28.01.2020 stellte die BF – nachdem sie aus Frankreich nach Österreich rücküberstellt wurde - einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am gleichen Tag polizeilich im Beisein eines Dolmetschers der russischen Sprache erstbefragt wurde.
Auf Vorhalt ihres am 06.09.2018 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz und befragt nach den Gründen ihrer neuerlichen Antragstellung gab der Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass bei ihr im Jahr 2013 Brustkrebs diagnostiziert worden sei und sie Tuberkulose gehabt hätte, die behandelt wurde. Die Behandlungen in Österreich seien noch nicht abgeschlossen. Falls sie nach Dagestan zurückreisen würde, werde sie dort keine ausreichende medizinische Behandlung bekommen. Sie habe Kontakt zu einer Krankenschwester gehabt, die ihr gesagt hätte, dass die bei ihr notwendigen Behandlungen in Dagestan nicht durchgeführt würden. In Frankreich lebe sie mit einer Person in einer Lebensgemeinschaft. Sie wolle zurück nach Frankreich um mit ihm zusammenleben zu können. Wenn jemand in ihrer Heimat von dieser Beziehung erfahre, könne sie familiäre Probleme bekommen. Sie könne sogar umgebracht werden.
Des Weiteren gab die BF an, dass sie befürchte, in ihrer Heimat nicht die notwendigen Behandlungen zu bekommen. Konkrete Hinweise, dass ihr bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe wurden von ihr verneint.
Hinsichtlich eingetretener Änderungen ihrer Fluchtgründe verwies sie auf die am 07.01.2020 erfolgte Trennung von ihrem Lebensgefährten und ihre nicht erfolgte Behandlung in Frankreich.
3.2. Am 03.02.2020 wurde der BF die Absicht des Bundesamtes ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, zur Kenntnis gebracht.
3.3. Am 07.05.2020 wurde die BF von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin einer Untersuchung unterzogen und bei dieser eine Anpassungsstörung F43.21 und eine mittelgradig depressive Episode F32.1 diagnostiziert.
3.4. Am 25.06.2020 wurde die BF im Beisein eines geeigneten Dolmetschs für die russische Sprache niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab sie zusammenfassend an (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 355 bis 379), dass die Tuberkulose, an der sie gelitten habe, ausgeheilt sei und der Verdacht auf Brustkrebs sich nicht bestätigt habe. Sie habe jedoch psychische Probleme. An Medikamenten nehme sie Zoldem, Sertalin und Sirdalud.
Bei der Erstbefragung im Jahr 2013 habe sie die Unwahrheit hinsichtlich ihres Fluchtgrundes angegeben. Sie sei wegen medizinscher Gründe nach Österreich gekommen. Mit der im Rahmen der ärztlichen Untersuchung am 07.05.2020 erstellten Diagnose sei sie einverstanden. Zwischen 2016 und 2018 habe sie hin und wieder kleiner Putzarbeiten gegen Entgelt ausgeführt. Sie sei weder in einem Verein aktiv, noch habe sie aufgrund der Kopfschmerzen einen Deutschkurs besuchen können. Jeden zweiten oder dritten Tag habe sie telefonischen Kontakt mit ihren Familienangehörigen in Russland. Auch mit ihren Schulkolleginnen halte sie Kontakt.
Freundschaftliche Beziehungen hier in Österreich habe sie zu zwei in Wien wohnhaften Frauen mit Migrationshintergrund, wovon eine aus Dagestan stamme, und die sie gelegentlich mit Nahrungsmittel, manchmal auch mit Geld unterstützten.
Mit einem aus Afghanistan stammenden Asylwerber, den sie im Jahr 2014 in Wien kennengelernt hätte, habe sie eine Liebesbeziehung. Dieser sei Anfang Juni 2020 ebenfalls aus Frankreich, wo sie sich von März 2019 bis zu ihrer Abschiebung nach Österreich im Jänner 2020 aufgehalten habe, nach Österreich eingereist.
Den neuerlichen Antrag auf Asyl stelle sie nunmehr, weil sie mit diesem Mann in einer Beziehung sei, was ihr in ihrem Heimatland nicht erlaubt sei. Sie habe Angst vor ihrer Familie. Neben den medizinischen Gründen die für ihre Flucht ausschlaggebend gewesen seien sei jetzt auch der aus Afghanistan stammende Freund, den sie seit 2014 kenne, ein Fluchtgrund. Wenn ihre Familie davon erfahre, dass sie unverheiratet mit einem Mann eine Beziehung habe, so würde diese sie umbringen. Auch habe sie Angst, dass sie - sollte ihre Krankheit wieder auftreten - in Dagestan falsch behandelt werde.
3.5. Mit Bescheid vom 29.07.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF vom 28.01.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.01.2020 hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.).
Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Russland gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde und gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).
Gemäß „15 Absatz 1 Asylgesetz 2005 wurde der BF aufgetragen von 28.01.2020 bis 28.01.2020 im folgenden Quartier Unterkunft zu nehmen. (eine Benennung fehlt, Anm.)
Dem angeführten Bescheid wurden Länderfeststellungen zur Lage in der Russischen Föderation respektive Dagestan und Tschetschenien (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 27.03.2020) zugrunde gelegt. Im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass dem nunmehr erstatteten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kein neuer, asylrelevanter Sachverhalt zu entnehmen wäre.
Der vorgebrachte Fluchtgrund der BF, wonach diese aus medizinischen Gründen geflohen sei, da sie im Herkunftsstaat an Tuberkulose erkrankt und nicht richtig behandelt und operiert worden sei, läge nicht mehr vor, da diese in Österreich behandelt worden und nunmehr geheilt sei. Die BF leide an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und könne mit Medikamenten im Herkunftsstaat weiter behandelt werden.
Im nunmehrigen Verfahren habe diese das Vorliegen neuer Fluchtgründe, welche seit Abschluss seines Erstverfahrens eingetreten wären, nicht geltend gemacht und verweise auf das Bestehen einer Beziehung zu einem 2014 in Österreich kennegelernten Asylwerber aus Afghanistan die, bei offenkundig werden im Heimatland, dazu führe, dass sie umgebracht werde.
Sonstige Gründe, welche eine Unzulässigkeit der Abschiebung indizieren würden, seien im gegenständlichen Verfahren ebenso wenig hervorgekommen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gelange sohin zum Schluss, dass der objektive und entscheidungswesentliche Sachverhalt unverändert sei und sohin entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG vorliege. Eine im Rahmen von Artikel 8 EMRK durchgeführte Interessensabwägung habe zu keinem Überwiegen der privaten und familiären Interessen der beschwerdeführenden Partei an einem Verbleib im Bundesgebiet geführt, zumal keine besondere Integrationsverfestigung ihrer Person ersichtlich sei.
3.6. Gegen den dargestellten Bescheid wurde am 05.06.2020 seitens der BF, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher zusammenfassend geltend gemacht wird (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 581 bis 2584), die BF habe bei der Erstbefragung am 28.01.2020 sowie bei der Einvernahme am 25.06.2020 wahrheitsgemäß alle Fluchtgründe vorgebracht. Nach Erwachsen der Rechtskraft des letzten Erkenntnisses des BVwG habe sie im September 2018 Österreich verlassen und habe bis zu ihrer im Rahmen des Dublinverfahrens erfolgten Überstellung von Frankreich nach Österreich mit ihrem Lebensgefährten in Frankreich gelebt. Ihre seit 6 Jahren andauernde Beziehung zu ihrem aus Afghanistan stammenden Freund habe sie zu einem Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gemacht. Im Falle einer Überstellung in die Russische Föderation sei sie einer realen Gefahr ausgesetzt, von ihrem leiblichen Bruder getötet zu werden, da sie all die Jahre in Österreich in einer Beziehung mit einem Afghanen gelebt habe und nicht mehr Jungfrau sei. Da in Österreich sehr viele Tschetschenen leben würden, die über ihre Beziehung Gerüchte verbreiten würden, sei ihr Leben in Gefahr gebracht. Darüber hinaus verweise sie auf die Seiten 71 bis 75 des übermittelten Länderberichtes betreffend „Frauen in Nordkaukasus, insbesondere in Tschetschenien“ wonach diese nach wie vor gesetzlich nicht geschützt, diese weiterhin misshandelt, vergewaltigt und getötet würden und völlig den Männern untergeordnet seien. Hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes werde von der belangten Behörde lediglich darauf verwiesen, dass sie die Mittel für ihren Unterhalt nicht nachweisen könne.
Aus den genannten Gründen möge das BVwG den angefochtenen Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen (1.), in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt I. dahingehend abändern, dass ihrem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben werde (2.), in eventu den Bescheid im Spruchpunkt II. dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben werde (3.), in eventu den Bescheid im Spruchpunkt VI. dahingehend abändern, dass eine 14-tägige oder sonst angemessene Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt werde und eine mündliche Verhandlung anberaumt werde (4.). Der Bescheid möge hinsichtlich der Spruchpunkte IV., V. und VII. ersatzlos behoben werden.
3.7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 10.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde erfolgte nicht.
3.8. Am 13.08.2020 wurde vom BFA eine weitere Beschwerde des MigrantInnenverein St. Marx zur gegenständlichen Rechtssache übermittelt, mit welcher der verfahrensgegenständliche Bescheid in allen Spruchpunkten angefochten wird. Mit der weiteren Beschwerde macht die BF geltend, dass sie eine außereheliche Beziehung mit einem Mann aus Afghanistan habe, was bei Bekanntwerden in ihrem Heimatland dazu führen würde, dass sie diese „zu fürchten“ hätte. Der dem ersten Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt unterscheide sich völlig von den Gründen, die im aktuellen genannt würden. Die Rechtsansicht, wonach von einem unveränderten Sachverhalt auszugehen sei, da das Vorbringen unglaubwürdig sei, sei verfehlt. Die Behörde habe sich mit dem angegebenen Fluchtgrund deiner außerehelichen Beziehung und einer daraus resultierenden Verfolgung im in ihrem Heimatland bei einer Rückkehr, nicht auseinandergesetzt. Auch bestehe kein Anlass für die Verhängung eines Einreiseverbotes sowie für die Anordnung in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen.
Angesichts der Covid-19 Pandemie sei es auch völlig ausgeschlossen in die russische Föderation zu reisen, da – abgesehen vom Zusammenbruch des Flugverkehrs – die Ansteckungsgefahr in der russischen Föderation katastrophal sei.
3.9. Mit Telefax vom 20.08.2020 wurde seitens des Vereins Menschenrechte Österreich die Niederlegung der erteilten Vollmacht mitgeteilt.
3.10. Mit EK des BVwG vom 24.08.2020 zur zl W280 2125012-3/6E wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, iVm § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 VwGVG idgF, sowie gemäß §§ 57, 10 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52, 46 und 53 FPG 2005 idgF und § 15b AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
3.1. Die BF stellte dann am 08.02.2021, auf der Polizeiinspektion Schwechat Fremdenpolizei-FPG, einen neuen Antrag auf internationalen Schutz, als Begründung brachte sie vor, meine alten Fluchtgründe bleiben aufrecht. Aus diesen alten Gründen kann ich nicht in mein Heimatland zurück. Auf die Frage, ob sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt habe, gab diese an, ja, es hat sich nichts geändert.
3.2 Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 22.02.2021 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG BGBl. I Nr. 100/2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 idgF aufgehoben.
Das BFA führt dazu folgendes an:
„C) Feststellungen
Die Behörde gelangt daher zu folgenden Feststellungen:
- zu Ihrer Person:
Ihre Identität wurde bereits im Vorverfahren festgestellt.
Es existieren unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Sie verfügen über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Russland wurden bisher 4.092.649 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 81.048 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 22.02.2021).
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind
Somit scheint die Gefährlichkeit des neuen Coronavirus deutlich niedriger als bei MERS (bis zu 30 Prozent Sterblichkeitsrate) und SARS (ca. 10 Prozent) zu sein. Ähnlich wie bei der saisonalen Grippe durch Influenzaviren (1 Prozent Sterblichkeitsrate) sind v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen.
(https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 22.02.2021).
- zu den Gründen für Ihre Anträge auf internationalen Schutz sowie zur voraussichtlichen Entscheidung im nunmehrigen Verfahren:
Es kann kein neu entstandener Sachverhalt festgestellt werden.
Auch in der heutigen Einvernahme beziehen Sie sich auf das schon im Vorverfahren gesagte.
Es kamen keine Neuerungen der Ausreisegründe zur Sprache.
Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.
Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
- zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung:
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände konnte nicht festgestellt werden, dass Ihre Abschiebung in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
- zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kann kein unverhältnismäßiger Eingriff in Ihr durch Art. 8 EMRK gewährleistetes Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens erkannt werden.
- zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
„…….“
D) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:
- betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Diese wurden den vorliegenden Akteninhalten entnommen und wurden von Ihnen in der nunmehrigen Einvernahme nicht abgeändert bzw. als falsch aufgezeigt.
Die Feststellungen zur Pandemie ergeben sich aus dem Amtswissen sowie die konkreten Daten aus den Angaben der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, die ausführlich Daten rund um die Pandemie sammelt, auswertet und zur Verfügung stellt.
Die Feststellungen zum Virus SARS-CoV-2 ergeben sich aus den vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz als oberste Gesundheitsbehörde veröffentlichten Informationen.
- betreffend die Gründe für die voraussichtliche Entscheidung:
Der Feststellung wurde Ihr Vorbringen in den Vorverfahren sowie Ihr heutiges Vorbringen zu Grunde gelegt.
Sie brachten keine neuen Ausreisegründe vor.
Sie bezogen sich auf die schon im Vorverfahren gewürdigten Angaben, offensichtlich zu dem einzigen Zweck, das Verfahren vorsätzlich zu verzögern.
Im nunmehrigen Asylantrag haben Sie offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.
Bereits in den Vorverfahren haben Sie zugegeben, Ihr Heimatland in Wahrheit nur deshalb verlassen zu haben, um im Ausland eine vermeintlich bessere medizinische Behandlung zu bekommen.
Ihre Angaben dazu wurden bereits ausreichend und über mehrere Instanzen gewürdigt.
Auch die Entwicklung einer Liebschaft im Ausland ist nicht neu. Bereits im Vorverfahren gaben Sie dies zu Protokoll, es wurde darauf eingegangen. Es kann daher ein neuer Sachverhalt daraus nicht abgeleitet werden. Sie tätigten keine Angaben, aus denen heraus die Behörde amtswegig tätig werden müsste.
Ihre Ausreisegeschichte ist völlig unverändert.
Die vorgebrachten Gründe sind daher nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Werden nur Nebenumstände modifiziert, so wie in diesem Fall, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057).
Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen
Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes § 12 a (2) lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund ihres Vorbringens eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.
- betreffend die Feststellungen zur Gefährdungssituation:
Die Lage in Ihrem Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über Ihren vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert.
Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland in Verbindung mit Ihrem Vorbringen droht Ihnen keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 beschrieben.
Ihr neuer Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
- betreffend die Feststellungen über Ihr Privat- und Familienleben:
Diese wurden aufgrund Ihrer nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen.
Sie sind ledig und haben keine Kinder.
Ein schützenswertes Familienleben kann nicht festgestellt werden.
- betreffend die Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Die Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen objektiven Zusammenstellungen und Auskünften der aktuellsten österreichischen Staatendokumentation.“
3.3 Die Verwaltungsakten langten am 24.02.2021 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein, worüber das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung vom 25.02.2021 informiert wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2016 wurde der erste Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Des Weiteren wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung derselben in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde der angefochtene Bescheid von diesem mit Beschluss vom 25.04.2016 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen (Spruchpunkt A). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin neuerlich gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2018, Zl. W171 2125012-2/2E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 55 und 57 AsylG 2005, sowie §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen (Spruchteil A). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchteil B).
Die von der BF gegen das Erkenntnis des BVwG erhobene Revision wurde folglich vom VwGH mit Beschluss vom 23. Jänner 2019, Ra 2018/20/0472-9, zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 29.07.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF vom 28.01.2020 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf internationalen Schutz vom 18.04.2019 (richtig 28.01.2020) hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.).
Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Russland gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde und gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).
Mit EK des BVwG vom 24.08.2020 zur zl W280 2125012-3/6E wurde die Beschwerde gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, iVm § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 VwGVG idgF, sowie gemäß §§ 57, 10 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF, §§ 52, 46 und 53 FPG 2005 idgF und § 15b AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Der AS ist bisher nicht ausgereist und hat einen neuerlichen (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich die AS auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten vom AS initiierten Verfahrens bestanden haben, bzw. die bereits im Kern unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant sind.
In Bezug auf die AS besteht kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Die AS ist soweit gesund und befindet sich nicht laufend in dringender ärztlicher Behandlung.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AS in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation ist nicht eingetreten.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
II.2. Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person der AS und zur Situation in der Russischen Föderation ergeben sich aus der Aktenlage. Die die AS betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde durch Vorlage neuer Länderberichte erörtert und abgewogen und ist daher aufgrund der zeitlichen Nähe zum gegenständlichen Verfahren von ausreichender Aktualität auszugehen.
Der AS hat nunmehr wiederkehrend Verfolgung im Heimatstaat aufgrund eines bereits vorgebrachten Verfolgungsgrundes behauptet. Sein Asylvorbringen wurde bereits im vorangegangenen Aberkennungsverfahren als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant angesehen.
Die AS brachte nunmehr vor, sie könne nicht in die Heimat zurück, da sie aus den bereits bekannten Gründen dort Probleme bekommen könnte. Neue Gründe iSd. GFK hat die AS keine vorgebracht.
Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass keine Asylrelevanz hinsichtlich des Vorbringens der Antragstellerin vorliegt.
Da der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist, wird eine Zurückverweisung des Folgeantrages zu erfolgen haben.
Hinsichtlich der Erkrankung an Tuberkulose im Jahre 2013, wurde in der Entscheidung des BVwG vom 24.08.2020 festgestellt, dass diese vollständig ausgeheilt ist. Die AS gehört also keiner Risikogruppe hinsichtlich einer COVID-19 Infektion an.
Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens wurde im Verfahren gar nicht glaubwürdig behauptet und schon in der Entscheidung des BVwG vom 24.08.2020 geprüft. Auch sonstige beachtenswerte Integrationsmerkmale ergeben sich aus der Aktenlage nicht.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:
§12a (2) AsylG 2005 idgF:
Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
§ 75 (23) AsylG idgF:
Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.
Zu den Voraussetzungen des § 12 a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:
Gegen den Beschwerdeführer besteht nach der - rechtskräftigen - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes eine Rückkehrentscheidung/Ausweisung, die mangels Ausreise aus dem Bundesgebiet noch aufrecht ist
Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleich geblieben.
Bereits im vorangegangenen Verfahren hat das Bundesasylamt ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.
Auch im nunmehr zweiten Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen u. Asyl ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des AS in seinen Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmungen spricht.
Es ist der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar ist und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht dazu Anlass gibt, zu einem anderen Ergebnis zu kommen.
Da insgesamt die Voraussetzung des § 12 a Abs. 2 iVm § 22 Abs.10 AsylG 2005 und § 62 Abs. 2 AVG idgF für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.02.2021 rechtmäßig.
Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
In vorliegendem Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag gesundheitliche Beeinträchtigung Pandemie Privat- und Familienleben VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W103.2125012.4.00Im RIS seit
18.06.2021Zuletzt aktualisiert am
19.06.2021