TE Bvwg Beschluss 2021/3/1 W236 2239040-1

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Veröffentlicht am 01.03.2021
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Entscheidungsdatum

01.03.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §38
VwGVG §17

Spruch


W236 2239040-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.01.2021, ZI. 1269977300/201014325, zu Recht:

A) Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, iVm § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, bis zur rechtskräftigen Beendigung des vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl derzeit geführten Asylaberkennungsverfahrens der Mutter der Beschwerdeführerin ( XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation) unter der Zahl 750579010-201007162 ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Für die minderjährige Beschwerdeführerin wurde nach ihrer Geburt in Österreich am 16.10.2020 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gemäß § 34 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, gestellt.

1.1. Der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2007, ZI. 05 05.790-BAG, als damals minderjähriger Tochter ihres Vaters im Familienverfahren durch Erstreckung der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Dem Großvater mütterlicherseits der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde in weiterer Folge der Status des Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt, weshalb auch bezüglich der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wurde, welches derzeit zur Zahl 750579010-201007162 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig ist.

1.2. Dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.10.2007, Zl. 261.594/3/15E-XVIII/59/05, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt bis 05.11.2022 verlängert wurde.

2. Am 24.11.2020 fand die niederschriftliche Einvernahme der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin ihrer Tochter vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, wobei die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin angab, dass die minderjährige Beschwerdeführerin keine eigenen Asylgründe habe.

3. Mit dem oben genannten, gegenständlich in seinem Spruchpunkt I. angefochtenen Bescheid vom 08.01.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 16.10.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 5 iVm Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis 05.11.2022 (Spruchpunkt III.).

Begründend wird dargelegt, dass zwar der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei, jedoch bezüglich dieses Asylstatus ein Aberkennungsverfahren abgeleitet worden sei, weshalb für die minderjährige Beschwerdeführerin die Zuerkennung im Familienverfahren in Erstreckung auf ihre Mutter nicht in Betracht komme. Da der Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin über den Status des subsidiär Schutzberechtigten verfüge, gegen diesen kein Aberkennungsverfahren eingeleitet sei und die Beschwerdeführerin nicht straffällig sei, erhalte sie den gleichen Schutz wie ihr Vater. Die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte sei ihr – ebenso wie ihrer Bezugsperson – bis 05.11.2022 zu erteilen.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde am 21.01.2021 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass zwar das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Aberkennungsverfahren gegen die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin eingeleitet habe; es sei jedoch völlig unklar, worauf dieses rechtlich beruhe und liege kein Aberkennungsgrund vor, wobei zudem darauf hinzuweisen sei, dass die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin nicht straffällig geworden sei, bereits seit dem Jahr 2007 asylberechtigt sei und sich ihr Hauptwohnsitz im Bundesgebiet befinde. Selbst wenn das gegenständlich eingeleitete Aberkennungsverfahren eine rechtliche Grundlage haben sollte, hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 38 AVG vorzugehen. Bei der Frage nach der Aberkennung des Asylstatus der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin handle es sich um eine entscheidungsrelevante und präjudizielle Vor- bzw. Rechtsfrage, deren Beantwortung für die Hauptfrageentscheidung eine notwendige Grundlage sei. Diese Rechtsfrage binde die belangte Behörde, da sich der Asylstatus der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin im Fall eines ergebnislosen Aberkennungsverfahrens auf die minderjährige Beschwerdeführerin erstrecken würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die minderjährige Beschwerdeführerin führt die im Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und ist die Tochter der XXXX , geb. XXXX , und des XXXX , geb. XXXX , beide Staatsangehörige der Russischen Föderation.

Für die minderjährige Beschwerdeführerin wurde nach ihrer Geburt in Österreich am 16.10.2020 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 gestellt; eigene Fluchtgründe wurden nicht geltend gemacht.

Der (damals minderjährigen) Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.12.2007, ZI. 05 05.790-BAG, im Weg der Erstreckung über ihren Vater der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Am 26.11.2020 wurde bezüglich der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin ein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten eingeleitet, welches derzeit zur Zahl 750579010-201007162 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig ist.

Dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.10.2007, Zl. 261.594/3/15E-XVIII/59/05, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt bis 05.11.2022 verlängert wurde.

Mit Bescheid vom 08.01.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 16.10.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis 05.11.2022 (Spruchpunkt III.).

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Familienstand bzw. den Familienverhältnissen der minderjährigen Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihrer Geburtsurkunde (AS 29).

Die Feststellungen zum Verfahren der minderjährigen Beschwerdeführerin und zu den Verfahren ihrer Mutter und ihres Vaters ergeben sich aus dem unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, einer Einsichtnahme in den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.10.2007, Zl. 261.594/3/15E-XVIII/59/05, betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin, und Einsichtnahmen in das Zentrale Fremdenregister und das Zentrale Melderegister betreffend die minderjährige Beschwerdeführerin und deren Mutter.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A.) Aussetzung des Verfahrens:

3.1.1. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ist das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Es kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 lit. c AsylG 2005 ist Familienangehöriger ein zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges Kind eines Asylwerbers, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten.

Gemäß § 34 Abs. 2 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 2) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 7 AsylG 2005 anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 34 Abs. 3 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1), gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 9 AsylG 2005 anhängig ist (Z 3) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist (Z 4).

Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 des § 34 AsylG 2005 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

3.1.2. Im gegenständlichen Fall ist die minderjährige Beschwerdeführerin Familienangehörige sowohl ihres Vaters, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, als auch ihrer Mutter, welcher der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden ist.

Bezüglich der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin ist derzeit zur Zahl 750579010-201007162 ein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig. Vom Ausgang dieses Verfahrens ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren über den im Familienverfahren gestellten Antrag der minderjährigen Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz abhängig, da erst nach Verfahrensausgang eine Beurteilung des der minderjährigen Beschwerdeführerin zuzuerkennenden Status möglich sein wird.

Die Frage der Aberkennung des Status der Asylberechtigten betreffend die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin stellt somit eine Vorfrage im gegenständlichen Verfahren der minderjährigen Beschwerdeführerin dar.

Die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage (rechtskräftige Beendigung des vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl derzeit geführten Asylaberkennungsverfahrens der Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin) sind daher gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Von der Übersetzung des Spruchs wurde aufgrund der guten Deutschsprachkenntnisse der Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin abgesehen.


Schlagworte

Aussetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W236.2239040.1.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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