TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/8 W247 1429990-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2021
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Entscheidungsdatum

08.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §17 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W247 1429990-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. am XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., iVm §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass dieser lautet: „Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., wird gegen Sie ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen“.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 17 Abs. 1 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer (BF) ist russischer Staatsangehöriger und dem christlichen Glauben zugehörig.

I. Verfahrensgang:

1. Erstantragstellung des BF auf internationalen Schutz, Zurückziehung der Beschwerde und weiterer, unrechtmäßiger Aufenthalt des BF im Bundesgebiet:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste am 05.10.2011 legal, mit einem Auslandsreisepass und einem Visum C, gültig von 23.09.2011 bis 31.10.2011, mit dem Flugzeug in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er am 06.10.2011 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde.

Dabei gab der BF - zu seinem Fluchtgrund befragt - an, er gehöre zu den homosexuellen Personen, die in Russland verfolgt würden. Im Jänner 2010 sei er nach einer Party für Homosexuelle, von drei Polizisten in einem Park der Stadt XXXX zusammengeschlagen worden. Er habe vier Tage im Krankenhaus mit einer Gehirnerschütterung, mehreren Verletzungen am Körper und im Gesicht und ausgeschlagenen Zähnen, verbracht. Sogar jetzt sei noch eine Narbe unter dem rechten Auge sichtbar. Der BF habe Anzeige erstattet, doch habe er eine schriftliche Antwort der Staatsanwaltschaft erhalten, dass die von ihm angezeigten Tatsachen überprüft, jedoch nicht festgestellt worden seien. Im Jahr 2010 sei er nach XXXX gezogen und habe dort am 17.05.2011 ein Meeting mit 15 Teilnehmern für Homosexelle und andere sexuelle Minderheiten organisiert. Am nächsten Tag sei der BF von der Polizei angehalten und in eine Ausnüchterungszelle gebracht worden, obwohl er nicht betrunken gewesen sei. Dort sei er verhöhnt worden und man hätte ihm gesagt, er solle sich bis auf die Unterwäsche ausziehen. Dabei hätten sie den BF zu dritt bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen. Er könne sich noch erinnern, dass die Polizisten ihm, als er noch bei Bewusstsein gewesen sei, einen Gummistock in den Rachen hätten stecken wollen. Als der BF am nächsten Tag zu sich gekommen sei, sei er in einem Krankenhaus gewesen. Später habe er erfahren, dass ihn ein Taxi ins Krankenhaus gebracht habe. Drei Rippen seien gebrochen gewesen und Absplitterungen der Knochen hätten die Lunge des BF verletzt. Deswegen sei er an der Lunge operiert worden und habe ein Monat im Krankenhaus verbracht. Aus diesem Grund habe der BF beschlossen seine Heimat zu verlassen. Bei einer Rückkehr sei er sich sicher, dass solche Fälle wieder vorkommen würden.

1.2. Am 31.07.2012 fand vor dem ehemaligen Bundesasylamt eine niederschriftliche Einvernahme unter Beziehung eines dem BF einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache RUSSISCH statt. Zu den Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er sei homosexuell und als er im Winter 2009 aus Deutschland in seine Heimat zurückgekehrt sei, habe es am 15.01.2010 eine Party in einer Bar gegeben. Diese sei auch durch ein Transparent angekündigt worden. Bei den Vorbereitungsarbeiten sei die Polizei gekommen und habe den BF aufgefordert das Plakat abzunehmen, was er auch getan habe. Als sie (Anm.: die Polizisten) weggewesen seien, habe der BF das Plakat wieder aufgehängt. Auf dem Nachhause weg, seien erneut Polizisten gekommen, der BF sei allein unterwegs gewesen und die Polizisten hätten ihn mitgenommen. Sie hätten den BF jedoch nicht zur Polizeistation gebracht, sondern seien mit ihm in einen öffentlichen Park gefahren und hätten ihn zur Party, den Beteiligten, sowie seinen sexuellen Vorlieben befragt. Die Polizisten hätten begonnen den BF zu schlagen und zu beschimpfen, woraufhin er mit einer Beschwerde gedroht habe. Der BF sei weiter geschlagen worden, schließlich seien die Polizisten weggefahren. Dem BF seien die Zähne ausgeschlagen worden und am Auge, sowie den Händen habe er genäht werden müssen. Der BF habe bei der Staatsanwaltschaft eine Beschwerde abgegeben, der Fall sei jedoch nicht untersucht worden. Daraufhin sei der BF nach XXXX gegangen, er habe im Internet einen Artikel gefunden, dass dort eine Siedlung gebaut werde für Leute, die anders orientiert seien. In XXXX habe der BF begonnen zu arbeiten und einschlägige Lokale besucht. Am 17.05.2011 habe er einen Umzug organisiert, wobei der BF am Ende des Umzugs von der Polizei kontrolliert worden sei. Er sei zur Polizeistation mitgenommen worden und habe sich in einer Zelle ausziehen, sowie auf eine Bank legen müssen. Seine Hände und Füße seien an der Bank festgebunden worden und der BF habe versucht sich zu wehren, weshalb er geschlagen und beschimpft worden sei. Der BF habe das Bewusstsein verloren und sei erst im Krankenhaus wieder aufgewacht. Aufgrund mehrerer Rippenbrüche, die seine Lunge angegriffen hätten, habe er operiert werden müssen und sei ca. ein Monat im Krankenhaus gewesen. Danach sei der BF zu seinen Eltern gegangen und sie hätten beschlossen, dass er zu seiner Schwester nach XXXX gehen solle. Dort habe er sich ein Visum besorgt. Befragt, warum er sich an öffentlichen Auftritten beteiligt habe, wenn der BF doch gewusst habe, dass dies von den Behörden verfolgt werde, gab der BF an, in Deutschland gesehen zu haben, dass man dies (Anm.: seine sexuelle Orientierung) frei ausleben könne. Nach dem Vorfall in XXXX , habe er in XXXX erneut an einer Veranstaltung teilgenommen, weil er aufgrund des Internets gedacht habe, dass es dort aufgeschlossener sei. Bei einer Rückkehr befürchte der BF umgebracht zu werden, wenn er seine Neigung weiterhin öffentlich auslebe.

1.3. Mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 27.09.2012, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

In der Bescheidbegründung traf das ehemalige Bundesasylamt Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zur Lage in seinem Herkunftsstaat und führte rechtlich aus, dass die Ausführungen zu den Fluchtgründen zwar glaubhaft gewesen seien und der BF Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft eingereicht habe, diese behandelt und auch beantwortet worden seien. Es hätte jedoch keine Verfolgung im Konventionssinn festgestellt werden können. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr Verfolgung drohe.

Beweiswürdigend führte das ehemalige Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass der Behauptung einer Bedrohung von staatlicher Seite keine Glaubwürdigkeit habe geschenkt werden können. Glaubwürdig sei aufgrund der vorgelegten Dokumente, dass der BF am 21.01.2010 einen Antrag auf Verfolgung der Strafsache zum Tatbestand unrechtmäßiger Amtshandlungen von Mitarbeitern der Miliz bezüglich des geschilderten Vorfalles am 15.01.2010 an die Staatsanwaltschaft in XXXX gerichtet habe. Ebenso, dass er ein Antwortschreiben, datiert vom 23.02.2010, erhalten habe, wobei die Einleitung eines Strafverfahrens abgelehnt worden sei, weil die behaupteten Übergriffe nicht bestätigt werden konnten. Ebenso glaubhaft sei gewesen, dass der BF sich diesbezüglich bei der Staatsanwaltschaft XXXX beschwert habe, die mit Antwortschreiben mitgeteilt habe, der Fall sei bereits von der Staatsanwaltschaft XXXX untersucht und beantwortet worden. Außerdem sei glaubhaft, dass der BF sich an die Staatsanwaltschaft XXXX wegen des Vorfalls am 17.05.2011 gewandt habe. Diese habe geantwortet, dass die Angaben des BF überprüft worden seien, jedoch unrechtmäßige Amtshandlungen nicht hätten bestätigt werden können. Von der Möglichkeit sich beim Höchstgericht zu beschweren, habe der BF keinen Gebrauch gemacht. Auch mit seinen Rückkehrbefürchtungen vermochte der BF dem Glaubhaftigkeitsanspruch nicht gerecht zu werden, zumal seiner Behauptung, bei öffentlicher Auslebung seiner Neigung getötet zu werden, jede Grundlage fehle und stehe diese auch im Widerspruch zu den Länderfeststellungen.

Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätte. Es ergebe sich auch keine Gefährdungslage nach § 8 AsylG und erscheine eine Rückkehr in die Russische Föderation zumutbar.

Demnach – so die belangte Behörde – könnte der vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtgrund nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus seinem Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle ihrer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Es seien im Verfahren keine Ansatzpunkte einer besonderen Integration des Beschwerdeführers in Österreich hervorgekommen, zumal dieser von staatlicher Unterstützung abhängig sei, keiner geregelten Beschäftigung nachgehe und in keinem Verein Mitglied sei. Auch sein erst kurzer Aufenthalt in Österreich spreche gegen eine solche Bindung, sodass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

1.4. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 19.11.2014 zurückgezogen, weshalb das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 07.07.2015, Zl. XXXX , gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt wurde.

1.5. Am 21.11.2014 stellte der BF einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr, die er am 09.06.2015 widerrief.

1.6. Ab 10.03.2015 war der BF im Bundesgebiet ohne Wohnsitzmeldung. Von 12.04.2016 bis 15.02.2018 hatte der BF eine Obdachlosenmeldung bei der Adresse XXXX Später hat er unter falscher Identität in einem Studentenheim gelebt.

1.7. Von 03.04.2019 bis 21.08.2019 befand sich der BF in Untersuchungshaft, wobei er mit Urteil vom 21.08.2019 zu XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde, wobei diese unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mit Berufungsurteil vom 07.07.2020 zu XXXX wurde der Berufung der StA XXXX wegen Schuld Folge gegeben und der BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen, schweren Betrugs und des Vergehens der Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt wurde, wobei diese unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

1.8. Am 21.08.2019 wurde der BF vor dem BFA neuerlich niederschriftlich einvernommen, wobei ihm zur beabsichtigten Inschubhaftnahme und seiner Abschiebung Parteiengehör gewährt wurde.

1.9. Der BF stellte in der Folge einen neuerlichen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr. Dieses Verfahren wurde am 08.10.2020 vom VMÖ widerrufen, da der BF inzwischen einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

2. Zweiter und gegenständlicher Antrag des BF auf internationalen Schutz:

2.1. Am 02.10.2020 stellte der BF einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Dabei gab er zusammenfassend an, seine Familienangehörigen würden alle in Russland leben. Seine Wohnsitzadresse im Herkunftsstaat sei in der Republik XXXX in XXXX , XXXX Der BF habe psychische Probleme und begebe sich daher nach wie vor zum Psychologen. 2016 sei er von einem Zug erfasst und operiert worden. Er sei legal mit einem russischen Auslandsreisepass nach Österreich eingereist. Dieser sei ihm 2011 vom BFA abgenommen worden. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er 2010 von der Polizei in Russland angehalten worden sei. Er habe keinen Führerschein bei sich gehabt und sei in die Station mitgenommen worden. Die Polizei habe Geld vom BF verlangt, das er ihnen jedoch nicht habe geben können, weshalb ihm gesagt worden sei, dass sie ihn dortbehalten würden, bis er bezahle. Der BF sei durch die Polizei zusammengeschlagen worden und ihm seien zwei Rippen gebrochen worden. Er habe Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, doch sei nichts unternommen worden, obwohl er mehrfach interveniert habe. Aufgrund des Regimes würden in Russland solche Dinge passierten, man könne in Russland nicht in Frieden leben. Der BF sehe in Russland keine Perspektiven, weshalb er gerne in Österreich bleiben würde. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen, vermeinte der BF, dass Menschen, die ihre Rechte in Russland verteidigen würden, in Gefahr seien.

2.2. Am 28.01.2021 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), XXXX unter Beiziehung eines für den BF einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache RUSSISCH niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zusammenfassend zu Protokoll, an keinen Krankheiten zu leiden und keine Medikamente zu nehmen. Seit 2011 sei der BF immer in Österreich gewesen. Er sei zu seiner 18-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, der BF denke, die Bewährungszeit sei mit 2 Jahren festgesetzt worden. In Untersuchungshaft sei er 5 Monate gewesen. Einen erneuten Antrag auf internationalen Schutz habe er gestellt, weil er nicht nach Russland zurückwolle. Ein Rechtsanwalt hätte dem BF gesagt, dass er die Möglichkeit hätte aus humanitären Gründen ein Visum oder einen Aufenthaltstitel zu bekommen, weil der BF in Österreich schon sehr lange wohne. Der Rechtsanwalt habe ihm auch gesagt, er solle zuerst einen Asylantrag stellen, der höchstwahrscheinlich abgewiesen werde, da er nicht ausreichend Gründe dazu habe. Gleichzeitig würde aber geprüft werden, ob ihm „etwas aus humanitären Gründen gegeben werden könne“. Nachgefragt, ob er lediglich ein Aufenthaltsrecht haben wolle und keine Gründe vorliegen würden, die gegen eine Rückkehr nach Russland sprechen würden, vermeinte der BF, dass es keine besonderen Gründe gebe. Er sei nach Österreich gekommen, weil ihn die russische Politik, das System dort, nicht zufrieden gestellt habe. Deshalb sei er schon so lange in Österreich. Hier sei der BF jedoch wie ein Obdachloser, wie eine Person ohne Rechte. Würde er nach Russland zurückkehren, müsste er seine Position und seine Einstellung irgendwie verteidigen. Daraus würde seine Inhaftierung folgen. Befragt dazu, welche Position bzw. Einstellung der BF meine, gab er an, dass Russland seiner Meinung nach derzeit von Verbrechern regiert werde. Natürlich wolle der BF, dass dagegen etwas unternommen werde. Er glaube inhaftiert zu werden, weil es so in Russland gemacht werde. Alle, die eine andere Einstellung hätten, als die regierende Partei und sich dazu äußern, würden zuerst gewarnt man solle die Klappe halten, wenn man dann nicht aufhöre, bekomme man eine Gefängnisstrafe. Bei einer Rückkehr nach Russland würde der BF andere Menschen dazu aufrufen, sich zusammenzuschließen und etwas zu unternehmen, um die jetzige Situation zu verändern. Was ihn am meisten an der jetzigen Situation störe, sei, dass das Land derzeit von Verbrechern regiert werde. Das spüre man in allen Bereichen, bei Gerichten, der Polizei und der Medizin. Auf Vorhalt, der BF könne diese Wahrnehmung nur aus dem Internet haben, aber keine persönlichen Erfahrungen gemacht haben, weil er seit ca. 10 Jahren nicht mehr in Russland gewesen sei, antwortete er, dass das richtig sei und er die Informationen aus dem Internet, anderen Medien, sowie von anderen Menschen habe. In dieser Zeit habe sich die Lage aber auch noch verschlechtert. Strafrechtliche Probleme habe der BF in der Russischen Föderation nicht gehabt, er habe nichts angestellt. Politische Probleme habe er bis dahin auch nicht gehabt, weil er sich ja noch in Österreich befinde. Befragt zu seinen Rückkehrbefürchtungen, gab der BF an, diese Frage sei schwer zu beantworten, er habe keine Ahnung, was ihm nach seiner Ankunft passiere. Vielleicht werde er befragt, er wisse nicht, welche Prozedur ihn dort erwarte. Der BF sei schon in XXXX bei der russischen Botschaft gewesen, dort hätten sie ihm sehr viele Fragen gestellt, warum er sich so lange in Österreich aufhalte, er sei sich nicht sicher, ob er nach seiner Ankunft einfach so durchgelassen werde. Der BF sei nicht öffentlich gegen die russische Regierung aufgetreten, er habe sich lediglich im Internet in Form von Kommentaren oder „Likes“ geäußert. Er sei deswegen nicht von staatlicher Seite bedroht worden. Der BF habe schon mit der Polizei in Russland zu tun gehabt, das sei jedoch reine Erpressung gewesen und habe mit seiner politischen Einstellung nichts zu tun. Das sei 2010 gewesen, einige Vorfälle seien noch davor passiert.

Die Länderberichte habe er jetzt nicht gelesen, doch im Oktober 2010. Dazu wolle er sagen, dass darinstehe, Russland sei ein sicheres Land. Das sei richtig, jedoch nur für die Menschen, die ihre Meinung nicht äußern würden und sich mit der Situation im Land abgefunden hätten. Für Menschen wie ihn, die ihre Meinung äußern, sei es kein sicheres Land.

Der BF sei in Österreich wegen Kreditkartenbetrug, sowie wegen Urkundenfälschung verurteilt worden. Er habe mit gefälschten Unterlagen ein Zimmer in einem Studentenheim bewohnt. Die Polizei habe die Person mit diesen Personalien gesucht, dann sei sein Zimmer durchsucht worden, wobei die Kreditkarten aufgefunden worden seien. 2014 habe der BF bereits vorgehabt Österreich zu verlassen, die Behörde hätte jedoch seine Dokumente verloren, weshalb ihm gesagt worden sei, er solle sich an die russische Botschaft wenden und sich einen weißen Pass besorgen. Der BF sei damit nicht einverstanden gewesen, es hätte sein können, dass er woanders hinfahren hätte wollen. Bei der Durchsuchung im Jahr 2018 seien seine übrigen Dokumente, wie seine Geburtsurkunde, von den Behörden mitgenommen worden. Auch diese Dokumente seien weg. Belehrt, dass der BF alle originalen Dokumente bei seiner Ausreise wieder ausgehändigt bekomme, gab er an, dass er sich schon mehrmals an die Staatsanwaltschaft wegen seiner Dokumente gewandt habe. Die Antwort habe gelautet, die Behörde hätte ihm keine Dokumente abgenommen.

Der BF wolle in Österreich ein Visum oder einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen bekommen. Wenn das nicht klappen sollte, bliebe ihm nichts Anderes übrig, als nach Hause zu fliegen. Er wolle aber nicht nach Russland. Er wolle lieber ein anderes Land wählen, wie z.B. Kanada oder woandershin. Die Eltern und die Schwester des BF würden immer noch in Russland leben. Bei einer Rückkehr würde er schon etwas finden, wo er anfangs wohnen könne.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (BFA) vom 03.02.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.); Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich komme ihm gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise zu (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründet das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass kein - verglichen mit dem Vorverfahren - wesentlich geänderter Sachverhalt vorliege. Der BF beziehe sich auf seine bereits im Vorverfahren angegebenen Fluchtgründe, nämlich Opfer polizeilicher Gewalt gewesen zu sein und dagegen erfolglos Rechtsmittel ergriffen zu haben, weshalb von einer Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts keine Rede sein könne. Auch hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat habe sich im Vergleich zu den Feststellungen im Vorverfahren des BF nichts geändert. Da weder in der maßgeblichen Sachlage, noch den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, die eine andere rechtliche Beurteilung zuließe, stehe die Rechtskraft des Bescheides vom 27.09.2012, Zl. XXXX , dem neuerlichen Antrag des BF entgegen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF sei zulässig, zumal dieser seit 2014 zur Ausreise verpflichtet sei, einen Großteil der Zeit unter falscher Identität im Untergrund gelebt habe und nicht anzunehmen sei, dass der BF in dieser Zeit besondere und schützenswerte Kontakte geknüpft hätte. Darüber hinaus habe der BF von Leistungen aus öffentlicher Hand gelebt und befinde sich derzeit in Grundversorgung. Es könne keine rechtlich relevante Bindung zu Österreich abgeleitet werden, zumal sich der BF vergleichsweise kürzer, 9 Jahre, in Österreich aufgehalten habe, gegenüber seiner Aufenthaltsdauer in der Russischen Föderation, 20 Jahre (Anm.: gemeint 30 Jahre). Der Aufenthalt des BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und zeige seine Verhaltensweise, dass er nicht gewillt sei, sich rechtskonform zu verhalten, was für die Zukunft nichts Gutes vermuten lasse, weshalb nur eine negative Zukunftsprognose getroffen werden könne. In einer Gesamtbeurteilung sei die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 7 Jahren gerechtfertigt und notwendig, um die vom BF ausgehende Gefährdung zu verhindern.

2.4. Mit Rechtsberatungsinformation vom 03.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

2.5. Mit fristgerecht eingebrachtem Schriftsatz vom 16.02.2021, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, wurde für den BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt III.-VII. des gegenständlichen Bescheides des BFA, zugestellt am 04.02.2021, erhoben. Die unangefochtenen Spruchpunkte I. und II. erwuchsen daher in Rechtskraft.

Begründend wurde beschwerdeseitig ausgeführt, dass der BF seit 27.09.2012 in Österreich aufhältig sei und sehr gut Deutsch spreche. Der BF sei der Meinung, dass er die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erfülle. Diesbezüglich werde auf die Ausführungen des BF in Anhang 2 verwiesen und stelle dies die Beschwerdebegründung dar. Hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbots wolle der BF vorbringen, dass er seine Dokumente bei seiner damaligen Verhaftung durch die Polizei abgegeben habe und bis dato nicht mehr zurückbekommen habe. Es seien Originaldokumente, die der BF unbedingt zurückhaben wolle. Das sei das einzige, was ihm von seiner Heimat noch übriggeblieben sei. Ohne diese Dokumente wolle der BF Österreich nicht verlassen. Der BF habe die Dokumente im Vertrauen an die österreichische Polizei übergeben, aber nun seien sie nicht auffindbar. Das sei auch der Grund, warum der BF bis dato nicht ausgereist sei. Er bereue seine damalige Straftat sehr und wisse, dass er einen großen Fehler gemacht habe. Insgesamt sei der BF der Meinung, dass das Einreiseverbot in der Höhe von 7 Jahren unverhältnismäßig hoch sei, weshalb die Aufhebung in eventu die Herabsetzung des Einreiseverbotes beantragt werde. In der Beschwerde wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 erteilen, 2.) eine mündliche Verhandlung anberaumen, 3.) die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung aufheben, 4.) die aufschiebende Wirkung zuerkennen, 5.) das Einreiseverbot in der Dauer von 7 Jahren aufheben bzw. herabsetzen und 6.) eine Frist für die freiwillige Ausreise gewähren.

In Anhang 2 fügte der BF einen Lebenslauf seinerseits an und führte aus, dass er am 07.10.2011 legal mit einem Visum in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Sein Reisepass, sowie sein russischer Personalausweis, seien sichergestellt worden und der BF sei in einer Pension untergebracht worden. Im Jahr 2013 sei sein Asylantrag abgewiesen worden und er habe dagegen Beschwerde erhoben. Im Jahr 2014 habe er im Zuge der Beschwerdeverhandlung um humanitäres Bleiberecht angesucht. Der Antrag sei abgelehnt worden mit der Begründung, dass die Erteilung nur nach mindestens fünfjährigen, durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet möglich sei. Zum Zweck der Rückkehrberatung habe der BF mit dem VMÖ Kontakt aufgenommen, wobei ihm mitgeteilt worden sei, seine sichergestellte Dokumente seien im Zuge des Asylverfahrens verloren gegangen (nämlich sein Reisepass und sein russischer Personalausweis). Im Jahr 2015 sei der BF nach XXXX umgezogen und habe im Asylzentrum der Caritas einen Antrag auf Grundversorgung gestellt, der mit der Begründung abgewiesen worden sei, die Leistungserbringung erfolge durch das Land XXXX . Im Jahr 2016 sei der BF von einem Zug erfasst und notoperiert worden. Wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und erforderlicher Nachbehandlungen, sowie Rehabilitationsmaßnahmen habe der BF einen Antrag auf Grundversorgung gestellt, welcher abgelehnt worden sei. Weiters habe der BF einen neuen Reisepass in der Botschaft der Russischen Föderation beantragt, doch sei der Antrag ignoriert worden. Um eine Wohnung zu mieten, habe der BF einen gefälschten Ausweis erworben, weshalb er von der Polizei festgenommen worden und verhaftet worden sei. Er habe sich 5 Monate in Untersuchungshaft befunden. Alle seine persönlichen Dokumente (Geburtsurkunde, Schulzeugnis, Berufszeugnis, Abschlusszeugnis von Bachelorstudien, Sprachzertifikat, GmbH Gründungsdokumente, medizinische Unterlagen und Untersuchungsbefunde, Versicherungsunterlagen, Bankkontounterlagen und Zugangsdaten, Arbeitshefte, sowie Notizbücher) seien von der Polizei sichergestellt und nicht mehr zurückgegeben worden. Der BF habe aufgrund einer beträchtlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes einen Antrag auf Grundversorgung gestellt und sei ins Asylheim „Haus XXXX “ verbracht worden.

Daran anschließend bat der BF folgende Angaben zu berücksichtigen. Der BF befinde sich seit mehr als 9 Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet und sei legal eingereist, er sei Mitglied in mehreren Vereinen und habe einen gefestigten Freundeskreis in Österreich. Er sei Mitglied in mehreren gemeinnützigen Organisationen in Österreich. In seinem Heimatland würden fundamentale Menschenrechte verletzt, dies sei eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben. Die Menschenrechtslage in seinem Herkunftsland habe sich weiter verschlechtert und der BF habe einen Deutschkurs/eine Sprachprüfung für den Hochschulzugang auf Sprachniveau B1 des Sprachenzentrums der Universität XXXX absolviert. Der BF habe im Herkunftsland 10 Jahre die Schule besucht, eine Lehre zum Tischler gemacht und ein Bachelorstudium zum Bauingenieur, Projektierung und Bau von Straßen und Flugbetriebsflächen, absolviert. Um seinen Lebensunterhalt teilweise zu bestreiten, erledige der BF einzelne Dienstleistungen, wie die Reparatur von Notebooks und PCs. Er habe ausreichende Fähigkeiten, Qualifikationen und Berufserfahrung um sich einen Arbeitsort aussuchen zu können. Momentan brauche der BF aufgrund einer beträchtlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands Behandlungen. Die Dauer seines Aufenthalts gründe in den Behörden zurechenbaren, überlangen Verzögerungen. Dazu legte der BF Kopien seines Inlands- und Auslandsreisepasses vor, einen Auszug aus dem deutschen Firmenbuch, ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, sowie einen Auszug aus dem ZMR und einen Krankenversicherungsbeleg vor.

2.6. Die Beschwerdevorlage vom 17.02.2021 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsbericht (BVwG) am 18.02.2021 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.10.2020, seiner polizeilichen Ersteinvernahme vom 02.10.2020, der Einvernahme des BF vor dem BFA vom 28.01.2021, der für den Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde vom 16.02.2021 gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2021, der vorgelegten Unterlagen und der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, sowie in den Verwaltungsakt des Vorverfahrens, der Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Fremden- und Grundversorgungsinformationssystems, des AJ-Web, des Strafregisters der Republik Österreich und insbesondere der Einsicht in das strafgerichtliche Urteil XXXX und das Berufungsurteil XXXX , werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zum Vorverfahren und gegenständlichen Verfahren:

Der BF reiste am 05.10.2011 legal, mit seinem Auslandsreisepass und einem Visum C, gültig von 23.09.2011 bis 31.10.2011, mit dem Flugzeug in das österreichische Bundesgebiet ein. Am selben Tag stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamts vom 27.09.2012, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Ausweisung des BF in die Russische Föderation verfügt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 19.11.2014 zurückgezogen, weshalb das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 07.07.2015, Zl. XXXX , eingestellt wurde.

Am 02.10.2020 stellte der BF gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (BFA) vom 03.02.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich komme ihm gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise zu (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde richtet sich lediglich gegen Spruchpunkte III.-VII. des angefochtenen Bescheides, weshalb die Spruchpunkte I. und II. in Rechtskraft erwuchsen.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer trägt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht fest. Der BF ist ledig und kinderlos.

Der BF wurde in XXXX , der Republik XXXX , im Nordwesten der Russischen Föderation geboren und ist ebendort aufgewachsen. Dort hat er von 1988 bis 1998, also 10 Jahre, die Schule besucht, sowie im Anschluss 1998-1999 eine Fachberufsschule für Holztechnik besucht, wobei er den Beruf des Tischlers erlernte. Von 1999 bis 2004 studierte er an der staatlichen Akademie für Forsttechnik, die er jedoch nicht abschloss. Der BF hat sodann von 2004 bis 2007 im Herkunftsstaat als Ingenieur gearbeitet. Am 21.04.2008 gründete er in Deutschland eine Holzhandelsfirma, deren Geschäftsführer er auch war, weshalb er sich im Jahr 2008 für zwei Wochen und im Jahr 2009 für etwa 10 Monate in Deutschland aufhielt. Der BF verfügte dabei von 17.04.2008 bis 24.04.2008 über ein Visum C, von 01.01.2009 bis 31.03.2009 über ein Visum D und von 27.03.2009 bis 26.09.2009 über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 dAufenthaltsG. Das von ihm gegründete Holzhandelsunternehmen verkaufte er im Oktober 2009. In den Jahren 2010 und 2011 war der BF bis zu seiner Ausreise erneut als Ingenieur im Herkunftsstaat tätig. In welcher Stadt der BF in den Jahren 2010 und 2011 gelebt hat, kann nicht festgestellt werden.

Er hat in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten. Die Eltern des BF leben nach wie vor in XXXX und seine Schwester lebt in XXXX . Die Muttersprache des BF ist Russisch und er hat gute Deutschkenntnisse. Seit Mai 2015 spendet der BF regelmäßig mehrmals im Monat Blutplasma. Der BF ist weder vereinsmäßig, noch ehrenamtlich aktiv, noch verfügt er über österreichische Freunde, noch hat er im Bundesgebiet eine sonstige Aus-, Fort- oder Weiterbildung betrieben. Der BF ging im Bundesgebiet der Schwarzarbeit nach, indem er unangemeldete Arbeiten als Programmierer durchführte. Einer legalen Beschäftigung ist er bis dato in Österreich nie nachgegangen und ist er nicht selbsterhaltungsfähig, sondern befindet sich derzeit in Grundversorgung. Der BF hat von 11.03.2015 bis 12.04.2016, von 13.10.2016 bis 09.08.2017, sowie von 16.02.2018 bis zu seiner Inhaftierung in die JA XXXX am 02.04.2019 und von 22.08.2019 bis 29.08.2019 ohne aufrechte Meldung, im Verborgenen im Bundesgebiet gelebt.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.08.2016 von einem Zug erfasst, wobei er einen offenen Oberarmbruch rechts erlitt (fract. diaphys. humeri dext. apert. grad. III.), der operativ behandelt und mit einem Oberarmverriegelungsmarknagel versorgt wurde. Wegen Schmerzen am Oberarmkopf wurden die beiden proximalen Verriegelungsbolzen am 09.02.2018 wieder operativ entfernt. Außerdem erlitt der BF durch diesen Unfall eine rechtsseitige Brustkorbprellung (Cont. thoracis dext.), eine Gehirnerschütterung (commotio cerebri) und eine Läsion des rechten Speichennervs (laesio n. radialis dext.). Spätfolgen von diesem Unfall hat der BF keine. Anfang April 2020 wurde der BF positiv auf COVID-19 getestet. Außerdem laboriert er an depressiven Symptomen, weshalb er sich von 30.07.2020 bis zumindest Oktober 2020 im sozialpsychiatrischen Ambulatorium XXXX in Behandlung befand, sowie die Medikamente Mirtazapin und Seroquel einnahm. Daraus ergibt sich weder eine schwerwiegende, noch eine lebensbedrohliche Krankheit des BF. Er ist arbeitsfähig.

Der BF wurde in Österreich straffällig, im Strafregister der Republik Österreich scheint folgende Verurteilung auf:

01) LG XXXX vom 21.08.2019 RK 07.07.2020

§§ 15, 223 (1), 224 StGB

§§ 146, 147 (1) Z 1, 147 (2), 148 2. Fall, 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 31.03.2019

Freiheitsstrafe 20 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Gegen das Urteil des LG XXXX vom 21.08.2019 erhob die Staatsanwaltschaft XXXX Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe, der auch Folge gegeben wurde. Diesem strafgerichtlichen Berufungsurteil lag zugrunde, dass der BF gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, diese (die Getäuschten) durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet bzw. zu verleiten versucht hat, welche diese in einem EUR 5.000 übersteigenden Wert am Vermögen schädigten. Dabei täuschte er Angestellte einer Bank, im Zeitraum von April 2016 bis zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Winter 2017, unter Benützung gefälschter Beweismittel durch wahrheitswidrige Vortäuschung fremder Identitäten, sowie der Tatsache zahlungswilliger- und fähiger Vertragspartner zu sein, nämlich in 25 Tathandlungen und unter Verwendung 25 verschiedener Identitäten, zur Ausstellung und Übermittlung von Kreditkarten samt zugehörigen Codes, indem er mit gefälschten Meldezetteln und Reisepässen Kreditkartenanträge stellte, wobei er mit den übermittelten Karten jeweils Bargeld zwischen EUR 100 und EUR 500 behob und/oder Einkäufe in diesem Rahmen tätigte. Bei 15 Tathandlungen unter Verwendung 15 verschiedener Identitäten blieb es beim Versuch, weil der BF kein Bargeld behob, oder die Anträge aufgrund der durchgeführten Prüfungen abgelehnt wurden.

Darüber hinaus hat er zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 01.04.2019 einen falschen russischen Reisepass, lautend auf den Namen XXXX , somit eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, mit dem Vorsatz herzustellen versucht, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Identität gebraucht werde.

Der BF hat sich somit des Verbrechens des gewerbsmäßig, schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und des Vergehens der Urkundenfälschung gemäß §§ 15, 223 Abs. 1, 224 StGB schuldig gemacht.

Im Zuge der Strafbemessung erkannte das Gericht als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, die mehrfache Qualifikation des Betrugsdelikts, der lange Deliktszeitraum und die über die gewerbsmäßige Tatbegehung (weit) hinausgehende Tatwiederholung als erschwerend, sowie als mildernd die teilweise geständige Verantwortung und den Umstand, dass es bei den betrügerischen Handlungen teilweise und beim Fälschungsdelikt gänzlich beim Versuch geblieben ist.

Der BF wurde am 01.04.2019 festgenommen und am 02.04.2019 in die JA XXXX eingeliefert. Er war von 03.04.2019 bis zu seiner Verurteilung am 21.08.2019 dort in Untersuchungshaft.

Der BF weist eine weitere Vorstrafe in Deutschland auf. Dort wurde er mit Urteil des Amtsgerichtes XXXX vom 17.11.2014, rechtskräftig seit 06.12.2014, zu AZ XXXX wegen der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in acht Fällen zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen à EUR 10 verurteilt.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine Gefährdung in Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.

1.3. Zur Frage der Rückkehr in die Russische Föderation:

Es können in casu zum Entscheidungszeitpunkt keine Umstände festgestellt werden, welche einer Rückführung des BF aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde.

Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls schwerwiegende oder lebensbedrohliche körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Eine in die Russische Föderation zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es ist konkret im Fall des Beschwerdeführers mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in keine aussichtslose Lage geraten wird. Auch aus dem sonstigen Verfahrensergebnis werden vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in seinem Herkunftsstaat keine Hinweise auf eine allfällige Gefährdung des BF im Falle seiner Rückkehr ersichtlich, noch wurde vom BF eine solche Gefährdung substantiiert behauptet.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, nach wie vor in den fallgegenständlich relevanten Teilen als aktuell anzusehenden, Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt und welche das Bundesverwaltungsgericht in casu seinem Erkenntnis zugrunde legt.

1.4.1. Coronavirus disease 19 (COVID-19) weekly Epidemological Update - WHO (World Health Organization)

vom 02.03.2021

Nach aktuellem Stand zum Entscheidungszeitpunkt gibt es im ganzen Land 4.246.079 bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 86.122 Todesfälle.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere des Verfahrensaktes des Vorverfahrens, und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts, sowie der Einsichtnahme in den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.07.2015, XXXX

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.3. Die Feststellungen zur rechtmäßigen Einreise des BF nach Österreich ergibt sich aus dem vom BF im Vorverfahren vorgelegten Flugticket, sowie einer Kopie seines Inlands- und Auslandsreisepasses, in dem das erteilte Visum C, gültig von 23.09.2011 bis 31.10.2011, ersichtlich ist (AS 27ff).

2.4. Die Feststellungen zu Identität, Alter, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft, den Familienverhältnissen und der Ausbildung des Beschwerdeführers gründen auf seinen insofern unbedenklichen Angaben vor dem BFA, sowie auf den in seiner Beschwerde gemachten Angaben. Aufgrund der Vorlage seines Inlands- und Auslandsreisepasses steht die Identität des BF fest.

Die Feststellung, dass der BF sein Hochschulstudium nicht abgeschlossen hat, beruht auf den Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils vom 21.08.2019, XXXX (S. 12). Im Übrigen hat der BF hinsichtlich seines behaupteten Universitätsabschluss, keine Unterlagen vorgelegt.

Dass der BF in Deutschland ein Holzhandelsunternehmen gegründet hat, ergibt sich aus einem vom BF vorgelegten Auszug aus dem deutschen Firmenbuch. Die dem BF während seines Aufenthalts in Deutschland erteilten Visa und der erteilte Aufenthaltstitel sind in seinem im Vorverfahren vorgelegten und in Kopie im Akt einliegenden Auslandsreisepass ersichtlich (AS 35ff).

Aufgrund der widersprüchlichen Angaben des BF zu seinem Aufenthaltsort in den Jahren 2010 und 2011, kann nicht festgestellt werden, in welcher Stadt der Russischen Föderation er gelebt hat. Gab er in seinem Vorverfahren noch an, aufgrund seiner Probleme in XXXX nach XXXX gezogen zu sein (S. 4 der EE vom 06.10.2011, S. 3 des BFA-Prot. vom 31.07.2012), ist seinem im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Lebenslauf zu entnehmen, dass er in den Jahren 2010 und 2011 als Ingenieur in XXXX gearbeitet hat (AS 139, AS 291).

2.5. Die guten Deutschkenntnisse des BF können aufgrund des vom BF vorgelegten Lebenslaufes, samt den dazugehörigen Erläuterungen festgestellt werden. Wenn der BF vorbringt, er habe einen Deutschkurs bzw. eine Sprachprüfung für den Hochschulzugang auf Sprachniveau B1 am Sprachenzentrum der Universität XXXX absolviert, ist dem entgegenzuhalten, dass dazu keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden, weshalb eine dahingehende Feststellung nicht getroffen werden konnte.

Festzuhalten ist lediglich der Vollständigkeit halber, dass hinsichtlich der vom BF behaupteten sichergestellten Dokumente (Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Schulzeugnis, Berufszeugnis, Abschlusszeugnis von Bachelorstudien, Sprachzertifikat, GmbH Gründungsdokumente, andere Geschäftsdokumente, medizinische Unterlagen, Versicherungsunterlagen, Bankkontounterlagen und Zugangsdaten, sowie persönliche Notizbücher) aus den Verfahrensakten eine polizeiliche Sicherstellung nicht ersichtlich ist. Darüber hinaus, verfügt der BF, wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, über keinen Bachelorabschluss, weshalb ein Abschlusszeugnis darüber, das in Folge von der Polizei sichergestellt hätte werden können, gar nicht existent ist. Aus diesem Grund ist das beschwerdeseitige Vorbringen diesbezüglich grundsätzlich zu bezweifeln. Zutreffend ist, dass von Seiten des VMÖ für den BF im Jahr 2015 mehrfach versucht wurde zu eruieren, wo sich das Original seines Reisepasses befindet, wie aus dem Vorverfahrensakt ersichtlich ist. Ob dem BF dieser anschließend tatsächlich ausgefolgt wurde, ist nicht zu ersehen. Überdies hätte der BF jederzeit die Möglichkeit gehabt bei der Botschaft der Russischen Föderation einen neuen Reisepass zu beantragen, doch gab der BF bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 28.01.2021 selbst an, ihm sei gesagt worden, er solle sich an die russische Botschaft wenden, um sich einen weißen Pass zu besorgen, doch damit sei er nicht einverstanden gewesen (S. 6 des BFA-Prot.). Sein beschwerdeseitiges Vorbringen, er habe einen neuen Reisepass bei der russischen Botschaft beantragt, dieser sei jedoch ignoriert worden, stellt daher eine reine Schutzbehauptung dar, zumal bezüglich einer neuerlichen Reisepassantragstellung keine Unterlagen vorgelegt wurden. Insgesamt ist daher auch daraus insgesamt kein substantiiertes Vorbringen zu ersehen.

Der BF gab zwar an, seit 2013 Vereinsmitglied beim SK XXXX zu sein und seit 2018 Mitglied der SK XXXX zu sein, doch hat der BF spätestens ab 2016 in XXXX gelebt, weshalb, wie behördenseitig bereits ausgeführt, nicht anzunehmen ist, dass der BF noch beim SK XXXX aktiv ist. Dieser Feststellung wurde beschwerdeseitig auch nicht substantiiert entgegengetreten, zumal vom BF keine Bestätigung des Vereins vorgelegt wurde. Selbiges gilt für die XXXX . Seit Oktober 2020 war der BF in XXXX und XXXX gemeldet, wie sich aus einem ZMR-Auszug ergibt, weshalb eine aktive Vereinsmitgliedschaft des BF in XXXX nicht wahrscheinlich erscheint, zumal ebenso wenig eine Bestätigung über diese behauptete Vereinsmitgliedschaft des BF vorgelegt wurde. Dass der BF bei der XXXX ehrenamtlich mitgearbeitet hätte, kann ebenfalls mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht festgestellt werden.

Die Ausübung von Schwarzarbeit durch den BF, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA am 21.08.2019 (S. 3 des BFA-Prot.), wonach er vom Blutplasma spenden zwei Mal monatlich und der Schwarzarbeit als Programmierer gelebt habe, sowie den Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils vom 21.08.2018 (S. 12).

Dass der BF derzeit staatliche Grundversorgung erhält und nicht selbsterhaltungsfähig ist, beruht auf einem GVS-Auszug, sowie dem Umstand, dass er keiner Beschäftigung nachgeht. Die Feststellung, wonach der BF im Bundesgebiet während seines gesamten bisherigen Aufenthalts noch nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist, ergibt sich aus einem aktuellen AJ-Web Auszug. Die Zeiträume in denen der BF im Bundesgebiet ohne aufrechte Meldeadresse, sohin untergetaucht, im Bundesgebiet gelebt hat, sind aus einem aktuellen ZMR-Auszug ersichtlich.

2.6. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf den vom BF vorgelegten medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Befundbericht des Traumazentrums XXXX vom 28.10.2019, dem MRT-Befund vom 21.09.2019, sowie dem Schulterambulanzbefund vom 25.09.2019, woraus der Zugunfall des BF und die daraus resultierenden Verletzungen ersichtlich sind. Zuletzt wurden dem BF am 09.02.2018 aufgrund bestehender Schmerzen die Verriegelungsbolzen des in seinem Oberarm eingesetzten Oberarmverriegelungsmarknagel entfernt. Spätfolgen aufgrund des Zugunglücks sind aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen keine ersichtlich, solche wurden vom BF auch nicht hinreichend substantiiert behauptet.

Aus dem Laborbericht vom 08.04.2020 ist zu ersehen, dass der BF positiv auf COVID-19 getestet wurde. Weitere medizinische Unterlagen zur Coronavirus-Erkrankung des BF wurden nicht vorgelegt, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass es sich dabei um einen schwerwiegenden Verlauf gehandelt hat. Ein solcher wurde vom BF im Übrigen auch nicht behauptet.

Nach dem fachärztlichen Befundbericht vom 14.08.2020 leidet der BF an einer depressiven Reaktion und steht seit 30.07.2020 im sozialpsychiatrischen Ambulatorium XXXX in Behandlung. Aufgrund des Umzugs des BF nach XXXX im Oktober 2020, war die Behandlung und die Medikation zumindest bis zu diesem Zeitpunkt festzustellen. Unterlagen über eine zeitlich darüberhinausgehende Behandlung bzw. Psychotherapie, hat der BF im Verfahren nicht vorgelegt. In seiner Einvernahme vor dem BFA am 21.01.2021 brachte der BF überdies selbst vor, an keinen Krankheiten zu leiden und keine Medikamente zu benötigen (S. 2 des BFA-Prot.). In seiner Beschwerde behauptet der BF demgegenüber, dass sich sein Gesundheitszustand momentan beträchtlich verschlechtert habe, weshalb er eine Behandlung brauche, doch legte er dazu keine weiteren medizinischen Unterlagen oder Befunde vor, weshalb es sich um ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen handelt. Aus den Erkrankungen des BF ergibt sich weder eine lebensbedrohliche, noch eine schwerwiegende Erkrankung, welche einer Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde.

Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen ergibt sich auch keine Arbeitsunfähigkeit des BF. Er gab selbst in seiner Beschwerde vor, ausreichende Fähigkeiten und Qualifikationen, sowie Berufserfahrung zu haben, um sich seinen Arbeitsort aussuchen zu können, weshalb seine Arbeitsfähigkeit festzustellen war.

2.7. Die Feststellungen zum gesetzten strafrechtswidrigen Verhalten und der daraus ableitbaren Gefährdungsprognose ergeben sich insbesondere aus dem Strafregister der Republik Österreich, den Ausführungen des im Akt einliegenden und im angefochtenen Bescheid auszugsweise wiedergegebenen Urteils des LG XXXX zu XXXX , sowie des Oberlandesgerichts XXXX als Berufungsgericht XXXX . Auch die strafgerichtliche Verurteilung des BF in der Bundesrepublik Deutschland ist aus dem Urteil des LG XXXX ersichtlich (S. 13).

2.8. Primär ist festzuhalten, dass das BFA ein durchwegs mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Der Beschwerdeseite wurde ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, die persönlichen Fluchtgründe des BF in Bezug auf seinen Herkunftsstaat geltend zu machen und es kann daher nicht der belangten Behörde angelastet werden, wenn die Beschwerdeseite davon nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht hat.

2.9. Zu den Feststellungen in Zusammenhang mit der Rückkehr des BF in die Russische Föderation:

Beim BF wurde zwar, wie aus dem Befundbericht vom 14.08.2020 hervorgeht (s. 2.6.), eine depressive Reaktion diagnostiziert, doch ist er arbeitsfähig und verfügt über ausreichend Berufserfahrung. So war er nicht nur in Deutschland selbständig tätig, sondern bereits zuvor im Herkunftsstaat für einige Jahre berufstätig. Der BF ist außerdem gut ausgebildet, er hat 10 Jahre die Schule besucht und hat eine Lehre zum Tischler absolviert. Warum es dem BF nicht wieder möglich sein sollte in der Russischen Föderation Arbeit zu finden und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, wurde beschwerdeseitig nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Außerdem ist auf die zahlreichen familiären Anknüpfungspunkte des BF in der Russischen Föderation hinzuweisen. Demnach leben noch die Eltern und die Schwester des BF im Herkunftsstaat und gab der BF selbst bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 28.01.2021 an, er würde schon etwas finden, wo er am Anfang wohnen könnte (S. 6 des BFA-Prot.), weshalb der BF anfangs jedenfalls vor Obdachlosigkeit bewahrt wäre. Insgesamt kann vor dem Hintergrund der Arbeitsfähigkeit und Berufserfahrung des BF, sowie seinem umfangreichen Unterstützungsnetzwerk im Herkunftsstaat, nicht davon ausgegangen werden, dass der BF bei einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine aussichtslose Lage geraten wird.

Aufgrund der obigen Überlegungen und dem Umstand, dass der BF im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, wird es dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit möglich sein mit Unterstützung seiner Familie – vor allem in der Anfangsphase – im Herkunftsstaat wieder Fuß zu fassen, sich bald ein ausreichendes Einkommen zu sichern und in keine aussichtslose Lage geraten.

Dafür spricht zuletzt auch die Tatsache, dass der BF in der Lage war völlig auf sich allein gestellt, ein Holzhandelsunternehmen in Deutschland zu gründen, sich dort eine Lebensgrundlage zu schaffen und sich dort zurechtzufinden, und im Jahr 2011 nach Österreich zu kommen, wobei er sicherlich ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis stellen musste.

Zudem hat der BF die Möglichkeit, eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Es ist dem erkennenden Gericht daher nicht nachvollziehbar, warum es dem BF nicht möglich und zumutbar sein soll, sich im eigenen Heimatland, wo er mit der Kultur, den Sitten und Gebräuche, sowie der Sprache vertraut ist und sich im Rahmen einer Großstadt rasch an die örtlichen Gegebenheiten anpassen könnte, ebenfalls eine Lebensgrundlage binnen kurzer Zeit für sich schaffen zu können.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der BF auch individuelle Rückkehrbefürchtungen nicht zu substantiieren vermochte. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 28.01.2021 brachte er auf die Frage, welche Gründe gegen eine Rückkehr nach Russland sprechen würden vor, dass es keine besonderen Gründe gebe. Er sei nach Österreich gekommen, weil ihn die russische Politik, das System dort, nicht zufrieden stelle (S. 3 des BFA-Prot.). Auch nachgefragt, was wäre, wenn er in seinen Herkunftsstaat zurückkehren müsste, brachte er keine konkreten Rückkehrbefürchtungen vor, sondern vermeinte: „Schwer die Frage zu beantworten, keine Ahnung was mit mir nach der Ankunft passiert. Vielleiht werde ich befragt, ich weiß nicht, welche Prozedur mich dort erwartet“ (S. 4 des BFA-Prot.). Befragt dazu, ob er bereit wäre freiwillig zurückzukehren, gab der BF an, im Bundesgebiet ein Visum oder einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen bekommen zu wollen. Doch sollte das nicht klappen, bliebe ihm nichts Anderes übrig, als nach Hause zu fliegen. Er wolle jedoch nicht nach Russland, sondern lieber in ein anderes Land, wie beispielsweise Kanada (S. 6 des BFA-Prot.). Individuelle Rückkehrbefürchtungen vermochte der BF sohin auf mehrfache Nachfrage der belangten Behörde nicht substantiiert darzutun.

Insgesamt konnte der BF eine Gefährdungssituation nicht hinreichend substantiieren, welcher er im Falle der Rückkehr in exponierter Weise ausgesetzt wäre. Unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Berichtslage, sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. familiäre Anknüpfungspunkte, berufliche Tätigkeit, Ausbildung, usw.) ergibt sich, dass eine Rückkehr des BF in die Russische Föderation möglich ist.

2.10. Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Russische Föderation vom 21.07.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen, sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Beschwerdeführer traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach dem BF allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage - ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Russischen Föderation - aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Situation im Herkunftsland hat sich auch seit dem Zeitpunkt der Einvernahme vom 28.01.2021 vor dem BFA in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei der Russischen Föderation um einen Staat handelt, der zwar im Hinblick auf menschenrechtliche Standards Defizite aufweist, darüber hinaus aber nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzten Dekaden als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098).

Letztlich ist noch anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Grundversorgung in der Russischen Föderation auch kein Grund erkannt werden kann, wonach der arbeitsfähige BF, der sich bis zu seiner Ausreise nach eigenen Angaben selbst erhalten konnte, sowie über ausreichend Arbeitserfahrung und eine fundierte Ausbildung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Situation geraten würde. Außerdem verfügt der Beschwerdeführer über ein familiäres Netz in der Russischen Föderation, das in der Lage ist ihn bei seiner Rückkehr zu unterstützten.

Was die Ausbreitung des Coronavirus in der Russischen Föderation betrifft, ist festzuhalten, dass der BF an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, sondern im Wesentlichen gesund ist. Weder aus den Folgen seines Unfalls im Jahr 2016, noch aus seiner psychischen Erkrankung, ist zu ersehen, dass der BF bei einer (weiteren) Erkrankung mit COVID-19 einen schwerwiegenden Verlauf erleiden würde. Im Übrigen ist aus der Vorlage eines Laborbefundes ersichtlich, dass der BF bereits im April 2020 mit COVID-19 infiziert war. Der BF hat im Verfahren keine weiteren Unterlagen zu seiner Coronavirus-Erkrankung vorgelegt und auch nicht vorgebracht, dass er einen schwerwiegenden Verlauf erlitten hätte, weshalb anzunehmen ist, dass es sich lediglich um einen milden Verlauf gehandelt hat. Es liegen insgesamt keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF als 39-jähriger, gesunder Mann, persönlich bei einer Rückkehr in die Russische Föderation bei einer neuerlichen Infektion mit COVID-19 eine Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf erleiden würde, weil er nicht zur Risikogruppe zählt. Die absoluten Zahlen in der Russischen Föderation erweisen sich mit 4.246.079 Erkrankten als so hoch, wie in kaum einem anderen Land. Dennoch erweisen sich die Todesfälle, mit insgesamt 86.122 Toten als, verglichen mit anderen Ländern, verhältnismäßig gering. Sieht man die absolute Zahl der Erkrankten jedoch im Verhältnis zur Einwohnerzahl, zeigt sich die Zahl der Erk

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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