Entscheidungsdatum
09.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W144 2239142-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX geb., StA. von Bosnien-Herzegowina, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.01.2021, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß den § 53 Abs. 2 Z 6 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, ist am 23.12.2020 ins Bundesgebiet eingereist. Er wurde in der Folge am 31.12.2020 nach einer Einreiseverweigerung durch die deutsche Bundespolizei rückübernommen.
Im Zuge seiner Einvernahme durch die LPD Salzburg am 31.12.2020 gab der BF im Wesentlichen an, dass er bosnischer Staatsangehöriger und ledig sei, sowie dass er an keinen Krankheiten leide. Der Zweck seines Aufenthaltes im Bundesgebiet sei gewesen, weiter nach Holland zu reisen. In Österreich sei er auf Arbeits- und Wohnungssuche. Er habe weder in Österreich noch sonst in einem Mitgliedstaat eine Unterkunft, er habe keine Familienangehörigen in Österreich oder in einem anderen Mitgliedstaat, und es gibt auch keine im Bundesgebiet legal aufhältigen Personen, bei denen er während des fremdenpolizeilichen Verfahrens wohnen könnte. Er führe weder Barmittel noch Kreditkarten, Bankkarten etc. mit sich und könne sich weder eine ortsübliche Unterkunft noch ein Flugticket leisten. Es gebe auch keine Personen in Österreich, von denen er sich Geld ausleihen könnte. Asylanträge habe er in Deutschland, in Holland und der Schweiz gestellt, die alle negativ verlaufen seien. Von Holland sei er im Jahr 2017 in seine Heimat abgeschoben worden. Er wisse nicht, ob er in einem Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel besitze. Auf die Frage, wohin er sich begeben würde, wenn er aus der Haft entlassen werden würde, erklärte der BF, dass er dies nicht wisse. Vielleicht würde er nach Holland weiterreisen; er würde sich auch „auf die Suche nach Essen und einer Unterkunft“ machen.
Der BF wurde sodann mit Schreiben vom 31.12.2020 seitens des BFA davon verständigt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen seine Person geplant sei. Diesbezüglich wurde er aufgefordert, binnen 5 Tagen – näher ausgeführte – Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen im Bundesgebiet zu beantworten. Eine diesbezügliche Stellungnahme hat der BF in der Folge jedoch nicht erstattet.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.01.2021 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 Asylgesetz erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (spruchpunkt II.) , gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien-Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.), sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Zur Begründung des Einreiseverbotes hat das BFA wie folgt erwogen:
„Bei der Beurteilung der Notwendigkeit sowie bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden.
Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in Ihrem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.
Die Gesamtbeurteilung Ihrer Lebensumstände sowie die nicht vorhandenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte hat daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten.
Die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes entspricht jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel Ihrer Einstellung zu den österreichischen Rechtsvorschriften erwartet werden kann.
Zwei Jahre sind aus Sicht des Bundesamtes erforderlich, sich außerhalb Österreichs und des Schengenraumes einerseits finanziell aufzubauen sowie Ihre Grundeinstellung zu ho. Rechtsordnung entsprechend ändern zu können. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes konnte die der Behörde zur Verfügung stehende Ermessensentscheidung nicht weiter zu Ihren Gunsten getroffen werden. Bei der Entscheidungsfindung wurde sowohl auf die Dauer Ihres bisherigen Aufenthaltes als auch auf Ihre familiäre und private Situation Bedacht genommen.“
Dieser Bescheid wurde dem BF am 19.1.2021 rechtswirksam zugestellt.
Am 01.02.2021 übermittelte der BF einen handschriftlich verfassten Brief mit dem Inhalt, „wenn er nicht freigelassen werde, verklage er die Verursacher auf € 28 Millionen, zahlbar in Monatsraten.“
Am 04.02.2021 wurde der BF nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben.
Gegen ausschließlich Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) des genannten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die durch den bevollmächtigten Vertreter BBU am 15.02.2021 eingebrachte Beschwerde, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht mehr zwingend mit der Erlassung eines Einreiseverbots einhergehe. Es möge sein, dass der BF zum Stand seiner Inschubhaftnahme über keine ausreichenden Barmittel verfügt habe, jedoch sei gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen worden, welche 18 Monate gültig sei. Die belangte Behörde berufe sich darauf, dass ein zweijähriges Einreiseverbot erforderlich sei, damit sich der BF finanziell aufbauen und seine Grundeinstellung zur Rechtsordnung verändern könne. Dabei verkenne die Behörde jedoch die Situation. Es gehe vom BF keinerlei Gefahr aus und verfüge der BF über einen Reisepass und hätte die Behörde fragen müssen, ob Freunde oder Familie ihn unterstützen könnten. Nur weil der BF kein Bargeld bei sich gehabt habe, heiße dies nicht, dass er über keine finanziellen Mittel verfüge. Die belangte Behörde hätte auch eine Gefährdungsprognose anstellen müssen. Es sei nicht einzusehen, weshalb die für 18 Monate gültige Rückkehrentscheidung, aufgrund derer er nicht einreisen dürfe, nicht ausreichen würde, um eine Existenz in Bosnien aufzubauen, sondern dass gerade sechs Monate mehr erforderlich seien, um den BF nicht gefährlich erscheinen zu lassen. Das Einreiseverbot sei im Fall des BF schlicht nicht nötig. Es möge weiters zutreffen, dass der BF in mehreren Ländern um Asyl angesucht habe, jedoch mache ihn dieses Verhalten nicht gefährlich. Der BF sei sich nunmehr seiner Situation bewusst und habe mit den Behörden kooperiert; außerdem sei der BF unbescholten und gehe von ihm keine Gefahr aus. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Vorlagebericht vom 25.02.2021 am 04.03.2021 mit nachstehenden Anmerkungen des BFA vorgelegt:
„Es ist unverständlich wie man darauf schließen kann, dass sich der BF einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet leisten kann (90 Tage sichtvermerksfrei als Tourist), wenn er einerseits in der Einvernahme angegeben hat bei einer eventuellen Entlassung der Schubhaft sich etwas zu Essen und eine Unterkunft zu suchen, dies ohne jede Barmittel oder ohne Möglichkeit auf elektronischem Weg (Kreditkarte, Konto) Zugriff auf Geld zu haben.
Der BF ist im September nach Österreich gereist, nachdem er in den Vorjahren bereits insgesamt fünf unbegründete Asylanträge in diversen europäischen Mitgliedsstaaten gestellt hat, Er hat sich dabei (wohlgemerkt als Tourist, da er keiner legalen Arbeit in Österreich nachkommen kann) auch keine ortsübliche Wohnung leisten zu können, sondern wurde bis 23.10.2020 in einem Wohnheim untergebracht und dann bis 26.11.2020 obdachlos gemeldet.
Weiter hat der BF ausgesagt keine Verwandten oder sonstige Personen im Bundesgebiet zu kennen, wo er sich Geld borgen könnte. Die Möglichkeit einer legalen Erwerbstätigkeit ist nicht gegeben. Ein längerer Verbleib würde somit entweder das Sozialsystem schädigen, den BF zum Eingehen einer illegalen Beschäftigung animieren oder zur straffälligen Beschaffung von Nahrung und Unterkunft. Es ist somit eindeutig eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gegeben.
Nicht ernst zu nehmen ist die Drohung des BF die Republik auf Schadensersatz zu klagen (siehe beiliegendes Schreiben), da man ihm einen längeren Aufenthalt nicht gestattet habe.
Ein zur Rückkehrentscheidung zusätzliches Einreiseverbot war in gegenständlichem Fall unbedingt erforderlich, da, wie auch im Bescheid begründet, nicht nur eine Mittellosigkeit und Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt, sondern dieses Einreiseverbot auch schengenweit ausgeschrieben wurde. Es wird damit an den Grenzstellen erkannt und es dem BF nicht mehr möglich während dieser Zeit einzureisen. Bei einer reinen Rückkehrentscheidung war es ihm, wie es die letzten Jahre bewiesen haben immer wieder möglich während aufrechter Fristen einer Rückkehrentscheidung (welche fünf Mal gegen ihn verfügt wurden) einzureisen und weitere Asylanträge zu stellen.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, wurde am 31.12.2020 von den deutschen Behörden ins Bundesgebiet rückübernommen, nachdem ihm die Einreise in die BRD verweigert worden war. Der BF befindet sich seit 23.12.2020 im Bundesgebiet, er ist mittellos, verfügt hier über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte und hat im Bundesgebiet auch keine sonstigen Personen, zu denen eine enge Nahebeziehung bestünde. Es gibt niemanden, von dem sich der BF im Bundesgebiet finanzielle Mittel ausborgen könnte und hat der BF im Bundesgebiet auch keinerlei Wohnsitz oder Unterkunft.
Der BF verfügt über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet und hat auch keines in einem der Mitgliedstaaten. Im Falle des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet hätte sich dieser zum Zeitpunkt seines Aufgriffs Unterkunft und Nahrung „suchen“ müssen. Der BF hat im Bereich der Mitgliedstaaten wiederholt unberechtigte Asylanträge gestellt. Der BF beabsichtigte Ende des Jahres 2020 in die Niederlande zu reisen.
Nicht festgestellt werden kann hingegen, dass sich der BF von konkreten Familienmitgliedern ausreichende Barmittel für Reisen ins Bundesgebiet bzw. weiter in andere Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten ausborgen könnte.
Aufgrund des bisher vom BF gesetzten Verhaltens ist zu prognostizieren, dass dieser in Zukunft neuerlich ohne entsprechende Mittel für seinen Unterhalt und für seine Unterkunft durch die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten reisen würde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere auf den Aussagen des BF vor der LPD Salzburg vom 31.12.2020.
Die negative Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass sich der BF von Familienmitgliedern, Freunden etc. Barmittel ausborgen könnte, um für allfällige zukünftige Reisen und (touristische) Aufenthalte ausreichende finanzielle Mittel zu besitzen, ergibt sich aus dem Umstand, dass die diesbezüglichen Beschwerdeeinwendungen lediglich pauschal, knapp und mutmaßend in den Raum gestellt worden sind, ohne diesbezüglich konkrete Ansätze aufzuzeigen. Entgegen den Ermittlungsergebnissen der Behörde erster Instanz, die auf den klaren Aussagen des BF selbst gründen, handelt es sich bei diesen Beschwerdeeinwendungen lediglich um ein unsubstantiiertes Bestreiten des Sachverhalts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides richtet, die übrigen Spruchpunkte sind somit bereits in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gem. § 53 Abs. 2 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Das BFA hat zu Recht erkannt, dass im Fall des BF der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG (Mittellosigkeit) erfüllt ist. Ausgehend davon begegnen die näheren Erwägungen des BFA zur Begründung des Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren seitens des BVWG keinen Bedenken. Demgegenüber erweisen sich die Beschwerdeeinwendungen als nicht berechtigt:
Soweit in der Beschwerde ausgeführt werde, dass seitens des BF überhaupt keine „Gefahr“ im Sinne einer Prognose ausgehe, verkennt die Beschwerde bereits den Gesetzeswortlaut, der u.a. gerade den Fall von Mittellosigkeit von Fremden „insbesondere“ als eine Gefährdung für die öffentlichen Ordnung und Sicherheit sieht. Für die anzustellende Prognose stellt sich damit nicht die Frage, ob der Fremde diesfalls überhaupt eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, sondern lediglich mit welcher Wahrscheinlichkeit und mit welcher Intensität eine solche Gefährdung zukünftig als gegeben anzusehen ist. Dies ist in Beziehung zu setzen mit den persönlichen Interessen des BF und ist letztlich eine gesamthafte Abwägung zu treffen.
Zutreffend zeigt das BFA auch, dass der BF bereits in der Vergangenheit wiederholt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten umhergereist ist, wiederholt unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat und er zuletzt im Bundesgebiet völlig mittellos aufhältig gewesen ist, sodass er sich subjektiv Verpflegung und Unterkunft hätte „suchen“ wollen bzw. müssen, wenn er aus der Schubhaft entlassen worden wäre. Angesichts dessen war und ist zukünftig, solange sich die finanzielle Situation des BF nicht verbessert hat, natürlich zu befürchten, dass der BF eine konkrete Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, da der BF bei einem weiteren Verbleib somit entweder das Sozialsystem schädigen, oder den BF zum Eingehen einer illegalen Beschäftigung oder zur straffälligen Beschaffung von Nahrung und Unterkunft animieren würde.
Das BFA hat jedoch nicht nur das bisherige Verhalten des BF mitberücksichtigt, sondern auch seine persönlichen Verhältnisse näher beleuchtet und abgewogen: Diesbezüglich ist auszuführen, dass der BF keinerlei persönliche oder familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet aufweist. Er hat hier weder Angehörige, noch Bekannte, Freunde etc., er verfügt hier über keine Unterkunft, geht keiner legalen Beschäftigung nach und kann somit keinerlei nachvollziehbarer Zweck für einen Aufenthalt seiner Person im Bundesgebiet erkannt werden. Angesichts dessen ist sein persönliches Interesse an einem neuerlichen Aufenthalt im Bundesgebiet als gering einzustufen, während hingegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit und am wirtschaftlichen Wohl des Landes und somit zur Vermeidung von Aufenthalten von mittellosen Personen, als gewichtig einzustufen ist.
Eine abwägende Gesamtbetrachtung führt somit zum Ergebnis, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den BF geradezu geboten ist, wobei die seitens des BFA verhängte Dauer des Einreiseverbots von zwei Jahren angesichts der konkreten Umstände seitens des BVwG keinen Bedenken begegnet. Das BFA bewegt sich bei seiner Ermessensausübung innerhalb des ihm zustehenden Rahmens, ein zweijähriges Einreiseverbot ist in der unteren Hälfte dieses Rahmens angesiedelt und kann den Erwägungen des BFA, wonach dieser Zeitraum notwendig erscheint, damit der BF allenfalls seine wirtschaftliche Situation dergestalt aufbaut, dass er zukünftig finanzielle Mittel für Reisen in den im Raum der Mitgliedstaaten zur Verfügung hätte, nicht entgegengetreten werden.
Der Beschwerdeeinwand, wonach die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF als ausreichend anzusehen wäre, vermag nicht zu überzeugen, zumal ein Einreiseverbot gegen den BF „schengen-weit“ ausgeschrieben wird, sodass der BF daran gehindert wird während der Dauer des Einreiseverbots im Bereich der Mitgliedstaaten umher zu reisen. Zudem ist die Dauer des verhängten Einreiseverbots letztlich eine Ermessensentscheidung der Behörde erster Instanz, die sofern das Ermessen – wie in casu – gesetzeskonform ausgeübt wurde, seitens des BVwG nicht zu beanstanden ist, zumal die bloße Mutmaßung der Vertretung des BF, wonach auch 18 Monate Einreiseverbot ausgereicht hätten, um entsprechende finanzielle Mittel aufzubauen, nicht nachvollziehbar und konkret begründet ist.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers und zur Lage in Bosnien und Herzegowina in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht.
Wie beweiswürdigend dargelegt, wurde auch in der Beschwerde nicht substantiiert aufgezeigt, dass der BF – entgegen seiner Aussagen vor der LPD Salzburg – Mittel für einen Aufenthalt im Bundesgebiet zur Verfügung hätte. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf umfangreiche Judikatur des EGMR sowie auf eine ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Mittellosigkeit PrognoseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W144.2239142.2.00Im RIS seit
21.06.2021Zuletzt aktualisiert am
21.06.2021