TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/9 W272 2214994-2

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Veröffentlicht am 09.03.2021
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Entscheidungsdatum

09.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1
FPG §46a Abs4

Spruch


W272 2214994-2/11E


IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Alois BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2020, Zahl 750047804/190512852, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: “Ihr Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 20.10.2020 wird gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 FPG abgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 12.01.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2005, Zahl 05 00.478-BAT, wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 stattgegeben, dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Der Beschwerdeführer wurde in der Folge mehrfach straffällig und verbüßte mehrfach eine Freiheitsstrafe.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 25.10.2005, Zahl: 05 00.478-BAT, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Zi 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2019 gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 Z 1, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Am 20.10.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs 4 FPG. In dem von ihm ausgefüllten Formular stützte er seinen Antrag auf § 46a Abs 1 Z 2 FPG. In der Begründung führte er aus, dass seine Asylgründe, welche zur Gewährung des Status geführt haben, nach wie vor aufrecht seien. Zudem befürchte er, dass er aufgrund seines in Syrien verstorbenen Bruders in Zusammenhang mit Terroristen umgebracht werde. Auch befürchte er, dass er bei einer Rückkehr mit seinem Onkel, der für einen regimekritischen Nachrichtensender arbeite, in Verbindung gebracht werde.

Am 13.11.2020 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zum Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte ein, in der er ausführte, dass er weder im Aberkennungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die in der Stellungnahme genannten Verfolgungsgründe angegeben habe. So sei sein Bruder in Syrien verstorben, weshalb er dem Terrorismus oder dem IS zugeordnet werde; die Familie der Schwiegermutter sei im Heimatland im Geheimdienst beschäftigt, er müsse aufgrund „seines Deliktes“ mit Sanktionen rechnen; Teile seiner Familie seien in diversen Medien tätig, welche als regimekritisch eingestuft worden seien. Er besitze einen (abgelaufenen) russischen Reisepass und einen gültigen russischen Inlandspass. Die Gründe, welche zum Asylstatus geführt haben, seien weiterhin aufrecht.

Am 20.11.2020 wurde der Beschwerdeführer mittels Parteiengehör vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm zugleich eine Frist für eine Stellungnahme eingeräumt.

Am 24.11.2020 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme in welcher er die mittels Parteiengehör vom 20.11.2020 übermittelten Fragen beantwortete. Die Verfolgungsgründe, welche er in der Stellungnahme vom 13.11.2020 angeführt habe, habe er nicht schon früher angeführt, da er sich keinen Rechtsanwalt leisten habe können und von der Rechtsberatung nicht darüber informiert worden sei, dass er auch andere Gründe anführen solle. Seine Aufmerksamkeit sei darin gelegen, sein Leben in Österreich zu beschreiben und seine Bindung und Integration zu verdeutlichen. Weiters machte er Angaben zu den in der Stellungnahme vom 13.11.2020 genannten Verfolgungsgründen und verwies auf seine Integration im Bundesgebiet.

Am 30.11.2020 wurde der Beschwerdeführer im Zuge des Parteiengehörs vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von sieben Tagen zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

Am 02.12.2020 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme, in der er die an ihn im Rahmen des Parteiengehörs gestellten Fragen vom 30.11.2020 beantwortete.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 20.10.2020 gemäß § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 1 FPG 2005 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr für Leib und Leben oder Unversehrtheit infolge willkürliche Gewalt ihm Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts drohe. Auch sei der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung in seinen Herkunftsstaat nicht im Leben oder der Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansicht bedroht. Im Aberkennungsverfahren sei die Zulässigkeit einer Abschiebung rechtskräftig entschieden worden. Aufgrund der Verurteilungen habe festgestellt werden können, dass das Verhalten des Beschwerdeführers nicht dem Grundinteresse der österreichischen Bevölkerung auf Ruhe, Ordnung und Sicherheit entspräche. Die Voraussetzungen des § 46a Abs. 1 Z 1 seien daher nicht erfüllt.

In der gegen diesen Bescheid am 23.12.2020 erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, dass die belangte Behörde von einer falschen Rechtslage ausgehe, da sie das Wort „nicht“ in § 46a Abs 1 Z 3 FPG vergessen habe zu zitieren. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Russland sei gem § 46a Abs 1 Z 1 FPG iVm § 50 FPG unzulässig, da ihm eine Verletzung seiner durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Es sei im gegenständlichen Fall auch nicht das Verschulden des Beschwerdeführers, dass er das Bundesgebiet faktisch nicht verlassen könne, da ihm von der russischen Botschaft kein entsprechendes Reisedokument ausgestellt werden würde. Er sei bereits 2012 bei der russischen Botschaft vorstellig gewesen, da er Dokumente für seine Kinder benötigt habe. Seit dem Tod seines Bruders habe sich die Sachlage geändert.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion NÖ, ZL 750047804/201197107, vom 14.01.2021 wurde gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Mit Schreiben vom 28.01.2021 wurde die Beschwerde zurückgezogen.

Am 19.01.2020 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Am 09.03.2021 wurde durch IOM für Österreich bestätigt, dass der BF am 10.02.2021 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgereist ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und führt die im Spruch genannten Daten.

Der Beschwerdeführer stellte am 12.01.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 25.10.2005, Zahl: 05 00.478-BAT, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Zi 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2019 gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 Z 1, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Am 20.10.2020 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs 4 FPG.

Am 15.01.2021 wurde der Beschwerdeführer unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft genommen.

Die russischen Behörden stellten ein Heimreisezertifikat für den BF mit Gültigkeit vom 02.02.2021 bis 03.03.2021 aus.

Der BF reiste am 10.02.2021 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation aus.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2019, mit dem die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung des Asylstatus sowie die Zulässigkeit der Abschiebung als unbegründet abgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte vorgebracht, dass er aufgrund des Todes seines Bruders in Syrien mit Terroristen, und mit seinem Onkel, welcher bei einem regimekritischen Nachrichtensender tätig ist, in Verbindung gebracht werden könnte. Dies habe er weder im Aberkennungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben. Aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.03.2019 ergibt sich jedoch, dass dies behaupteten Befürchtungen bereits Gegenstand des Aberkennungsverfahrens waren. Diese waren – so wie im gegenständlichen Verfahren – keinesfalls hinreichend konkret um eine tatsächliche Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft zu seinem Bruder und seinem Onkel festzustellen.

Bloß der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass auch das Vorbringen, wonach die Familie seiner Schwiegermutter im Geheimdienst beschäftigt sei und er wegen „seines Deliktes“ mit Sanktionen rechnen müsse, keinesfalls hinreichend konkret ist, als dass davon eine tatsächliche Gefährdung abgeleitet werden könnte. So brachte der Beschwerdeführer nicht vor, um welches Delikt es sich handle, warum er mit Sanktionen rechnen müsse und auch nicht, weshalb er mit diesen rechnen müsse.

Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerde lediglich an, dass ihm die Botschaft keinen Reisepass ausstellen werde und es daher nicht in der Sphäre des Beschwerdeführers liege, dass er das Bundesgebiet nicht verlassen könne. Der Beschwerdeführer verfüge über kein identitätsbezogenes Dokument, habe immer am Verfahren mitgewirkt und es sei ihm nicht zuzurechnen, dass er die russische Botschaft nicht aufsuchen habe können. Der Beschwerdeführer legte im gesamten Verfahren nicht dar, weshalb er davon ausgeht, dass er von der für ihn zuständigen Behörde kein Reisedokument ausgestellt bekommen soll. Notorisch ist, dass die für den Beschwerdeführer zuständige Behörde grundsätzlich Heimreisezertifikate ausstellt. Darüber hinaus lag die Zustimmung Russlands bereits vor und war die Abholung des Heimreisezertifikates für 10.02.2021 geplant, weshalb die Ausführungen in der Beschwerde betreffend den Umstand, dass Russland kein Heimreisezertifikat (HRZ) ausstellen wird, als obsolet anzusehen sind. Weiters wurde das HRZ mit Wirksamkeit 02.02.2021 bis 03.03.2021 durch die russischen Behörden ausgestellt (Fotokopie im Akt aufliegend).

Auch reiste der BF am 10.02.2021 aus, wie von der Internationalen Organisation für Migration mit Schreiben vom 11.02.2021, eingelangt am 09.03.2021, bestätigt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)
Abweisung des Antrags auf Ausstellung einer Karte für geduldete:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet."

Der Beschwerdeführer stützt seinen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete auf § 46a Abs. 1 Z 2, mit Bescheid wurde der Antrag gem § 46a Abs 1 Z 1 abgewiesen.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 FPG unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.03.2019, W103 2214994-1/2E, wurde ausgesprochen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig ist. Ein Rechtsmittel wurde dagegen nicht erhoben. Die Voraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 1 FPG, dass die Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 FPG unzulässig ist, liegt daher nicht vor.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist. Dies betrifft den Fall der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten infolge Vorliegens eines Aberkennungsgrundes und die Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein solcher Fall liegt gegenständlich ebenso wenig vor. Mit Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichts vom 14.03.2019, W103 2214994-1/2E, wurde ausgesprochen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.

Die Beschwerde verkennt, dass die Prüfung der Verletzung des Art 3 EMRK nicht Gegenstand des Verfahrens zur Ausstellung einer Duldungskarte, sondern dies in einem Verfahren den internationalen Schutz betreffend zu klären ist. So zB Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 46a FPG, E2: “Die Frage, ob die Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art 3 EMRK führen könnte, ist im Rahmen eines Verfahrens auf internationalen Schutz zu klären.“. Dies wurde – wie bereits dargelegt – bereits im Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts zu W103 2214994-1 geklärt. Damit gehen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachten Umstände, welcher einer Rückkehrentscheidung und einer Abschiebung entgegenstünden ins Leere, weil eine neuerliche Auseinandersetzung mit diesem Thema im Verfahren zur Ausstellung einer Duldungskarte dem Gedanken der Rechtskraft zuwiderlaufen und es einem ehemaligen Asylwerber ermöglichen würde, sein bereits rechtskräftig entschiedenes Asylverfahren wieder aufzurollen. Dass der BF einen Folgeantrag gestellt hat wurde nicht vorgebracht und konnte auch nicht von amts wegen nicht festgestellt werden. Auch wurden die Gründe bereits im Vorverfahren berücksichtigt.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint. Die tatsächliche Unmöglichkeit soll naturgemäß nur dann zu einer Duldung führen, wenn die Hinderungsgründe nicht im Einflussbereich des Fremden liegen (vgl. Erläuterungen zur RV, 330 Blg NR XXIV. GP). Die Duldung aus tatsächlichen, von Fremden nicht zu vertretenden Gründen betrifft insbesondere den Fall der mangelnden Erlangung eines Ersatzreisedokuments (vgl. Erläuterungen zur RV, 582 der Beilagen XXV. GP).

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass es im gegenständlichen Fall nicht das Verschulden des Beschwerdeführers sei, dass er das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen könne, da ihm von der russischen Botschaft keine entsprechenden Dokumente ausgestellt werden würden, ist – wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt – festzuhalten, dass im gesamten Verfahren nicht dargelegt wurde, weshalb in der Beschwerde diese Behauptung aufgestellt wird. Darüber hinaus sind aufgrund der Zustimmung Russlands und der geplanten Abholung des Heimreisezertifikates diese Angaben in der Beschwerde als obsolet anzusehen bzw. wurde ein Heimreisezertifikat ausgestellt.

Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach die belangte Behörde den § 46a Abs 1 Z 3 FPG falsch zitiert hat, ist zuzustimmen. Dass sie deshalb jedoch von einer falschen Rechtslage ausgeht, kann nicht erkannt werden, zumal die belangte Behörde diese Bestimmung in keiner Weise anwandte. Die Auffassung in der Beschwerde, wonach sich der Eindruck der falschen Rechtslage in der Begründung des Bescheides, welcher im Wesentlichen damit abgewiesen werde, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zumutbar sei, erhärtet, kann nicht gefolgt werden. Bei Z 3 geht es darum, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint und nicht um die Zumutbarkeit einer Rückkehr.

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG nicht vorliegen und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs. 1 Z 1, Z2 und Z 4 FPG bereits im Asylverfahren abgeklärt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zum Unterbleib einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Mit der Beschwerde wurde nichts weiteres Entscheidungsrelevantes vorgebracht. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Karte für Geduldete mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W272.2214994.2.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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