TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/15 W285 2211109-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.03.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W285 2211109-1/19E
W285 2211108-1/20E
W285 2211110-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) der XXXX , geboren am XXXX , 2.) des XXXX , geboren am XXXX , und 3.) des minderjährigen XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörigkeit: Albanien, der letztere gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle vertreten durch CORTOLEZIS PARTNER RECHTSANWÄLTE GmbH & Co KG, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 15.11.2018, Zahlen: zu 1.) 1210935407-181029842, zu 2.) 1169565910-181029855, und zu 3.) 1169726401-181029877, betreffend die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.07.2020, zu Recht:

A)       

I.       Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers.

Der damals noch minderjährige Zweitbeschwerdeführer und der minderjährige Drittbeschwerdeführer reisten am 24.09.2017 unbegleitet in das Bundesgebiet ein und stellten jeweils am 27.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005. Noch am selben Tag wurden sowohl der Zweitbeschwerdeführer als auch der Drittbeschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Am 19.01.2018 wurden der minderjährige Zweitbeschwerdeführer und der minderjährige Drittbeschwerdeführer, jeweils gesetzlich vertreten durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, jeweils vom 30.08.2018 wurden die Anträge des minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.09.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (jeweils Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (jeweils Spruchpunkt II.) abgewiesen, den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Albanien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Darüber hinaus wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diese Bescheide erhoben der Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführer kein Rechtsmittel. Die Bescheide erwuchsen in Rechtskraft. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer verblieben daraufhin weiterhin im Bundesgebiet.

Am 25.10.2018 reiste auch die Erstbeschwerdeführerin legal in das Bundesgebiet ein. Die Erstbeschwerdeführerin sowie der damals noch minderjährige Zweitbeschwerdeführer sowie der minderjährige Drittbeschwerdeführer stellten sodann am 29.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 im Bundesgebiet, wobei es sich hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin um einen Erstantrag, hinsichtlich des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers um einen Folgeantrag handelt.

Am 29.10.2018 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Beschwerdeführer zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz statt.

Die niederschriftlichen Einvernahmen der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, fanden jeweils am 06.11.2018 statt.

Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (jeweils Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (jeweils Spruchpunkt II.) abgewiesen, den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Albanien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Darüber hinaus wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen ab 06.11.2018 in einem konkret angeführten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

Mit jeweils am 11.12.2018 beim Bundesamt per Fax einlangenden Schriftsätzen der bevollmächtigten Rechtsvertretung der Beschwerdeführer vom jeweils 10.12.2018 erhoben die Beschwerdeführer jeweils fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die sie betreffenden Bescheide des Bundesamtes. Es wurde jeweils beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde stattgeben und den Beschwerdeführern den Status der Asylberechtigten oder allenfalls der subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 13.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 19.03.2020 wurde den Beschwerdeführern die Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG in einem neuen Quartier aufgetragen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.07.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Erstbeschwerdeführerin, der inzwischen volljährige Zweitbeschwerdeführer, der mündig minderjährige Drittbeschwerdeführer, ihre gemeinsame Rechtsvertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Albanisch teilnahmen. Der Ehemann/Kindesvater der Beschwerdeführer wurde als Zeuge vernommen. Ein Vertreter des Bundesamtes erschien nicht zur mündlichen Verhandlung.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführer zur gemeinsamen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG verbunden.

Vom erkennenden Gericht aktuelle Länderberichte zur Lage in Albanien in das Verfahren eingebracht und den Parteien weiters die Möglichkeit eingeräumt, zu den nunmehr eingebrachten Unterlagen binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Die mündliche Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG.

Am 17.07.2020 langte die mit 16.07.2020 datierte schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Parteiengehör vom 15.02.2021, zugestellt am 15.02.2021, wurden den Beschwerdeführern die Möglichkeit geboten, binnen zwei ab Zustellung des Schreibens, eine ergänzende Stellungnahme zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer abzugeben.

Dazu langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer führen die im Spruch jeweils angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), sind Staatsangehörige von Albanien, Angehörige der Volksgruppe der Albaner und bekennen sich zum moslemischen Glauben. Ihre Muttersprache ist Albanisch (vgl. Erstbefragung Erstbeschwerdeführerin vom 29.10.2018, AS 1 ff Erstbeschwerdeführerin; Erstbefragung Zweitbeschwerdeführer zum ersten Asylantrag vom 27.09.2017, S 1 ff Verwaltungsakt Teil I Zweitbeschwerdeführer; Erstbefragung Drittbeschwerdeführer vom 29.10.2018, AS 1 ff Drittbeschwerdeführer; Niederschriften Bundesamt jeweils vom 06.11.2018, AS 137 ff Erstbeschwerdeführerin, AS 147 ff Zweitbeschwerdeführer, AS 139 ff Drittbeschwerdeführer; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, AS 4 ff; Kopie albanischer Personalausweis und Reisepass Zweitbeschwerdeführer, Verwaltungsakt Teil I Zweitbeschwerdeführer; Kopie albanischer Reisepass Drittbeschwerdeführer, Verwaltungsakt Teil I Drittbeschwerdeführer; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, S 3 ff).

Die Erstbeschwerdeführerin ist mit XXXX (vormals: XXXX ) XXXX , geboren am XXXX , albanischer Staatsangehöriger, verheiratet, lebt von diesem aber seit mehreren Jahren getrennt. Der Ehemann lebt inzwischen wieder in Albanien. Aus dieser Ehe stammen neben dem Zweitbeschwerdeführer und dem noch minderjährigen Drittbeschwerdeführer noch zwei Töchter, wobei eine Tochter, XXXX , verheiratet ist und in Albanien lebt. Die zweite Tochter, XXXX , stellte am 24.10.2017 in Österreich ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz, der schlussendlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019, G314 2207296-1/26E, rechtskräftig abgewiesen und gegen sie eine Rückkehrentscheidung nach Albanien erlassen wurde. Wo sich die Tochter derzeit aufhält, ist der Erstbeschwerdeführerin nicht bekannt und besteht zum Entscheidungszeitpunkt zu dieser kein Kontakt (vgl. Erstbefragung vom 29.10.2018, AS 1 ff Erstbeschwerdeführerin; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 141 ff Erstbeschwerdeführerin; aktenkundiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, S 3 ff).

Geboren und aufgewachsen ist die Erstbeschwerdeführerin in Albanien, wo sie vier Jahre die Grundschule und vier Jahre eine Hauptschule absolvierte. Im Anschluss daran war sie Hausfrau. In Albanien leben die Eltern, zwei Brüder und eine Schwester der Erstbeschwerdeführerin. Die Schwester ist verheiratet und arbeitet in der Landwirtschaft. Die Eltern der Erstbeschwerdeführerin leben von ihrer Pension. Zu ihren Eltern hat die Erstbeschwerdeführerin regelmäßig Kontakt. Sowohl der Familie der Erstbeschwerdeführerin als auch der Familie ihres Ehemannes gehören in Albanien Grundstücke (vgl. Erstbefragung vom 29.10.2018, AS 1 ff Erstbeschwerdeführerin; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 143 Erstbeschwerdeführerin; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 151 ff Zweitbeschwerdeführer; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, S 3 ff).

Die Erstbeschwerdeführerin litt in Albanien unter Gebärmutterhalskrebs, wurde aber im März 2018 erfolgreich in Albanien operiert und gilt diesbezüglich als geheilt. Darüber hinaus konnten keine weiteren Erkrankungen festgestellt werden (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 141 Erstbeschwerdeführerin; aktenkundige albanische Befunde samt deutscher Übersetzung, AS 167, 177 f Erstbeschwerdeführerin).

Der Zweitbeschwerdeführer und der minderjährige Drittbeschwerdeführer sind beide ledig, gesund und ebenfalls in Albanien geboren und aufgewachsen. Der Zweitbeschwerdeführer hat in Albanien vier Jahre eine Grundschule, vier Jahre eine Hauptschule und ein Jahr eine allgemeinbildende höhere Schule besucht und bis zu seiner Ausreise in Albanien bisher nicht gearbeitet. Der Drittbeschwerdeführer besuchte bis zu seiner Ausreise aus Albanien vier Jahre die Grundschule und drei Jahre die Hauptschule (vgl. etwa Erstbefragung Zweitbeschwerdeführer zum ersten Asylantrag vom 27.09.2017, S 1 ff Verwaltungsakt Teil I Zweitbeschwerdeführer; Erstbefragung Zweitbeschwerdeführer vom 29.10.2018, AS 1 ff Zweitbeschwerdeführer; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 149 ff Zweitbeschwerdeführer; Erstbefragung Drittbeschwerdeführer zum ersten Asylantrag vom 27.09.2017, S 1 ff Verwaltungsakt Teil I Drittbeschwerdeführer; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 141 ff Drittbeschwerdeführer).

Der damals ebenfalls noch minderjährige Zweitbeschwerdeführer und der minderjährige Drittbeschwerdeführer reisten am 24.09.2017 gemeinsam und unbegleitet in das Bundesgebiet ein und stellten jeweils am 27.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005. Als Fluchtgrund gaben beide an, in Albanien keine Perspektive und keine Zukunft zu haben und außerdem vom gewalttätigen Vater immer wieder geschlagen zu werden (vgl. etwa Erstbefragung Zweitbeschwerdeführer zum ersten Asylantrag vom 27.09.2017, S 1 ff Verwaltungsakt Teil I Zweitbeschwerdeführer; Erstbefragung Drittbeschwerdeführer zum ersten Asylantrag vom 27.09.2017, S 1 ff Verwaltungsakt Teil I Drittbeschwerdeführer).

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, jeweils vom 30.08.2018 wurden die Anträge des minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.09.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (jeweils Spruchpunkt I.), als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (jeweils Spruchpunkt II.) abgewiesen, den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Albanien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Darüber hinaus wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) (vgl. die aktenkundigen Bescheide vom 30.08.2018 des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers).

Gegen diese Bescheide erhoben der Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführer kein Rechtsmittel. Die Bescheide erwuchsen mit 02.10.2018 in Rechtskraft. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer verblieben daraufhin dennoch im Bundesgebiet (vgl. Auszüge aus dem Fremdenregister, des Zentralen Melderegisters sowie den Sozialversicherungs- und Grundversorgungsdaten jeweils vom 18.09.2020 hinsichtlich des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers).

Am 25.10.2018 reiste auch die Erstbeschwerdeführerin legal in das Bundesgebiet ein. Die Erstbeschwerdeführerin sowie der damals noch minderjährige Zweitbeschwerdeführer sowie der minderjährige Drittbeschwerdeführer stellten sodann am 29.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 im Bundesgebiet, wobei es sich hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin um einen Erstantrag, hinsichtlich des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers um einen Folgeantrag handelt (vgl. Erstbefragungen jeweils vom 29.10.2018, AS 1 ff Erstbeschwerdeführerin, AS 1 ff Verwaltungsakt Teil II Zweitbeschwerdeführer und AS 1 ff Verwaltungsakt Teil II Drittbeschwerdeführer).

Der inzwischen volljährige Zweitbeschwerdeführer war zum Zeitpunkt der neuerlichen Asylantragstellung am 29.10.2018 noch lediges minderjähriges Kind der Erstbeschwerdeführerin.

In Österreich leben noch der Schwager und ein Neffe des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin sowie ein entfernter Verwandter der Mutter der Erstbeschwerdeführerin. Zu diesen Verwandten besteht seitens der Beschwerdeführer weder ein Nahe- noch ein Abhängigkeitsverhältnis (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 147 Erstbeschwerdeführerin; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 153 Zweitbeschwerdeführer).

Die Erstbeschwerdeführerin übte im Bundesgebiet bisher keine sozialversicherte Erwerbstätigkeit aus und lebt von der Grundversorgung. Im Zeitraum von Juni bis September 2019 führte die Erstbeschwerdeführerin in der Wohnortgemeinde Remunerantentätigkeiten durch. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin über maßgebliche Deutschkenntnisse verfügt oder einen Deutschkurs besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen hätte. Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration der Erstbeschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 147 Erstbeschwerdeführerin; Bestätigung der Wohnortgemeinde vom 25.09.2019)

Der Zweitbeschwerdeführer besucht in Österreich die Handelsakademie, ist aber kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation oder ehrenamtlich bzw. gemeinnützig tätig. Er hat in Österreich ein ÖSD Zertifikat Deutsch auf Niveau A2 bestanden (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 153 f Zweitbeschwerdeführer; Schulbesuchsbestätigung Handelsakademie für Schuljahr 2018/2019; Beschwerdebeilage ./5; Kopie ÖSD Zertifikat des Zweitbeschwerdeführers, Verwaltungsakt Teil I des Drittbeschwerdeführers; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, S 7 f).

Der minderjährige Drittbeschwerdeführer besuchte in Österreich von Dezember 2017 bis September 2018 eine neue Mittelschule, und nunmehr die Handelsschule, ist kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation oder ehrenamtlich bzw. gemeinnützig tätig (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 145 ff Drittbeschwerdeführer; Schulbesuchsbestätigung Neue Mittelschule für Schuljahre 2017/2018, 2018/2019; Beschwerdebeilage ./5; Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2020, S 7 f).

Auch der Zweitbeschwerdeführer und der minderjährige Drittbeschwerdeführer leben in Österreich von der Grundversorgung und gingen bisher keiner sozialversicherten Erwerbstätigkeit nach.

Weder die Erstbeschwerdeführerin noch der Zweit- und Drittbeschwerdeführer haben in Albanien Probleme mit staatlichen Behörden, noch waren sie politisch aktiv. Sie wurden bisher nicht inhaftiert und hatten bisher auch weder aufgrund ihrer Volksgruppe oder Religionszugehörigkeit noch sonstige Probleme (vgl. etwa Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 143 Erstbeschwerdeführerin; Niederschrift Bundesamt vom 06.11.2018, AS 151 Zweitbeschwerdeführer).

Die Familie der Beschwerdeführer väterlicherseits ist seit Mitte der 1990er Jahre in eine Blutfehde verwickelt, die nach wie vor andauert. Weiters war der Ehemann/Vater der Beschwerdeführer ihnen gegenüber wiederholt gewalttätig und verließ die Familie.

Ein konkreter Anlass oder Vorfall für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte jedoch nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer generellen Verfolgungsgefahr oder Bedrohung von staatlicher Seite ausgesetzt sind.

Zur entscheidungsrelevanten Lage in Albanien:

Es wird festgestellt, dass die Republik Albanien seit 15.12.2010 aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Zur allgemeinen Lage in Albanien werden die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung in das Verfahren eingeführten Länderberichte, nämlich das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Albanien vom 29.01.2019 und die ACCORD-Anfragebeantwortung 28.01.2015 zu Albanien: Informationen zu Frauenhäusern (Anzahl, Standorte, Betreiber) als entscheidungsrelevante Feststellungen zum endgültigen Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben.

Daraus ergibt sich:

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Lage in Albanien vom 29.01.2019 ergibt sich:

„1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Politische Lage

Die Republik Albanien ist seit dem politischen Umbruch in den Jahren 1991/92 eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem. Politische Parteien können sich frei betätigen. Das demokratische System krankt jedoch an Defiziten, die auf historische, politische und kulturelle Faktoren zurückzuführen sind. Das politische Leben ist stark polarisiert; Clanstrukturen dominieren die Parteien. Die großen Fortschritte, die Albanien in allen Bereichen erzielt hat, wurden durch die Verleihung des EU-Kandidatenstatus im Juni 2014 gewürdigt. Drei Parteien bestimmen die politische Landschaft: die Sozialistische Partei Albaniens, die aus der (kommunistischen) Partei der Arbeit Albaniens hervorgegangen ist und deren beherrschende Persönlichkeit Premierminister Edi Rama ist; die Demokratische Partei unter Lulzim Basha, bei der aber noch immer der langjährige Ministerpräsident Berisha wichtige Fäden zieht sowie die von der Ehefrau von Staatspräsident Meta, Monika Kryemadhi, geführte Sozialistische Bewegung für Integration. Aus den Parlamentswahlen vom 25.6.2017 ging die regierende Sozialistische Partei mit Edi Rama als Ministerpräsident mit absoluter Mehrheit erneut als Sieger hervor. Die Parlamentswahlen im Juli 2017 waren weitgehend frei und fair, allerdings nach ODIHR-Bericht mit einigen Mängeln behaftet (insbesondere Stimmenkauf und Einschüchterungen). Eine Wahlrechtsreform ist angelaufen. Albanien ist seit 1991 Mitglied der OSZE, seit 1995 Mitglied des Europarates, seit 1.4.2009 NATO-Mitglied (AA 10.8.2018).

Dem Parlament der Republik (Kuvendi i Republikes) steht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu. Staatsoberhaupt ist der Präsident der Republik, dessen Wahl auf fünf Jahre durch das Parlament erfolgt. Höchstes Exekutiv-Organ ist der Ministerrat, der durch den Präsidenten ernannt und vom Parlament bestätigt wird. Regierungschef ist der Vorsitzende des Ministerrats (Ministerpräsident). Entscheidungen des Verfassungsgerichts binden die Staatsorgane (AA 9.2017a).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten, einschließlich Albanien. Der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Albanien wird von der Kommission empfohlen. Weitere Anstrengungen bei politischen und wirtschaftlichen Reformen seien nötig, insbesondere hinsichtlich der Lage und Integration der Roma, der Bekämpfung der Korruption sowie der Verbesserung der Medienfreiheit. Albanien bekommt eine positive Bewertung - gewürdigt wird der Beginn der umfassenden Justizreform, erste Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung und bei der Bekämpfung des illegalen Cannabis-Anbaus (BN 23.4.2018).

Die EU-Staaten haben der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien grundsätzlich zugestimmt. Die Europaminister hätten bei ihrem Treffen in Luxemburg "einen Weg in Richtung der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen" im Juni 2019 vereinbart (Zeit Online 26.6.2018).

Quellen:

(…)

3.       Sicherheitslage

Nach jahrzehntelanger selbst gewählter Isolation, sieht Albanien seit dem Umschwung 1991 seine Zukunft in Europa. Es strebt die volle Integration in euro-atlantische Strukturen an. Albanien betreibt eine konstruktive Regionalpolitik. Albaniens Außenpolitik ist darauf gerichtet, gut- nachbarschaftliche Beziehungen auszubauen und die Zusammenarbeit in der Region weiter zu fördern. Die bilateralen und multilateralen Kontakte sind rege. Dabei spielt Albanien eine konstruktive Rolle im Aufbau gemeinsamer Sicherheits- und Wirtschaftsstrukturen in der Region und beteiligt sich aktiv am sogenannten „Berlin-Prozess“. Albanien beteiligt sich an einer Vielzahl regionaler Initiativen, wie dem Schwarzmeer-Wirtschaftsrat (BSEC - Black Sea Economic Council), dem Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) und dem South East Europe Cooperation Process (SEECP), dessen Vorsitz es von Mitte 2014 bis Mitte 2015 führte. Albanien erwartet und baut darauf, dass mit fortschreitender Integration des Balkan in europäische Strukturen die Nationalitätenprobleme relativiert werden. Neben den weitgehend normalisierten Beziehungen zur Mazedonien haben diejenigen zu Italien und Griechenland besondere Bedeutung. Die Verbindungen nach Kosovo, das mehrheitlich von albanischstämmiger Bevölkerung bewohnt wird, werden von beiden Seiten mit besonderer Intensität gepflegt. Immer wieder unterstellte Bestrebungen nach einem „Groß-Albanien“ sind kein Element der albanischen Außenpolitik (AA 9.2017a).

Albanien hat die Antiterrormaßnahmen im Jahr 2017 stark unterstützt und die Teilnahme an der globalen Koalition zur Bekämpfung des ISIS fortgesetzt, indem es bedeutende Waffen- und Munitionsspenden geleistet hat, laut dem Terrorismus-Länderbericht 2017 des US- Außenministeriums. Laut diesem Bericht haben die albanischen Behörden ihre Bemühungen verstärkt, potenziellen terroristischen Bedrohungen entgegenzuwirken. Die kürzlich personell aufgestockte albanische Antiterroreinheit arbeitete eng mit dem Internationalen Strafverfolgungshilfeprogramm (ICITAP) des US-Justizministeriums zusammen. Trotz der Knappheit der Ressourcen hat die Antiterroreinheit auch an mehreren erfolgreichen Fahndungen bekannter oder mutmaßlicher Terroristen teilgenommen. Die albanische Grenzpolizei berichtet, dass aufgrund strengerer Maßnahmen an den albanischen Grenzübergängen in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 3.000 albanischen Staatsbürgern wegen fehlender Dokumente die Weiterreise Richtung Schengenraum verweigert wurde. Sie standen im Verdacht, Asylsuchende zu sein. Laut Direktion wurden im selben Zeitraum 246 Minderjährige daran gehindert, das Land zu verlassen (VB 15.1.2019).

Quellen:

(…)

4.       Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Allerdings verhindern politischer Druck, Einschüchterung, weit verbreitete Korruption und beschränkte Mittel, dass die Justiz unabhängig und effizient arbeitet. Die Gerichtsanhörungen finden oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Der Angeklagte hat das Recht auf einen Anwalt und falls er sich keinen Anwalt leisten kann, wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Das Gesetz bietet den Angeklagten ausreichend Zeit und Möglichkeiten, eine Verteidigung vorzubereiten. Im Allgemeinen respektiert die Regierung diese Rechte in der Praxis, obwohl die Gerichtsverfahren nicht immer öffentlich sind und der Zugang zu einem Anwalt manchmal problematisch ist (USDOS 20.4.2018).

Das EU-Parlament hat am 30.11.2018 die Entwicklung der westlichen Balkanländer im Hinblick auf einen EU-Beitritt bewertet. Albanien zeigt laut dieser Bewertung stetige Fortschritte bei den Reformen in Bezug auf die Unabhängigkeit und Professionalität der Justiz und bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Sorge bereitet das anhaltend hohe Maß an Korruption (BN 3.12.2018).

Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet, um westlichen Standards zu entsprechen. Aufgrund der Schwäche der Institutionen des Staates werden viele Rechtsverstöße entweder nicht oder nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Untersuchungshäftlinge müssen teilweise sehr lange auf ihren Prozess warten. Verfahren können mitunter mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen. Im Zuge der Justizreform zeigen sich erste Verbesserungen. Die von der IRZ [Internationale Rechtliche Zusammenarbeit; Anm.] geführte EU- Rechtsberatungsmission EURALIUS hat gemeinsam mit anderen internationalen und nationalen Experten das Reformpaket erarbeitet und unterstützt bei der Umsetzung. Bestandteil der Reform sind u.a. auch eine neue Strafprozessordnung und das Jugendstrafrecht (AA 10.8.2018).

Einer der wichtigsten Aspekte der Justizreform, um die Beitrittsverhandlungen zur EU im Juni 2019 zu eröffnen, ist der „Vetting“ Prozess. Dabei werden die Qualifizierung, die Integrität und die Vermögenswerte der Richter und Staatsanwälte überprüft. Bis Ende 2018 wurden 35 von insgesamt 77 Richter und Staatsanwälte, die bislang das Verfahren durch die unabhängige Kommission absolvieren mussten, ihres Amtes enthoben. Darunter auch die Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichts und der Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, sowie mehrere Präsidenten einiger Bezirksgerichte und Bezirksstaatsanwaltschaften. 16 Richter und Staatsanwälte sind freiwillig zurückgetreten. Im Rahmen des Vetting-Prozesses, als Teil der umfassenden Justizreform, wurden Ende 2018 noch der „Hohe Rat der Justiz“, der „Hohe Rat der Staatsanwaltschaft“ und der „Rat für Ernennung in der Justiz“ als wesentliche Elemente zur Einrichtung neuer Justizinstitutionen in Albanien neu besetzt. Anfang 2019 begann zudem die Gründung der SPAK "Antikorruptionssondereinheit". Die Neu- bzw. Wiederbesetzung des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts sowie der anderen Justizeinrichtungen stehen noch aus. Der bisherige Erfolg der Justizreform ist noch bescheiden, die Reform ist aber unumkehrbar und hat parteiübergreifende Unterstützung gefunden (VB 24.1.2019).

Quellen:

(…)

5.       Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus. Während die Regierung über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption verfügt, bleibt die Polizeikorruption ein Problem. Die staatliche Dienstaufsicht für innere Angelegenheiten und Beschwerden erhielt bis zum 31.7.2017 3.811 telefonische Beschwerden über die sog. "grüne Linie" zur Korruptionsbekämpfung. Die Mehrheit davon betraf "Untätigkeit von Polizeibeamten", "ungerechte Geldstrafen“ oder "Verstoß gegen die üblichen Standardverfahrensabläufe". Die Dienstaufsicht meldete 43 administrative Übertretungen und empfahl für 57 Polizisten die Einleitung von Disziplinarverfahren. Die Missbrauchsfälle von fünf Beamten wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Im Laufe des Jahres bearbeitete der Ombudsmann auch Beschwerden gegen Polizeibeamte, vor allem im Zusammenhang mit Problemen bei Verhaftungen und Inhaftierungen (USDOS 20.4.2018).

Dank personeller Umbesetzungen, Umstrukturierung und Lohnerhöhungen hat sich der Ruf der Polizei verbessert. Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. In Folge werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt große Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Auch für die Polizei hat ein Durchleuchtungsprozess ähnlich dem Vetting der Richter und Staatsanwälte begonnen. Personelle Veränderungen haben ebenfalls zu einem effizienteren Agieren der Polizei geführt. Die Staatspolizei ist in vier Abteilungen unterteilt, darunter: Generaldirektion zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität (Kriminalpolizei), Generaldirektion Migration und Grenze (Grenzpolizei) und Generaldirektion Öffentliche Sicherheit (uniformierte Polizei). Daneben wurde am 1.1.2015 eine Direktion zur Bekämpfung des Terrorismus eingerichtet. Eine neue Ressort übergreifende Spezial-Task Force bekämpft Organisierte Kriminalität. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau. Der Innenminister der zweiten Regierung Rama widmet sich der Bekämpfung der OK mit hohem Engagement (AA 10.8.2018).

In der Polizeidirektion Vlora wurde gegen elf Polizeibeamte ein Disziplinarverfahren wegen Kooperation mit einem kriminellem Cannabiskartell eingeleitet. Drei weitere Polizisten wurden diesbezüglich entlassen. Die Region Vlora (Hafenstadt in Südalbanien; Anm.) war eine der problematischsten Gebiete hinsichtlich Cannabisanbau und -handel. Am Flughafen Rinas (Tirana International Airport - liegt 17 Kilometer nordwestlich von Tirana beim Dorf Rina; Anm.) wurden am 14.1.2018 insgesamt 13 Polizisten und Spezialisten des Grenzpolizeikommissariats ihren bisherigen Aufgaben enthoben und in die Polizeidirektion Tirana versetzt. Offizielle Quellen berichteten, dass die neuen Polizeibeamten sehr genau ausgewählt werden würden, um die Situation der Grenzpolizei am Grenzübergang - Flughafen/Rinas zu verbessern. Laut Medien sollte dies der erste Schritt einer vollständigen Erneuerung der grenzpolizeilichen Strukturen sein. Am 21.9.2018 verhaftete die Behörde für innere Angelegenheiten und Beschwerden sechs Beamte der Grenz- und Migrationspolizei in Gjirokastra. Die Beamten werden verdächtig, den illegalen Übergang an der griechisch-albanischen Grenze, an albanische und ausländische Staatsbürger erleichtert zu haben. Sie werden wegen Korruption, Amtsmissbrauch und gesetzwidriger Grenzüberschreitung angeklagt (VB 15.1.2019).

Einer der wichtigsten Drahtzieher des Drogenhandels von Albanien nach West- und Nordeuropa, Klement Balili, hat sich freiwillig den Behörden gestellt, nachdem zwei Jahre nach ihm gefahndet wurde. Dem „Pablo Escobar des Balkans“ werden auch enge Verbindungen zu Spitzenpolitikern nachgesagt, er war selbst jahrelang Beamter in der staatlichen Verwaltung. Jahrelang galten die Drogenbarone in Albanien als unantastbar. Die US-Botschaft in Tirana und die Europäische Union hatten Zweifel an der Entschlossenheit der Behörden, die Drogenbanden zu zerschlagen. Die erfolgreiche Bekämpfung von Drogenkriminalität und organisierter Kriminalität sind Schlüsselkriterien für Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Mittlerweile macht das Land gute Fortschritte im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Erst im Oktober 2018 wurden 27 mutmaßliche Drogendealer verhaftet (BN 21.1.2019).

Im Zeitraum Jänner - Oktober 2018 wurden in Albanien 19.260 kg Cannabis sativa sichergestellt, ein wesentlicher Rückgang zum Vergleichsraum 2017. Im Jahre 2017 wurden im Zeitraum Jänner - Oktober 74.045 kg sichergestellt. Erwähnenswert ist auch, dass viele Sicherstellungen von Cannabis an der italienischen Küste, mit Schnellbooten aus Albanien, durchgeführt werden die natürlich nicht in der Statistik aufscheinen (VB 24.1.2019).

Quellen:

(…)

6.       Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung und das Gesetz Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, werden Verdächtige und Gefangene von Polizei und Gefängniswärtern in manchen Fällen geschlagen und missbraucht. Bis September 2017 erhielt der Dienst für Innere Angelegenheiten und Beschwerden Beschwerden (ohne Zahlenangaben; Anm.) über Polizeimissbrauch und Korruption, die sowohl zu verwaltungsrechtlichen Sanktionen als auch zu strafrechtlichen Verfolgungen führten. Der Ombudsmann berichtete, dass die meisten Fälle von behaupteten physischen oder psychischen Missbrauch während der Verhaftung und Befragung stattfanden. Bis August 2017 erhielt der Ombudsmann 104 Beschwerden von Häftlingen. Die Mehrheit der Beschwerden betraf die Qualität der Gesundheitsversorgung. Der Ombudsmann hat keinen Fall zur Verfolgung weitergeleitet (USDOS 20.4.2018).

Albanien hat die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Bestrafungen samt Fakultativprotokoll ebenso wie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender

Behandlung oder Strafe ratifiziert. Art. 25 der Verfassung verbietet explizit Folter und jegliche grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach übereinstimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen, insbesondere seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei, vorrangig während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden (AA 10.8.2018).

Quellen:

(…)

7.       Korruption

Bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen ist ein gestiegenes Engagement der zweiten Regierung Rama zu verzeichnen. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau (AA 10.8.2018).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten. Laut Fortschrittsbericht bekommt Albanien eine positive Bewertung; gewürdigt werden unter anderem die ersten Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (BN 23.4.2018).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Albanien unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 21.2.2018).

Die Ergebnisse des Transparency International Index (2017) für Albanien geben Anlass zu großer Sorge. Die Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Sektor bleibt eine der größten Herausforderungen. Transparency International erklärte, dass in Albanien Fortschritte bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität im öffentlichen Sektor erzielt wurden, aber bei den größeren Themen wie Korruption in der Justiz noch viel getan werden muss (VB 24.1.2019).

Quellen:

(…)

8.       Wehrdienst und Rekrutierungen

Die Wehrpflicht wurde in Albanien am 1.1.2010 abgeschafft. Obwohl es keine Generalamnestie für Fahnenflüchtige gab, sind keine neuen Fälle bekannt, in denen ehemalige Grundwehrdienstleistende nach 2010 wegen Fahnenflucht belangt worden wären. Zu einer Anklage wäre es nur gekommen, wenn der Grundwehrdienstleistende die Truppe eigenmächtig verlassen hätte oder er einem Einberufungsbescheid nicht nachgekommen wäre. Sollte ein altes Verfahren gegen einen Wehrpflichtigen noch anhängig sein, würde dies bei Wiedereinreise nach Albanien, genauso wie bei anderen Tatbeständen auch, von den Ermittlungsbehörden ggf. verfolgt werden. Es gibt aktuelle Fälle von Strafverfolgung wegen Fahnenflucht, die aber lediglich Zeit- und Berufssoldaten betreffen (AA 10.8.2018).

Das gesetzliche Mindestalter für den freiwilligen Wehrdienst beträgt 19 Jahre (CIA 8.1.2019).

Quellen:

(…)

9.       Allgemeine Menschenrechtslage

Seit den Umbrüchen der 90er Jahre hat sich die Menschenrechtslage in Albanien beständig verbessert. Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten sind in Verfassung und Gesetzen verankert. Beim Aufbau eines Rechtsstaats und beim Schutz der Menschenrechte gibt es Fortschritte. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt. Politische Verfolgung, Folter, Zensur oder staatliche Repression gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Nationalität, politischen Überzeugung, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder sozialen Gruppe finden nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nicht statt. Die albanische Regierung hat eine Ombudsperson eingesetzt, die die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können. Diese kann zwar keine Entscheidungen treffen oder durchsetzen, aber sie untersucht Missstände und kann gerichtliche Verfahren einleiten. Die albanische Verfassung vom 21.10.1998 enthält in ihren Artikeln 15 bis 58 einen ausführlichen Katalog von Grundrechten. Grundlage sind die Garantien der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Der Grundrechtekatalog enthält neben persönlichen und politischen Rechten und Freiheiten auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Freiheiten. Die Europäische Menschenrechtskonvention (allerdings mit Erklärungen) sowie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe wurden von Albanien ratifiziert, ebenso die Mehrzahl VN-Übereinkommen zu den Menschenrechten. In den letzten Jahren liegen keine Kenntnisse über Fälle von Verschwindenlassen vor. Es gibt Berichte über Festnahmen, die nicht im Einklang mit dem albanischen Recht erfolgen. Die im albanischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen orientieren sich auch hinsichtlich des Strafmaßes an europäischen Standards. Es gibt keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass es zu Verletzungen der Rechte von Angeklagten im Rahmen des Gerichtsprozesses kommt (AA 10.8.2018).

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen agieren im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersuchen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ. Das Büro des Bürgerbeauftragten ist die wichtigste unabhängige Institution zur Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte. Der Ombudsmann ist gesetzlich ermächtigt, Gefängnisse und Haftanstalten zu überwachen und zu berichten. Das Amt kann eine Untersuchung aufgrund von Beschwerden oder von Amts wegen einleiten. Obwohl dem Ombudsmann die Befugnis zur Vollstreckung von Entscheidungen fehlt, fungiert sie als Kontrollinstanz auf dem Gebiet der Menschenrechtsverletzungen. Das Ombudsbüro ist unterfinanziert und unterbesetzt. Die Nationalversammlung hat einen Ausschuss für Rechtsfragen, öffentliche Verwaltung und Menschenrechte, der den Jahresbericht des Ombudsbüros prüft. Der Ausschuss ist in Gesetzgebungsfragen engagiert und effektiv. Tausende von Ansprüchen auf privates und religiöses Eigentum, die während der kommunistischen Ära beschlagnahmt wurden, bleiben bei der staatlichen Immobilienagentur ungelöst. Der Ombudsmann berichtete, dass die Regierung 26.000 Gerichtsurteile bisher noch nicht ausgeführt und 11.000 Ansprüche im Zusammenhang mit Eigentumsrechten nicht überprüft hat. Die Kläger können ihre Fälle an den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) richten; im Laufe des Jahres (2017) waren Hunderte von Fällen - viele davon im Zusammenhang mit Eigentum - beim EGMR anhängig (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

(…)

10.      Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit/Opposition

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen diese Rechte. 2017 gab es jedoch Berichte, dass Regierungsstellen, die Wirtschaft und kriminelle Gruppen versuchen, die Medien in missbräuchlicher Weise zu beeinflussen. Mangelnde wirtschaftliche Sicherheit mindert die Unabhängigkeit der Journalisten und trägt zur Verschlechterung der Berichterstattung bei (USDOS 20.4.2018).

Laut der aktuellen „Rangliste der Pressefreiheit der 180 Länder weltweit“ von Reporter ohne Grenzen liegen die Balkanstaaten im mittleren Bereich. Allgemein würden die Medien stark kontrolliert und viele Politiker gegen Journalisten hetzen. In der Region schneidet Bosnien und Herzegowina (62) am besten ab, gefolgt von Albanien am 75. Platz (BN 7.5.2019).

Kriminelle und Privatunternehmer begingen im Jahr 2017 tätliche Angriffe gegen investigative Journalisten. Im März 2017 wurde ein Journalist in der Hauptstadt Tirana von Angreifern, die Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben sollen, geschlagen. Im Juni wurde der Eigentümer eines Fernsehsenders, zusammen mit einem Regierungsbeamten in Vlora erschossen (AI 22.2.2018).

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind gewahrt. Die Medien sind frei, aber wirtschaftlich zumeist von Eigentümern und Interessengruppen abhängig, die wiederum mit Parteien verbunden sind. Die politische Opposition kann sich frei betätigen und macht davon ausgiebig Gebrauch, u.a. durch Demonstrationen und Blockadeaktionen. Es gibt eine Vielzahl offiziell registrierter Parteien verschiedener Ausrichtung (AA 10.8.2018).

Quellen:

(…)

11.      Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in den meisten albanischen Gefängnissen entsprechen mittlerweile westeuropäischen Standards. Angemessene ärztliche Versorgung ist gewährleistet. Psychisch erkrankte Gefängnisinsassen erhalten die erforderliche Fürsorge und Behandlung; eine spezialisierte Haftanstalt für diese Fälle existiert, entspricht aber nicht westeuropäischen Standards. Ausbildungsangebote und Freizeitaktivitäten sind vorhanden. Besuch von Familienangehörigen wird zu festen Zeiten erlaubt, Familienzimmer sind eingerichtet. Ein Rechtsbeistand hat jederzeit die Möglichkeit des Besuches, hierfür stehen eigene Besprechungszimmer zur Verfügung. Für verurteilte minderjährige Straftäter gibt es eine reine Jugendstrafanstalt in Kavaje, für minderjährige U-Häftlinge existieren Jugendabteilungen in vier weiteren Haftanstalten. Die Jugendhaftanstalt Kavaje entspricht ebenfalls den Anforderungen der europäischen Strafvollzugsgrundsätze. Die Insassen haben bspw. die Möglichkeit der Teilnahme am Schulbesuch mit regulären staatlichen Abschlüssen und die Wahl zwischen vier Berufsausbildungen. Neben der JVA (Justizvollzugsanstalt; Anm.) in Fier entsprechen die JVAs in Fushe Kruja, Korça, Peqin, Shkodra und das Frauengefängnis in Tirana den Anforderungen der europäischen Strafvollzugsgrundsätze (AA 10.8.2018).

Die Regierung, der Ombudsmann und die AHC berichten, dass Überbelegung in den Gefängnissen weiterhin ein Problem darstellt. Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten für Frauen sind im Allgemeinen besser als die für Männer. Bis August 2017 erhielt das Ombudsbüro 104 Beschwerden von Häftlingen, wobei die Mehrheit davon die Qualität der Gesundheitsversorgung betrifft. Der Ombudsmann und NGOs berichten, dass Behörden Häftlinge mit geistigen Behinderungen in regulären Gefängnissen festhalten in denen der Zugang zur psychiatrischen Versorgung völlig unzureichend ist (USDOS 20.4.2018).

Das albanische Helsinki-Komitee berichtete über einen Rückgang der Zahl von Personen, die sich im Jahr 2017 während der Polizeigewahrsam über Missbrauch beschwert haben. Die Situation der inhaftierten Personen ist jedoch aufgrund der Überbelegung und der schlechten Infrastruktur der albanischen Gefängnisse weiterhin schwierig. Auch die Situation der inhaftierten Minderjährigen bleibt problematisch, obwohl das Parlament im März 2017 ein neues Strafgesetzbuch für Minderjährige verabschiedet hat (FH 11.4.2018).

Quellen:

(…)

12.      Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde im Jahr 1999 abgeschafft (AA 10.8.2018). Das Gesetz schreibt keine Todesstrafe vor (AI 12.4.2018).

Quellen:

(…)

13.      Religionsfreiheit

Die Verfassung und andere Gesetze schützen die Religionsfreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen dieses Recht in der Praxis. Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung und sieht die Gleichberechtigung aller Bürger unabhängig von ihrer Religion vor (USDOS 29.5.2018).

In Albanien sind folgende Religionsgemeinschaften vertreten (Zensus 2011): Muslimische 56,7%, Römisch-katholische 10%, Orthodoxe 6,8%, Bektashi (eine sufische Glaubensrichtung) 2,1%, andere 5,7%, nicht spezifizierte 16,2% sowie Atheisten 2,5% (CIA 8.1.2019).

Durch Aufhebung des während der kommunistischen Diktatur 1967 erlassenen Verbots der Religionsausübung wurde die Religionsfreiheit 1990 wieder hergestellt. Die Verfassung garantiert die freie Religionsausübung. Keine Religionsgemeinschaft wird durch staatliche Maßnahmen bevorzugt oder diskriminiert. Eine große Anzahl in- und ausländischer Religionsgemeinschaften ist ungehindert, auch missionarisch, in Albanien tätig. Es gibt keine religiös motivierten Konflikte und die wichtigsten religiösen Gruppen (sunnitische Muslime und Muslime des Bektashi-Ordens, katholische Christen, griechisch-orthodoxe Christen) leben in bemerkenswerter Harmonie und Toleranz miteinander, was von Papst Franziskus bei seinem Besuch am 21.9.2014 in Tirana - seinem ersten in einem europäischen Land - als beispielhaft gewürdigt wurde (AA 10.8.2018).

Quellen:

(…)

14.      Ethnische Minderheiten

(…)

15.      Frauen / Kinder

Eine gesetzliche Diskriminierung eines Geschlechtes durch den Staat besteht nicht. Die gesellschaftliche Rolle der Frau ist, unabhängig von der Religionszugehörigkeit, vielfach noch von traditionellen Vorstellungen geprägt. Dies hat zur Folge, dass Frauen in leitenden Positionen stark unterrepräsentiert sind. In der Regierung besetzen Frauen allerdings fünf der elf Ministerposten und stellen die Vizepremierministerin. Frauen werden darüber hinaus häufig Opfer von häuslicher Gewalt (auch Vergewaltigung in der Ehe/Familie). Seit 2006 besteht ein Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt, in dem verfahrens- und strafrechtliche Konsequenzen definiert werden. Die Regierung hat eine nationale Strategie gegen häusliche Gewalt und für Gleichberechtigung ausgearbeitet und speziell ausgebildete Polizei- und Justizeinheiten aufgestellt, teilweise finanziert durch ausländische Geber. Im Bereich der Ahndung häuslicher Gewalt gibt es immer noch Lücken im Strafgesetzbuch. Als Folge von abnehmender Armut und von Aufklärungskampagnen ist das Problem des Frauenhandels, insbesondere zur sexuellen Ausbeutung, aus und durch Albanien rückläufig, aber weiter existent. Die Regierung versucht, Menschenhandel weiter einzudämmen.Traditionelle Wertvorstellungen führen insbesondere im ländlichen Raum dazu, dass Frauen weniger Entfaltungsmöglichkeiten als Männer haben. Während Frauen im Erwerbsleben einen weit besseren Ruf als Männer genießen, sind sie in Führungspositionen nur schwach vertreten, wobei allerdings auch der zweiten Regierung Rama wieder mehrere Ministerinnen und eine Stellv. Premierministerin angehören. Häusliche Gewalt ist verbreitet. Die Diskriminierung von Frauen ist in der Regel in ländlichen Gebieten stärker ausgeprägt als in den Städten (AA 10.8.2018).

Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen am politischen Prozess einschränken; als Ergebnis der Wahlen vom 25.6.2017 stieg die Beteiligung von Frauen in der Regierung auf einen Rekordwert von 29%. Vergewaltigung, einschließlich Ehevergewaltigung, ist ein Verbrechen. Die Strafen für Vergewaltigung und Körperverletzung hängen vom Alter des Opfers ab. Bei Vergewaltigung eines Erwachsenen beträgt die Haftstrafe drei bis zehn Jahre. Das Strafgesetzbuch enthält Bestimmungen über sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung und kriminalisiert Vergewaltigung in der Ehe ausdrücklich. Die Regierung setzt das Gesetz jedoch nicht wirksam durch. Eine Bestrafung wegen Vergewaltigung in der Ehe kommt selten vor, da die Behörden diese nicht als Verbrechen betrachten. Häusliche Gewalt gegen Frauen bleibt ein ernsthaftes Problem. Die Regierung betreibt drei Heime für Opfer häuslicher Gewalt, NGOs sechs weitere. Es gibt Berichte über die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen aufgrund traditioneller sozialer Normen. Es wird auch über Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt berichtet (USDOS 20.4.2018).

Kinder aus benachteiligten sozialen Schichten sind häufig gezwungen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen bzw. durch Betteln zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen. In besonderem Maße sind davon Kinder betroffen, die den ethnischen Minderheiten der Roma und „Ägypter“ angehören. Kinderhandel (zur sexuellen Ausbeutung bzw. zur Ausbeutung durch Arbeit oder im Zusammenhang mit dem Organhandel) ist rückläufig, existiert aber weiterhin. Gewalt gegen Kinder ist laut UNICEF weit verbreitet, auch in Familien. Ein stark patriarchales und archaisches Rollenverständnis, in dem die Rechte von Frauen und Kindern als nachrangig erachtet werden, ist in breiten Bevölkerungsschichten, insbesondere im ländlichen Raum, für diesen besorgniserregenden Zustand ebenso ausschlaggebend wie Frustration über Arbeitslosigkeit und große Armut. 2010 wurde das Gesetz zum Schutz der Rechte der Kinder verabschiedet, das neue institutionelle Strukturen etabliert. So wurden weitere Kinderschutz-Center gegründet, Informations- und Aufklärungskampagnen organisiert sowie Gesetzesvorschläge für ein um- fassendes Minderjährigenschutzgesetz (inkl. Kinderarbeit als Straftatbestand) gemacht. Außerdem unterzeichnete die Regierung ein Memorandum of Understanding mit der International Labour Organization ILO zur Abschaffung von Kinderarbeit. Regierung und etliche NROs haben diverse, rund um die Uhr geschaltete kostenfreie Notrufnummern für Opfer von Menschenhandel und häuslicher Gewalt sowie eine Kinder- und Jugendlichen- Seelsorge eingerichtet. Vielfach werden Kinder aufgrund der Armut ihrer Familien in Waisenhäuser abgegeben. Diese sind oftmals sehr schlecht ausgestattet (AA 10.8.2018).

Quellen:

(…)

16.      Homosexuelle

(…)

17.      Bewegungsfreiheit

Es besteht die Freiheit sich niederzulassen, zu reisen, zu emigrieren und wieder einzureisen, und die Regierung respektiert diese Rechte grundsätzlich. Die Regierung kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Hilfe für Flüchtlinge, rückkehrende Migranten, Asylbewerber, Staatenlose und andere Personen in Not. Binnenmigranten müssen sich am neuen Wohnort wieder registrieren lassen, um in den Genuss von wichtigen staatlichen Leistungen zu kommen. Auch muss der rechtmäßige Erwerb einer neuen Immobilie oder ein Mietvertrag nachgewiesen werden können. Insbesondere Roma und Balkan- Ägypter haben dabei allerdings Schwierigkeiten (USDOS 20.4.2018).

Laut einer im Oktober veröffentlichen Studie möchte mehr als die Hälfte der albanischen Bevölkerung in wohlhabendere Länder ziehen. Die von der University of Sussex und dem albanischen Forscher Ilir GEDESHI durchgeführte Untersuchung ergab, dass die potenzielle Migration des Landes von 44% im Jahr 2007 auf 52% im Jahr 2018 gestiegen ist. Die derzeitige Situation der illegalen Migration in Albanien ist auf einem gleichbleibenden hohen Niveau. Die wöchentlichen Zahlen belaufen sich zwischen 106 und 181 aufgegriffene illegale Migranten. Die albanische Grenzpolizei berichtet, dass aufgrund strengerer Maßnahmen an den albanischen Grenzübergängen in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 3.000 albanischen Staatsbürgern wegen fehlender Dokumente die Weiterreise Richtung Schengenraum verweigert wurde. Sie standen im Verdacht, Asylsuchende zu sein. Im selben Zeitraum wurden 246 Minderjährige daran gehindert, das Land zu verlassen (VB 15.1.2019).

Quellen:

(…)

18.      Grundversorgung / Wirtschaft

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe und Invalidengeld durch Geldbeträge, die sich derzeit zwischen einem monatlichen Sozialhilfesatz von 3.000 ALL (ca. 21 €) und - für Familienoberhäupter - 8.000 ALL (ca. 57 €) sowie gegebenenfalls einem Invalidengeld von 9.900 ALL (ca. 70 €) und einem gleichen Betrag für Betreuung bewegen, sowie Sozialdienstleistungen durch soziale Pflegedienste. Das Gesetz Nr. 9355 für Sozialhilfe und Sozialdienstleistungen bestimmt als Empfänger von Geldleistungen Familien mit keinem oder geringem Einkommen, Waisen ohne Einkommen, Familien mit Mehrlingsgeburten, Opfer von Menschenhandel oder Gewalt in der eigenen Familie und - als Empfänger von Invalidengeld - Menschen mit Behinderung. Im Ausland lebende Albaner, Asylsuchende, Opfer von Naturkatastrophen oder Kriegen, Gefängnisinsassen und Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen sind von Sozialhilfe ausgeschlossen. Daneben können die einzelnen Sozialhilfebüros 3% ihrer Mittel nach eigenen Kriterien verteilen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen (AA 10.8.2018).

Das albanische Institut für Statistik (INSTAT) berichtet, dass die Arbeitslosigkeit in Albanien in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 auf den niedrigsten Stand seit fast 30 Jahren gesunken ist. Laut INSTAT ist die Arbeitslosigkeit auf 12,5% zurückgegangen, etwa 1,7% niedriger als 2017. Die niedrigere Arbeitslosenquote hat jedoch nicht zu höheren Gehältern wie in den letzten Jahren geführt (VB 15.1.2019).

Albanien hat seit 1998 bedeutende Fortschritte auf dem Weg der Transformation von einer kommunistischen in eine marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaft erzielt. Dabei zeigte sich die Konjunktur inmitten der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre relativ stabil und wies - auch wegen des geringen Ausgangsniveaus - durchgehend Wachstum auf. Albanien gehört weiter zu den ärmsten Ländern Europas. Das Pro-Kopf BIP betrug im Jahr 2016 nach Angaben des Finanzministeriums rund 3.780 Euro. In absoluter Armut(Pro-Kopf-Einkommen unter 60 USD/ Monat oder weniger als 2,5 USD/Tag) leben sieben Prozent der Bevölkerung (Angaben der Weltbank). Der Durchschnittslohn (im staatlichen Sektor) lag im Jahr 2016 bei 396 Euro. Rückgrat der Ökonomie bleibt die Landwirtschaft. Die albanische Wirtschaft wird dominiert vom Handels- und Dienstleistungssektor. Wirtschaftliche Aktivität verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Der Großteil des BIP wird in der Küstenregion erwirtschaftet, insbesondere im Raum Tirana/Durrës. Dagegen ist in vielen unwegsamen Bergregionen, in denen sich Wirtschaft weitgehend auf Subsistenzlandwirtschaft beschränkt, soziale und ökonomische Entwicklung kaum spürbar. Es findet eine erhebliche Binnenwanderung aus strukturschwachen Gebieten in die Städte statt (AA 9.2018c).

Das Geschäftsklima in Albanien hat sich 2018 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, sagen albanische Wirtschaftsexperten unter Bezugnahme auf Daten, die im aktuellen Bericht der Weltbank "Doing Business 2018" veröffentlicht wurden. In diesem Bericht belegte Albanien den 65. Platz und hat dabei sieben Positionen gegenüber dem 58. Platz unter den 190 Ländern im vergangenen Jahr verloren (VB 24.1.2019).

Quellen:

(…)

19.      Medizinische Versorgung

Die albanische Verfassung von 1998 garantiert den Bürgern ein Anrecht auf eine staatliche Gesundheitsversorgung und Gesundheitsversicherung. Das Budget für das Gesundheitswesen beträgt in den letzten Jahren zwischen 5,3% und knapp 6% des Bruttosozialproduktes. Im Rahmen einer Gesetzesanpassung wurde aus dem Krankenversicherungsinstitut ein Obligatorischer Krankenversicherungsfonds FSS (Fondi i Sigurimeve Shëndetësore - Health Insurance Fonds HIF). FFS-Versicherte profitieren unter anderem, falls das Referenzsystem eingehalten wird, von einer Gratisversorgung in den staatlichen medizinischen Einrichtungen, Hausbesuchen, wenn die medizinischen Einrichtungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbständig aufgesucht werden können, Behandlungsmöglichkeiten bei privaten Vertragspartnern, vollständigen Kostenübernahmen bei Medikamenten, respektive von Kostenbeteiligungen bis zu 50% bei Medikamenten. Auch bietet der FSS «Behandlungspakete» (Health services package) bei Dialysen, kardiologischen Untersuchungen, kardio-chirurgischen Interventionen, Nierentransplantationen und Hörprothesen sowie solche für ältere Menschen und Personen mit psychischen Problemen. Seit 1992 ist es in Albanien möglich, sich auch privat krankenversichern zu lassen. Die medizinische Versorgung ist im Wesentlichen dreistufig aufgebaut und umfasst staatliche und private Einrichtungen: die primäre Versorgungsstufe besteht aus 420 Einrichtungen. In ländlichen Regionen sind das Gesundheitszentren und mit diesen verbunden jeweils vier bis fünf «Gesundheitsposten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten