TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 W282 2209833-1

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Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

BFA-VG §52
B-VG Art133 Abs4
GVG-B 2005 §2 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §8a

Spruch


W282 2209833-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zl. XXXX zu A) zu Recht erkannt und zu B) beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird als unzulässig zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist (mittlerweile) volljährig, nicht österreichischer Staatsbürger und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, er ist afghanischer Staatsbürger und Asylwerber. Der BF stellte im Bundesgebiet am 28.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 29.05.2017 wurden er aufgrund seiner Minderjährigkeit in der Betreuungsstelle Ost (BS OST) in der Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Asylwerber untergebracht und in die Grundversorgung (GVS) des Bundes aufgenommen. Sie erhielten im Zuge Ihrer Einquartierung eine Ausfolgung der Hausordnung für Betreuungsstellen, in einer Ihm verständlichen Sprache.

3. In Folge verstieß der BF in den Jahren 2017 und 2018 teils erheblich und gröblich gegen die ihm zur Kenntnis gebrachte Hausordnung der zuständigen Bundes-Betreuungsstelle. Im Jahr 2017 erfolgten mehre Meldungen wegen Nachtruhestörungen. So verließ der BF wiederholt seine Unterkunft bzw. die Betreuungsstelle nach 22:00h und kehrte erst spätnachts zurück. Im September 2018 war der BF an einer Sachbeschädigung an der Hausfassade der Betreuungsstelle beteiligt. Im Juli 2018 war der in eine Auseinandersetzung mit einem anderen Asylwerber verwickelt, die zu gegenseitigen Körperverletzungen führte.

4. Am 13.03.2018 wurde der BF wegen dieser Verstöße vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) schriftlich ermahnt, dennoch erfolgten nach diesem Zeitpunkt weitere Vorfälle.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2018 wurde dem BF gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 die gewährte Grundversorgung teilweise eingeschränkt, indem ihm für 2 Monate das Taschengeld nicht gewährt wurde. Dieser Bescheid wurde dem BF am 22.10.2018 zugestellt.

6. Der Beschwerdeführer war bereits zuvor am 12.11.2018 aus dem Bundesgebiet freiwillig nach Großbritannien ausgereist, eine aufrechte Zustellvollmacht iSd ZuStG des BF liegt nicht vor und eine neue Zustellanschrift des BF ist dem BVwG nicht bekannt. Der BF ist seit 12.11.2018 im zentralen Melderegister abgemeldet.

7. Der BF erhob durch seinen (damaligen) ausgewiesenen Rechtsberater gegen diesen Bescheid am 16.11.2018 Beschwerde, verbunden mit einem Antrag auf Verfahrenshilfe.

8. Die Beschwerde wurde bei Bundesverwaltungsgericht am 21.11.2018 der GA W146 zugewiesen. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.02.2021 wurde die Rechtssache der GA W146 abgenommen und der GA W282 neu zugewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes. Einsicht genommen wurde weiters in das Melderegister, in das Strafregister sowie das Grundversorgungsregister.

3. rechtliche Beurteilung

Zu A)

Zur Beschwerdeabweisung:

§ 2 GVG-B 2005 lautet wie folgt:

Gewährung der Versorgung

§ 2. (1) Der Bund leistet Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§ 1 Z 5), wobei im Rahmen der Aufnahme in die Grundversorgung etwaige besondere Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen – so weit als möglich – berücksichtigt werden. Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren

1.zurückgewiesen oder

2. abgewiesen wurde, wenn der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,

bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind. Bei Führung von Konsultationen gemäß der Dublin – Verordnung oder bei zurückweisenden Entscheidungen gemäß § 5 AsylG 2005 können im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Stelle des betroffenen Bundeslandes, Fremde in Betreuungseinrichtungen des betroffenen Bundeslandes untergebracht werden und von diesen versorgt werden. § 6 Abs. 1 gilt sinngemäß.

(1a) Es besteht kein Anspruch auf Versorgung in einer bestimmten Betreuungseinrichtung des Bundes oder in einem bestimmten Bundesland. Bei Bedarf ist eine Verlegung von Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs. 1, die bereits in einer Betreuungseinrichtung des Bundes versorgt werden, in eine andere Betreuungseinrichtung des Bundes zulässig. Dem Asylwerber ist formlos mitzuteilen, in welcher Betreuungseinrichtung des Bundes (§ 1 Z 5) ihm künftig die Grundversorgung gewährt wird und es ist ihm die kostenlose Anreise zu dieser zu ermöglichen. Diesfalls ist der Asylwerber nicht mehr zum Aufenthalt in der Betreuungseinrichtung, in der ihm bisher Versorgung geleistet wurde, berechtigt.

(1b) Asylwerber gemäß Abs. 1, die Leistungen nach diesem Bundesgesetz beziehen, sind verpflichtet, aus ihrem sichergestellten Bargeld (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) zur Bestreitung der Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen an sie und an allfällige ihnen gegenüber unterhaltsberechtigte Familienangehörige (§ 2 Abs. 2 Z 22 AsylG 2005), soweit diese nicht selbst ausreichend Bargeld mit sich führen, verbunden sind, pro Tag und Person einen finanziellen Beitrag in Höhe des geltenden Kostenhöchstsatzes gemäß Art. 9 Z 1 der Grundversorgungsvereinbarung zu leisten. Eine Beitragspflicht für unterhaltsberechtigte Familienangehörige gemäß Satz 1 besteht jedoch nur insoweit, als das beim unterhaltspflichtigen Asylwerber sichergestellte Bargeld (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) über den in § 39 Abs. 1 BFA-VG festgelegten Höchstbetrag hinausgeht. Unterhaltspflichten und Unterhaltsberechtigungen bestimmen sich für Zwecke dieses Bundesgesetzes nach österreichischem Recht.

(1c) Übersteigt zum Zeitpunkt der Beendigung der Versorgung durch den Bund der sichergestellte Bargeldbetrag (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) den finanziellen Beitrag gemäß Abs. 1b, so ist der Differenzbetrag ohne unnötigen Aufschub dem Asylwerber oder dessen gesetzlichen Vertreter von Amts wegen gegen Bestätigung auszufolgen. Auf Antrag ist mit Bescheid festzustellen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Ausfolgung eines Differenzbetrages gebührt. Ein solcher Antrag ist bei sonstiger Unzulässigkeit binnen zwei Wochen ab der Ausfolgung des Differenzbetrages oder mangels einer solchen ab der Beendigung der Versorgung durch den Bund beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einzubringen.

(1d) Ist die Ausfolgung des Differenzbetrages gemäß Abs. 1c binnen sechs Wochen nach der Beendigung der Versorgung durch den Bund aus vom Asylwerber zu vertretenden Gründen nicht möglich, verfällt dieser zu Gunsten des Bundes.

(1e) Bezieht ein Asylwerber trotz Anspruch gemäß Abs. 1 keine Leistungen nach diesem Bundesgesetz, so ist das sichergestellte Bargeld (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) nach der Beendigung des Zulassungsverfahrens oder der Einstellung des Asylverfahrens (§ 24 AsylG 2005) – je nachdem, welcher dieser Zeitpunkte früher eintritt – ohne unnötigen Aufschub dem Asylwerber oder dessen gesetzlichen Vertreter von Amts wegen gegen Bestätigung auszufolgen. Auf Antrag, der binnen zwei Wochen ab Ausfolgung des sichergestellten Bargelds beim Bundesamt einzubringen ist, ist mit Bescheid festzustellen, dass die Höhe des nach Satz 1 ausgefolgten Bargeldbetrags jener des sichergestellten Bargeldbetrags (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) entspricht. Ist die Ausfolgung des sichergestellten Bargelds (§ 39 Abs. 1 oder 1b BFA-VG) binnen sechs Wochen nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt aus vom Asylwerber zu vertretenden Gründen nicht möglich, verfällt dieses zu Gunsten des Bundes.

(2) Asylwerbern und sonstigen Fremden nach Abs. 1 ist möglichst frühzeitig der Ort mitzuteilen, an welchem ihre Versorgung geleistet wird. Bei der Zuteilung ist auf bestehende familiäre Beziehungen, auf die besonderen Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen und auf ethnische Besonderheiten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Grundversorgung gemäß Abs. 1 ruht für die Dauer einer Anhaltung.

(4) Die Versorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs. 1, die

1. die Aufrechterhaltung der Ordnung durch grobe Verstöße gegen die Hausordnung der Betreuungseinrichtungen (§ 5) fortgesetzt oder nachhaltig gefährden oder

2. gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991 aus der Betreuungseinrichtung weggewiesen werden oder

3. innerhalb der Betreuungseinrichtung einen gefährlichen Angriff (§ 16 Abs. 2 und 3 SPG) gegen Leben, Gesundheit oder Freiheit begangen haben und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie werden einen weiteren solchen begehen,

kann von der Behörde eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Diese Entscheidung darf jedoch nicht den Zugang zur medizinischen Notversorgung beschränken.

(5) Die Grundversorgung von Asylwerbern und sonstigen Fremden gemäß Abs. 1, die wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden sind, die einen Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 darstellen kann, kann eingeschränkt, unter Auflagen gewährt oder entzogen werden. Abs. 4 letzter Satz gilt.

(6) Der Entscheidung, die Versorgung nach Abs. 4 oder 5 einzuschränken oder zu entziehen, hat eine Anhörung des Betroffenen, soweit dies ohne Aufschub möglich ist, voranzugehen. Die Anhörung des Betroffenen ist insbesondere nicht möglich, wenn er zwar zur Anhörung geladen wurde, jedoch zu dieser nicht erscheint oder wenn sein Aufenthalt unbekannt ist.

(7) Ein Fremder ohne Aufenthaltsrecht, dessen Asylantrag im Zulassungsverfahren abgewiesen wurde, verliert im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG den Anspruch auf Versorgung durch den Bund gemäß Abs. 1, sofern das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung mit Beschluss gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkennt. Wirkt der Fremde an der freiwilligen Ausreise mit, lebt der Anspruch auf die Versorgung durch den Bund nach Abs. 1 für die Dauer der Mitwirkung bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Ausreise wieder auf.

Wie aus dem Sachverhalt und dem Akteninhalt hervorgeht, hat der BF mehrfach und wiederholt Übertretungen der Hausordnung unter denen auch zahlreiche grobe Verstöße wie eine Sachbeschädigung an der Fassade einer Betreuungseinrichtung und eine körperliche Auseinandersetzung mit einem anderen Asylwerber, die zu gegenseitigen Körperverletzungen (§ 83 StGB) führte, begangen. Die Verstöße gegen die Hausordnung begannen bereits im Jahr 2017 nach Beginn seiner Unterbringung und hielten auch nach einer im März 2018 erfolgten schriftlichen Ermahnung des Bundesamtes an. Tatsächlich setzte der BF seine gröbsten Verstöße im Jahr 2018 nach der ihm zugegangen schriftlichen Ermahnung.

Das BVwG schließt sich daher der Wertung des Bundesamtes an, dass diese groben Verletzungen der Hausordnung trotz bereits erfolgter Ermahnung dazu geeignet waren, die Aufrechterhaltung der Ordnung nachhaltig zu gefährden, wobei eben dieses Verhalten des BF letztlich auch zur körperlichen Auseinandersetzung mit einem anderen Asylwerber führte.

Somit liegen hinsichtlich des BF die Voraussetzungen für eine Einschränkung der Grundversorgungsleistungen gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 u. 3 GVG-B 2005 jedenfalls vor. Die vom Bundesamt verhängt bloß teilweise Einschränkung der Grundversorgung durch Entzug des Taschengeldes für die Dauer von 2 Monaten um den BF zu einem hausordnungstreuen Verhalten anzuhalten, erweist sich im Gegenteil zum Beschwerdevorbringen auch als keineswegs unverhältnismäßig, ist doch hierdurch die Deckung seiner Grundbedürfnisse (Kost & Logis, medizinische Versorgung) nicht gefährdet.

Die Beschwerde bringt hierzu lediglich vor, ein klärendes Gespräch hätte hier auch ausgereicht, weil der BF noch minderjährig gewesen sei. Dem kann sich das BVwG angesichts der Häufung der Vorfälle vor allem nach der schriftlichen Ermahnung nicht anschließen. Auch das Argument, das Unionsrecht, insb. die AufnahmeRL verbiete einen gänzlichen Entzug der Grundversorgung, geht ggst. ins Leere, weil dem BF diese gar nicht gänzlich entzogen wurde, sondern bloß eine Teilleistung, die nicht der Deckung seiner elementarsten Grundbedürfnisse wie Quartierstellung, medizinische Versorgung und Verköstigung dient, für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum eingeschränkt wurde. Es wurde dem BF die Grundversorgung somit nicht gänzlich entzogen, sondern nur die gemäß Art. 6 Abs. 1 Z 3 der Grundversorgungsvereinbarung - Art. 15a B-VG zu erbringende Leistung des Taschengeldes für 2 Monate in angemessener und verhältnismäßiger Art und Weise eingeschränkt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 2 Abs. 4 Z 1 u. 3 GVG-B 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu B):

Zur Zurückweisung des Verfahrenshilfeantrags:

§ 8a VwGVG lautet wie folgt:

Verfahrenshilfe

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei

Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(.. )

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind.

Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen. ( )"

Der mit "Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht" betitelte § 52 BFA-VG lautet auszugsweise wie folgt:

§ 52.

„(1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG, §§ 19, 76 bis 78 AVG, §§ 46 Abs. 2 bis 2b, 60 Abs. 1 und 2, 69 Abs. 2, 88 bis 94 FPG und nach dem VVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG, schriftlich darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben ihre Beratungstätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen und den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten. Im Fall der Erlassung eines Schubhaftbescheides bezieht sich die Beratung und Vertretung durch den Rechtsberater auch auf die unmittelbar vorangegangene Festnahme und Anhaltung nach diesem Bundesgesetz.“
In den Erläuternden Bemerkungen zu § 8a VwGVG werden insbesondere die folgenden Ausführungen getroffen:

"Der vorgeschlagene § 8a Abs. 1 Einleitung sieht vor, dass die Bewilligung der Verfahrenshilfe nach dieser Bestimmung zu erfolgen hat, "[s]soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist". Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht.

So sieht etwa § 52 des BFA-Verfahrensgesetzes – BFA-VG vor, dass einem Fremden oder Asylwerber in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten ein Rechtsberater beigegeben wird; diese Bestimmung entspricht den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt der vorgeschlagene § 8a daher (überhaupt) nicht zur Anwendung. Die Subsidiarität des vorgeschlagenen § 8a hat auch zur Folge, dass gesetzliche Bestimmungen, die einen entsprechenden Inhalt aufweisen, mit dem Inkrafttreten des vorgeschlagenen Bundesgesetzes nicht außer Kraft treten.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden.

Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien.

Insofern wurde durch den Gesetzgeber klargestellt, dass die Rechtsberatung als spezielle Ausgestaltung der Verfahrenshilfe im asyl- und fremdenrechtlichen Bereich anzusehen ist und eine Anwendung des § 8a VwGVG aufgrund der ausdrücklich normierten Subsidiarität jener Bestimmung gegenüber Spezialnormen – etwa den hier einschlägigen Bestimmungen über die Rechtsberatung – sohin ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Verfahren wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 52 BFA-VG von Amts wegen ein kostenloser Rechtsberater beigegeben, mit dessen Unterstützung auch die vorliegende Beschwerdeschrift eingebracht wurde. Zudem liegt fallgegenständlich ein gewillkürtes Vertretungsverhältnis mit der angesprochenen Rechtsberatungsorganisation vor. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass bereits durch die Bestellung eines Rechtsberaters und im Hinblick auf dessen in § 52 Abs. 2 BFA-VG geregelten Aufgabenbereich eine zweckmäßige und ausreichende Wahrung der Interessen der beschwerdeführenden Partei auch nach Maßgabe unionsrechtlicher Bestimmungen gewährleistet ist (vgl VfGH 9.3.2016, E 2588/2015-11).

Aufgrund der Nichtanwendbarkeit des § 8a VwGVG im Anwendungsbereich des BFA-VG respektive den bezughabenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und mangels eines darüber hinausgehenden unionsrechtlichen Anspruchs war der Antrag auf Verfahrenshilfe daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Zu C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Einschränkung Grundversorgung Hausordnung Verfahrenshilfe Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2209833.1.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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