TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 W281 2220298-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §67
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W281 2220298-1/34E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.02.2021, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht:

A)

I. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Spruchpunkt I. behoben und dieser gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG durch folgenden Spruchpunkt ersetzt:

"I.) Gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG werden Sie aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.“

II. Im Übrigen wir die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein serbischer Staatsangehöriger, heiratete am 03.06.2016 eine bulgarische Staatsangehörige, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich in Anspruch genommen hatte. Im Hinblick darauf wurde ihm am 09.06.2016 eine bis 09.06.2022 gültige Aufenthaltskarte ausgestellt.

2. Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 17.07.2018, rechtskräftig am 20.07.2018, XXXX , wurde der BF wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 30.04.2019, Zl. XXXX , wurde gegen den BF mit Bezug auf die obangeführte strafgerichtliche Verurteilung gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde ausgeführt, dass der BF von einem Landesgericht wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden sei und dass er aufgrund seines strafbaren Verhaltens in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Eine positive Zukunftsprognose habe beim BF nicht erstellt werden können. Der vom BF eingestandene Umstand, die Straftat sei eine reflexartige Reaktion auf Provokationen auf seine Person zurückzuführen gewesen, stelle vor dem Hintergrund der damit zum Ausdruck kommenden Unvorhersehbarkeit solcher Ausbrüche im Kontext unvermeidbarer Reibungspunkte im gesellschaftlichen Zusammenleben, ein die Sicherheit und Ordnung in Österreich gefährdendes Moment dar. Dies deute nämlich auf ein nicht rational gesteuertes, sondern rein emotional gewaltorientiertes Konfliktmanagement des BF hin; er wäre durchaus in der Lage gewesen, sich selbst aus dieser Situation zu entfernen. Zudem habe der BF seinen Aufenthaltstitel nur deswegen erhalten, weil er eine EWR-Bürgerin geehelicht habe, von welcher er mittlerweile geschieden sei. Im Zuge der Beantragung seines Aufenthaltstitels sei er darüber belehrt worden, dass er eine Scheidung unverzüglich bei der „NAG-Behörde“ zu melden habe. Entgegen dieser Bestimmung habe er seine Scheidung der zuständigen Behörde jedoch nicht gemeldet und er habe auch keinen Zweckänderungsantrag gestellt.

4. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.04.2020, GZ: W281 2220298-1/4E, ersatzlos behoben. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung zusammengefasst damit, dass der BF, dem eine Dokumentation seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt worden sei, selbst nach dem Wegfall ihrer Voraussetzungen (Stichwort: Ehescheidung) bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig bleibe. In einer solchen Konstellation sei gemäß § 55 NAG zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Form einer Ausweisung nach § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG vorlägen. Da der BF seit 2016 durchgehend im Bundesgebiet erwerbstätig sei und er nur eine einzige Straftat begangen habe, die er gestanden habe und die am untersten Ende des Strafrahmens sanktioniert worden sei, sei bei Gesamtbetrachtung seines Verhaltens das Vorliegen einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft iSd § 67 Abs. 1 FPG berühre und somit die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertige, zu verneinen. Die Gefährdungsprognose falle somit zugunsten des BF aus.

5. Gegen dieses Erkenntnis erhob das Bundesamt binnen offener Frist gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 6 Z 2 B-VG eine außerordentliche Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden auch: VwGH). Dabei wurde zunächst eingeräumt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seines Entscheidungsspielraumes vertretbar angenommen habe, dass vom BF keine Gefährdung ausgehe, welche die Erlassung eines Aufenthaltsverbots rechtfertige. Das Bundesverwaltungsgericht hätte in einem nächsten Schritt jedoch prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung, bei der es sich dem Aufenthaltsverbot gegenüber um ein „Minus“ handle, vorlägen. Nur wenn auch deren Voraussetzungen fehlten, erschiene die ersatzlose Aufhebung des vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bescheides als rechtmäßig.

6. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2020, Ra 2020/21/0196-11, wurde das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.04.2020 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, und dies folgendermaßen begründet:

„Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass eine Ausweisung als Teil eines Aufenthaltsverbotes, das aus einer Ausreiseverpflichtung und der Verpflichtung besteht, innerhalb des festgelegten Zeitraums (oder auf Dauer) nicht zurückzukehren, gegenüber dem Aufenthaltsverbot nicht ein Aliud, sondern ein Minus darstellt (vgl. dazu etwa VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349, Rn. 8, unter Hinweis auf VwGH 20.12.2007, 2004/21/0328). Die (von der Amtsrevision unbeanstandet gebliebene) Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber dem Mitbeteiligten hätte somit, was das BVwG in seiner Entscheidungsbegründung selbst andeutet, die Prüfung des Vorliegens der Tatbestandserfordernisse für die Erlassung einer (von der erstinstanzlichen Entscheidung des BFA - wie gesagt - umfassten) Ausweisung nach § 66 FPG nach sich ziehen müssen. Dabei ist anzumerken, dass das BVwG offenkundig - ungeachtet des Fehlens einer aktuellen Meldung des Mitbeteiligten im Bundesgebiet - nicht davon ausgegangen ist, dieser sei im Zuge des Beschwerdeverfahrens ausgereist (zu einer solchen Konstellation siehe VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0237, Rn. 12). Die ersatzlose Behebung des auf § 67 FPG gestützten Aufenthaltsverbotes (ohne weitere Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung nach § 66 FPG und damit ohne vollständige Erledigung des Gegenstandes des Beschwerdeverfahrens) widerspricht somit der Rechtslage.“

Das Verfahren ist dadurch neuerlich in den Stand der Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht getreten.

7. In der Folge wurde der BF vom Bundesverwaltungsgericht darum ersucht, bekannt zu geben, ob, und wenn ja, wann und wie oft er seit 07.06.2019 (Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung) das Bundesgebiet verlassen hat bzw. wie oft er wieder zurückgekehrt ist. Zudem wurde um Vorlage einer vollständigen Kopie seines Reisepasses gebeten. Dieser Aufforderung wurde entsprochen.

8. Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 08.01.2021 und (wiederholt) vom 13.01.2021 wurden die vom BF zuvor bekannt gegebenen Daten betreffend seine Ein- und Ausreise der belangten Behörde gegenüber mitgeteilt, und diese gleichzeitig darüber informiert, dass, sofern sich, wie vom BF bekannt gegeben, in der Beschwerdeverhandlung bewahrheiten sollte, dass er während des laufenden Beschwerdeverfahrens ausgereist sei, nach Ansicht des zur Entscheidung berufenen Gerichts, die zu prüfende Ausweisung gleichsam als „konsumiert“ zu betrachten sein könnte. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne keine Ausweisung verhängt werden, da es sonst zur Verhängung einer „Ausweisung auf Vorrat“ komme.

9. Am 25.01.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Stellungnahme des Bundesamtes ein. Darin wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt worden sei, selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig bleibe. Ausgehend davon komme dem BF aufgrund seiner nach wie vor gültigen Aufenthaltskarte ein Aufenthalts- und Einreiserecht zu, obwohl er die Voraussetzungen nicht mehr erfülle. In einem solchen Fall sei nach § 55 Abs. 3 NAG vorzugehen und würde erst durch die mit Ende dieses Verfahrens erlassenen aufenthaltsbeendende Maßnahme die Dokumentation des (nicht mehr bestehenden) unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ungültig werden. Dass sich der Fremde während dieses Verfahrens im Ausland befinde, stehe dem nicht entgegen. Die gegenständliche Konstellation sei auch nicht mit der vom Bundesverwaltungsgerich in der Verfügung vom 13.01.2021 angeführten Judikatur vergleichbar, in der die Ausweisung nicht die notwendige Voraussetzung für die Beendigung eines Aufenthaltsrechts gewesen sei. Sollte sich der BF im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde in Österreich befinden, wäre außerdem die Rechtsprechung zur „Ausweisung auf Vorrat“ jedenfalls nicht anwendbar, da diese nur dann zur Anwendung gelange, wenn sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Ausweisung rechtswidrig in Österreich aufhalte. Die jedenfalls zu prüfende Ausweisung könne durch die zwischenzeitliche Ausreise auch nicht „konsumiert“ worden sein, da nur eine rechtskräftige Ausweisung konsumiert werden könne.

10. Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt, welche wegen Vollmachtauflösung des Vertretungsverhältnisses zwischen dem BF und seiner ursprünglichen Rechtsvertretung, vom 11.01.2021 auf den 16.02.2021 verlegt wurde. Zur mündlichen Verhandlung erschienen der BF und seine Vertretung sowie das Bundesamt. Der Einvernahme des BF wurde ein Dolmetscher für die serbische Sprache beigezogen. Im Rahmen der Verhandlung wurden u.a. auch die Quellen der zu Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan.

11. Am 22.02.2021 langte eine Stellungnahme des BF ein, worin mit Verweis auf die in § 66 FPG angeführte Einschränkung „es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden“, auf die langjährige und auch aktuelle Berufstätigkeit des BF im Bundesgebiet hingewiesen wurde, welche seiner Ausweisung entgegenstehe. Zudem wurde vorgebracht, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dazu gehalten wäre, sich in Serbien erneut ein Leben aufzubauen, was angesichts der vorherrschenden COVID-19 Situation und der dadurch verstärkt angespannten Arbeitsmarktsituation eine besondere Herausforderung darstelle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des BF:

Der BF ist serbischer Staatsbürger, seine Identität steht fest.

Er ist geschieden, (aktuell) ledig und kinderlos.

Seine Muttersprache ist Serbisch. Er wuchs in Serbien auf, besuchte dort für 8 Jahre die Grundschule und für vier Jahre eine höhere technische Schule.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich vorbestraft; er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17.07.2018, rechtskräftig am 20.07.2018, XXXX , wegen schwerer Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dem Urteil liegt zugrunde, dass der BF dem Opfer nach einem Streit in einem Lokal mit der Faust ins Gesicht schlug und diesem dadurch eine Nasenbeinfraktur mit Dislokation der Bruchenden zufügte. Bei der Strafbemessung wurde die bisherige Unbescholtenheit des BF sowie sein umfassendes und reumütiges Geständnis als mildernd gewertet, erschwerend demgegenüber kein Umstand. Ein Vorgehen nach den §§ 198, 199 StPO war nicht möglich, da die ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet hat bzw. weil ein hoher Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Angeklagten) gegeben war; es fehlten somit die Voraussetzungen für eine Diversion.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. zum Aufenthalt des BF in Österreich:

Der BF hielt sich erstmals im Jahr 2015 in Österreich auf. Nach Überschreitung der Dauer des für serbische Staatsangehörige erlaubten dreimonatigen visumfreien Aufenthaltes war er gezwungen, das Bundesgebiet wieder zu verlassen.

Im Juni 2016 reiste er erneut in das Bundesgebiet ein, um am 03.06.2016 in Österreich eine namentlich bekannte bulgarische Staatsbürgerin zu ehelichen. Daraufhin stellte er am 09.06.2016 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als „Angehöriger einer EWR-Bürgerin“, die am selben Tag erstellt wurde und bis zum 09.06.2022 gültig ist.

Die Ehe wurde am 28.11.2017 einvernehmlich geschieden, da die eheliche Lebensgemeinschaft bereits seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben war. Der BF unterließ hinsichtlich seiner Scheidung eine erforderliche Meldung an die zuständige NAG-Behörde und brachte auch bis dato keinen Zweckänderungsantrag seines Aufenthaltstitels ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.04.2019 wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt.

Während offenen Beschwerdeverfahrens verließ er am 22.06.2019 das österreichische Bundesgebiet. Die Wiedereinreise erfolgte Mitte August 2020; in der Zwischenzeit hielt sich der BF vorwiegend in Serbien auf.

Der BF war von 12.07.2016 bis 19.06.2019 (fast durchgehend) im Bundesgebiet als Arbeiter (in der Baubranche) beschäftigt. In gewissen Zeiträumen hat er auch Arbeitslosengeld bezogen. Nach seinem längerfristigen Aufenthalt im Ausland, geht der BF erneut einer laufenden Beschäftigung in Österreich nach; dies seit 25.08.2020. Der BF ist kranken- und unfallversichert.

Im österreichischen Bundesgebiet lebt ein Onkel des BF, mit welchem weder ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis noch (aktuell) ein gemeinsamer Haushalt besteht. Seinen Angaben zufolge lebt der BF seit etwa zwei Monaten bei einem Freund aus Serbien; er ist dort nicht gemeldet.

Der BF hat in Österreich ein soziales Netzwerk und (aktuell) eine Freundin.

Er ist kein Vereinsmitglied und auch nicht ehrenamtlich engagiert.

Er spricht kaum Deutsch. Einfachste Fragen, z.B., wie er heißt, kann er beantworten, ansonsten ist eine Verständigung nur über einen Dolmetscher möglich. Sprachkurse wurden von ihm zu keiner Zeit besucht. Mit seinen Arbeitskollegen unterhält er sich auf Serbisch, Kroatisch oder Bosnisch.

Der BF hat Schulden in der Höhe von etwa. 10.000,- EUR, in Form eines Kredites.

1.3. Zu den Beziehungen zum Herkunftsstaat:

Im Heimatland leben die Eltern und Geschwister des BF, sowie weitere Verwandte. Zu diesen hat er regelmäßig (telefonischen) Kontakt und er besucht diese auch; zuletzt während seines Aufenthaltes in Serbien vom 23.12.2020 bis 10.01.2021.

Der BF ist in Serbien aufgewachsen und hat dort die Schule besucht (siehe 1.1.).

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

1.4.1. Serbien ist ein sicherer Herkunftsstaat.

Politische Lage:

Die Volksvertretung in der Republik Serbien ist ein Einkammerparlament (Narodna skupština, 250 Abgeordnete). Vorgezogene Parlamentswahlen fanden zuletzt am 24.4.2016 statt. Stärkste Kraft ist erneut die Liste der proeuropäischen Serbischen Fortschrittspartei SNS (sie spaltete sich 2008 von der Serbischen Radikalen Partei SRS ab; zusammen mit kleineren Parteien wie der SNP 105 Mandate) gefolgt von der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS, 22 Mandate). Die oppositionelle proeuropäische Demokratische Partei (DS, 15 Mandate mit einem kleinen Partner) ist seit der Abspaltung einer Gruppe um den ehemaligen Staatspräsidenten Boris Tadi? 2014 deutlich geschwächt. Einige Oppositionsparteien haben sich in der „Allianz für Serbien“ zusammengeschlossen. Sie unterstützen die seit 8. Dezember anhaltenden Demonstrationen in zahlreichen Städten des Landes, die sich gegen Missstände und die Politik der Regierung richten. Aleksandar Vucic (SNS) ist der Präsident und Ministerpräsidentin der R. Serbien ist die parteilose Ana Brnabic (AA 3.5.2019a).

Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben (Der Europäische Rat 27.6.2019).

Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können (Handelsblatt 26.4.2019).

Sicherheitslage:

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Rechtsschutz / Justizwesen:

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Sicherheitsbehörden:

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2020).

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“ (BICC 6.2019).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).

Korruption:

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24 (LIPortal 6.2019).

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern (TI 2018).

Allgemeine Menschenrechtslage:

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz.

Grundversorgung / Wirtschaft:

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

Ggf.: Sozialbeihilfen:

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

Covid-19 Pandemie:

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).

Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

• Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

• Keine Ausgangssperren

• Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke• Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

• Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 37

• Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

• Kinos und Theater bleiben geschlossen

• Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

• Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

1.4.2. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.

In Österreich gab es mit Stand 23.03.2021 511.662 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8.836 Todesfälle (https://covid19.who.int/region/euro/country/at); in Serbien wurden zu diesem Zeitpunkt 551.128 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 4.934 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/euro/country/rs).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf.

2. Beweiswürdigung

Der obangeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus dem vom BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck. Einsicht genommen wurde in das Zentrale Melderegister, in das Strafregister sowie in das GVS-Informationssystem, AJ WEB und IZR.

2.1. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zur Identität des BF, zu seinen persönlichen, familiären Verhältnissen, zu seinen Sprachkenntnissen und zu seiner Schulbildung beruhen auf den entsprechenden Angaben in seiner Stellungnahe vom 14.08.2018 sowie auf den von ihm gemachten Angaben im Rahmen der am 16.02.2021 anberaumten Beschwerdeverhandlung.

Die Verurteilung des BF wegen schwerer Körperverletzung geht aus einem Auszug aus dem Strafregister, einem im Akt einliegenden Abschlussbericht einer Landespolizeidirektion vom 12.03.2018 sowie der gekürzten Urteilsausfertigung eines Landesgerichts vom 17.07.2018 hervor (AS 105).

Die Feststellung, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, beruht darauf, dass er im gesamten Verfahren nichts Gegenteiliges behauptete und er (aktuell) einer Beschäftigung nachgeht. Dies ergibt sich auch aus einem AJ-Web Auszug (OZ 31, Beilage I./ der Niederschrift).

2.2. zum Aufenthalt des BF in Österreich:

Die Feststellung, wonach der BF erstmals im Jahr 2015 nach Österreich einreiste und das Bundesgebiet nach Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthaltes verlassen musste, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben während der mündlichen Verhandlung (OZ 31, S. 6 der Niederschrift). Er war auch 2015 zeitweise mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet (OZ 33).

Dass der BF im Juni 2016 erneut in das Bundesgebiet einreiste, um anschließend seine damalige Ehefrau zu heiraten, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben in Zusammenschau mit der in Vorlage gebrachten Heiratsurkunde (AS 67) und einem aktuellen Auszug des Zentralen Melderegisters (ZMR; OZ 33).

Dass er am 09.06.2016 die Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin beantragte, die am selben Tag erstellt und bis zum 09.06.2022 gültig ist, ist dem im Akt einliegenden entsprechenden Antrag zu entnehmen (AS 59).

Die Feststellungen zur Ehescheidung beruhen auf einem ebenso im Akt befindlichen Scheidungsbeschluss eines Bezirksgerichts vom 28.11.2017 (AS 171).

Aus dem Verwaltungsakt geht hervor, dass es der BF verabsäumte, seine Scheidung an die zuständige NAG-Behörde zu melden bzw. dass er keinen Zweckänderungsantrag seinen Aufenthaltstitel betreffend einbrachte; dies ist unbestritten (OZ 31, S. 9 der Niederschrift) und geht auch aus einem aktuellen Auszug aus dem Fremdenregister hervor (OZ 33). Sofern der BF angibt, dass es ihm nicht bewusst gewesen sei, seine Scheidung bei der zuständigen Behörde melden zu müssen, ist darauf hinzuweisen, dass er bei Antragstellung auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte ausdrücklich über diese Obliegenheit belehrt wurde (AS 61).

Die Feststellung betreffend den Bescheid des Bundesamtes vom 30.04.2019 (vgl. hierzu auch den Verfahrensgang unter I.) ergibt sich ebenso zweifelsfrei aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

Dass der BF am 22.06.2019 das österreichische Bundesgebiet verließ und seit August bzw. September 2020 erneut hier aufhältig ist, ergibt sich aus dem vorgelegten Schreiben des BF betreffend seine Ein- und Wiederausreisezeiten (OZ 17), einer Kopie seines Reisepasses (OZ 31, Beilage ./IV), einer aktuellen ZMR-Abfrage (OZ 33) und den diesbezüglichen Angaben des BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung (OZ 31, S. 7 bis 8 der Niederschrift). Dass sich der BF während des Zeitraumes von Juni bzw. Juli 2019 bis August bzw. September 2019 vorwiegend in Serbien aufhielt, wurde von ihm ausdrücklich kundgetan (OZ 31, S. 8 der Niederschrift).

Die Feststellungen hinsichtlich seiner Beschäftigungszeiten in Österreich basieren auf einem Sozialversicherungsauszug des AJ-Webs (OZ 31, Beilage ./I).

Die Feststellung zum in Österreich aufhältigen Onkel des BF und zu seiner Beziehung zu diesem, beruhen auf den Angaben des BF (OZ 31, S. 12 der Niederschrift). Sofern aus einer Abfrage des ZMR hervorgeht (OZ 33), dass der BF an derselben Adresse wie sein Onkel wohnhaft ist, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass der BF während seiner mündlichen Einvernahme ausdrücklich erklärte, dass dies nicht (mehr) zutreffe; er wohne seit etwa zwei Monaten bei einem Freund und er hätte es bloß arbeitsbedingt verabsäumt, eine Ummeldung seines Wohnsitzes vorzunehmen (OZ 31, S. 7 der Niederschrift).

Die Feststellung, wonach der BF über soziale Kontakte in Österreich verfügt sowie (aktuell) eine Freundin hat, beruht auf seinem Vorbringen im Zuge seiner mündlichen Einvernahme (OZ 31, S. 10 und 14 der Niederschrift).

Die Feststellungen zu den deutschen Sprachkenntnissen des BF ergeben sich aus dem in der Verhandlung gewonnenen Eindruck. In der Verhandlung war eine Verständigung praktisch ausschließlich nur über den Dolmetscher möglich (vgl. OZ 31, S. 12 bis 13 der Niederschrift).

Die Feststellung, wonach der BF bis dato keinen Sprachkurs besuchte und mit seinen Arbeitskollegen hauptsächlich in slawischen Sprachen kommuniziert, ergibt sich wiederum aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (OZ 31, S. 13 der Niederschrift); dasselbe gilt hinsichtlich der Feststellung zu seinen Schulden (OZ 31, S. 16 der Niederschrift).

2.3. Zu den Beziehungen zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu seinen familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat ergeben sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung; selbiges gilt für die Feststellung, wonach er zu seinen dort lebenden Verwandten auch regelmäßigen Kontakt pflegt. So hat er während der Verhandlung erklärt, mit seiner in Serbien aufhältigen Familie etwa alle zwei Tage zu telefonieren und diese in der Vergangenheit, wenn er sich von der Arbeit Urlaub genommen habe, auch jeweils für zwei bis drei Wochen (OZ 31, S. 11 der Niederschrift) in Serbien besucht zu haben; zuletzt war er von 23.12.2020 bis 10.01.2021 in Serbien auf Urlaub (OZ 31, S. 6, 7 und 11 der Niederschrift). Auf die Frage, wo er wohne, wenn er nach Serbien fahre, gab er an, diesfalls im Familienhaus mit seinem Vater und seinem Bruder Unterkunft zu nehmen (OZ 31, S. 8 der Niederschrift).

Dass er in Serbien aufgewachsen und die Schule besucht hat, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben (OZ 31, S. 10 der Niederschrift).

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellung, dass Serbien ein sicherer Herkunftsstaat ist ergibt sich aus § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftstaten-Verordnung- HStV), BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 145/2019.

Die Feststellungen zur Lage in Serbien ergeben sich allesamt aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Serbien mit Teilaktualisierung am 05.06.2020, Beilage ./II, das als Beweismittel herangezogen wird. Der BF gab hierzu keine Stellungnahme ab. Zur Frage, was ihm konkret passieren würde, wenn er wieder in Serbien wäre, erklärte er lediglich „Ich müsste alles neu beginnen. Arbeit suchen“, das Vorliegen sonstiger Probleme, wurde von ihm explizit verneint (OZ 31, S. 16 der Niederschrift).

Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A)

3.1. Behebung des Aufenthaltsverbotes und Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet

3.1.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lauten:

Der mit "Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern" betitelte § 52 NAG lautet:

"§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesem Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesem Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1."

Der mit "Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers" betitelte § 54 NAG lautet (auszugsweise):

„§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

…“

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

3.1.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

…"

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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