TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/26 W215 2169759-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.03.2021

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W215 2169759-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Kasachstan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2020, Zahl 1025202807-191266850, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 55 Abs. 1 Asyl, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, und 58 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die gegenständliche, fristgerecht am 25.05.2020 eingebrachte, Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2020, Zahl 1025202807-191266850, in welchen der am 11.12.2019 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG gemäß
§ 58 Abs. 9 AsylG als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführerin, welche angeblich Staatsangehörige der Republik Kasachstans sein soll, angibt der Volksgruppe der Ukrainer anzugehören und christlich-orthodoxen Glaubens zu sein, legte zu ihrem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Heilungsantrag auf Ausstellung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, ein Deutschprüfungszertifikat A2, eine Bestätigung über GVS Leistungsbezüge und ein Zeugnis der Integrationsprüfung A2 vor. Die Beschwerde verwies zudem auf eine bereits seit 31.08.2017 im Bundesverwaltungsgericht anhängige Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zahl 1025202807-14790389, in welchen der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin vom 14.07.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß
§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan (Spruchpunkt II.) abgewiesen worden war (Anmerkung: Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde richtete sich ausdrücklich nicht gegen Spruchpunkt III. in welchem die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG gemäß § 9 Abs 2 und 3 BFA-VG auf für Dauer unzulässig erklärt wurde, weshalb dieser bereits in Rechtskraft erwachen war).

Während der zu den beiden Beschwerdeverfahren am 22.02.2021 durchgeführten Beschwerdeverhandlung zog die Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 27.07.2017, Zahl 1025202807-14790389, zurück, weshalb dieses Beschwerdeverfahren mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes, Zahl W215 2169759-1/11E, noch am selben Tag gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

a) Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin stehen nicht fest. Die gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführerin bezieht seit Juli 2014 laufend Bezüge aus der Grundversorgung.

b) Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich:

Die Beschwerdeführerin ist die Mutter der am XXXX in Österreich geborenen XXXX , welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zahl 170141744, gemäß § 3 AsylG - im Familienverfahren abgeleitet vom Status ihres Vaters – ebenfalls der Status des Asylberechtigen zuerkannt wurde. Der Tochter wurde in Folge am XXXX ein Konventionsreisepass XXXX ausgestellt. Dieses minderjährige, asylberechtigte Kind lebt mit der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt und hat den Lebensmittelpunkt in Österreich. Die Beschwerdeführerin eine A2 Deutschprüfung sowie eine Integrationsprüfung A2 bestanden.

c) Zur Erteilung des Aufenthaltstitels:

Im rechtskräftigen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zahl 1025202807-14790389, wurde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG gemäß § 9 Abs 2 und 3 BFA-VG auf für Dauer unzulässig erklärt.

Am 11.12.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG aus Gründen des Artikel 8 EMRK, der mit Schreiben vom 10.12.2019 auf Ausstellung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs 1 AsylG konkretisierte wurde.

Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2020, Zahl 1025202807-191266850, wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG gemäß
§ 58 Abs. 9 AsylG als unzulässig zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

a) Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Identität und tatsächliche Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin können mangels Vorlage Identitätsdokumente mit Lichtbild nicht festgestellt werden. Dass die Beschwerdeführerin gesund und arbeitsfähig ist, aber immer noch Leistung aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Lauf des Verfahrens und einem im Beschwerdeakt einliegenden Auszug des Grundversorgungs-Informationssystems.

b) Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich:

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich beruht auf dem Vorbringen im Verfahren und den vorgelegten Unterlagen sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister) und ihren schriftlichen Stellungnahmen samt vorgelegten Unterlagen. Die Beschwerdeführerin, deren Identität und Staatsangehörigkeit nicht feststehen, konnte die Verwandtschaft zu ihrer Tochter durch Vorlage deren Geburtsurkunde glaubhaft machen. Dass der Tochter - im Familienverfahren abgeleitet vom Status ihres Vaters – ebenfalls der Status des Asylberechtigen zuerkannt wurde ergibt sich aus der vorgelegten Kopie des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zahl 170141744. Die Feststellungen, wonach die Beschwerdeführerin eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 bestanden hat ergibt sich aus einem vorgelegten Zertifikat; das gilt auch für die bestandene Integrationsprüfung auf Sprachniveau A2.

c) Zur Erteilung des Aufenthaltstitels:

Die Feststellungen ergeben sich aus den erstinstanzlichen Akten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG hat das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 3 AsylG im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, werden Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt als:

1.       „Aufenthaltsberechtigung plus“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,

2.       „Aufenthaltsberechtigung“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,

3.       „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar (§ 54 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012).

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen (§ 55 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87 /2012).

Gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2017 (IntG), in der Fassung BGBl. I Nr. 41/2019, ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019)
3.         über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4.         einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5.         als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Dass bei der Beschwerdeführerin ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, welches das Zusammenleben der Familie schützt, und ein Privatleben, welches dem Einzelnen einen Bereich zusichert, innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen kann, wurde bereits im rechtskräftigen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zahl 1025202807-14790389, ausführlich dargelegt.

Nachdem bei der Beschwerdeführen somit die Voraussetzungen des
§ 55 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegen, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 58 Abs. 7 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, auszufolgen, welche gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen sind; die Beschwerdeführerin hat daran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, mitzuwirken.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W215.2169759.2.00

Im RIS seit

17.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten