Entscheidungsdatum
26.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W195 2125840-3/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2020, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.03.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Vorhergehende Verfahrensgänge:
I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte beim damaligen Bundesasylamt nach illegaler Einreise am 06.07.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 27.07.2009, XXXX , wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch ab (Spruchpunkt II) und wies den BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch aus (Spruchpunkt III). Das BAA hielt zusammengefasst fest, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsstaat einer Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Die angegebenen Gründe dafür, dass er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, seien unglaubhaft. Sodann traf das BAA Feststellungen zur Situation in Bangladesch. Beweiswürdigend stützte es sich darauf, der BF habe angegeben, dass er gemeinsam mit seinen Eltern auf deren Landwirtschaft gelebt und gearbeitet habe; es sei nicht glaubhaft, dass er wegen Grundstücksstreitigkeiten dort behelligt worden sei, während die ganze Familie offenbar weiter problemlos dort leben könne. Dass der BF in Österreich sein Quartier, ohne sich abzumelden, verlassen und dem Bundesasylamt keine neue Anschrift mitgeteilt habe und somit seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen sei, zeige deutlich, dass er "keinerlei besonderes Interesse" am Schutz durch Österreich habe. Rechtlich folgerte das BAA, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Weiters verneinte es, dass der BF iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bedroht oder gefährdet sei, und begründete abschließend seine Ausweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 27.07.2009 durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 23 Abs. 3 Zustellgesetz zugestellt, da sich der BF nicht mehr an seiner Zustelladresse aufhalte. Der BF brachte dagegen kein Rechtsmittel ein. Der Bescheid vom 27.07.2009 XXXX erwuchs am 11.08.2009 in Rechtkraft.
I.2. Am 22.09.2012 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge der Einvernahme gab der BF an, er sei etwa vier Monate, nachdem er den ersten Asylantrag gestellt habe, nach Bangladesch zurückgekehrt, da der Vater des BF verstorben sei. Der BF habe sich dann ein Jahr in Bangladesch aufgehalten.
Um Streitigkeiten um das familieneigene Grundstück zu entgehen, sei er wieder nach Österreich gefahren. Bei einer Rückkehr in die Heimat würde er wieder Probleme haben; im Zuge eines Streites um das Grundstück habe er jemanden mit einer Bambusstange auf den Kopf geschlagen. Der Mann sei im Spital behandelt worden, "dies" sei schon öfter geschehen, da der BF "dasselbe" schon vor Jahren, vor dem ersten Asylantrag, gemacht habe.
Mit Bescheid vom 13.11.2012, XXXX , wies das Bundesasylamt diesen - zweiten - Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I) und wies den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch aus (Spruchpunkt II).
Der dagegen eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2014, XXXX gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
I.3. Am 24.02.2016 erfolgte eine neuerliche Einvernahme des BF vor dem nunmehr zuständigen BFA. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde neuerlich mit Bescheid des BFA vom 18.03.2016, XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2016, XXXX wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.07.2016 die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt." Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erachtet. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbedingungen nicht glaubwürdig war. Dieses Erkenntnis erwuchs am 08.08.2016 in Rechtskraft, einer angestrebten Beschwerde an den VfGH und einer Revision an den VwGH blieben Erfolge versagt.
I.4. Am 22.05.2018 stellte der BF seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz.
Das BFA wies mit Bescheid vom 15.02.2019, XXXX , den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde zudem gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2019, XXXX wurde die dagegen erhobenen Revision des BF abgewiesen. Zusammengefasst konnte kein für einen Asylgrund relevantes Vorbringen, insbesondere die behauptete, letztlich gefälschte Anzeige wegen der Mitwirkung an einem Mord in Bangladesch zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der BF in Österreich aufhielt, erkannt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof wies eine dazu eingebrachte außerordentliche Revision mit Beschluss vom 27.07.2019, XXXX zurück.
II. Gegenständliches Verfahren:
II.1. Am 01.08.2019 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs 4 FPG iVm § 46a Abs 1 Z 3 FPG, nämlich wegen der Unmöglichkeit der Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen.
II.2. Konkret führte der BF in einer – aufgeforderten – schriftlichen Stellungnahme am 27.12.2019 dazu aus, dass es für ihn eine „intensive Gefahr asylrelevanter Verfolgung im Heimatland“ gäbe.
Er würde keine Reisedokumente besitzen. Er habe jeglichen Bezug zu Bangladesch verloren und er habe begründete Furcht vor Verfolgung, auch wenn seine Asylgründe nicht als relevant anerkannt wurden.
Es liege kein Heimreisezertifikat vor. Da eine Abschiebung „faktisch“ nicht möglich sei, lägen die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Karte für Geduldete vor.
Außerdem bestünde für den Fall der Abschiebung die reale Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung des Antragstellers aufgrund der ausgesprochen schlechten Sicherheitslage im „IRAK“ und wegen der sich durch die bereits lange Abwesenheit des Antragstellers ergebene Entwurzelung aus seiner Heimat.
Die Nichtausstellung eines Heimreisezertifikates sei dem Antragsteller nicht zurechenbar.
II.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 24.07.2020 wurde der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs 4 iVm Abs 1 Z 3 FPG abgewiesen. Begründend führte das BFA dazu aus, dass die entsprechenden Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.
Konkret konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden, es sei der Aktenlage auch nicht zu entnehmen, dass sich der BF bei seiner Vertretungsbehörde selbständig um die Ausstellung eines Reisedokumentes bemüht habe. Es sei dem BF zumutbar, dies zu tun und sich um die Ausstellung eines Reisepasses zu kümmern. Dass die Abschiebung bis dato nicht durchgeführt wurde liege somit in der Verantwortung des BF. Der Umstand, dass der der Vertretungsbehörde kein Reisedokument ausgestellt wurde, könne nicht der belangten Behörde zur Last gelegt werden. Es käme deshalb eine Ausstellung einer Karte für Geduldete nicht in Betracht.
II.4. Gegen diese Entscheidung erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte in der Begründung aus, dass er „als Flüchtling“ seine Heimat „verlassen musste“. Er befände sich seit 2009 in Österreich. Er sei gegenüber den Behörden kooperativ und habe stets gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht.
Eine Abschiebung sei aus nicht vom BF zu vertretenden Gründen ihm nicht anzulasten. Der BF könne nichts dafür, dass die mangelnde Reaktion und Bearbeitung der Vertretungsbehörde des Heimatlandes gegeben sei und sei dies ihm nicht anzulasten.
Da er sich noch immer vor einer Rückkehr ins Heimatland fürchte sei es ihm auch nicht zumutbar, sich um die Ausstellung eines Reisepasses bei der bengalischen Botschaft zu bemühen.
Das individuelle Vorbringen des BF bezüglich Aussichtslosigkeit einer Hilfe seitens der heimatlichen Behörde entspräche den Fakten und der Sachlage.
Beantragt werde daher die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abweisung der Ausstellung einer Karte für Geduldete, die Ausstellung einer Karte für Geduldete sowie der belangten Behörde den Kostenersatz aufzutragen.
II.5. Am 24.03.2021 erfolgte die mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seines Rechtsvertreters sowie einer bengalisch-sprachkundigen Dolmetscherin.
Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte der BF aus, dass er gesund und arbeitsfähig sei. Er mache die „Zeitungszustellung“ von XXXX , er übernehme die Zeitungen ca um 1 Uhr nachts bei der U-Bahnstation XXXX und erhalte dafür ca € 900 bis € 1000 monatlich. Darüber hinaus könne er eine noch aktuelle Einstellungszusage vorlegen. Mit seinen Einkünften könne er auch seine Mutter mit ca € 50 pro Monat unterstützen. Seine Mutter lebe in Bangladesch, er habe zu ihr zumindest ein-, zweimal pro Monat Kontakt. Erst über verstärktes Nachfragen gab der BF zu Protokoll, dass er auch eine Stiefmutter, zwei Stiefschwestern sowie einen Stiefbruder in Bangladesch habe, zu welchen er jedoch keinen Kontakt habe. Einige von ihnen würden in der gleichen Ortschaft wie die Mutter leben.
Er selbst habe keine Kinder und keine Beziehung, weder in Österreich noch in Bangladesch. Er habe in Österreich Freunde, bengalische und österreichische, die er von der Arbeit kenne. Seine Integrationsbemühungen stellte der BF mit Spenden an zwei Organisationen dar. Seine deutschen Sprachkenntnisse sind – unter Berücksichtigung seiner bisherigen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet – sehr gering. Eine Konversation in deutscher Sprache war schwer möglich, der Sprachwortschatz ist auf ein Basiswissen begrenzt, die Antworten erfolgten nicht in vollen Sätzen.
Sein Leben in Österreich stellt sich der BF dahingehend vor, dass er „etwas Gutes“ machen wolle. Er möchte hier arbeiten.
Gefragt, ob der BF bereits bei der bengalischen Botschaft wegen eines Heimreisezertifikates oder der Beschaffung von Dokumenten gewesen sei, bejahte der BF. Er sei „2018, 2019 und 2020“ dort gewesen. Das letzte Mal sei geschlossen gewesen.
Über seine Besuche in der Botschaft im Jahr 2018 und im Jahr 2019 habe er keine Bestätigungen (was nach Kenntnis des Richters unüblich ist), er habe sie „verlangt“, aber keine bekommen. Nachgefragt könne er sich jedoch nicht mehr an die genauen Daten erinnern, 2018 sei er vermutlich „im September oder Oktober“ dort gewesen, 2019 „im März oder April“.
Er selbst habe in Bangladesch keine „votarcard“ (vergleichbar einer „Identitätskarte“) oder einen Reisepass besessen.
Er habe jedoch, so der BF, eine Geburtsurkunde. Mehrfach nachgefragt führte der BF letztlich dazu aus, dass er sich diese 2018 besorgt habe, sie von einer bengalischen Behörde stamme und ein „Original“ sei.
Er habe jedoch mit dieser Urkunde ausgestattet keinen bengalischen Ausweis in der Botschaft beantragt, er „wisse das ja nicht“. Er habe keinen Reisepass beantragt, nachgefragt, warum nicht, „Ich habe es nicht gemacht, ich weiß nicht warum nicht.“ (BVwG S 10f).
Der BF habe in Bangladesch keine Adresse; er wisse auch nicht, dass es in Bangladesch kein Melderegister gäbe. Angeblich würde er eine „Adresse von dem Dorf, wo er wohne“, benötigen, um einen Reisepass zu bekommen. In weiterer Folge verzettelte sich der BF in seiner Aussage zu einer Angabe einer möglichen (Post-)Adresse in Bangladesch.
Abschließend wurde der BF darauf angesprochen, ob er denn ein gesetzestreuer Mensch sei, was er bejahte. Der BF konnte jedoch, als ihm der bisherige Verfahrensgang nochmals kurzgefasst vor Augen gehalten wurde, nicht nachvollziehbar darlegen, weshalb er das Bundesgebiet bisher nicht verlassen habe. Er wisse lediglich nicht, wohin er gehen könnte. Er habe in Bangladesch kein zu Hause und möchte hier im Bundesgebiet weiterleben, er fühle sich hier gesund und sicher. Alles hier sei so wunderbar, die Arbeit, die Gesetzeslage und die Gesellschaft.
Ein weiteres Vorbringen erstattete der BF nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der unter „I. Vorhergehende Verfahrensgänge“ dargelegte Sachverhalt wird als gegeben festgestellt.
Festgestellt wird, dass in Bangladesch die Mutter, die Stiefmutter, drei Stiefgeschwister leben. Festgestellt wird, dass der BF regelmäßigen monatlichen Kontakt zu seiner Mutter hat und diese finanziell (geringfügig) unterstützt.
Festgestellt wird, dass der BF in Österreich keine Beziehung und keine Kinder hat.
Festgestellt wird, dass der BF als Zeitungsverteiler arbeitet und damit ca 900 Euro monatlich verdient. Der BF verfügt über eine („Corona-Pandemie“ abhängige) Einstellungszusage.
Festgestellt wird, dass der BF bengalische und österreichische Freunde, die er im Zuge seiner Arbeit kennenlernte, hat.
Festgestellt wird, dass sich die Deutschkenntnisse des BF auf ein Basiswissen beschränken.
Festgestellt wird, dass der BF gesund und strafrechtlich unbescholten ist.
I.1.2. Zum Antrag des BF:
Festgestellt wird, dass die Identität des BF mangels entsprechender Dokumente nicht festgestellt ist.
Festgestellt wird, dass der BF trotz dreifach negativ beschiedenen Asylantrages und eines zweijährigen Aufenthaltsverbotes, letztlich bestätigt durch Beschluss des VwGH, sich durchgehend seit September 2012 im Bundesgebiet aufhält.
Festgestellt wird, dass der BF nach seinen Angaben seit 2018 über eine von bengalischen Behörden ausgestellte originale Geburtsurkunde verfügt.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet 2018 und 2019 in der bengalischen Botschaft gewesen zu sein, er aber nicht um die Ausstellung eines Ausweises oder eines Reisepasses angesucht hat.
Festgestellt wird, dass es allein der BF zu vertreten hat, dass er bisher keine Ausweise und kein Heimreisezertifikat durch die bengalische Botschaft erworben hat.
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Beweis wurde erhoben durch den vorliegenden Administrativakt, einschließlich der Beschwerde des BF, die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakten zu XXXX sowie den Beschluss des VwGH XXXX . Darüber hinaus fand am 24.03.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesveraltungsgericht statt.
Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seiner Muttersprache wird den bereits im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, an denen sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben haben, zumal diese Feststellungen, die auf den im Verfahren vor dem BFA und dem BVwG getätigten eigenen Angaben des BF gründen, im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz auch nicht beanstandet wurden.
Die Identität des BF konnte – mangels Vorliegens geeigneter Identitätsnachweise – seitens des BVwG nicht festgestellt werden und der im Spruch angeführte Name und das angeführte Geburtsdatum des BF dienen lediglich zur Identifizierung des BF als Verfahrenspartei. Auch das BFA bediente sich der im Spruch angegeben Daten lediglich zur Zuordnung des BF im Administrativverfahren.
Die Feststellungen zur Herkunft des BF, seinen in Bangladesch aufhältigen Familienangehörigen sowie seinen Lebensumständen in Österreich ergeben sich aus den nachgefragten Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung.
Die Feststellungen zum Besitz (seit 2018) einer originalen, von bengalischen Behörden ausgestellten Geburtsurkunde ergeben sich aus den Angaben des BF.
Die Feststellungen, dass der BF bisher die bengalische Botschaft zweimal (2018 und 2019) aufsuchte, aber nicht um einen Ausweis oder einen Reisepass oder ein Heimreisezertifikat ansuchte, ergeben sich aus den Ausführungen des BF in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
II.3.1. Zu A) I.:
II.3.1. Zur Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:
Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet [unter anderem] zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.
Vom Fremden zu vertretende Gründe im Sinne des § 46 Abs 1 Z 3 FPG liegen jedenfalls vor, wenn er
1. Seine Identität verschleiert.
2. Einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzdokumentes nicht befolgt oder
3. An den zur Erlangung eines Ersatzdokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Gemäß § 46a Abs 4 FPG ist eine Karte für Geduldete von Amts wegen oder auf Antrag auszustellen, wenn die Voraussetzungen des § 46a Abs 1 Z 1,2,3 oder 4 FPG vorliegen.
Der BF hat damit, dass er trotz Besitz einer originalen Geburtsurkunde seit 2018 sich nach seinen eigenen Aussagen nicht um die Erlangung von Ersatzdokumenten (Reisepass, Heimreisezertifikat) bemühte, nicht die notwendigen Schritte gesetzt, um relevante Dokumente zu beschaffen. Damit liegen jedoch die Voraussetzungen des § 46a Abs 1 Z 3 FPG, nämlich, dass es dem BF aus nicht von ihm vertretbaren Gründen unmöglich erscheint, derartige Dokumente zu beschaffen, nicht vor. Die übrigen, im § 46a Abs 1 FPG normierten Fallkonstellationen der Z 1,2, oder 4 wurden vom BF nicht geltend gemacht und erscheinen offensichtlich auf Grund der bisherigen Verfahrensgänge auch nicht gegeben zu sein.
Da somit eine Karte für Geduldete dem BF nicht auszustellen ist war sein diesbezüglicher Antrag abzuweisen.
Da dem Antrag und der Beschwerde des BF keine Folge zu geben war ist auch die Kostenentscheidung des BFA rechtens ergangen, ein Aufhebungsgrund dieses Spruchpunktes im Bescheid liegt nicht vor.
Aufgabe der belangten Behörde wird es nunmehr sein, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand konsequent und zügig herzustellen.
II.3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Karte für Geduldete ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2125840.3.00Im RIS seit
18.06.2021Zuletzt aktualisiert am
18.06.2021