TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/26 G313 2240574-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.03.2021
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Entscheidungsdatum

26.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


G313 2240574-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geboren am XXXX , StA: Marokko, IFA- Zahl: XXXX

I. zu Recht erkannt:

A)       Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Forstsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II: beschlossen:

A)       Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

Feststellungen und Sachverhalt:

Am 26.11.2020 wurde XXXX (kurz M.B) bei der versuchten illegalen Einreise nach Deutschland betreten und den österreichischen Behörden rückübergeben. Er hielt sich davor bereits mindestens eine Woche in Österreich auf ohne einen Asylantrag zu stellen. Nach seinen Angaben er wisse nicht woher er gekommen sei, danach jedoch gab er an, sei er über Tschechien eingereist bzw. zuvor über die Türkei. In keinem der Länder stellte er einen Asylantrag. In der Niederschrift vom 26.11.2020 gab er an, nicht in Haft zu wollen, sondern nach Italien ausreisen zu wollen. Bei Haftentlassung würde er sofort das Bundesgebiet verlassen und nach Italien ausreisen. Mit Bescheid des BFA vom 26.11.2020. wurde über den M.B die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z2 FPG angeordnet.

Am 02.12.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig negativ entschieden wurde.

So besteht gegen ihn eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG, nämlich eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Mit Schreiben des BFA vom 19.03.2021 erfolgte die Aktenvorlage an das BVwG, eingelangt am 22.03.2021. Darin wurde angeführt, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den vorgebrachten Gründen weiterhin notwendig sei. Das BVwG wurde ersucht festzustellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

Am 22.03.2021wurde dem BF die Stellungnahme des BFA zum Parteiengehör zugestellt. Am selbigen Tag erfolgte die Rechtsberatung des M.B. durch die BBU um 16 Uhr im AHZ XXXX . Eine Stellungnahme ist am 24.03.2021 eingelangt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Ein Heimreisezertifikat (im Folgenden: HRZ) für M.B. wurde am 28.12.2020 mit Marokko bereits gestartet, und am 16.02.2021 urgiert, liegt aktuell noch nicht vor, mit der Ausstellung kann jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit gerechnet werden, danach wird die Abschiebung geplant.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Festnahme des BF, zu dessen familiären Verhältnissen, dem abgeführten Asylverfahren, dem Betreiben zur Erlangung eines Heimreisezertifikats, den fehlenden Integrationsschritten, der laufenden Anhaltung in Schubhaft, begründen sich auf dem Inhalt des gegenständlichen Verwaltungsaktes. Die Feststellung der Staatsangehörigkeiten ist aus dem Akt ersichtlich.

Die Verpflichtung zur Aktenvorlage zwecks Überprüfung der weiteren Schubhaftvoraussetzungen ergeben sich aus § 22a Abs. 4 BFA-VG, wonach Schubhaften erstmalig 4 Monate nach deren Erlassung einer neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit seitens des BVwG zu unterziehen sind.

Das Gericht geht davon aus, dass in weiterer Folge vom weiteren nachhaltigen Bestehen eines Sicherungsbedarfes auszugehen und Prüfungsgegenstand des Verfahrens lediglich die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ist. Im gerichtlichen Überprüfungsverfahren sind diesbezüglich keine Hinweise zu Tage getreten, welche an der Aufrechterhaltung der Schubhaft Zweifel ließen.

Aufgrund der aktuellen Information des BFA vom 19.03.2021 steht fest, dass mit einer Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer zu rechnen ist.

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der gegenständlichen Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor eine durchsetzbare, rechtliche Grundlage für die Abschiebung des BF vorliegt. Mit rechtskräftig, negativen Asylbescheid wie oa angeführt wurde der Asylantrag des BF in allen Spruchpunkten rechtskräftig abgewiesen.

Der BF ist nicht gewillt freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren oder an der Erwirkung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Er gab in seinen Einvernahmen an er könne nicht nach Marokko zurückkehren da er dort von den Brüdern seiner Frau bedroht werden würde. Er weigert sich bis dato nach Marokko zurückzukehren.

Aus der dem Gericht vorliegenden Stellungnahme des BFA und dessen Angaben des M.B ergibt sich, dass er in Österreich keinen Wohnsitz hat, kein Einkommen und keine Anknüpfungspunkte und nicht rückkehrwillig ist. Er hat sich zuletzt illegal in Österreich befunden und versuchte nach Deutschland auszureisen. Die nunmehr laufende Schubhaft stellt unbestritten eine freiheitsentziehende Maßnahme dar. Berücksichtigt man die Tatsache, dass der M.B über kein Reisedokument verfügt, auch an seiner Identitätsfeststellung nicht nur nicht mitwirkt, sondern auch im Stande der Schubhaft in Verzögerungsabsicht einen Asylantrag wobei er noch Fluchtgründe für ein Asylverfahren konstruierte, das im Resultat dann wegen Unglaubwürdigkeit negativ entscheiden wurde, die Schubhaft wegen der nach wie vor aktuellen, möglichen Fluchtgefahr, insbesondere dem Wunsch sofort nach Italien ausreisen zu wollen, geschuldet ist.

Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte, auch keine gesundheitlichen entgegenstehenden, dafür hervorgekommen, dass bei Ausstellung eines HRZ eine geplante Außerlandesbringung des BF nicht möglich wäre.

Die Feststellung hinsichtlich jeglichen Fehlens von relevanten, sozialen Kontakten ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF in dem im Akt befindlichen Einvernahmeprotokollen und den Bescheiden.

Basierend auf der oberwähnten Verhalten des BF ist von erhöhter Fluchtgefahr auszugehen.

Dem BF wurde am 22.12.2020 ein Rechtsberater gem. § 52 Abs 1 BFA-VG amtswegig zur Seite gestellt.

Am 22.03.2020 (BBU) erfolgten zuletzt Rechtsberatungstermine im AHZ XXXX . Die eingelangte Stellungnahme wonach der M.B keine Rechtsberatung erhalten hätte, geht daher diesbezüglich ins Leere. Außerdem wurde die Stellungnahme in Schreibschrift und in einwandfreiem Deutsch abgefasst sowie enthält sie auch Rechtsvorschriften, wozu der nicht der deutschen Sprache mächtige M.B selbst nicht in der Lage wäre eine diesbezügliche Stellungnahme allein zu verfassen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass M.B anlässlich der Rechtsberatung durch die BBU am 22.03.2021 um 16:00 Uhr Hilfestellung zur Abfassung der Stellungnahme erhalten hat. Diese wiederrum enthält lediglich den Wunsch nach einem Rechtsbeistand bzw. Beschwerde über eine zu kurze Stellungnahmefrist von zwei Tagen.

Dazu ist auszuführen, dass bei einer gesetzlichen Überprüfungsfrist von einer Woche die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von zwei Tagen als durchaus angemessen angesehen werden kann. Zum Punkt Verfahrenshilfe und Beigabe eines Anwaltes dazu siehe unter den Ausführungen zu II., hat beschlossen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A.:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß
§§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und
§ 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit der Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, vorzulegen.

Es besteht nun die Verpflichtung, gegenständlich durch die Aktenvorlage die Voraussetzungen für die Fortführung der Schubhaft zu prüfen. Dabei hat die Behörde darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiter notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des BVwG, hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich in deren Rahmen auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiterhin als verhältnismäßig angesehen werden kann. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse, so zeigt sich, dass dieser im Inland keinerlei integrative Bezugspunkte vorweisen konnte und keinerlei sozialen Kontakte zu berücksichtigen sind.

Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF auch in finanzieller Hinsicht nicht selbsterhaltungsfähig ist.

Betrachtet man den Unwillen zur Mitwirkung an seiner Identitätsfeststellung, seinem fehlendem Ausreisewillen bzw. der eigenen Angabe sofort bei Haftentlassung nach Italien ausreisen zu wollen und rechtskräftig abgeschlossen negativen Asylverfahren ergibt sich hohe Fluchtgefahr durch Untertauchen. Ein gelinderes Mittel kommt daher nicht in Betracht.

Im Zuge der zu erwartenden Ausstellung eines HRZ für die Abschiebung und wird das Verfahren durch die Behörde zügig betrieben, letztmalig am 16.02.02021 urgiert, geht das Gericht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand auch in der Covid-Krise durchaus möglich und realistisch ist. Zwar gibt es derzeit für Einreisende aus Österreich eine Untersagung, das BFA steht jedoch mit der marokkanischen Botschaft in engem Kontakt, sodass sofort eine aktuelle Information sobald Rückführungen möglich sind, ergehen wird. Freiwillige Rückkehr ist jedoch mit Air France auch derzeit möglich. Auch Identifizierungen werden laufend durchgeführt

Mit dem Herkunftsstaat des BF, Marokko funktioniert die Zusammenarbeit ,sodass keine Zweifel an der Erlangung eines Heimreisezertifikates bestehen und auch dass eine Abschiebung jedenfalls innnerhalb der gesetzlichen Zeit möglich sein wird.Seitens der Behörde wird durch Urgenzen bei der Botschaft von Marokko auch darauf hingewirkt .Die Ausstellung von HRZ und Identifizierungen sind jedoch auch derzeit usus.

Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine weitere Fortsetzung der Schubhaft weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt gegenständlicher Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen.

Zu II:

Begründung:

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte „subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte „Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-VG ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).

Für Beschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 7 Abs. 1 BFA-VG sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden.

Im vorliegenden Fall war Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu Tatsachenfrage gegeben worden, vor dem BVwG herrscht kein Anwaltszwang. Fragen von besonderer Komplexität waren nicht zu lösen.

Der BF wurde offensichtlich von der BBU beraten. So war die BBU bereits am 22.03.2021 im AHZ XXXX und offensichtlich auch bei der Abfassung des Verfahrenshilfeantrages selbst behilflich, wie sich einerseits aus dem im einwandfreien Deutsch gehaltenen Antrag und der Verwendung einiger Fachausdrücke ergibt, und andererseits in deutscher Schreibschrift abgefasst wurde, dessen der BF jedenfalls nicht mächtig ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. - 13 -

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,
Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) hinsichtlich Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (VfGH 14.03.2012, VfSlg. 19.632/2012) festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Auf das Parteiengehör das ihm am 15.02.2021 zugestellt wurde, hat er eine Stellungnahme eingebracht.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G313.2240574.1.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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