TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/30 W241 2240653-1

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Veröffentlicht am 30.03.2021
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Entscheidungsdatum

30.03.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §55 Abs4

Spruch


W241 2240653-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die BBU, gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2021, Zahl: 1274875306/210242055, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und VI. wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein volljähriger Staatsangehöriger Georgiens, reiste zuletzt am 31.10.2020 ins Bundesgebiet ein.

2. Am 19.02.2021 wurde er bei einer Kontrolle der Finanzpolizei Wien auf einer Baustelle bei der Verrichtung von Renovierungstätigkeiten in einer Wohnung angetroffen. Der BF wurde nach den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert.

3. In einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 19.02.2021 gab der BF an, dass er nach Österreich gekommen wäre, um alte Möbel zu kaufen. Da er sie aber aufgrund der Corona-Pandemie nicht nach Georgien transportieren hätte können, wäre ihm das Geld ausgegangen und er hätte sich eine Arbeit suchen müssen. Der nicht genehmigten Tätigkeit gehe er seit zwei Tagen nach. Gemeldet sei er nicht, er wohne bei einem Freund.

4. In der Folge stellte der BF einen Antrag auf Rückkehrhilfe.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF verhängt (Spruchpunkt VI.).

Das BFA traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des BF und stellte dessen Identität und Staatsbürgerschaft fest. Er befinde sich seit 31.10.2020 im Bundesgebiet und sei einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Da er kein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit beziehe, sei er als mittellos anzusehen. Außerdem habe er die sichtungsvermerkfreie Zeit überschritten. Er sei in Österreich nicht gemeldet und habe hier keine Angehörigen. Aufgrund der genannten Umstände würden in einer Gesamtabwägung und in Zusammenschau mit dem bisherigen Verhalten des BF (Ausübung von nicht genehmigten Arbeitstätigkeiten, nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes, keine relevanten Bindungen in Österreich) die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung dessen privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.

Das Einreiseverbot wurde mit der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit begründet.

6. Am 02.03.2021 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen. Am selben Tag reiste der BF freiwillig nach Georgien aus.

7. Gegen obgenannten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 17.03.2021. Begründend wurde ausgeführt, dass keine Umstände vorliegen würden, die auf eine besondere Gefährlichkeit des BF schließen lassen würden. Auch sei die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und die Nichtzuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise unzureichend begründet worden. Das Einreiseverbot sei unverhältnismäßig hoch, es werde beantragt, es aufzuheben bzw. es zu verkürzen.

8. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 22.03.2021 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger Georgiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht fest.

In Georgien sind die Eltern, Geschwister, seine Frau sowie zwei Töchter aufhältig.

Der BF leidet an Hepatitis C, schwerwiegende Krankheiten liegen nicht vor. Der BF ist arbeitsfähig.

1.2. Der BF reiste am 31.10.2020 ins Bundesgebiet ein und hielt sich bis 02.03.2021 in Österreich auf. Während seines Aufenthalts in Österreich verfügte er nur während seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum zwischen 19.02. und 02.03.2021 über eine Wohnsitzmeldung.

Der BF verfügte nie über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel, der auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen würde. Er wurde am 19.02.2021 bei der Schwarzarbeit auf einer Baustelle betreten. Er war dort seit zwei Tagen beschäftigt gewesen.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der BF verfügte zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung über kein nennenswertes Bargeld, wobei er selbst angab, die Arbeit angenommen zu haben, da ihm das Geld ausgegangen sei. Dass der BF seinen Lebensunterhalt aus eigenem bestreiten bzw. Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts rechtmäßig durch eine legale Tätigkeit erlangen könnte, kann nicht festgestellt werden.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom 22.02.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF verhängt.

Der BF wurde am 02.03.2021 aus der Schubhaft entlassen und reiste am selben Tag aus Österreich aus.

1.4. Grund für die Einreise war, dass der BF laut eigenen Angaben hier alte Möbel kaufen hätte wollen. Da es zu den Käufen nicht gekommen und ihm das Geld ausgegangen sei, hätte er eine illegale Beschäftigung angenommen.

Der Lebensmittelpunkt des BF lag bisher in Georgien, wo auch seine Familienangehörigen leben. In Österreich verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte.

1.5. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.

1.6. Die im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 4 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung sowie die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt, den diesbezüglichen Angaben des BF vor der belangten Behörde und in der Beschwerde sowie dem georgischen Reisepass, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind.

2.2. Die Feststellung zur Einreise des BF in das Bundesgebiet ergibt sich aus dem Reisepass, der letzte darin angebrachte Einreisestempel weist das Datum 31.10.2020 auf. Die Feststellung zur Ausreise des BF aus das Bundesgebiet ergibt sich aus der Ausreisebestätigung der IOM vom 03.03.2021.

2.3. Aus der Aktenlage geht nicht hervor, dass der BF jemals über eine Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet verfügt hätte. Im Zentralen Fremdenregister scheinen keine diesbezüglichen Vermerke auf und wurde vom BF auch nichts Gegenteiliges vorgebracht. Dass der BF am 19.02.2021 bei der Schwarzarbeit betreten wurde, geht insbesondere aus einem Bericht der LPD Wien vom 19.02.2021 hervor. Der BF selbst gab in seiner Einvernahme zu, eine illegale Beschäftigung ausgeübt zu haben.

2.4. Die Unbescholtenheit ergibt sich aus einem Strafregisterauszug.

Im Zentralen Melderegister (ZMR) scheint keine Wohnsitzmeldung (vor seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum) auf.

2.5. Der BF gab in seiner Einvernahme am 19.02.2021 an, über kein Geld zu verfügten. Aus einem handschriftlichen Schreiben eines Bekannten des BF vom 24.02.2021 geht hervor, dass dieser für drei georgische Staatsbürger, darunter auch für den BF, insgesamt 600 Euro verwahre. Wieviel von diesem Geld dem BF zusteht, geht daraus jedoch nicht hervor, auch ist davon auszugehen, dass das Geld aus der illegalen Tätigkeit stammt und somit nicht legal verdient wurde.

2.6. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen und persönlichen Lebensumständen des BF in Georgien und zu seinen dortigen familiären Bezügen ergeben sich aus dem Akteninhalt und den Angaben des BF vor der belangten Behörde.

2.7. Die Feststellung, dass fallgegenständlich lediglich das ausgesprochene Einreiseverbot sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise in Beschwerde gezogen wurden und die übrigen Spruchteile unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, ergibt sich aus dem Wortlaut des Beschwerdeschriftsatzes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von drei Jahren gegen den BF ausgesprochene Einreiseverbot, die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und der Nichtzuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise. Die übrigen Spruchteile (Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG sowie Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen den BF verhängten Einreiseverbotes, der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und der Nichtzuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.05.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.05.2013, 2011/18/0259; 24.05.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.

Zu Spruchteil A)

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Da keine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung erhoben wurde, kommt eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung nicht in Betracht, ebensowenig die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Da der Beschwerde vom BFA die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde und die Beschwerde dagegen zurückgewiesen wurde, ist gemäß § 55 Abs. 4 FPG das Absehen von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise rechtskonform. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht korrekturbedürftig.

3.4. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids):

3.4.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:

„§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt. (4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

…“

3.4.2. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6) oder bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (Z 7).

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF einer illegalen Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nachgegangen sei, was die Annahme rechtfertige, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte.

Der BF war – wie er auch selbst zugegeben hat – unangemeldet und damit „schwarz“ erwerbstätig. Die belangte Behörde ist daher hier zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG ausgegangen.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Wie bereits dargelegt hat der BF nicht nur die sichtungsvermerkfreie Zeit überschritten, er war auch während seines illegal gewordenen Aufenthalts unerlaubt erwerbstätig. Darüber hinaus ist von der Mittellosigkeit des BF auszugehen, zumal er angab, über kein Geld zu verfügen, und der in einem Schreiben erwähnte Bargeldbetrag, den ein Bekannter für ihn verwahren würde, offenbar die Entlohnung seiner illegalen Tätigkeit darstellt. Schon die Erfüllung des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG indiziert das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230). Gerade weil der BF im Bundesgebiet nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts verfügte und ihm mangels Vorliegens einer Bewilligung die Aufnahme einer legalen Beschäftigung verwehrt ist, erscheint eine Wiederholungsgefahr nicht nur naheliegend, sondern geradezu erwiesen.

Die Verhinderung von Schwarzarbeit stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der Schäden und Folgen für die staatliche Wirtschaft, zu welchen ein vom BF gesetztes Verhalten führen kann, ein Grundinteresse der Gesellschaft dar (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Verhinderung von Schwarzarbeit und den damit in Zusammenhang stehenden Folgen wie Lohndumping sowie Hinterziehung von Steuern und Abgaben sowie Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften), als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Letztlich war zu berücksichtigen, dass sich – wie bereits oben zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausgeführt wurde – auch im Lichte der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung nicht ergeben hat, dass vorhandene familiäre oder private Bindungen in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden.

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer vorliegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29. September 2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen – in Verbindung mit den unionsrechtlichen – Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff „Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten“ auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011, somit iSd. Art. 11 Abs. 1 iVm. Art. 3 Z 6 Rückführungsrichtlinie ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt (VwGH 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021).

Daher ist die belangte Behörde zu Recht von der Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

Die Bemessung des Einreiseverbotes mit einer Dauer von drei Jahren erweist sich im gegenständlichen Fall als verhältnismäßig. Zu berücksichtigen ist, dass der BF nicht nur die sichtungsvermerkfreie Zeit überschritten hat, seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen und mittellos ist, sondern auch in rechtswidriger Weise einer Beschäftigung nachging. Unter Berücksichtigung aller Umstände kann daher davon ausgegangen werden, dass nur ein Einreiseverbot in der Dauer von zumindest drei Jahre eine allfällige Änderung des Verhaltens des BF und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten bewirken wird. Eine Herabsetzung der Dauer des im angefochtenen Bescheides ausgesprochenen Einreiseverbotes kam demnach nicht in Betracht.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des BF auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die für die Begründung der Gefährdungsprognose maßgeblichen Sachverhalte wurden zur Gänze bereits im Verfahren vor dem BFA erhoben und im angefochtenen Bescheid offengelegt, wobei die Behörde unter Abwägung des vom BF gezeigten Verhaltens eine einzelfallbezogene Begründung des Einreiseverbotes vorgenommen hat. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für den BF allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können. Die wesentlichen Feststellungen, nämlich der illegale Aufenthalt des BF, die Mittellosigkeit während seines Aufenthalts in Österreich, die illegale Tätigkeit und die nicht vorhandenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte, blieben im Wesentlichen unbestritten. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.


Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Frist Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose illegale Beschäftigung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W241.2240653.1.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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