TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/30 W211 2200594-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2021
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Entscheidungsdatum

30.03.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W211 2200594-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird keine Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Iran, stellte am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Sie brachte dazu vor, zum Christentum konvertiert zu sein. Außerdem habe sie im Iran Politikwissenschaften studiert und nicht in dem Bereich arbeiten können, weil sie immer ihre Meinung gesagt habe.

Mit Bescheid vom XXXX 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihr nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 – 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin rechtzeitig eine Beschwerde ein.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2020 zur Zl. W241 2200594-1/11E wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß der §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG sowie §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Das Bundesverwaltungsgericht traf dabei soweit wesentlich die folgenden Feststellungen: Die Beschwerdeführerin habe im Iran zwölf Jahre die Schule und vier Jahre die Universität besucht und Politikwissenschaften studiert. Sie habe sechs Jahre als Angestellte im Büro einer Firma gearbeitet. Die Beschwerdeführerin habe keine finanziellen Probleme gehabt und sich durch ihre Tätigkeit im Iran einen Lebensunterhalt verdienen können. Sie verfüge im Iran über Eltern in XXXX und einen Bruder in XXXX und stehe mit ihren Familienangehörigen in Kontakt. Es hätten sich keine Hinweise auf eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Krankheit ergeben. Sie sei im erwerbsfähigen Alter, habe eine mehrjährige Schulbildung und Universitätsausbildung genossen und verfüge über Berufserfahrung. Die Beschwerdeführerin sei im Iran geboren und dort aufgewachsen. Sie sei am XXXX 2013 erstmalig in Österreich eingereist, um hier zu studieren. Danach sei sie in den Iran zurückgekehrt, um ihre Angehörigen zu besuchen. Zuletzt habe sie den Iran am XXXX 2014 verlassen, sei direkt von XXXX nach Österreich gereist und habe hier am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie spreche bereits gutes und verständliches Deutsch. Sie gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach, sondern lebe von Ersparnissen und werde von ihren Eltern unterstützt. Sie treffe sich in ihrer Freizeit mit Freunden und besuche eine Kirchengemeinde. Sie beziehe keine Leistungen aus der Grundversorgung und sei strafgerichtlich unbescholten. Eine Konversion ins Christentum aus innerer Überzeugung könne nicht festgestellt werden. In der rechtlichen Begründung wurde – soweit wesentlich – ausgeführt, dass in Österreich keine familiären Beziehungen oder finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten der Beschwerdeführerin bestehen würden. Die Beschwerdeführerin habe fast ihr gesamtes Leben im Iran verbracht und dort ihre Schul- und Universitätsausbildung absolviert. Sie halte sich erst seit Juni 2013 bzw. durchgehend seit September 2014 in Österreich auf, sodass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich als nicht besonders lange zu bezeichnen sei. Die Aufenthaltsdauer werde weiter dadurch relativiert, dass ihr Aufenthalt nach Ablauf des Aufenthaltstitels als Studierende nur aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin rechtmäßig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin spreche bereits gutes, verständliches Deutsch; einer Beschäftigung sei sie nicht nachgegangen. In ihrer Freizeit treffe sie sich mit Freunden und besuche eine Kirchengemeinde. Sie lebe von ihren Ersparnissen und werde von ihren Eltern unterstützt. Sie beziehe keine Leistungen aus der Grundversorgung. Auch wenn die Beschwerdeführerin somit erfolgreich erste integrative Schritte gesetzt habe, seien diese in Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung insoferne zu relativieren, als die Umstände, dass eine Fremde Deutsch spreche sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert sei, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale darstellen würden. Der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin liege im Iran, wo ihre Familie lebe, und sie somit über ein soziales Netz verfüge. Es könne auch aufgrund der zuletzt nicht übermäßig langen Abwesenheit aus ihrem Heimatland Iran nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine völlige Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden habe. Das Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung allfälliger privater Kontakte in Österreich sei dadurch geschwächt, dass sie sich bei ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet stets ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein müsste. Nach Maßgabe der Interessensabwägung iSd § 9 BFA-VGF sei davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stelle sohin keine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Achtung ihres Familien- und Privatlebens dar.

2. Am XXXX 2020 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG aus Gründen des Art. 8 EMRK ein. Eine schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin führte dazu ergänzend aus, dass die Beschwerdeführerin im Juni 2013 in Österreich eingereist sei und über einen Aufenthaltstitel als Studierende verfügt habe. Im Dezember 2013 habe sie einen näher genannten Pastor kennen gelernt, der ihr den christlichen Glauben nähergebracht habe. Da es der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen – sie leide an Hemiparese – nicht möglich gewesen sei, ihr Studium weiterzuführen, habe sie am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie finanziere sich ihren Lebensunterhalt durch ihre eigenen Ersparnisse und durch die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern. Sie wohne in einem Studentenwohnheim in XXXX ; durch diesen Wohnsitz habe sie sich innerhalb der letzten sieben Jahre aktiv integrieren können. Sie habe viele Freunde und werde durch ihre fließenden Deutschkenntnisse sehr geschätzt. Weiter sei sie durch ihren aktiv ausgelebten Glauben in XXXX gefestigt. Sie besuche regelmäßig ein Fitnessstudio, da dies für ihre gesundheitlichen Einschränkungen besonders förderlich sei. Die Beschwerdeführerin habe ihren Lebensmittelpunkt in Österreich und halte sich bereits langjährig hier auf. Sie wohne seit sieben Jahren in XXXX . Das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin finde ausschließlich in Österreich statt. Mit den Eltern im Iran habe sie regelmäßigen telefonischen Kontakt. Bei einer Rückkehr in den Iran würde die Beschwerdeführerin jedoch aus ihrem seit sieben Jahren bestehenden Umfeld herausgerissen werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom XXXX 2020 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurück. Die belangte Behörde stellte soweit wesentlich fest, dass die Beschwerdeführerin keine ausreichende Integration nachweisen habe können und einer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei. Sie habe im Vorverfahren zu keinem Zeitpunkt Familienangehörige in Österreich gehabt. Zu ihrer Kernfamilie im Iran habe sie regelmäßigen Kontakt gepflegt. Im Iran habe sie zwölf Jahre die Schule besucht und vier Jahre lang die Universität sowie sechs Jahre als Angestellte in einem Büro gearbeitet. Sie habe ihre finanzielle Lage dort als mittelmäßig bezeichnet. Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheids ginge die Beschwerdeführerin in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und beziehe keine Leistungen aus der Grundversorgung. Damit würden die im Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 getroffenen Feststellungen nach wie vor nahezu unverändert bestehen, und gingen aus dem Antrag der Beschwerdeführerin keine relevanten Änderungen der Lebensumstände hervor. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Beschwerdeführerin im Vorverfahren immer angeführt habe, gesund zu sein. Zu ihrem nunmehrigen Vorbringen, an einer Hemiparese zu leiden, seien keine ärztlichen Befunde vorgelegt worden, sondern nur eine Überweisung, aus der als Diagnose Hemiparese rechts, nach Unfall eines Säuglings, hervorgehe. Das diesbezügliche Vorbringen in der schriftlichen Stellungnahme würde außerdem in Widerspruch zum Vorbringen im Asylverfahren stehen, wobei eine Hinwendung zum Christentum als Fluchtgrund angegeben worden sei. Rechtlich sei auszuführen, dass seit dem XXXX 2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin bestehe, und sei zudem gemäß den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 60 Abs. 1 AsylG unzulässig. Zuletzt seien mit Erkenntnis des BVwG zur Zl W241 2200594-1/11E sämtliche Umstände des Privat-und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geprüft worden. Gegenständlich sei eine maßgebliche Sachverhaltsänderung nicht eingetreten. Die Beschwerdeführerin befinde sich illegal im Bundesgebiet und sei zur Ausreise verpflichtet. Zudem bestehe eine aufrechte Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin. Aus dem Antragsvorbringen gehe im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom XXXX 2020 ein in Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen würde, nicht hervor.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht, in der zusammengefasst vorgebracht wurde, dass gemäß einer Entscheidung des BVwG vom 29.06.2020 zur Zl G306 2212830-3 der Umstand des Bestehens einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot kein absolutes Erteilungshindernis darstellen würde. Demzufolge hätte die belangte Behörde den Antrag nicht zurückweisen dürfen, sondern eine inhaltliche Prüfung vornehmen müssen. Die Beschwerdeführerin sei [am XXXX 2014] legal mittels eines Visums in Österreich eingereist und habe am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die erstinstanzliche Entscheidung sei vier Jahre später getroffen worden. Die Beschwerde sei durch die zweite Instanz zwei Jahre später entschieden worden. In dieser Zeit habe sich die Beschwerdeführerin legal in Österreich aufgehalten. Sie wohne in einem Studentenheim und habe sich aktiv mittels zahlreicher Studienfreunde integriert. Sie spreche fließend Deutsch, und sei ihr Freundeskreis breit gefächert. Sie besuche regelmäßig ein Fitnessstudio, da dies für ihre gesundheitlichen Einschränkungen besonders förderlich sei. Das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin finde ausschließlich in Österreich statt, und würde die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Heimatstaat aus ihrem langjährig bestehenden Umfeld gerissen werden. Es werde außerdem ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin reiste erstmalig am XXXX 2013 in Österreich ein, um hier zu studieren. Sie kehrte in den Iran zurück, um dort ihre Familie zu besuchen, und verließ den Iran letztmalig am XXXX 2014, reiste direkt nach Österreich und stellte hier am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom XXXX 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 – 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde eingebracht, und wies das BVwG diese mit Erkenntnis vom XXXX 2021 zur Zl W241 2200594-1/11E als unbegründet ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

1.2. Die Beschwerdeführerin ist im Iran geboren und wuchs dort auf. Sie besuchte dort zwölf Jahre die Schule und studierte vier Jahre Politikwissenschaften. Danach arbeitete sie sechs Jahre als Angestellte im Büro einer Firma.

Die Eltern und ein Bruder der Beschwerdeführerin leben nach wie vor im Iran; mit ihren Angehörigen ist die Beschwerdeführerin in telefonischem Kontakt.

Die Beschwerdeführerin hält sich seit XXXX 2014 durchgehend in Österreich auf und stellte am XXXX 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wohnt spätestens seit September 2016 in einem Studentenheim in XXXX , schloss Freundschaften und knüpfte soziale Kontakte zu Mitbewohner_innen und anderen Freundinnen und Freunden. Die Beschwerdeführerin spricht und versteht bereits gut Deutsch. Sie besucht eine Kirchengemeinde in XXXX . Die Beschwerdeführerin bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, sondern finanziert sich ihren Lebensunterhalt von Ersparnissen und Unterstützungen durch ihre Eltern. Sie geht keiner Beschäftigung nach. Sie besucht ein Fitnessstudio.

Die Beschwerdeführerin bringt weder in ihrem Antrag nach § 55 AsylG vom XXXX 2020 inkl. der Stellungnahme vom XXXX 2020 und der Beilagen, noch in der Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX 2021 Sachverhalte vor, die auf eine geänderte Lage für die Beschwerdeführerin in Bezug auf ihr Privat- und Familienleben in Österreich seit dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 hinweisen. Ihre familiäre und private Situation im Bundesgebiet sowie ihre Bindungen zum Heimatland stellen sich im Wesentlichen gleich dar, wie zum Zeitpunkt der Prüfung durch das BVwG am XXXX 2020.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang beruhen auf den Verwaltungsakten und dem Erkenntnis des BVwG zur Zl. W241 2200594-1/11E und sind nicht weiter strittig.

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin – Herkunft, Leben im Iran, Leben in Österreich, wirtschaftliche Situation, Gesundheit – beruhen ebenfalls auf den vorliegenden Verwaltungsakten und auf dem Erkenntnis des BVwG zur Zl. W241 2200594-1/11E. Auch diese Feststellungen wurden in der Beschwerde nicht moniert und sind nicht strittig.

Die Feststellung, dass keine Änderungen betreffend das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich in Bezug auf das Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 vorgebracht wurden, ergibt sich aus dem Antrag der Beschwerdeführerin vom XXXX 2020, aus der Stellungnahme dazu vom XXXX 2020 und den Beilagen, aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes, aus der Beschwerde sowie aus dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 zur Zl. W241 2200594-1/11E:

Die Beilagen zum Antrag nach § 55 AsylG belegen, dass die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen XXXX 2019 – XXXX 2020, XXXX 2020 – XXXX 2020 und XXXX 2020 bis XXXX 2021 in einem näher genannten Studentenheim in XXXX gewohnt hat bzw. wohnt. Bankauszüge zeigen auf, dass die Beschwerdeführerin im Mai, Juni und Juli 2020 auch das Benützungsentgelt für das Studentenwohnheim bezahlt hat. Ein Kontoauszug vom XXXX 2020 weist für die Beschwerdeführerin ein Guthaben in der Höhe von XXXX € auf. Vorgelegt wurde weiter eine Karte von XXXX , ein Schreiben der Iranischen Christlichen Gemeinde vom XXXX 2018, ein Taufzeugnis vom XXXX 2015, ein Bescheid der Universität XXXX über die Studienzulassung vom XXXX 2012, einen Überweisungsschein an eine/n Facharzt/Fachärztin für Neurologie vom XXXX 2020, zwei Referenzschreiben vom XXXX 2019, die Kopie einer E-Card, die Kopie einer XXXX Versicherungskarte und einer Befundkarte sowie die Übersetzung der Geburtsurkunde.

Festgehalten werden muss bereits, dass die Unterlagen zum Studium, zum Kirchenbesuch, zur Taufe und die Referenzschreiben einen Zeitraum vor dem gegenständlich relevanten Verfahren betreffen, weshalb sie nicht geeignet sein können, eine Veränderung im Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin seit dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 darzulegen.

Die Bestätigungen über die Wohnmöglichkeit im Studentenwohnheim, über die Bezahlung des Benützungsentgelts, über das Bankguthaben sowie die Kopien der E-Card, sonstiger Versicherungs- und Befundkarten und der Fitnessstudiokarte können ebenfalls keinen Hinweis auf eine Veränderung des Sachverhalts zum Privat- und Familienleben geben: Die Wohnsitznahme in jenem Studentenheim begann bereits 2016, und waren die Informationen zur Bestreitung des Lebensunterhalts ebenfalls bereits Bestandteil des Verfahrens rund um den Antrag auf internationalen Schutz.

Der Besuch eines Fitnessstudios vermag eine besondere Verwurzelung der Beschwerdeführerin in Österreich in Bezug auf ihr Privatleben ebenfalls nicht zu belegen. Darüberhinaus muss wohl auch anerkannt werden, dass die Beschwerdeführerin gerade seit Erlassung des Erkenntnisses des BVwG am XXXX 2020 wegen der Covid19-Maßnahmen in Österreich nur sehr eingeschränkt die Infrastruktur von Fitnessstudios in Österreich nutzen konnte, weshalb dieser Mitgliedschaft kein nennenswertes Gewicht zugemessen werden kann.

Im gegenständlichen Verfahren erstmalig wies die Beschwerdeführerin nun auf ein Krankheitsbild hin, nämlich auf eine Hemiparese rechts nach einem Unfall als Säugling. Diese Diagnose findet sich in einer Überweisung vom XXXX 2020; weitere medizinische Unterlagen oder Befunde wurden nicht vorgelegt. Der belangten Behörde ist recht zu geben, dass die Beschwerdeführerin von gesundheitlichen Einschränkungen im Verfahren um den Antrag auf internationalen Schutz nicht gesprochen hat und dazu keine Vorbringen erstattete oder Unterlagen einbrachte. Auch im gegenständlichen Verfahren wurden keine detaillierten Befunde eingebracht, noch Hinweise dazu gegeben, welchen Einschränkungen konkret die Beschwerdeführerin unterworfen sein sollte. Eine Hemiparese ist die „auf einer Körperhälfte auftretende leichte und unvollständige Lähmung eines Muskels, einer Muskelgruppe oder einer Extremität“ (vgl. Hemiparese - DocCheck Flexikon, zuletzt besucht am 29.03.2021; vgl. auch Netdoktor zu Schlaganfallstörungen: Schlaganfall-Folgen - NetDoktor, zuletzt besucht am 29.03.2021).

Wenn auch keine näheren Informationen zur bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Hemiparese eingebracht wurden, so muss den sonstigen Abgaben der Beschwerdeführerin entnommen werden, dass ihre Beeinträchtigung sie nicht am Schul- und Universitätsbesuch sowie an der Arbeitsaufnahme im Iran hindern konnte. Ebensowenig war ihre Erkrankung Thema im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz, was auch auf keine schwerwiegendere Beeinträchtigung hindeutet. Die Überweisung führt aus, dass rechts eine Hemiparese wegen eines Unfalls im Säuglingsalter bestehen soll, weshalb es sich bei dieser Beeinträchtigung und allfälliger Folgen deswegen auch nicht um ein Ereignis handelt, dass sich erst vor oder im Laufe des gegenständlichen Verfahrens ergeben hat. Insgesamt kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Krankheit der Beschwerdeführerin eine Änderung eines Sachverhalts in ihrem Privatleben darstellt, die seit Bestätigung der Rückkehrentscheidung durch das BVwG mit Erkenntnis vom XXXX 2020 aufgekommen ist.

Demnach stellt sich der relevante Sachverhalt betreffend die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde am XXXX 2021 und nunmehr dar wie folgt: Die Beschwerdeführerin kam im Juni 2013 für ein Studium nach Österreich und kehrte noch einmal in den Iran zurück, um diesen zuletzt am XXXX 2014 zu verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Sie besuchte im Iran die Schule und absolvierte ein vierjähriges Universitätsstudium; danach war sie im Iran sechs Jahre als Büroangestellte tätig. Sie verfügt im Iran über ihre Eltern und einen Bruder, mit denen sie in Kontakt steht. In Österreich lebt die Beschwerdeführerin in einem Studentenheim, wo sie – auch dank ihrer sehr guten Deutschkenntnisse – soziale Bindungen zu Freundinnen und Freunden geknüpft hat, mit denen sie auch ihre Freizeit verbringt. Sie besucht eine Iranische Christliche Kirche in XXXX und ein Fitnessstudio, soferne es nicht Corona-bedingt geschlossen ist. Sie bezieht nach wie vor keine Leistungen aus der Grundversorgung, sondern finanziert ihren Unterhalt in Österreich – wie schon zuvor – durch ihre Ersparnisse und die Unterstützung ihrer Eltern. Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor strafgerichtlich unbescholten. Sie geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen.

Ein geänderter Sachverhalt im Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin im Vergleich zur Situation, die durch das BVwG mit Erkenntnis vom XXXX 2020 geprüft wurde, wurde im gegenständlichen Verfahren demnach nicht vorgebracht und kam auch sonst nicht hervor, weshalb die entsprechende Feststellung zu treffen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I.:

Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.6.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.9.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).

Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung in dem im Spruch bezeichneten Bescheid nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte.

Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist und 2. die Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird. Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen die Antragstellerin eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt der Fremden rechtswidrig war; das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; der Grad der Integration; die Bindungen zum Heimatstaat der Fremden; die strafgerichtliche Unbescholtenheit; Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; die Frage, ob das Privat- und Familienleben der Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes der Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 22.7.2011, 2011/22/0127; VwGH 5.5.2015, Ra 2014/22/0115) liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 58 Abs. 10 AsylG als Grundlage für die Zurückweisung bezogen. Das BVwG ist daher dazu berufen, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu prüfen. Es liegt mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. In dieser Entscheidung wurde umfassend geprüft und dargestellt, dass die privaten Interessen der Beschwerdeführerin – bereits unter Einbeziehung der Verfahrensdauer des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz sowie ihrer sonstigen Situation in Österreich und im Iran – die öffentlichen Interessen an der Beendigung ihres Aufenthalts nicht überwiegen können.

Seit dem Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020, in dem von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet ausgegangen wurde, ist keine Veränderung in Bezug auf das Familienleben und die Integration der Beschwerdeführerin eingetreten, die einer Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegenstünde.

Die Beschwerdeführerin wies in der Beschwerde auf die lange Verfahrensdauer des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz hin, die jedoch bereits der Entscheidung des BVwG vom XXXX 2020 zugrunde lag. Ebenso wurden von diesem bereits die sozialen Bindungen der Beschwerdeführerin und ihre guten Deutschkenntnisse miteinbezogen. Der Hinweis auf die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio ist nicht geeignet, maßgebliche geänderte Interessen an der Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführerin in Österreich darzutun, abgesehen davon, dass sie diese wohl auch im vergangenen Jahr wegen der Covid19-Situation nur sehr eingeschränkt nutzen konnte.

Auch eine nunmehr längere gesamte Aufenthaltsdauer in Österreich kann keine entscheidende Rolle in dieser Prüfung spielen: So ging der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.01.2015, Ra 2014/22/0094, davon aus, dass weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde, noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/097 darstellen. Die Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG entspricht im Wesentlichen dem § 44b NAG idF BGBl I Nr. 38/2011, weshalb die in Bezug auf die genannte Vorgängerbestimmung ergangene höchstgerichtliche Judikatur auch im gegenständlichen Fall anzuwenden ist (vgl. Filzwieser et al, Asyl- und Fremdenrecht, § 58 E11; mwN).

Die Beschwerdeführerin bringt im aktuellen Verfahren über ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG weder vor, über eine Einstellungszusage zu verfügen, noch, dass sich seit der Entscheidung des BVwG vom XXXX 2020 sonst wesentliche und hier zu berücksichtigende Änderungen in ihrer Situation in Österreich ergeben hätten.

In seiner Entscheidung vom XXXX 2020 hielt das BVwG fest, dass die Beschwerdeführerin ihr ganzes Leben im Iran verbrachte und sie dort Schul- und Ausbildungen absolvierte und auch einer Berufstätigkeit nachging. Ihre Deutschkenntnisse, Freundschaften und der Kirchenbesuch, sowie das Faktum, dass sie ihren Lebensunterhalt selbständig durch Ersparnisse und Unterstützung ihrer Eltern bestritt, wurden gewürdigt, aber als nicht über das übliche Maß hinausgehende Integrationsmerkmale verstanden. Das BVwG hielt fest, dass der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin im Iran liegt.

Die erkennende Richterin schließt sich dieser Einschätzung im Ergebnis an: Es wird nicht übersehen, dass das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich tatsächlich einige Jahre in Anspruch genommen hat. Allerdings sind die Integrationsparameter, die die Beschwerdeführerin für diese Jahre ins Treffen führt, tatsächlich nicht sehr ausgeprägt. Sie lernte die Sprache, knüpfte soziale Kontakte und bezog ihren Lebensunterhalt aus eigenen Quellen. Sie verfügt aber eben nicht über Familie in Österreich, bringt keine engeren privaten Bindungen vor, deren Trennung Einschnitte in ein familienähnliches Leben bedeuten würden, geht keiner Ausbildung oder Beschäftigung nach und zeigt auch sonst keine besonderen gesellschaftlichen Aktivitäten auf. Auf der anderen Seite ist die Beschwerdeführerin im Iran geboren und aufgewachsen, dort jedenfalls sozialisiert, studierte an der Universität, arbeitete sechs Jahre lang in einem Büro und verfügt dort über Kernfamilie, mit der sie auch in Kontakt steht. Vergleichbare soziale Beziehungen, wie sie die Beschwerdeführerin im Iran hat, bestehen für sie in Österreich nicht. Demnach muss der Einschätzung des BVwG vom XXXX 2020 im Ergebnis, und trotz der bereits längeren Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin in Österreich, gefolgt werden. Schließlich darf mit Blick auf die Verfahrensdauer des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz auch nicht gänzlich übersehen werden, dass sich dieser als unberechtigt herausstellte.

Demnach kam weder aus dem Antragsvorbringen noch aus dem geführten Verfahren in Hinblick auf die Berücksichtigung des Privatlebens der Beschwerdeführerin gemäß § 9 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt in Bezug auf die rechtskräftige Rückkehrentscheidung hervor, weshalb die belangte Behörde zu Recht davon ausging, dass eine ergänzende oder neue Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht erforderlich war. Die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ist daher nicht zu beanstanden.

Insoferne die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auf eine Entscheidung des BVwG dazu hinweist, dass § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG einschränkend iSd Abs.3 Z 2 leg cit zu lesen sei und der Umstand des Bestehens einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot iSd §§ 52 iVm 53 Abs. 2 FPG kein absolutes Erteilungshindernis im Hinblick auf einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG darstelle, so betraf die zitierte Rechtsprechung insbesondere Fälle, in denen Einreiseverbote verhängt wurden, was gegenständlich nicht der Fall ist. Die Zurückweisung eines Antrags wie des gegenständlichen ist in § 58 Abs. 10 AsylG ausdrücklich vorgesehen, wobei dieser Zurückweisung die Prüfung vorangehen muss, ob in Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt vorliegt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich macht. Nichts anderes geht auch aus der Rechtsprechung des VwGH hervor, wonach eine Neubewertung in Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens dahingehend vorzunehmen ist, ob ein maßgeblich geänderter Sachverhalt iSd Art. 8 EMRK vorliegt (vgl. VwGH, 16.12.2015, Ro 2015/21/0037, aber auch rezent mutatis mutandis VwGH, 26.06.2020, Ra 2017/22/0183). Diese Prüfung wurde gegenständlich durch die belangte Behörde durchgeführt, die das Vorbringen der Beschwerdeführerin iZm ihrem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG untersuchte und zum Ergebnis kam, dass kein maßgeblich geänderter Sachverhalt vorgebracht wurde und auch nicht vorliegt. Entsprechende Hinweise auf einen geänderten Sachverhalt betreffend die Beschwerdeführerin haben sich auch im Beschwerdeverfahren nicht ergeben. Im Ergebnis kann der Rüge der Beschwerdeführerin daher nicht gefolgt werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II:

Dem gegenständlichen Bescheid – nämlich der Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK – fehlt es an der notwendigen Vollzugstauglichkeit, um die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu ermöglichen. Der mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angestrebte Schutz vor einer Rückkehr in den Herkunftsstaat könnte selbst im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheids nicht erreicht werden, weil dann immer noch die ursprüngliche Rückkehrentscheidung (vgl. Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2020) im vollen Umfang in Geltung stünde (vgl. VwGH, 19.07.2012, AW 2012/18/0063). Da der angefochtene Bescheid daher nicht vollzugstauglich ist, kommt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht.

4. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Die Beschwerde hat keine neuen Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche eine neuerliche Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung aufschiebende Wirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung Verfahrensdauer Vollzugstauglichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W211.2200594.2.00

Im RIS seit

18.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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