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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des L in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. August 1995, Zl. 4.346.938/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Albaniens, der am 2. Juli 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Juli 1995, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft.
Mit Bescheid vom 16. August 1995 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 5. Juli 1995 zu seinen Fluchtgründen angegeben, er sei Offizier der albanischen Kriegsmarine (Unterleutnant - dem Leutnant in Österreich gleichzustellen) gewesen. Am 1. September 1994 habe er die Arbeit in Durres begonnen, nachdem er zuvor seine Ausbildungszeit abgeschlossen gehabt habe. Er sei erster Offizier auf einem Patrouillenschiff in der Adria bis 3. Mai 1995 gewesen. Im Jänner 1995 habe es viele Grenzverletzungen einerseits durch illegale Flüchtlinge und andererseits von seiten italienischer Fischer gegeben. Mitte Jänner 1995 sei an sie der Befehl ergangen, auf die Grenzverletzenden das Feuer zu eröffnen. Sein Schiffskommandant und er selbst hätten jedoch befunden, daß man nicht auf unschuldige Menschen das Feuer eröffnen könne, und hätten diesen Befehl, den sie vom Kommandanten ihrer Einheit (Bishti Palles Nr. 4226) erhalten hätten, nicht befolgt. Im Februar 1995 seien sie vom Kommandanten verwarnt worden, wobei ihnen angekündigt worden sei, daß gegen sie ein Strafverfahren eingeleitet würde. Zu erwähnen sei, daß täglich Grenzverletzungen stattfänden. Es sei Druck ausgeübt worden, auf die Grenzverletzenden zu schießen, was für sie jedoch keinesfalls denkbar gewesen sei. Anläßlich der Verwarnung durch den Kommandanten seien ihnen auch Gespräche vorgeworfen worden, die sie in ihrer Unterkunft über eine Zentralstelle per Telefon miteinander geführt hätten. Am 23. März 1995 sei dann ein Haftbefehl gegen den Schiffskommandanten ausgestellt worden. Der Beschwerdeführer persönlich habe seine Funktion auf dem Schiff verloren. Er sei Offizier ohne bestimmte Funktion an Land gewesen. Am 7. Mai 1995 habe er aufgrund der Einleitung eines militärischen Strafverfahrens gegen ihn von seiten der Militärpolizei Hausarrest erhalten. Am 19. Mai 1995 sei er aus der Heeresunterkunft geflüchtet und habe sich fünf Wochen in einem albanischen Dorf namens Kashnjet-Lezhe bei Freunden versteckt. Am 30. Juni 1995 habe er dann die Flucht nach Österreich angetreten. Auf die Frage, was er unter "Hausarrest" verstünde, antwortete der Beschwerdeführer, er sei von einem Militärpolizisten, der vor seinem Zimmer zu stehen hatte, bewacht worden. Auf die Frage, auf welche Weise er die Flucht bewerkstelligt habe, antwortete der Beschwerdeführer, mit Hilfe von Freunden, die er vom Fenster aus habe auftreiben können. Die Flucht sei ihm mit einem Seil aus dem Fenster seines Zimmers gelungen. Das Zimmer habe sich im 2. Stock befunden. Auf die Frage, aus welchem Grunde er sein Militärgerichtsverfahren nicht abgewartet habe, gab der Beschwerdeführer zur Antwort, er habe nach seiner Flucht erfahren, daß der Schiffskommandant zu 14 Jahren Haft verurteilt worden sei. Dies hätten Freunde ihm mitgeteilt, als er nach Durres gekommen sei, um seine Flucht nach Österreich vorzubereiten. Er sei sich sicher, daß auch er verhaftet werden würde, weil er den Befehl verweigert habe. Er habe gewußt, daß er für dieses Delikt der Befehlsverweigerung mit einer Haftstrafe zu rechnen hätte. Aber er habe nicht auf unschuldige Menschen schießen können. Auf die Frage, warum er nicht durch Kündigung aus dem Dienst bei der Marine ausgeschieden sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe am 1. März 1995 den Antrag auf Kündigung des Dienstes bei der albanischen Armee eingebracht, die Entscheidung darüber dauere aber etwa 6 Monate. Auf die Frage, warum er sich nicht habe versetzen lassen, antwortete der Beschwerdeführer, das hätte auch nichts genützt, da er ja bereits Befehle verweigert und auch öffentlich seine Vorgesetzten beleidigt habe. Auf das Ersuchen, eine Verbindung zur Genfer Flüchtlingskonvention in seinem Vorbringen herzustellen, gab der Beschwerdeführer an, der Befehl (gemeint: der Schießbefehl) sei ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden und er habe auch bei den Versammlungen, bei welchen er verwarnt worden sei, dies gesagt. In Anbetracht der 14-jährigen Haftstrafe für seinen Schiffskommandanten habe auch er mit einer Strafe von mehr als 10 Jahren rechnen müssen. Das Urteil gegen den Schiffskommandanten habe sich auf vier Paragraphen gestützt, und zwar Befehlsverweigerung, Desertation, öffentliche Beleidigung von Vorgesetzten sowie des Präsidenten. Albanien behaupte zwar, ein demokratischer Staat zu sein, mißachte jedoch durch solche Befehle die grundlegendsten Menschenrechte; der Präsident sei ein Kommunist. Auf die Frage, weshalb er nach Erlassung des Haftbefehles gegen seinen Schiffskommandanten am 23. März 1995 nicht bereits seine Einheit verlassen habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe ab diesem Zeitpunkt ohnedies keine Funktion mehr auf dem Schiff gehabt und sich funktionslos an Land befunden. Er habe auch nicht geglaubt, daß es soweit käme, vielmehr habe er gedacht, daß Albanien demokratisch sei. Auf Grund der Gesetzgebung (offenbar gemeint: der Rechtslage) wäre ein solcher Schießbefehl nicht möglich gewesen, nur zur Zeit der kommunistischen Herrschaft sei so etwas möglich.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1995 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab. Nach Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers stellte die Behörde erster Instanz auf Grund eines "amtswegigen Ermittlungsverfahrens" - entsprechende Ermittlungsergebnisse scheinen im Akt nicht auf - folgendes fest:
"Die Demokratisierung Albaniens und die Qualität der Menschenrechtsituation haben in Albanien in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Rechts- und Politikreformen in diesen Bereichen müssen von den albanischen Behörden zwar noch umgesetzt werden, doch insgesamt verläuft die Entwicklung positiv.
Mit der Aufnahme Albaniens in den Europarat am 10.7.1995 fand diese positive Entwicklung ihren vorläufigen Höhepunkt und stellt diese ein Zeichen für das Erreichen nahezu westlichen Standards dar.
Vor der Aufnahme Albaniens in den Europarat mußte sich dieser Staat einer eingehenden Beobachtung unterziehen und wurde dabei nichts westlichen Grundsätzen Entgegenstehendes festgestellt."
Daran anschließend traf die Behörde erster Instanz die "Feststellung", den Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund werde die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Dies wurde - nach Darlegung allgemeiner Auslegungsregeln - wie folgt begründet:
"In Anbetracht der Tatsache, daß Albanien im Zusammenhang mit der damals noch bevorstehenden Aufnahme in den Europarat, unter aufmerksamer internationaler Beobachtung stand und nichts dahingehendes, was Ihre Behauptungen unterstreichen würde, festgestellt wurde, ist Ihr Vorbringen in diesem Punkt als unglaubwürdig zu qualifizieren, da es den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht.
Die von Ihnen vorgebrachten Aktivitäten der albanischen Marine sind in keinster Weise dokumentiert und auch nicht mit der positiven Entwicklung Albaniens in Richtung Rechtsstaat zu vereinbaren.
Doch nicht nur die Unvereinbarkeit Ihres Vorbringens, den angeblichen militärischen Befehl betreffend, ließ die erkennende Behörde zur Beurteilung, daß Ihrem Vorbringen Glaubwürdigkeit nicht attestiert werden kann, kommen, sondern auch der Vorbringensteil, in dem Sie sich auf die Flucht aus der Hausarrest berufen.
In diesem Fall blieben Sie viel zu vage, um den Glaubwürdigkeitsanspruch des Asylgesetzes 1991 gerecht zu werden.
Es ist in keinster Weise nachvollziehbar, daß Sie tatsächlich bewacht worden sein sollen, Ihnen trotzdem aber unter dieser Bewachung die Flucht aus einem Fenster eines im
2. Stock liegenden Zimmers mit einem Seil gelungen sein soll. Auch daß Sie von einem Fenster aus Helfer organisiert hätten, ist nicht nachvollziehbar.
Insgesamt beurteilt ist Ihr Vorbringen mit den amtsbekannten Tatsachen und den allgemeinen Erfahrungen über Albanien nicht in Einklang zu bringen. Ihre Behauptungen sind für die Behörde nicht nachvollziehbar. Überdies sind Sie in Ihrem gesamten Vorbringen sehr oberflächlich und vage geblieben.
Sie vermochten daher dem Glaubwürdigkeitsanspruch des § 3 Asylgesetz 1991 nicht gerecht zu werden. Ihnen konnte schon aus diesem Grund Asyl nicht gewährt werden."
Daran anschließend verneinte die Behörde erster Instanz die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers und nahm darüberhinaus auch Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 in Slowenien an.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er seine anläßlich der Ersteinvernahme gemachten Aussagen "vollinhaltlich aufrecht" hielt.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers durch Übernahme der Ausführungen zur Beweiswürdigung durch das Bundesasylamt, welche sie auch zum Inhalt des nunmehr angefochtenen Bescheides erhob. Desgleichen schloß sich die belangte Behörde dem von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhalt und der daran anschließenden rechtlichen Beurteilung an und ergänzte, ein allfälliges Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer würde ausschließlich in seiner Befehlsverweigerung gegründet und daher "offensichtlich nicht politisch motiviert" sein. Desgleichen könne das der Befehlsverweigerung zugrundeliegende Motiv nicht als aus einer politischen Gesinnung entspringend gewertet werden, da derartige Geisteshaltungen regelmäßig völlig unabhängig vom jeweils herrschenden politischen System bestünden, sodaß die Befehlsverweigerung des Beschwerdeführers keine Handlung aus politischen Beweggründen gewesen sei und eine eventuelle Verfolgung jedenfalls nicht auf Grund seiner politischen Gesinnung hätte erfolgen können. Im übrigen nahm auch die belangte Behörde durch Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Bescheid Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 in Slowenien an.
Das Bundesasylamt hatte die Annahme der Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers in Slowenien darauf gestützt, Slowenien sei Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention, es liege nichts dahingehendes vor, daß Flüchtlinge ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in ihre Heimatländer abgeschoben würden bzw. Slowenien die durch die Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention auferlegten Pflichten nicht befolge. In der Berufung hatte der Beschwerdeführer dagegen keine Einwendungen erhoben. In der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die auch von der belangten Behörde angenommene Verfolgungssicherheit in Slowenien u.a. mit dem Hinweis, die slowenische Praxis biete keinen effektiven Schutz für Asylsuchende aus anderen Ländern hinsichtlich eines Feststellungsverfahrens. Nach slowenischem Recht sei bis zum heutigen Tag noch keine einzige Anerkennung als Flüchtling durchgeführt worden. Der Zugang zum Asylverfahren sei nicht immer in ausreichendem Maß gewährleistet, Anträge würden des öfteren nicht entgegengenommen bzw. nicht bearbeitet. Es seien keine besonders geschulten Beamten zur Feststellung eines flüchtlingsrelevanten Sachverhaltes vorhanden. Asylwerber, insbesondere Kosovo-Albaner, seien bereits mehrmals in der Vergangenheit in Haft genommen und unmenschlicher Behandlung durch slowenische Behörden ausgesetzt gewesen, weiters gäbe es konkrete Fälle, in denen Kosovo-Albaner aus Slowenien in andere Staaten des früheren Jugoslawien ausgewiesen worden seien.
Der Umstand, daß der Beschwerdeführer der Annahme der Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 durch das Bundesasylamt in der Berufung nicht entgegengetreten ist, hindert die Prüfung dieses Ausschlußgrundes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht. Der Tatsache, daß ein Asylwerber der diesbezüglichen Annahme der Verwaltungsbehörden nichts entgegensetzt, käme nur in dem Umfang Bedeutung zu, in dem den Asylwerber eine Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes traf. Wird eine derartige Pflicht verletzt, so kann dies dazu führen, daß die Behörde keine weiteren Erhebungen mehr durchführen muß und die wegen des Unterbleibens solcher Erhebungen vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobene Verfahrensrüge abzulehnen ist. Die Mitwirkungspflicht, aus deren Verletzung sich dies ergeben kann, ist von Bedeutung, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus tätig zu werden. Insoweit aber die Behörde nicht gehindert ist, die in Frage kommenden Ermittlungen von Amts wegen vorzunehmen, besteht keine derartige Pflicht der Partei. Die Mitwirkungspflicht geht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht so weit, daß sich die Behörde - die ihre Pflicht zur Feststellung des Sachverhaltes nicht auf die Partei überwälzen kann - die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens ersparen dürfte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Abgesehen davon könnte selbst ein Verstoß der Partei gegen ihre Mitwirkungspflicht nur zur Folge haben, daß eine sich daraus ergebende Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden könnte. Ihrer aus § 60 AVG erwachsenden Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Bescheidbegründung würde die belangte Behörde aber dadurch nicht enthoben. Die Bescheidbegründung müßte daher auch in einem solchen Fall erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde und aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß dieser Sachverhalt vorliegt. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde - wie schon die Behörde erster Instanz - lediglich aus der Mitgliedschaft eines Staates (Sloweniens) bei der Genfer Flüchtlingskonvention den Schluß gezogen, dieser Staat halte sich an die sich daraus ergebenden Verpflichtungen, "es spreche nichts dafür", daß Flüchtlinge ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe in das Heimatland abgeschoben würden. Damit enthält der angefochtene Bescheid aber in Wahrheit keine nachvollziehbare Begründung. Wendet sich der Beschwerdeführer nunmehr erstmals in der Beschwerde gegen die - begründungslose - Annahme der Verfolgungssicherheit, so verstößt dieses Vorbringen auch nicht gegen das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG, weil der Amtswegigkeitsgrundsatz die Behörden des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung des Sachverhaltes ohne Mitwirkung der Parteien verpflichtet (vgl. zu allem insbesondere auch das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0179). Ausgehend davon hat die belangte Behörde zu Unrecht den Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 herangezogen. Kommt dieser Ausschließungsgrund nicht zum Tragen, ist jedoch zu prüfen, inwieweit dem Beschwerdeführer Flüchtlingseigenschaft im Sinn des § 1 Z. 1 AsylG 1991 zukommt.
Auch hier erweist sich die von der belangten Behörde übernommene Begründung des Bundesasylamtes als unzureichend. Es entspricht ständiger Judikatur, daß der Verwaltungsgerichtshof die in freier Beweiswürdigung erzielten, den Sachverhalt betreffenden Annahmen der belangten Behörde nur insoweit zu überprüfen in der Lage ist, als sie durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt werden, der ermittelte Sachverhalt unzureichend ist und daher einer Ergänzung bedarf sowie dann, wenn die Annahmen der belangten Behörde auf Grund eines Verfahrens zustandegekommen sind, das den Verfahrensvorschriften nicht entsprach. Als weitere Voraussetzung tritt hinzu, daß die Behörde bei fehlerfreiem Verhalten zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Gegenstand der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ist auch die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung. Wie bereits oben festgehalten, fehlen im Akt Urkunden, Unterlagen oder sonstige Beweisergebnisse, die die von der Behörde erster Instanz getroffenen Feststellungen über die Verhältnisse in Albanien stützen könnten. Woher die Behörde ihren Wissensstand bezogen hat, ist daher nicht nachvollziehbar. Daß die für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes relevanten Verhältnisse in Albanien notorisch seien, nahm auch die belangte Behörde nicht an. Eine derartige Notorietät würde auch vom Verwaltungsgerichtshof verneint. Unschlüssig ist aber auch die von der belangten Behörde daran geknüpfte Folge, diese, die allgemeine Rechts- und Verfassungslage Albaniens betreffenden Feststellungen rechtfertigten es, den Beschwerdeführer in bezug auf das ihn persönlich betreffende Vorbringen zu seinen Fluchtgründen als unglaubwürdig zu disqualifizieren, ganz davon abgesehen, daß die Verwaltungsbehörden es zur Gänze verabsäumt haben, auf die auch in der Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers enthaltene, von diesem also offenbar dezidiert behauptete Inkongruenz zwischen der in Albanien herrschenden demokratischen Verfassung und dem faktischen politischen Geschehen einzugehen. Die von den Behörden vorgenommene Beweiswürdigung ist daher unschlüssig. Überdies hätte sich die belangte Behörde damit auseinanderzusetzen gehabt, daß der Einvernahme des Beschwerdeführers zu entnehmen ist, daß der Grund für die Befehlsverweigerung auch eine politische Komponente aufweist, zumal der Beschwerdeführer nach seinen Angaben darauf verwiesen hatte, daß dieser Befehl ohne gesetzliche Grundlage erfolgt sei, was als Kritik und öffentliche Beleidigung von Vorgesetzten und des Staatspräsidenten verstanden worden sei, wie sich dies aus der diesbezüglichen Verurteilung seines Schiffskommandanten gezeigt habe. Mag das Motiv für die Befehlsverweigerung auch im ethischen Bereich liegen, kann ihr eine politisch relevante Bedeutung daher nicht abgesprochen werden.
Mit diesen Fragen hätte sich die belangte Behörde auseinanderzusetzen gehabt. Indem sie dies unterlassen hat, belastete sie ihren Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995010447.X00Im RIS seit
20.11.2000