Entscheidungsdatum
12.04.2021Norm
AuslBG §4Spruch
W209 2238482-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard Seitz als Einzelrichter in Erledigung des Antrages des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Ali POLAT, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 1/6, auf Bewilligung der Teilverfahrenshilfe vom 15.12.2020 beschlossen:
A)
Der Antrag auf Bewilligung der Teilverfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Firma XXXX mit Sitz XXXX , XXXX , beantragte am 16.10.2020 eine Beschäftigungsbewilligung für den am XXXX geborenen türkischen Staatsangehöriger XXXX (im Folgenden: Antragsteller) für die berufliche Tätigkeit als Kebabkoch.
2. Der Antrag wurde mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 13.11.2020, GZ: ABB-Nr. 4090851, abgewiesen.
3. Dagegen erhob der Antragsteller durch seinen Rechtsvertreter binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Zugleich stellte er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Zuerkennung der Teilverfahrenshilfe, der damit begründet wurde, dass der Antragsteller aufgrund seiner bedürftigen finanziellen Lage und Arbeitslosigkeit ohne Gefährdung seiner Existenz nicht im Stande sei, das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben.
4. Am 11.01.2021 einlangend legte das AMS sowohl den Verfahrenshilfeantrag als auch die zu W209 2240648-1 protokollierte Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Da es sich hier nicht um eine Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, sondern um eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der (Teil-)Verfahrenshilfe handelt, ist vorliegend Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Die im vorliegenden Fall anzuwendende Rechtsvorschrift des VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet wie folgt:
„Verfahrenshilfe
§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Der Antragsteller stellte zugleich mit der von seinem bevollmächtigten Rechtsvertreter eingebrachten Beschwerde einen Antrag auf „Zuerkennung der Teilverfahrenshilfe“, der damit begründet wurde, dass der Antragsteller aufgrund seiner bedürftigen finanziellen Lage und Arbeitslosigkeit ohne Gefährdung seiner Existenz nicht im Stande sei, das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben.
Die Bewilligung der Verfahrenshilfe knüpft daran an, dass eine solche infolge Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC geboten ist (vgl. § 8a Abs. 1 VwGVG).
Nach der Lage des Falles kommt gegenständlich nur die Teilverfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der für eine Beschwerde gemäß § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b GebührenG 1957 iVm § 1 und § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV zu entrichtenden Pauschalgebühr in Betracht. Aus § 8a Abs. 8 VwGVG, wonach die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Vertreter mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten erlischt, ergibt sich nämlich, dass die Beigebung eines Rechtsanwaltes jedenfalls dann nicht erforderlich sein kann, wenn die Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – bereits von einem Bevollmächtigten des Beschuldigten eingebracht wurde (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 40 VwGVG K 7 zur § 8a Abs. 8 VwGVG entsprechenden Regelung des § 40 Abs. 5 leg.cit. idF BGBl. I Nr. 33/2013).
Soweit mit dem Antrag die Beigebung eines Rechtsanwaltes für die mündliche Verhandlung begehrt wurde, war dieser abzuweisen, weil der erkennende Senat von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absah (s. dazu das zu W209 2240648-1 ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heuten Tag).
Was die Zuerkennung der Teilverfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der zu entrichtenden Pauschalgebühr betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der EGMR sowie der VfGH in ihrer Judikatur davon ausgehen, dass nicht in sämtlichen Verfahren, in denen strafrechtliche Anklagen oder civil rights im Sinne Art. 6 EMRK zu behandeln sind, jedenfalls die Bewilligung von Verfahrenshilfe geboten ist. Es hat jeweils eine einzelfallbezogene Beurteilung zu erfolgen, wobei maßgeblich ist, dass der Zugang zum Gericht effektiv gewährleistet sein muss. Diese Voraussetzung liegt etwa dann nicht vor, wenn der Zugang aufgrund erheblicher finanzieller Hürden (die Gebühren, Barauslagen, usw.) im Ergebnis verunmöglicht wird (vgl. Eder/ Martschin/Schmidt, Praxiskommentar zum VwGVG und VwGG, 2017, § 8a VwGVG K6).
Das ist vorliegend in Anbetracht der geringen Pauschalgebühr in Höhe von € 30,--, die jedenfalls keine erhebliche finanzielle Hürde darstellt, auszuschließen, weswegen der Antrag auf Zuerkennung der Teilverfahrenshilfe spruchgemäß abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Gebührenbefreiung Verfahrenshilfeantrag Verfahrenshilfe-NichtgewährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W209.2238482.1.00Im RIS seit
23.06.2021Zuletzt aktualisiert am
23.06.2021